VERKEHRSWACHT INTERN. Sondernewsletter 01/ dfdsfdsfdffsf. Liebe Freundinnen und Freunde der Verkehrswacht,

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Transkript:

Liebe Freundinnen und Freunde der Verkehrswacht, am vorletzten Wochenende haben wir uns in Frankfurt am Main zur diesjährigen Jahreshauptversammlung getroffen. In einer sehr harmonischen, von fachlich interessanten Diskussionen geprägten Mitgliederversammlung haben wir drei wichtige inhaltliche Beschlüsse gefasst, die unser Profil schärfen werden. Mit der Einführung einer neuen Promillegrenze für Radfahrer, einem besserem Schutz vor Baumunfällen sowie sicheren Leitplanken für den Weg zum automatischen Fahren setzen wir wichtige Akzente für die Verkehrssicherheitsarbeit in Deutschland. Mit diesem geben wir Ihnen die Beschlüsse mit ihren sehr lesenswerten Begründungen zur Kenntnis auch ich habe dank dieser Texte neue Erkenntnisse gewonnen. Besonders bedanken für die Vorarbeiten und die Leitung der Antragsdiskussion möchte ich mich bei Siegfried Brockmann, dem Leiter der Unfallforschung der Versicherer und Vorsitzenden unseres Wissenschaftlichen Beirats, dessen Mitgliedern ebenfalls mein sehr nachdrücklicher Dank gilt. Erwähnen möchte ich zudem einen Beschluss zur Jugendarbeit, der Informationsveranstaltungen in allen 16 Landesverkehrswachten zum Ziel hat. Alle am Thema interessierten Verkehrswachten möchte ich auf unsere Unterlagen im Internen Bereich der Homepage hinweisen, außerdem stehen die Bundesgeschäftsstelle sowie unser Jugendsprecher Wolfgang Goeken immer gerne für Gespräche bereit. Bei der Fachtagung zur Verbandsentwicklung haben wir viele Anregungen der Teilnehmer gesammelt. Wir werden diese aufbereiten und sehr zügig verbandsintern in den Gremien und mit allen Interessierten daran weiterarbeiten. Ausführliche Berichte von allen Veranstaltungen in Frankfurt und vor allem die tollen Leuchtturm-Projekte unserer mobil und sicher -Preisträger finden Sie in der nächsten Ausgabe unserer Verbandszeitschrift. Bei der Landesverkehrswacht Hessen als Gastgeberin möchte ich mich insbesondere für das wunderbare Programm des Gesellschaftsabends bedanken, hier namentlich bei unserem Conférencier und LVW-Präsidenten Klaus Ruppelt, bei Heinz Euler für seine anschauliche Moderation sowie bei Thomas Conrad für die Unterstützung bei der Organisation. Und schon jetzt freue ich mich darauf, Sie nächstes Jahr in Thüringen zu sehen am 3./4. Juni zur Jahreshauptversammlung 2016 in Erfurt! Ihr Prof. Kurt Bodewig Bundesminister a.d. Präsident der Deutschen Verkehrswacht 1

Neue Promillegrenze für Radfahrer Problembeschreibung Während die Verkehrsunfälle mit Personenschäden unter Beteiligung alkoholisierter Kraftfahrzeugführer seit Jahren kontinuierlich rückgängig sind, stiegen die Verkehrsunfälle mit Personenschäden unter Beteiligung alkoholisierter Radfahrer seit dem Jahr 2010 von 3.489 auf 3.726 Verkehrsunfälle im Jahr 2012 an. Das Fahrrad gilt bei Alkoholkonsum vielen Verkehrsteilnehmern als ungefährliche Alternative zum Auto, dabei ist es inzwischen zu einer ganz eigenen Gefahrenquelle geworden. Immer wieder fallen alkoholisierte Radfahrer auch im Rahmen von polizeilichen Verkehrskontrollen auf. Sie können aber aufgrund der geltenden Rechtslage erst bei einer