Verschiedene Milcharten in der menschlichen Ernährung



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Transkript:

Verschiedene Milcharten in der menschlichen Ernährung Karin Wehrmüller und Stephan Ryffel, Forschungsanstalt Agroscope Liebefeld-Posieux ALP, Bern Ziegen- und Schafmilchprodukte erfreuen sich wachsender Beliebtheit. Schaf- und Ziegenkäse werden oft gekauft, um Abwechslung in den Käsealltag zu bringen. In einer Umfrage werden zudem der Geschmack und das natürliche und gesunde Image als Hauptgrund für die Beliebtheit angegeben. Eine allgemeine Bevorzugung von Ziegen- und Schafmilch gegenüber Kuhmilch, basierend auf ernährungsphysiologischen Argumenten, ist aber auf Grund der verfügbaren wissenschaftlichen Grundlagen kaum begründet. Insgesamt können diese Produkte gut zu einer vielfältigen, ausgeglichenen und gesunden Ernährung beitragen. Makronährstoffe Augenfällig ist der viel höhere Energiegehalt von Schaf- gegenüber Kuh- und Ziegenmilch. Mit 103 kcal/100 g liegt der Energiegehalt von Schafmilch über 30 kcal höher als in Kuh- und sogar mehr als 40 kcal/100 g über demjenigen von Ziegenmilch. Dies ist vor allem auf den hohen Fettgehalt in Schafmilch zurückzuführen. Aber auch der Proteingehalt ist höher als in der Kuh- und Ziegenmilch. Dies führt zu einem tieferen Wassergehalt und somit zu einer höheren Trockenmasse im Vergleich zu den anderen zwei Milcharten.

Abb. 1: Vergleich der Makronährstoffe in Kuh-, Ziegen- und Schafmilch Laktose Die Kohlenhydrate aller drei Milcharten liegen hauptsächlich als Laktose vor. Auch die Quantität der Laktose variiert nur geringfügig. Diese sehr kleinen Unterschiede im Laktosegehalt spielen somit keine Rolle für laktoseintolerante Personen. Fett Nebst dem erwähnten mengenmässigen Unterschied von Schafmilch gegenüber Ziegen- und Kuhmilch gibt es noch weitere Unterschiede der Fette zwischen den Milcharten. Einerseits sind die Fettkügelchen beim Ziegen- und Schafmilchfett durchschnittlich etwas kleiner als in Kuhmilch. Kleine Fettkügelchen werden dank der grösseren Gesamtoberfläche besser und schneller von Fett spaltenden Enzymen angegriffen und verdaut. Andererseits enthält Ziegen- und Schafmilch mehr kurz- und mittelkettige Fettsäuren, die vom Körper leicht aufgenommen werden und deshalb gut verdaulich sind. Proteine und Allergien Kaseine dominieren mit ca. 80 % der Gesamtproteine in Kuh-, Ziegen- und Schafmilch. Die Proteine aller drei Milcharten sind gleich gut geeignet, den menschlichen Eiweissbedarf zu decken; d.h. die biologische Wertigkeit ist vergleichbar.

