EBPP in der Schweiz: Eine qualitativ empirische Untersuchung



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Transkript:

Arbeitsbericht Nr. 174 des Instituts für Wirtschaftsinformatik Universität Bern EBPP in der Schweiz: Eine qualitativ empirische Untersuchung Stephan Frech Ulrich Egle Thomas Myrach 2005-09 Die Arbeitsberichte des Instituts für Wirtschaftsinformatik stellen Teilergebnisse aus laufenden Forschungsarbeiten dar; sie besitzen den Charakter von Werkstattberichten und Preprints und dienen der wissenschaftlichen Diskussion. Kritik zum Inhalt ist daher erwünscht und jederzeit willkommen. Alle Rechte liegen bei den Autoren.

Zusammenfassung Mit dem Electronic Bill Presentment and Payment (EBPP) befindet sich ein neues technologiebasiertes Verfahren in den frühen Phasen der Markteinführung, welchem das Potenzial einer einfacheren und wirtschaftlicheren Abwicklung des Zahlungsverkehrs zugetraut wird. Im Rahmen einer qualitativen Studie wurde der aktuelle Stand sowie die Entwicklung von EBPP aus der Perspektive Schweizer Finanzinstitute und Konsolidatoren ermittelt. Für die Banken ist EBPP primär ein Instrument zu Erhöhung der Datenqualität und damit zur Kostensenkung von Zahlungstransaktionen. EBPP wird klar als Netzwerkgut gesehen, für das eine Huhn-Ei-Problematik bestehe. Auf Seiten der E-Banking-Kunden und potenziellen Nutzern wird ein mangelnde Bekanntheit unterstellt, die gemeinsame Marketinganstrengungen erforderlich machen. Zudem ist der potenzielle Nutzen von EBPP dadurch eingeschränkt, dass zu wenig Rechnungssteller aktiv sind. Neben den Konsolidatoren sollten sich auch die Banken um die Akquirierung von weiteren Unternehmen bemühen. Kontakt Institut für Wirtschaftsinformatik Abteilung Informationsmanagement Engehaldenstrasse 8 CH - 3012 Bern Tel.: ++41 (0)31 631 47 90 Fax: ++41 (0)31 631 46 82 thomas.myrach@iwi.unibe.ch

- 1-1 Einleitung Niemand weiss genau, wieviele Rechnungen insgesamt in der Schweiz in einem Jahr gestellt werden, es dürfte sich jedoch um eine sehr grosse Zahl halten. Von verschiedenen Experten werden stark variierende Angaben genannt. Baur nennt 650 Millionen Rechnungen, die jährlich in Schweiz versendet werden, 1 Schubert gibt die Anzahl der Rechnungen im B2B mit 200 Millionen an, 2 im B2C werden nach Tanner/Koch 300 Millionen Rechnungen ausgestellt. 3 Allein schon diese Mengengerüste weisen darauf hin, dass in Verbindung mit Rechnungsstellungsprozessen enorme volkswirtschaftliche Aufwände verbunden sind. Diese begründen ein Interesse an effizienteren Verfahren, den Rechnungsprozess abzuwickeln. Mit einer elektronischen Abwicklung des Rechnungsprozesses erhofft man sich eine Einsparung bei den mit der Rechnungsstellung verbundenen Kosten. Wie hoch diese Einsparungen ausfallen könnten, lässt sich allerdings derzeit nicht zuverlässig sagen. Auch die Angaben über die Kosten elektronischer Rechnungen variieren sehr stark. Tanner/Koch sehen das Einsparpotenzial für den Rechnungssteller bei bis zu CHF 10 pro Rechnung, 4 Baur rechnet mit 60% Einsparungen im Vergleich zu papierbasierten Rechnung. 5 Die Angaben variieren aufgrund der verschiedenen Annahmen hinsichtlich Automatisierungsgrad, Rechnungsvolumen, Kostenrechnungssystem und Kundengruppe (B2B und B2C). Das Electronic Billing Presentment and Payment (EBPP) ist ein aktuelles Verfahren, um den Rechnungsprozess wirtschaftlicher zu gestalten. In der Schweiz werden EBPP-Systeme von zwei Konsolidatoren angeboten: Yellowbill von PostFinance und PayNet, einem Tochterunternehmen der Telekurs-Gruppe. Beide Anbieter betreiben ein eigenes, unabhängiges EBPP- System und stehen in direkter Konkurrenz zueinander. Die EBPP-Systeme der Konsolidatoren werden eingebunden in die E-Banking-Applikationen verschiedener Finanzdienstleister. Mit dem Einsatz von EBPP verspricht man sich eine nachhaltige Senkung der Kosten bei der Rechnungsstellung und -bezahlung. Die Durchsetzung und damit der Erfolg eines technologiebasierten Verfahrens wie EBPP hängt von den Adoptionsentscheidungen der verschiedenen betroffenen Interessensgruppen ab. Dabei sind in einem ersten Schritt vor allem die Anbieter von EBPP relevant, ohne die andere Interessensgruppen wie Rechnungssteller oder Rechnungsempfänger diese Technolo- 1 Vgl. Baur (2004), S. 8. 2 Vgl. Schubert (2005), S. 12. 3 Vgl. Tanner/Koch (2004), S. 163. 4 Vgl. Tanner/Koch (2004), S. 159. 5 Vgl. Baur (2004), S. 9.

