Kindschafts- und Namensrechtsänderungsgesetz 2013 Mit 1.2.2013 trat das neue Gesetz in Kraft, das wesentliche Neuerungen mit sich brachte. In vielen Bereichen setzte der Gesetzgeber bereits bestehende Judikatur um, in anderen teilweise nicht durchdachten Bereichen erfolgten Neuerungen, die unter Umständen in der Praxis nicht durchführbar sein werden. 1. Obsorge Vereinbarung Gemeinsame Obsorge Sind die Eltern zum Zeitpunkt der Geburt des Kindes nicht miteinander verheiratet, ist allein die Mutter mit der Obsorge betraut. Die Eltern können aber wenn die Obsorge nicht bereits gerichtlich geregelt wurde, vor der Standesbeamtin/dem Standesbeamten (zuständig ist jenes Standesamt, welches die Geburt beurkundet hat) persönlich und unter gleichzeitiger Anwesenheit nach einer Belehrung über die Rechtsfolgen einmalig bestimmen, dass beide Eltern mit der Obsorge betraut sind. Diese vereinbarte Regelung kann ohne entsprechenden hoheitlichen (gerichtlichen) Akt nicht aufgehoben werden. Durch diese Änderung können die Eltern gleichzeitig mit den personenstandsrechtlich relevanten Beurkundungsakten auch die Bestimmung der Obsorge beim Standesamt vornehmen. Weiters kann die Bestimmung der Obsorge einseitig und ohne Begründung innerhalb von acht Wochen gegenüber der Standesbeamtin/dem Standesbeamten widerrufen werden. Darüber hinaus können die Eltern dem Gericht auch in Abänderung einer bestehenden Regelung eine Vereinbarung über die Betrauung mit der Obsorge vorlegen, wobei die Betrauung eines Elternteils allein oder beider Eltern vereinbart werden kann. Entscheidung durch das Gericht Jeder nicht obsorgeberechtigte Elternteil kann bei Gericht beantragen, dass er an der Obsorge beteiligt werden soll oder ihm die Obsorge allein übertragen wird. Auch wenn beide Elternteile die Obsorge gemeinsam inne haben, kann für den Fall, dass keine einvernehmliche Vereinbarung getroffen werden kann bei Gericht ein entsprechender Antrag gestellt werden. Bei Auflösung der Ehe oder häuslichen Gemeinschaft hat das Gericht von Amts wegen über die Obsorge zu entscheiden. Hat das Gericht über die Obsorge zu entscheiden, do muss es eine Phase der vorläufigen elterlichen Verantwortung einleiten, in der die Obsorge so bestehen bleibt, wie vor Antragstellung. Allerdings muss es jedenfalls einem Elternteil die hauptsächliche Betreuung auftragen und dem anderen Elternteil ein ausreichendes Kontaktrecht einräumen. Dieses Kontaktrecht muss derart eingeräumt werden, dass der Elternteil die Pflege und Erziehung des Kindes ausreichend wahrnehmen kann. Auch die Höhe des zu leistenden Geldunterhalts ist vor Einleitung dieser Phase festzulegen. Nach Ende der Phase entscheidet das Gericht endgültig über die Obsorge oder den hauptsächlichen Aufenthalt, wenn die Obsorge beiden Elternteilen gemeinsam zukommt. Sollte sich bereits während dieser Phase abzeichnen, dass ein konfliktfreier Umgang nicht möglich ist, oder sich die Verhältnisse ändern kann eine Entscheidung des Gerichts verlangt werden.