mittels Blutprobe nachgewiesenen Alkoholbeeinflussung von 1,6 Promille Blutalkoholkonzentration (BAK) strafrechtlich zur Verantwortung gezogen werden. Unterhalb dieser Grenze bedarf es deutlich sichtbarer Beweisanzeichen für die alkoholisch bedingte Herabsetzung der körperlichen Leistungsfähigkeit, die aus vielerlei Gründen oft verborgen bleiben, sodass die im Interesse der Verkehrssicherheit sinnvollen Sanktionen unterbleiben. Dieser Straftatbestand der Trunkenheit im Straßenverkehr zeigt demnach keine abschreckende Wirkung mehr. Auf der anderen Seite existiert für Radfahrer keine Bestimmung im Straßenverkehrsgesetz, nach der es möglich wäre, ab einem bestimmen Blutalkoholgehalt die Trunkenheitsfahrt als Ordnungswidrigkeit zu ahnden. Stand der Wissenschaft Im Wesentlichen wurde die angesprochene Problematik in der Verkehrspolitik vor dem Hintergrund diskutiert, ob die durch die Rechtsprechung gesetzte Promillegrenze von 1,6 Promille BAK für alkoholisierte Radfahrer geändert oder dezidiert ein eigener Straftatbestand im Strafgesetzbuch geschaffen werden sollte. Die Konferenz der Innenminister forderte ebenfalls die Überprüfung der Promillegrenzen für Radfahrer. Die Diskussion steht inzwischen unter dem Eindruck neuer Forschungsergebnisse. Studien der Universitäten in Düsseldorf und Mainz untersuchten die körperlichen Leistungsausfälle alkoholisierter Radfahrer. In beiden Versuchsreihen wurden sowohl im nüchternen als auch im alkoholisierten Zustand Fahrversuche durchgeführt und ärztlich begleitet. Die Ergebnisse beider Studien wurden anlässlich eines Symposiums des Bundes gegen Alkohol und Drogen im Straßenverkehr (BADS) im Juni 2014 in Berlin vorgestellt. Das von der Unfallforschung der Versicherer (UDV) bei der Heinrich-Heine-Universität in Düsseldorf in Auftrag gegebene Gutachten ergab einen signifikanten Anstieg der Leistungsausfälle in drei Stufen ab 0,5, ab 1,1 und noch einmal ab 1,6 Promille BAK. Bei der zweiten Studie des Instituts für Rechtsmedizin an der Johannes-Gutenberg-Universität in Mainz waren die beiden ersten Gefahrenstufen deckungsgleich mit den Düsseldorfer Ergebnissen, während 2

der dritte Anstieg des Sicherheitsrisikos bei 1,5 Promille BAK zu verzeichnen war. In beiden Studien waren allerdings auch oberhalb von 1,6 Promille BAK noch einige Radfahrer in der Lage, ihr Fahrzeug sicher zu führen. Eine Änderung der Rechtsprechungspraxis in Richtung einer Kriminalisierung sämtlicher alkoholisierter Radfahrer bereits ab einem Grenzwert von 1,1 Promille BAK kommt nach den übereistimmenden Forschungsergebnissen damit nicht mehr in Betracht. Um die von den Gerichten angenommene Grenze der absoluten Fahruntüchtigkeit abzusenken, hätten bereits unterhalb von 1,6 Promille BAK nahezu alle Probanden am sicheren Führen ihrer Fahrräder scheitern müssen. Nach den Forschungsergebnissen ist sogar im Gegenteil zu befürchten, dass die gängige Rechtsprechung zur absoluten Fahruntüchtigkeit von Radfahrern, die sich auf Gutachten aus den Jahren 1980 und 1984 stützt, keinen Bestand hat. Beschluss Der Gesetzgeber kann und soll gefahrenabwehrend tätig werden um zu erreichen, dass Radfahrer auf den Genuss größerer Alkoholmengen verzichten. Die Deutsche Verkehrswacht spricht sich daher dafür aus, für alkoholisierte Radfahrer den