- 2 - gie nicht nutzen können. Dies war der Anlass, im Rahmen einer explorativen Studie erst einmal den Stand von EBPP sowie die daran geknüpften Erwartungen aus der Perspektive Schweizer Finanzinstitute und Konsolidatoren zu ermitteln. Über diese Untersuchung und ihre Ergebnisse wird nachfolgend berichtet. 2 Bisheriger Rechnungsprozess Der Rechnungsprozess ist traditionellerweise papiergebunden. Ein Leistungsempfänger erhält vom Leistungserbringer eine Rechnung zugestellt, verbunden mit der Aufforderung, den Rechnungsbetrag innert eines gewissen Zeitraums zu bezahlen. Bei grossen Rechnungsstellern wird dieser Prozess den Kunden noch dadurch einfacher gemacht, dass der Rechnung auch schon ein vorgedruckter Einzahlungsschein beigelegt ist. Der Rechnungsempfänger kann diesen Einzahlungsschein dann persönlich bei einer Einzahlungsstelle seiner Bank oder der Post einreichen. Nicht selten geschehen jedoch Zahlungsanweisungen nicht mehr persönlich, sondern postalisch. Mit Hilfe eines Einweisungsauftrages können mehrere Zahlungsanweisungen gesammelt und postalisch an die Bank übermittelt werden. Für ein Bankinstitut stellt die Verarbeitung von papiergebundenen Zahlungsaufträgen einen erheblichen Aufwand dar. Bei Banken besteht deshalb ein grosses Interesse, Kundentransaktionen auf der Retailstufe effizienter zu gestalten. Neben den mittlerweile weit verbreiteten Bancomaten eignet sich dafür vor allem das E-Banking. Über E-Banking kann ein Kunde mittels eines entsprechenden elektronischen Eingabeformulars direkt seine Zahlungsaufträge eingeben. Dieses ist für ein Bankinstitut ein grosser Vorteil, da dadurch das aufwändige Erfassen von papiergebundenen Zahlungsaufträgen entfällt. Auch für den Kunden sollte dieser Weg prinzipiell vorteilhaft sein, da damit das direkte Überbringen der Zahlungsaufträge bzw. die Portokosten für deren postalische Übersendung entfallen. Allerdings wird dieser Vorteil stark relativiert, wenn bereits vorgedruckte Einzahlungsscheine vorliegen. In diesem Fall muss ein Kunde bei Nutzung des E-Banking die Angaben auf den Vordrucken händisch in das elektronische Formular eintragen; der Medienbruch findet dann also nicht bei der Bank, sondern bereits beim Kunden statt. Um die beschriebenen Probleme bezüglich der Verarbeitung von Rechnungen und Zahlungen bei den beteiligten Parteien Rechnungssteller, Rechnungsempfänger und Finanzinstitute zu mindern, stehen verschiedene Instrumente zur Verfügung. Diese kommen insbesondere dann zum Tragen, wenn dauerhafte Leistungsbeziehungen bestehen, bei denen eine wiederholte Abrechnung erfolgt. Insbesondere bei über eine gewisse Zeit gleichbleibenden Zahlungsbeträgen, wie sie etwa bei Wohnungsmieten auftreten, kommt das Konstrukt des Dauer-

- 3 - auftrages in Frage. Dabei erhält die Bank den Auftrag, wiederholt Zahlungen zu Gunsten eines festgelegten Empfängers durchzuführen. Ein weiteres Konstrukt ist das auch in Deutschland verbreitete Lastschriftverfahren (LSV); das elektronische Lastschriftverfahren der Schweizer Post heisst Debit Direct. Dabei räumt ein Rechnungsempfänger einem Rechnungssteller das Recht ein, die fälligen Beträge zu seinen Lasten von seinem Konto abzuheben. Die Zahlungsinitierung geht dann vom Rechnungssteller aus. Das LSV eignet sich vor allem für die regelmässige Zahlungsabwicklung. Mit dem LSV entfallen für den Empfänger die oftmals langen Wartezeiten bis eine Zahlung beglichen wird, sowie die Kontrolle der Zahlungseingänge. Für den Kunden besteht insofern ein Missbrauchsschutz gegenüber der ermächtigten Firma, dass er eine unbegründete Zahlung innerhalb von 30 Tagen stornieren kann. 6 3 Rechnungsprozess mit EBPP Electronic Bill Presentment and Payment - im deutschen Sprachraum gelegentlich auch als elektronische Rechnungsstellung und Rechnungsbezahlung bezeichnet - wird in der Literatur nicht einheitlich definiert. In einer generischen Begriffsauslegung ist es the term used to describe the capability of presenting bills to customers and supporting their payment by electronic means. 7 Die Begriffsprägung beinhaltet zwei Teilprozesse: Während das Bill Presentment das Präsentieren, Versenden und die internetbasierte Übermittlung der Rechnung umfasst, beschreibt das Bill Payment den internetbasierten Zahlungsvorgang der Rechnung. 8 Beide Teilprozesse sind beim EBPP miteinander verbunden: Mit der Präsentation der Rechnung sollte unmittelbar deren Zahlung ausgelöst werden können. Die Verknüpfung von Rechnungspräsentation und Zahlungsauslösung bzw. authorisation ist ein wesentliches Merkmal von EBPP. Durch das EBPP sind verschiedene Akteure miteinander verbunden. Ursächlich sind das erst einmal der Rechnungssteller (Biller), der eine erbrachte Leistung vergolten haben möchte, und der Rechnungsempfänger (Buyer), der die erforderliche Gegenleistung durch Zahlung eines Geldbetrages erbringen soll. Nebst diesen beiden unmittelbar an einem Rechnungsprozess beteiligten Parteien treten für die Abwicklung der Zahlung Finanzdienstleister hinzu, welche die erforderlichen Buchgeldtransaktionen zu Lasten bzw. zu Gunsten der Rechnungsparteien vornehmen. Für die elektronische Präsentation und Bezahlung von Rechnungen sind unterschiedliche Modelle denkbar. Beim direkten Modell wird die EBPP-Funktionalität von einem der beiden 6 Vgl. Moser/Schubert (2003), S. 9 f. 7 Terplan (2003), S. 2. 8 Vgl. Spann/Pfaff (2001), S. 510.