Allergenes Potenzial Sämtliche Milchproteine weisen ein allergenes Potenzial auf. Ein Allergen ist diejenige Substanz, die über das Immunsystem eine Überempfindlichkeitsreaktion auslöst. Die allergene Wirkung wird durch eine Ansammlung potenziell antigener Stellen (Epitop) in der Aminosäurensequenz eines Proteins verursacht. Das Molkenprotein β- Laktoglobulin, welches in Muttermilch nicht vorkommt, ist das Hauptallergen der Milch, gefolgt von Kasein. Oft wird bei einer Kuhmilchallergie auf Ziegen- oder Schafmilch ausgewichen, da diese angeblich weniger allergen ist. Dies ist jedoch weder für Ziegen- noch für Schafmilch bewiesen. Bei Schafmilch gibt es diesbezüglich nur wenige Studien. Ziegenmilch wurde betreffend allergenem Potenzial besser untersucht; wissenschaftliche auf Immunologie und biologischen Mechanismen basierende Daten und Studien fehlen jedoch auch hier. Ein erheblicher Unterschied liegt im tiefen αs1-kasein-gehalt von Ziegenmilch. Je nach Genotyp enthält Ziegenmilch sehr wenig bis überhaupt kein αs1- Kasein. Dies könnte von Vorteil sein für Allergiker, die auf αs1-kasein reagieren. In den 80er Jahren wurde gezeigt, dass ca. 40 % aller Kinder, die an einer Kuhmilchallergie leiden, Ziegenmilch vertragen. Es gibt verschiedene Fallbeispiele, bei denen Ziegenmilch als Milchersatz für Kinder mit einer Kuhmilchallergie zur Linderung verschiedener Beschwerden führte oder diese ganz verschwinden liessen. Unabhängig von der teilweise leicht unterschiedlichen Proteinstruktur zwischen den Milcharten kommt es aber auch zu Kreuzreaktionen. Bei einer Kreuzallergie reagiert eine Person, die gegenüber einem bestimmten Kuhmilchprotein allergisch ist, auch auf ein ähnliches Protein der Ziegen- und der Schafmilch empfindlich (oder umgekehrt). Auf Grund solcher Kreuzreaktionen sind die beiden anderen Milcharten für Kuhmilchallergiker nicht immer als Alternative geeignet. Der Ersatz von Kuh- mit Ziegen- oder Schafmilch muss auf jeden Fall unter medizinischer Anleitung geprüft werden. Mikronährstoffe Nach dem 5. Schweizerischen Ernährungsbericht ist Kuhmilch eine gute Quelle für die Mineralstoffe Kalzium, Phosphor, Kalium, Jod, Zink und Magnesium sowie die Vitamine A, D, B 2, B 12 und Pantothensäure. Dies gilt aufgrund ähnlicher Gehalte auch für Ziegen- und Schafmilch; mit Ausnahme von Vitamin B 12 bei Ziegenmilch. Im Gegensatz zu Ziegenmilch, die ähnlich hohe Mikronährstoff-Konzentrationen aufweist wie Kuhmilch, fällt Schafmilch mit teilweise sehr hohen, absoluten Gehalten an Mineralstoffen und einzelnen Vitaminen auf. Statt dem absoluten Nährstoffgehalt wird häufig das Verhältnis des Nährstoffgehaltes (Menge in g, mg, μg oder ng Nährstoff) bezogen auf die Energie (100 kcal) zum Vergleich von Nahrungsmitteln herangezogen. Durch den hohen Energiegehalt

relativieren sich so gesehen die hohen absoluten Konzentrationen in Schafmilch ein wenig. Ziegenmilch hat die höchste Mineralstoffdichte, Schafmilch am meisten Vitamine pro 100 kcal. Abb. 2: Vergleich der Nährstoffdichte in mg, μg oder ng bezogen auf 100 kcal Energie Besondere Inhaltsstoffe Orotsäure ist eine Vorstufe der Pyrimidinnucleotide, die als Bausteine der Erbsubstanz, bei der Synthese von Glykoproteinen und als Signalstoffe von grosser Bedeutung sind. Orotsäure selbst dient als Transportmolekül für Magnesium. Ihre Salze werden als Medikamente zur Behandlung degenerativer Erkrankungen, aber auch gegen Migräne und Depressionen eingesetzt. Der gesundheitliche Nutzen der Orotsäure beim gesunden Menschen ist umstritten. Erste Untersuchungen der Forschungsanstalt Agroscope Liebefeld-Posieux (ALP) zeigte den höchsten Orotsäuregehalt bei Kuhmilch gefolgt von Ziegen- und Schafmilch (Tab. 1). Das Thema wird in diesem Jahr bei ALP weiter bearbeitet. Tab. 1: Orotsäuregehalt in Milch von Februar/ März (ALP 2007) Orotsäure [mg/ 100 g Milchart n Milch] Kuhmilch 3 6.63 ± 0.46 Ziegenmilch 10 1.08 ± 0.24 Schafmilch 12 1.53 ± 0.23

Literatur Literaturangaben beim Autor erhältlich Autor Karin Wehrmüller und Stephan Ryffel Forschungsanstalt Agroscope Liebefeld-Posieux ALP Bern Maillaiter Juli 2007