Tatbestand einer Verkehrsordnungswidrigkeit im Straßenverkehrsgesetz einzuführen. Sie schlägt vor, darin die Promillegrenze von 1,1 Promille Alkoholkonzentration im Blut bzw. 0,55 mg/l Alkohol in der Atemluft festzuschreiben. Die Höhe der Sanktion sollte dabei an den Regelsatz des Alkoholverbots für Fahranfänger angepasst werden. Ein eigenständiger Straftatbestand für Radfahrer erscheint dem gegenüber nicht erforderlich, weil eine bedeutende Ordnungswidrigkeit im Bußgeldbereich denselben präventiven Zweck erfüllt. Die neue Gesetzgebung soll durch flankierende Öffentlichkeitsarbeit der Träger staatlicher und staatlich geförderter Verkehrssicherheitsarbeit im Bewusstsein der Bevölkerung verankert werden. Baumunfälle Problembeschreibung In Deutschland sind in den letzten 20 Jahren die bei Unfällen mit Anprall an Bäume verunglückten Personen deutlich weniger geworden, aber es fanden 2013 immer noch 507 Verkehrsteilnehmer dabei den Tod und etwa 4.000 Personen wurden schwer verletzt. Im Einzelnen sind die Leichtverletzten bei Baumunfällen auf 62%, die Schwerverletzten auf 36% und die Getöteten auf 26% zurückgegangen. Die entsprechenden Rückgänge bei allen Unfällen auf Landstraßen (69, 45 und 32%) liegen allerdings in 3

etwa bei diesen Werten, d.h. an dem Beitrag zur Gesamtbilanz hat sich wenig geändert. Dies liegt daran, dass die Unfallschwere durch Hindernisse neben der Fahrbahn nach wie vor erheblich erhöht wird. Bei 1000 Unfällen, bei denen Menschen durch das Abkommen von der Fahrbahn verletzt werden, kommen bei Bäumen am Fahrbahnrand derzeit 59 Menschen ums Leben, ohne Bäume sind es aber nur 21, bei Schutzplanken 36 Verkehrsteilnehmer (Quelle: UDV 2014). Man kann daraus ableiten, dass bei einem vollständigen Verzicht auf ungeschützte Bäume am Fahrbahnrand jedes Jahr mindestens ca. 250 Menschen mehr einen Unfall auf Landstraßen überleben könnten. Die Entwicklung ist in den Regionen Deutschlands äußerst unterschiedlich. Wo Alleen zur Tradition gehören (z.b. Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern), hat man gelernt und versucht mit Erfolg Mensch und Baum durch Schutzplanken und Tempolimits zu schützen. Andere Regionen (Hessen) sind allerdings soeben dabei, die Todesursachen für die nachkommende Generation von Menschen durch Bäume anzulegen, was sich in der Unfallstatistik schon abzeichnet. Waldstrecken sind im Übrigen als Vergleich weitgehend untauglich, denn die Linienführung und die damit zusammenhängenden Verhaltensweisen und Gefahrenempfindungen sind unterschiedlich zur geradlinigen Allee in der Ebene. Auch einzelne Bäume an Straßen sind eine Gefahr: Wer die Kontrolle über das Fahrzeug verloren hat, kann nicht mehr ausweichen. Auf eine Wende in dieser Entwicklung kann weder durch Einsicht bei den Fahrzeugführern gehofft werden, denn ihnen ist das Problem oft nicht bewusst, noch durch Einsicht bei den Verantwortlichen, denn es werden in vielen Regionen kontinuierlich noch an bisher nicht baumbestandenen Straßen ohne Notwendigkeit neue Alleen angelegt oder bestehende Situationen beibehalten, ohne Mensch und Baum zu schützen. Stand der Wissenschaft Seit 1995 wissen wir um die besondere Problematik des Anpralls an einen Baum infolge des Abkommens von der Straße, denn seit diesem Jahr wird dieser Umstand in