- 4 - Rechnungsparteien angeboten; typischerweise ist dies der Rechnungssteller. Beim Biller Direct Modell präsentiert der Rechnungssteller die Rechnungen auf seiner Website. Trifft eine neue Rechnung ein, so erhält der Kunde eine Benachrichtigung per E-Mail. Um die Rechnungsdaten einsehen zu können, muss sich der Kunde auf der Website des Rechnungsstellers mittels Passwort und Benutzererkennung identifizieren. 9 Der Kunde wählt ein Bezahlverfahren und begleicht die Rechnung. Das Biller Direct Modell eröffnet dem Rechnungssteller einen Kontaktkanal zum Kunden und damit die Möglichkeit, mit der Rechnungsstellung verschiedene werbende Massnahmen zu verbinden, wie dies bei papiergebundenen Rechnungen häufig geschieht. Dies erscheint insbesondere bei B2C-Geschäftsbeziehungen relevant. Für die Kunden ist dieses Modell etwas unpraktisch, wenn sie Beziehungen zu mehreren Rechnungsstellern eingehen; sie müssen dann verschiedene Logins und Passwörter verwalten. 10 Als Alternative zum direkten Modell gilt das Konsolidatoren-Modell, wobei zwischen Thick Consolidator Modell und dem Thin Consolidator Modell unterschieden wird. 11 Der Konsolidator tritt als ein Intermediär zwischen Rechnungssteller und Rechnungsempfänger auf, indem er die Rechnungsdaten aller Rechnungssteller sammelt und dem Rechnungsempfänger zur Verfügung stellt. Dem Rechnungsempfänger wird dadurch ermöglicht, alle seine Rechnungen an einem zentralen Ort mittels eines Single-Point-of-Contact abzurufen. 12 Dies erscheint gegenüber den verschiedenen Abrufen beim Biller Direct Modell als ein wesentlicher Vorteil. Beim Thick Consolidator Modell sendet der Rechnungssteller die gesamten Rechnungsdaten an den Konsolidator, der diese dem Rechnungsempfänger zugänglich macht. 13 Diese Daten enthalten sowohl die Zusammenfassung wie die Detailinformationen einer Rechnung. 14 Die Rechnungsavisierung des Kunden erfolgt primär per E-Mail. Der Kunde begibt sich auf die Web-Plattform und initiiert die Zahlung. Der Rechnungssteller erhält nach Eingang der Zahlung vom Konsolidator die Mitteilung, dass die Zahlung erfolgt ist und der Zahlungseingang verbucht werden kann. 15 Für den Rechnungssteller bedeutet dieses Modell, dass er nicht mehr direkt mit dem Kunden in Kontakt tritt. Er kann somit nicht mehr ohne weiteres mit der Rechnungsstellung andere kommunikative Massnahmen verknüpfen. 9 Vgl. Goers (2005), o.s. 10 Vgl. Terplan (2003), S. 55 f. 11 Vgl. Terplan (2003), S. 58. 12 Vgl. Spann/Pfaff (2001), S. 511. 13 Vgl. Terplan (2003), S. 58 f. 14 Vgl. Reichmayr (2001), S. 21. 15 Vgl. Dannenberg/Ulrich (2004), S. 232.

- 5 - Beim Thin Consolidator Modell werden nur die zur Auslösung der Zahlung notwendigen Daten beim Konsolidator präsentiert. Mittels einem Link kann der Rechnungsempfänger seine detaillierten Rechnungsdaten auf der Website des Rechnungserstellers (Billers) einsehen. Dies bedeutet für den Konsolidator, dass er weniger grosse Datenmengen verwalten muss. Für den Rechnungssteller besteht bei diesem Modell die Möglichkeit, mit dem Aufruf der Detailinformationen andere Kommunikationsmassnahmen zu verknüpfen. 16 Aus der Sicht der Banken ist EBPP ebenfalls sehr interessant. Sie sind im Zuge des Rechnungsprozesses mindestens bei der Zahlungsabwicklung involviert. Damit besteht für sie die grundlegende Problematik, papiergebundene Zahlungsaufträge in grosser Zahl entgegennehmen und verarbeiten zu müssen. Dies stellt für die Bankinstitute einen erheblichen administrativen Aufwand dar. 17 Auf einer E-Banking-Plattform kann ein Kunde die Zahlungsdaten direkt eingeben und auslösen. Mit EBPP wird dies vereinfacht: Statt Daten womöglich aus einem vom Rechnungssteller bereits vorgedruckten Einzahlungsschein in eine Eingabemaske übertragen zu müssen, kann ein Kunde direkt im Zusammenhang mit der angezeigten Rechnung die entsprechende Zahlung auslösen. In diesem Sinne erscheint es nahe liegend, EBPP in das Angebot des E-Banking zu integrieren. Dies kann geschehen, indem eine Bank selbst ein Konsolidator wird oder die Funktionalität eines Konsolidators in den eigenen E-Banking- Kanal integriert. Finanzinstitut Rechnungssteller Kunde Konsolidator Abbildung 1: Die EBPP-Interessengruppen. 18 Wie die vorhergehenden Ausführungen zeigen, gibt es unterschiedliche Akteure, die von EBPP berührt werden und deren Verhalten für den Erfolg des Systems massgeblich ist. Diese sind in Abbildung 1 schematisch aufgeführt, wobei die Pfeile die Wertangebote im Zuge des 16 Vgl. Dannenberg/Ulrich (2004), S. 231. 17 Vgl. Griese/Siebert (2001), S. 51 ff. 18 Vgl. Au/Kauffman (2001), S. 52.

- 6 - Rechnungsprozesses symbolisieren. Im Folgenden werden die potentiellen Vorteile für die vier Interessengruppen kurz zusammengefasst: 19 Rechnungssteller: Wenn genügend Kunden das EBPP-Verfahren anwenden, kann der Rechnungssteller bei der Rechnungsproduktion Kosten sparen. Zudem kann er seinen Kunden über diesen Kanal neue Dienstleistungen anbieten. Kunde: Das EBPP-Verfahren ermöglicht die Rechnungen einfach, bequem, kostengünstig und ohne grossen Zeitaufwand zu bezahlen. Finanzinstitut: Das Finanzinstitut erhält Einnahmen aus den Transaktionsgebühren. Daneben profitiert das Finanzinstitut von einer häufigeren Website-Konsultation des Kunden. Daraus resultiert die Möglichkeit, dem Kunden vermehrt Dienstleistungen und Produkte anzubieten. Konsolidator: Der Konsolidator profitiert von den Gebühren, welche sowohl die Rechnungssteller als auch die Kunden zu entrichten haben. Bei EBPP handelt es sich ökonomisch gesehen um ein typisches Netzwerkgut. Der Wert dieses Systems steigt also tendenziell mit der Zahl der Teilnehmer. Dies gilt vor allem bezüglich der ursächlich vom Rechnungsprozess betroffenen Akteure: den Rechnungsstellern und den Rechnungsempfängern. EBPP wird für Rechnungssteller umso nützlicher, je mehr Rechnungsempfänger sich am System beteiligen. Umgekehrt wird EBPP für Rechnungsempfänger umso interessanter, je mehr Rechnungssteller das EBPP nutzen. Für Konsolidatoren ist es deshalb wesentlich, auf ihren Systemen möglichst viele Rechnungssteller und (potentielle) Rechnungsempfänger zu vereinen, um so für die Teilnehmer einen möglichst hohen Wert generieren zu können. Nur eine genügend grosse Anzahl erreichbarer Kunden und Rechnungssteller kann die hohen Einführungskosten rechtfertigen und zu einem positiven Return on Investment führen. Speziell für Rechnungssteller stellt sich die Frage, ob sie selbst eine Infrastruktur für ein Biller Direct Modell aufbauen oder sich einem Konsolidatoren-Modell anschliessen wollen. Welches Modell für den Rechnungssteller ideal ist, hängt von verschiedenen Einflussfaktoren ab, wie der Anzahl der monatlichen Rechnungen, der Art der Rechnungsempfänger (Privatoder Geschäftskunden), der Komplexität der traditionellen Rechnungsstellung und der Standardisierbarkeit der Rechnungen. 20 19 Vgl. Au/Kauffman (2001), S. 51. 20 Vgl. Dannenberg/Ulrich (2004), S. 232.

- 7-4 Situation in der Schweiz Im Jahre 1995 wurde unter Beteiligung der Schweizer Banken sowie der im Zahlungsverkehr stark positionierten Post entschieden, ein EBPP-System zu entwickeln. Das Konzept sah die Implementierung eines zentralen Konsolidators zur Verwaltung von elektronischen Rechnungen vor, während die Finanzinstitute die Akquisition der Rechnungssteller und die Zahlungsabwicklung vornehmen sollten. Ende 2000 wurde aber ersichtlich, dass die Ziele technisch wie finanziell nicht erreicht werden konnten, so dass das Projekt im April 2001 eingestellt wurde. Die Lizenz des Systems wurde an das Softwareunternehmen SAP verkauft. Daraufhin startete die PostFinance ein eigenes EBPP-Projekt, welches im Februar 2002 als Yellowbill produktiv ging. Es wurde in den eigenen E-Banking-Auftritt integriert und steht damit allen PostFinance-Kunden zur Verfügung. Darüber hinaus wird dieses System von der PostFinance auch anderen Finanzdienstleistern angeboten. Bereits Ende 2001 plante PayNet einen Relaunch des ursprünglich geplanten EBPP-Systems in der Schweiz. PayNet ist ein Tochterunternehmen der Telekurs Gruppe. Auf der Basis des von SAP lizenzierten Systems tritt PayNet als Konsolidator auf und bietet Finanzdienstleistern in der Schweiz die Möglichkeit, ihr System in ihren E-Banking-Kanal zu integrieren. Die Situation in der Schweiz ist derzeit also dadurch gekennzeichnet, dass zwei grosse Konsolidatoren mit eigenen, voneinander unabhängigen EBPP-Systemen operieren. Derzeit wird intensiv über die Herstellung einer Interoperabilität der beiden Systeme PayNet und Yellowbill nachgedacht. Im Frühling 2005 wurden an gemeinsamen Treffen die Detailprobleme bezüglich der Umsetzung diskutiert. In der zweiten Hälfte 2005 wollen beide Systembetreiber die nötigen Anpassungen vornehmen, damit bis Ende 2005 eine 100%-Durchlässigkeit zwischen den beiden EBPP-Systemen gegeben ist. Dies dürfte den Netzwerknutzen von EBPP in der Schweiz weiter erhöhen. 5 Untersuchungsdesign In der vorliegenden Untersuchung sollte die Einschätzung von EBPP aus der Perspektive von Finanzdienstleistern und Konsolidatoren erhoben werden. Für dieses explorative Forschungsziel wurde ein qualitativ empirischer Ansatz gewählt. Dies erschien sowohl dem komplexen Untersuchungsgegenstand als auch der relativ kleinen Untersuchungsgesamtheit angemessen zu sein. Bei der Auswahl der Untersuchungsobjekte wurde darauf geachtet, sowohl grosse wie auch kleinere Finanzinstitute zu berücksichtigen. Insgesamt wurden sieben Finanzinstitute - darun-