der Verkehrsunfallaufnahme ausdrücklich vermerkt und anderen Hindernissen im Seitenraum (z.b. Pfeiler oder Schutzplanke) gegenübergestellt. Seitdem ist bekannt, dass die große Zahl der schweren Unfälle auf Landstraßen zu einem beträchtlichen Teil auf diese Unfallumstände zurückzuführen ist. Es bestehen zwar technische Ansätze, durch die ein Verlust der Fahrzeugkontrolle seltener auftreten wird, z.b. durch Fahrzeugtechnik (ESP, Spurhalteassistent) und durch bessere Erkennbarkeit der Linienführung (nach den Grundsätzen der Richtlinien für die Anlage von Landstraßen (RAL). Es wird aber auf absehbare Zeit weder zur Vermeidung des Abkommens von der Fahrbahn noch dazu kommen, dass überall auf Landstraßen Geschwindigkeiten deutlich unter 80 km/h praktiziert werden. Deshalb liegen für eine überschaubare Zeit die Potenziale der Sicherheitsverbesserung auf Landstraßen nur in der Minderung der Unfallfolgen. Hierzu können passive Sicherheitsausstattungen der Fahrzeuge und der Straßenräume beitragen. Hier hat sich in den letzten Jahren viel getan: Stichworte sind die neuen 4

Richtlinien für passiven Schutz an Straßen durch Fahrzeug-Rückhaltesysteme (RPS), die vor allem den hindernisfreien Seitenraum anstreben, die neuen RAL mit ihrem Entwurfsklassengedanken, die Empfehlungen für das Sicherheitsaudit von Straßen (SAS) und die europäische Richtlinie 2008/96/EG über ein Sicherheitsmanagement für die Straßeninfrastruktur. Beschluss Die Deutsche Verkehrswacht fordert die Verantwortlichen der jeweiligen Straßenbaulastträger auf, vor allem auf Landstraßen zum Schutz von Mensch und Baum tätig zu werden und die einschlägigen Vorschriften und Empfehlungen mit Fristsetzung und finanzieller Förderung notwendiger Maßnahmen umzusetzen. Das bedeutet konkret: - Die Empfehlungen zum Schutz vor dem Anprall auf Bäume (ESAB), ein Regelwerk der Forschungsgesellschaft FGSV von 2006, das die Zusammenfassung der notwendigen und wirkungsvollen Strategien darstellt, muss umgesetzt werden. - In Anlehnung an die Richtlinien für passiven Schutz an Straßen durch Fahrzeug-Rückhaltesysteme (RPS 2009) müssen bei Neubaumaßnahmen nicht verformbare punktuelle Einzelhindernisse innerhalb kritischer Abstände vom Fahrbahnrand (das sind meist 7,5 m) durch passive Schutzeinrichtungen geschützt oder, falls notwendig, entfernt werden. - Die Schaffung neuer Hindernisse innerhalb dieser Bereiche widerspricht dem Grundsatz der Gefahrenvermeidung. Bäume sind eindeutig als derartige angesprochene Hindernisse anzusehen. Neuanpflanzungen innerhalb der kritischen Abstände sind somit zu unterlassen. Automatisiertes Fahren Problembeschreibung Aufgrund der allgemein bekannten Tatsache, dass der überwiegende Teil der Unfallursachen auf Fehler des Fahrzeugführers zurückgehen, liegt die Annahme nahe, dass mit der Entbindung des Fahrers von der Fahrzeugführung und Ersatz durch einen maschinellen Fahrroboter die Zahl der Unfälle stark reduziert werden kann. Bei dieser Betrachtung wird ferner oft angenommen, dass die Zahl der technischen Unfallursachen sich weiter auf bestehendem Niveau bewegt oder sogar gesenkt werden kann. Das ist zwar durchaus realistisch, wenn man von den heute üblichen Fehlern ausgeht, z.b. Reifendefekte. Allerdings wird für das automatisierte Fahren eine völlig neue Technologie eingesetzt werden, zu der heute kaum Erfahrungswerte vorliegen. Obwohl einige der für das automatisierte Fahren absehbar benötigten Komponenten wie Radar oder Kamera heute schon erprobt sind, so kann doch noch nicht extrapoliert werden, in welcher Qualität und Zuverlässigkeit die für einen Fahrroboter benötigten neuen technischen Eigenschaften umgesetzt werden können. Dafür sind das Umfeld zu erfassen, die 5