- 8 - ter die drei grössten Banken der Schweiz - befragt, welche aktive EBPP-Anbieter sind. Es sind dies: Bank EEK Berner Kantonalbank Credit Suisse PostFinance Raiffeisenbank. UBS Valiant Bank Zürcher Kantonalbank Zusätzlich wurden die zwei in der Schweiz aktiven Konsolidatoren in die Studie einbezogen. Im Falle von PostFinance bedeutete dies, dass das Unternehmen einmal in der Rolle eines Finanzdienstleisters und Nutzers von EBPP, zum anderen in der Rolle als Konsolidator und Anbieter von YellowBill untersucht wurde. Grundlage der Datenerhebung waren Experteninterviews, die mit Vertretern der untersuchten Organisationen geführt wurden. Beim Interview waren pro Unternehmen jeweils maximal zwei Experten anwesend. Dies waren Spezialisten der Segmente E-Payment, Zahlungsverkehr sowie Product Management. Bei der Befragung wurde ein mündlicher und offener Befragungsstil in Form eines problemzentrierten Interviews praktiziert. Als Grundlage dafür diente ein standardisierter Leitfaden. Dieser war für alle Experten identisch, wurde aber für die beiden Interviews mit den Konsolidatoren durch zusätzliche Fragen ergänzt. Die Interviews erfolgten zwischen April und Mai 2005. Für die Datenaufbereitung wurden wörtliche Transkriptionen der aufgezeichneten Interviews erstellt. Diese dienten als Grundlage für eine qualitative Inhaltsanalyse. Mit diesem Verfahren wurde angestrebt, das gesammelte Material schrittweise und methodisch kontrolliert zu analysieren und daraus prägnante Erkenntnisse zu ziehen. 21 Im Rahmen der Untersuchung wurde ausserdem das Vorgehen bei der Planung und Durchführung einer EBPP-Einführung bei einer Grossbank im Sinne einer Fallstudie vertieft analysiert. Darüber kann hier jedoch nicht berichtet werden. 21 Vgl. Mayring (2002), S. 89 ff.

- 9-6 Studienergebnisse 6.1 EBPP-Potenziale im B2B und B2C Hinsichtlich des Potenzials von EBPP im B2B und B2C kam deutlich zum Ausdruck, dass die Experten den B2C-Kanal als primäre Strategie zur Verbreitung von EBPP verstehen. Ausnahmslos alle Experten gaben an, dass der Fokus in den nächsten Jahren klar auf dieses Segment zu richten ist. Sie sind überzeugt, dass nur über B2C ein flächendeckender Durchbruch von EBPP möglich wird. Einige der Experten unterschieden bei dieser Frage zwischen dem Nutzen- und dem Volumenaspekt. Betrachte man den Nutzen, so liege das grössere Potenzial im B2B-Segment. Dagegen liefere bei einer Volumenbetrachtung das B2C-Segment die besseren Resultate und Perspektiven, da in der Schweiz an die 3,5 Mio. Haushalte erreicht werden. Rechne man diesen Haushalten die Abwicklung von 6-8 Rechnungen pro Monat zu, so ergeben sich beachtliche Volumen, welche über B2B in absehbarer Zeit nicht erreicht werden könnten. Kritisch merkten einige der Befragten zum B2B-Bereich an, dass bei diesem Segment sehr häufig komplexe Prozesse bei den Unternehmen anzupassen seien und dies aufwändige und kostenintensive Releases bedingen würde. Zudem hätten grosse Unternehmungen bereits eigene Systeme, welche sie mit ihren Lieferanten und Geschäftspartnern unterhielten. 6.2 Verbreitung von EBPP Im Rahmen der Untersuchung wurde das bei den untersuchten Finanzinstituten vorhandene Datenmaterial bezüglich Teilnehmerentwicklung und Transaktionsvolumen erhoben und konsolidiert. Im Zeitraum von September 2004 bis Juni 2005 zeigt sich eine ziemlich gleichmässige Zuwachsrate; in diesen 10 Monaten konnte die Teilnehmerzahl um rund 80% auf gegen 40'000 gesteigert werden. Allerdings waren mehr als ein Drittel dieser EBPP-Teilnehmer noch ohne Billerbeziehung. Sehr viel stärker ist im betrachteten Zeitraum die Anzahl der Transaktionen pro Monat gestiegen, nämlich um fast das Zehnfache. Waren es am Anfang des Betrachtungszeitraums noch fast genauso viele Transaktionen pro Monat wie Anzahl der EBPP-Teilnehmer, so entfielen am Ende durchschnittlich auf jeden Teilnehmer bereits fast 6 Transaktionen pro Monat. Dies bedeutet, dass die aktiven EBPP-Teilnehmer zunehmend mehr Rechnungen über den EBPP-Kanal bezahlen.

- 10-6.3 Eintrittsbarrieren von EBPP Für viele Experten besteht auch nach rund zwei Jahren, seit die ersten Banken mit dem EBPP operativ wurden, immer noch die für Netzwerk-Produkte typische Huhn-Ei-Problematik. Nach wie vor ist die Teilnehmerzahl an den EBPP-Systemen nicht befriedigend. Auf Seiten der Rechnungsempfänger hat sich die Situation in den letzten Monaten verbessert. Mit den über achtzig Finanzinstituten, welche sich an PayNet angeschlossen haben, sowie mit den Kunden von Yellowbill, sollte prinzipiell eine attraktive und genügend grosse EBPP- Kundenbasis vorhanden sein. Primär fehlen bisher vor allem die Rechnungssteller. Um die Attraktivität des Systems zu erhöhen, müssen weitere grosse und kleine Rechnungssteller in das Netzwerk eingebunden werden. Einige Experten sprachen diesbezüglich die Möglichkeit an, Gemeinden und Kantone an das EBPP-Netzwerk anzuschliessen. Mit solchen Rechnungsstellern würde die Seriosität des Mediums und somit auch das Vertrauen der Bevölkerung steigen. Ein weiteres Hemmnis sehen die befragten Personen im Umstand, dass für EBPP ein E- Banking-Vertrag benötigt wird. Dieser sei gerade bei kleineren Banken noch nicht so weit verbreitet. Zudem wurde von vielen Seiten der umständliche Anmeldeprozess bei den einzelnen Rechnungsstellern kritisiert. So wäre es wünschenswert, einheitliche Anmeldemodalitäten unter den Rechnungsstellern zu vereinbaren. Hingegen sei der Anmeldeprozess bei PayNet selbst leicht verständlich. Für eine vereinfachte Anmeldung wäre es auch vorstellbar, dass die Kundenidentifikation bereits bei den Banken über die Wohnadresse erfolgen würde. Die Finanzinstitute nehmen heute schon die Identifizierung ihrer Kunden vor, so dass dieser Arbeitsschritt bei der Anmeldung wegfallen könnte. 6.4 EBPP als Netzwerk Viele der Experten betonen, dass EBPP ein Netzwerk darstelle, welches nur miteinander funktionieren kann. So sind die Rechnungssteller, die Konsolidatoren, aber auch die Finanzinstitute aufeinander angewiesen und müssen gemeinsam handeln. Grundsätzlich finden alle Experten, dass sich die Banken an der Akquirierung der Rechnungssteller beteiligen sollten. Für eine erste Ansprache und Beratung sind die Finanzinstitute durchaus geeignet den oftmals sensiblen ersten Kontakt zu den Rechnungsstellern herzustellen und an den Konsolidator weiterzuleiten. Es wird aber klar betont, dass das Know-how beim Konsolidator liege. Einige Experten gaben an, dass die Bekanntheit von EBPP noch zu gering sei und dass in dieser Hinsicht unbedingt etwas unternommen werden müsse. Diesbezüglich wurde mehrfach

- 11 - betont, dass für die weitere Entwicklung ein gemeinsames Marketing von grosser Bedeutung sei. Es müsse bezüglich des EBPP-Systems ein wirklicher Brand geschaffen werden, was die Mitarbeit aller Netzwerkteilnehmer bedingt. Marketingmassnahmen müssten besser koordiniert und aufeinander abgestimmt werden. Insgesamt müsse das Vertrauen auf der Kundenseite hinsichtlich EBPP gesteigert werden. Nur durch Vertrauen in die Sicherheit dieses Mediums wird es möglich sein, eine kritische Masse an Kunden für EBPP zu gewinnen. 6.5 Konkurrenz zwischen Lastschriftverfahren und EBPP Bezüglich der Konkurrenz zwischen dem Lastschriftverfahren (LSV) und EBPP herrscht bei den Experten Unsicherheit. Einige Experten gaben zu bedenken, dass es in der momentanen Situation mit der Lancierung von LSV-Plus 22 nicht opportun sei, das LSV wirklich kritisch zu hinterfragen. Die Mehrheit ist der Meinung, dass sich die beiden Zahlungsmöglichkeiten ergänzten und somit keine Kannibalisierung stattfinden werde. Die Experten argumentierten weiter, dass EBPP und LSV unterschiedliche Kundengruppen anspreche. Auch beinhalte das LSV eigentlich nur den Zahlungsakt, während beim EBPP sowohl die Präsentation als auch die Bezahlung von Rechnungen möglich sei. Somit könnte man das LSV auch in EBPP integrieren. Alle befragten Experten waren aber klar der Meinung, dass EBPP momentan nur ein Ergänzungsprodukt darstelle. 6.6 E-Banking und EBPP Es kam klar zum Ausdruck, dass EBPP von den Finanzdienstleistern nicht primär als strategisches Produkt zur Förderung der eigenen E-Banking-Lösung implementiert wird. EBPP stelle kein must-have dar. Vielmehr bestehe das Hauptziel darin, die Qualität der Zahlungen und Transaktionen steigern zu können. Viele Experten sehen EBPP als ein zusätzliches Produkt im E-Banking, sozusagen als eine Dienstleistungserweiterung. Dabei geht es den Finanzinstituten vor allem darum, durch sauberere Daten eine Kostenreduktion im Zahlungsverkehr herbeizuführen. Mehrmals wurde betont, dass EBPP ein weiterer Mosaikstein zur Verlagerung der Kunden auf die E-Banking-Plattformen sei. Dadurch kann indirekt die Attraktivität von E-Banking positiv beeinflusst werden. 6.7 Login-Formen für die Kunden Ein weiterer Aspekt betraf die verschiedenen Ansätze von EBPP. Hier zeigte sich, dass die Experten bei den Finanzinstituten mit Begriffsunterscheidungen wie Thin Consolidator und 22 LSV-Plus ist das Nachfolgeprodukt vom LSV und räumt dem Kunden mehr Rechte ein.