Situation zu interpretieren, Handlungen daraus abzuleiten und durchzuführen. Prinzip bedingt werden Unsicherheiten/Ungewissheiten verbleiben, die in seltenen Fällen zur falschen Handlung führen. Somit könnten nun statt Fahrerfehlern Fahrroboterfehler zu Unfällen führen. Stand der Wissenschaft Durch die Automatisierung mit Systemen hoher technischer Reife erhofft man sich eine signifikante Verbesserung der Sicherheit. Allerdings ist weder der Stand der Technik und Forschung soweit, dass von dieser Reife in Kürze zu sprechen sein wird, noch ist ein Konzept bekannt, das den Nachweis erbringen könnte, dass von den maschinellen Fehlern weniger Risiko ausgeht als von den verbleibenden menschlichen Fehlern in modernen, mit Assistenzsystemen ausgestatteten Fahrzeugen. Daher wird es noch mindestens ein, eher zwei bis drei Jahrzehnte dauern, bis automatisiertes Fahren in Neuwagen das Fahren dominiert und den Fahrer als Fehlerquelle substituiert. Selbst nach dem Erscheinen eines solchen Fahrzeugs muss noch mit etwa 15 bis 25 Jahren gerechnet werden, bis die Mehrzahl der Fahrzeuge im Feld diese Technik aufweist, wie sich an Beispielen erfolgreicher Sicherheitssysteme (ABS, ESC, Airbag) in der Vergangenheit aufzeigen lässt. Beschluss - Die Entwicklung der Technologie zum automatisierten Fahren wird vorangetrieben. - Die zuständigen nationalen und internationalen Institutionen sind aufgefordert, die Rahmenbedingungen so zu gestalten, dass sie die Einführung unterstützen, gleichzeitig aber sicherstellen, dass das Niveau der Straßenverkehrssicherheit deutlich verbessert wird. - Solange ein menschlicher Fahrer noch das Fahrzeug führt, muss die Entwicklung und Einführung von Systemen vorangetrieben werden, die den Fahrer unterstützen. Diese neuen Entwicklungen sollen durch flankierende Öffentlichkeitsarbeit der Träger staatlicher und staatlich geförderter Verkehrssicherheitsarbeit begleitet werden. - Verbrauchertests wie EuroNCAP haben sich als besonders geeignet erwiesen, Hersteller zur Ausrüstung ihrer Fahrzeuge mit Assistenzsystemen auf dem jeweils aktuellen Stand der Technik zu bewegen. Die Bewertungskriterien dieser Tests sind daher stetig darauf zu überprüfen, ob sie den Stand der Technik wiedergeben. Das bedeutet nicht den Verzicht auf einen Rechtsrahmen. - Die voranschreitende Automatisierung der Fahrzeuge darf nicht dazu führen, dass Investitionen in eine sichere Straßenverkehrsinfrastruktur vernachlässigt werden. Diese muss im Gegenteil weiter verbessert werden. Dazu gehören auch Investitionen in datenkommunizierende Systeme. Impressum Doreen Pomsel, Tel.: (030) 516 51 05-21, doreen.pomsel@dvw-ev.de Verantwortlich für den Inhalt ist Daniel Schüle, Geschäftsführer der DVW e.v. Sie finden die Verkehrswacht intern im internen Bereich der DVW-Homepage: http://www.deutsche-verkehrswacht.de/intern/newsletter.html 6