- 12 - Thick Consolidator nur wenig anfangen konnten. Sie identifizierten EBPP mit den Anbietern PayNet und YellowBill. Hinsichtlich der Login-Formen erhält man eine eindeutige Antwort. Die Experten kritisieren den umständlichen Anmeldeprozess bei den Rechnungsstellern. Nach der Anmeldung auf der E-Banking-Plattform ist eine weitere Anmeldung beim Rechnungssteller notwendig. Der Wechsel auf die Website des Rechnungsstellers führt bei vielen Kunden zu Sicherheitsbedenken. Ein häufig geäusserter Kundenwunsch ist deshalb die zentrale Verwaltung der Rechnungen. Genau diesem Wunsch werde mit der zentralen Verwaltung der Rechnungsdaten durch PayNet in hohem Mass entsprochen. 6.8 Implementierung von EBPP Das Urteil über die Implementierung von EBPP fiel durchwegs sehr positiv aus. Einige Experten lobten die problemlose Implementierung, welche auch dank der Beibehaltung einer schlanken Lösung ermöglicht wurde. Kleinere Probleme ergaben sich im Zusammenhang mit den Anmeldelinks zu den jeweiligen Rechnungsstellern. Ansonsten werden aufkommende Probleme mit weiterführenden Releases behoben und korrigiert. Zur Dauer der Implementierung wurde entweder ein Zeithorizont von ein bis drei Jahren angegeben, oder aber EBPP wurde durch einen externen IT-Partner mittels Release aufgeschaltet. Die Tests erfolgten auch sehr unterschiedlich. So wurden etwa bei der Aufschaltung mittels Release nur noch wenige Tests während einer Nacht durchgeführt. Ausführliche Systemprüfungen erfolgten bereits vorher durch die IT. Bei anderen Finanzinstituten wurden wiederum mehrere Tests über einen längeren Zeitraum vorgenommen, bevor die Applikation live geschaltet wurde. Vorgängig zur Einführung von EBPP wurden von den befragten Finanzinstituten keine Situationsanalysen durchgeführt. 6.9 Kosten und Nutzen Für die Finanzinstitute führt die Einführung von EBPP zu relativ hohen Investitions- und Betriebskosten. Diesen Kosten steht die Verbesserung der Datenqualität, Beschleunigung von Transaktionen und Kostensenkungen im gesamten Rechnungsprozess gegenüber. Der überwiegende Teil der befragten Finanzinstitute führte keine fundierte Wirtschaftlichkeitsanalyse durch. Ein Experte gab zu bedenken, dass in eine Wirtschaftlichkeitsrechnung insbesondere die erwarteten Kosten für die Releases als wesentlicher Kostentreiber miteinbezogen werden müsse. In den meisten Fällen wurde nur eine grobe Kalkulation vorgenommen, häufig mit dem Argument, dass keine genauen Daten zur Verfügung stünden. Es wird davon

- 13 - ausgegangen, dass die elektronische Zahlung für die Banken etwa 40% kostengünstiger sei als die papierbasierte Variante. Die Durchdringung von EBPP muss noch stärker ausgebaut werden, damit die Stückkosten pro Transaktion sinken. 7 Zusammenfassung und Ausblick Im Rahmen der hier geschilderten qualitativ empirischen Studie wurde die Perspektive der Finanzinstitute und Konsolidatoren auf den Stand von EBPP und dessen Nutzung untersucht. In der Schweiz treten diese beiden Gruppen zusammen als Anbieter auf. Die Konsolidatoren stellen die IT-Lösung und die damit verbundenen Dienstleistungen zur Verfügung, die Finanzinstitute integrieren diese in ihre E-Banking-Plattformen und ermöglichen ihren Kunden damit den Zugang zu EBPP. Die Finanzinstitute stehen vor der Herausforderung, EBPP nicht nur als neue Informationsund Transaktionstechnologie zu betrachten, sondern es als zukunftsgerichtetes Zahlungsinstrument einzusetzen. EBPP kann einerseits die Attraktivität von E-Banking steigern, anderseits die Aufwände der Banken bei der Verarbeitung von Zahlungstransaktionen senken. EBPP wird von den Finanzdienstleistern allerdings nicht primär als strategisches Produkt zur Förderung der eigenen E-Banking-Lösung implementiert. Es wird lediglich als ein weiterer "Mosaikstein" zur Verlagerung der Kunden auf die E-Banking-Plattformen gesehen. Viel mehr im Vordergrund steht der Qualitätsaspekt bei Zahlungen und Transaktionen und damit eine Kostenreduktion im Zahlungsverkehr. Nach wie vor hemmt nach Ansicht der Finanzinstitute die mangelnde Bekanntheit von EBPP in der Bevölkerung eine breite Durchdringung. Hier wird die Notwendigkeit gemeinsamer Marketingaktivitäten betont. Eine unbefriedigende Situation stellt vor allem die bislang relativ geringe Anzahl von Rechnungstellern dar. Dadurch kann sich der potentielle Nutzen auf Seiten der E-Banking-Kunden nicht voll entfalten. Deshalb sollten Anreize geschaffen werden, um mehr Rechnungssteller für EBPP gewinnen zu können. Potenziale bietet die Gewinnung grosser Rechnungssteller wie staatliche Instanzen, Leistungserbringer und Krankenversicherungen im Gesundheitswesen sowie bekannte Online-Unternehmen. Dabei wird die Akquirierung nicht als alleinige Aufgabe der Konsolidatoren gesehen. Auch die Banken sollten sich insbesondere bei der Herstellung der oftmals sensiblen ersten Kontakt zu den Rechnungsstellern engagieren. Die vorliegende Untersuchung ist einseitig auf die Sichtweise der Finanzdienstleister und Konsolidatoren fokussiert. Obwohl diese Gruppen sehr zentral für die Schaffung eines EBPP- Angebots in der Schweiz sind, ist das so gewonnene Bild unvollständig. Darüber hinaus sollte

- 14 - noch die Perspektive der Rechnungssteller und Rechnungsempfänger hinsichtlich EBPP analysiert werden. Dies erscheint umso drängender, da sich das Engagement dieser Gruppen bisher noch verhalten anlässt. Hier wäre zu prüfen, ob bezüglich EBPP und seinen Möglichkeiten ein unzureichender Informationsstand herrscht oder gewisse handfeste Gründe gegen die Adoption dieses Verfahrens sprechen. Literaturverzeichnis [Au/Kauffman 2001] Au Y. A., Kauffman R. J., Should we wait? Network externalities, compatibility, and electronic billing adoption, in: Journal of Management Information Systems 18 (2001) 2, S. 47-63. [Bartmann 2001] Bartmann D., Das Internet ist die strategische Waffe der Grossbanken gegen die kleinen Institute, in: Schmidt H., Die Potentiale der Internet-Ökonomie: Neue Regeln bestimmen die digitale Wirtschaft, 1. Auflage, Frankfurt am Main: Frankfurter Allgemeine 2001, S. 75 81. [Baur 2004] EBPP-neue Herausforderung für KMU: Effizient Rechnungqen stellen, in: KMU IT SpezialSpecial 10 (2004) 1, S. 8-9. [Dannenberg/Ulrich 2004] Dannenberg M., Ulrich A., E-Payment und E-Billing: Elektronische Bezahlsysteme für Mobilfunk und Internet, Wiesbaden: Gabler 2004. [Goers 2005] Goers Consult GmbH, Electronic Bill Presentment and Payment: EBPP-Modelle URL: http://www.ebppinfo.de/ [Abruf: 2005-01-09]. [Griese/Sieber2001] Griese J., Sieber P., Betriebliche Geschäftsprozesse: Grundlagen, Beispiele, Konzepte, 2. Auflage, Bern: Paul Haupt 1999. [Koch 2001] Koch B., Die Schritte zur Einführung von Electronic Bill Presentment and Payment URL: http://www.billentis.com/seminar_wiesbaden.pdf [Abruf: 2005-01-09]. [Mayring 2002] Mayring P., Einführung in die Qualitative Sozialforschung: Eine Anleitung zu qualitativem Denken, 5. Auflage, Weinheim und Basel: Beltz 2002. [Moser/Schubert 2003] Moser U., Schubert P., Zahlungsmethoden für Online-Shops: Eine Studie zum Einsatz in der Schweiz und daraus abgeleitete Entscheidungskriterien für die Auswahl URL: http://dwi.fhbb.ch/eb/publications.nsf/0/49028e43ee8af752c1256e43005f40dc/$file/a b17_moser_schubert.pdf [Abruf: 2005-01-09].

- 15 - [Reichmayr 2001] Reichmayr C., epayment kooperative Zahlungsprozesse und eservices im Internet URL: http://verdi.unisg.ch/org/iwi/iwi_pub.nsf/wwwpublrecenteng/556fe73 FFAFA755CC1256F0900520978/$file/ePayment%20-%20eServices.pdf [Abruf: 2005-01-09]. [Schubert 2005] Schubert, P. E-Business: Die stille Revolution, in: CASH 17 (2005) 37, S. 12. Spann/Pfaff 2001] Spann, M., Pfaff, D., Electronic Bill Presentment and Payment (EBPP), URL: ttp://www.ecommerce.wiwi.uni-frankfurt.de/skiera/publications/ ebpp_spann_pfaff.pdf [Abruf: 2005-01-09]. [Tanner/Koch 2004] Tanner C., Koch B., Die elektronische Rechnungsabwicklung in der Schweiz (EBPP), in: Schubert P., Wölfle R., Dettling W. (Hrsg.), E-Business mit betriebswirtschaftlicher Standardsoftware: Einsatz von Business Software in der Praxis, München Wien: Carl Hanser 2004, S. 157 168. [Terplan 2003] Terplan K., Electronic Bill Presentment and Payment, Boca Raton Florida: CRC Press 2003. [Wenninger 2000] Wenninger J., The emerging role of banks in e-commerce, in: Current Issues in economics and finance 6 (2000) 3, Federal Reserve Bank of New York URL: http://www.newyorkfed.org/research/current_issues/ci6-3.pdf [Abruf: 2005-01-09].