Neu ist, dass das Gericht auch die Beibehaltung der gemeinsamen Obsorge festlegen kann. Bisher musste das Gericht entscheiden, wem der beiden Elternteile die Obsorge allein zukommen soll. Eine gemeinsame Obsorge konnte bis dato nur einvernehmlich vereinbart werden. Betraut das Gericht beide Elternteile mit der Obsorge muss festgehalten werden, wer das Kind hauptsächlich betreut. Auch kann das Gericht festlegen, dass dem nicht hauptsächlich betreuenden Elternteil die Obsorge in einem eingeschränkten Maß zukommen soll. Ziel ist es, dass beiden Elternteilen ein ausreichender Kontakt zu dem Kind möglich ist. Ziel des Gesetzgebers ist es, dass es zu einer fairen Lastenverteilung zwischen den Elternteilen kommt. Neu ist auch, dass der Elternteil, in dessen Haushalt das Kind nicht lebt Anspruch auf Pflegefreistellung hat. 2. Kontaktrecht Kontakt des Kindes zu den Eltern Der Begriff Besuchsrecht wird nicht mehr verwendet. In vielen Fällen wurde das Besuchsrecht so gesehen, dass das Kind nur die Freizeit beim nicht betreuenden Elternteil verbringt. Fakt war aber auch schon bisher, dass auch der andere Elternteil sich um die Pflege und Erziehung (auch in schulischen Belangten) des Kindes zu kümmern hatte. Der andere Elternteil soll nicht nur gelegentlicher Besucher und Unterhalter in der Freizeit sein. Nunmehr wird dies ausdrücklich in 187 ABGB festgehalten: Die Regelung des Kontaktrechts hat die Anbahnung und Wahrung des besonderen Naheverhältnisses zwischen Eltern und Kind sicherzustellen und soll möglichst sowohl Zeiten der Freizeit als auch die Betreuung im Alltag des Kindes umfassen. Das Alter, die Bedürfnisse und die Wünsche des Kindes sowie die Intensität der bisherigen Beziehung sind besonders zu berücksichtigen. Der Alltag des Kindes umfasst sowohl schulische Pflichten als auch das Treffen der Kinder mit Freunden, das Leben der Kinder soll durch die Zeit beim nicht hauptsächlich betreuenden Elternteil nicht eingeschränkt sein. Kommt beiden Elternteilen die Obsorge gemeinsam zu (bzw. hat ein Elternteil die Obsorge in gewissen Bereichen), so ist der Elternteil, der das Kind nicht hauptsächlich betreut verpflichtet, das Kind auch außerhalb der vereinbarten oder festgelegten Zeiten zu betreuen, wenn der hauptsächlich betreuende Elternteil verhindert ist. Das Kind kann nunmehr, sein Recht auf persönlichen Kontakt zum getrennt lebenden Elternteil auch gegen dessen Willen vom Gericht regeln und auch durchsetzen lassen. In diesem Zusammenhang möchte ich aber anmerken, dass dies in der Praxis eine untergeordnete Rolle spielen wird, da ein harmonischer und für das Kind sinnvoller Kontakt nicht erzwungen werden kann. Kontakt des Kindes zu Dritten Ein Kontakt zu Dritten ist dann festzulegen, wenn dies dem Kindeswohl entspricht. Dritte Personen haben nunmehr auch das Recht, selbst einen Antrag bei Gericht zu stellen. Wohnortwechsel
Das Recht, den Wohnort zu bestimmen, kommt dem Elternteil allein zu, der das Kind hauptsächlich betreut und zwar auch dann, wenn ein Umzug ins Ausland erfolgen soll. Nur dann, wenn noch nicht festgelegt ist, wer das Kind hauptsächlich betreut muss ein Einvernehmen zwischen den Eltern gefunden werden. Selbst wenn der andere Elternteil nicht zustimmt, ist der Umzug ins Ausland kein widerrechtliches Verbringen im Sinne des Haager Kindesentführungsübereinkommens. Vertretung in Obsorgeangelegenheiten des täglichen Lebens Personen, die mit dem hauptsächlich betreuenden Elternteil im gemeinsamen Haushalt leben (wie etwa Lebensgefährten), dürfen und müssen das Kind in den Obsorgeangelegenheiten des täglichen Lebens vertreten, sofern es die Umstände erfolgen. Dies ist dann der Fall, wenn der obsorgeberechtigte Elternteil verhindert oder nicht erreichbar ist. Dasselbe gilt für den nicht obosrgeberechtigten Elternteil, bei dem sich das Kind im Rahmen des Kontaktrechts aufhält. 3. Kindeswohl Das oberste Ziel in Angelegenheiten der Obsorge und des Kontakts ist das Kindeswohl. Dieser Begriff wird nun gesetzlich in 138 ABGB definiert, wobei sich der Gesetzgeber an die bisherige bestehende Judikatur hielt. Was dem Wohl des Kindes entspricht, muss im Einzelfall speziell auf das Kind abgestimmt werden. Das Gesetz zählt aber einige Beispiele auf, um Anhaltspunkte für die Beurteilung des Kindeswohles zu bieten: angemessene Versorgung und Erziehung Fürsorge und Geborgenheit Förderung der Anlagen, Fähigkeiten, Neigungen und er Entwicklung des Kindes Schutz vor Gewalt Vermeidung von Loyalitätskonflikten und Schuldgefühlen des Kindes 4. Unterhalt Vereinbarungen über den zu leistenden Unterhalt bedürfen hinkünftig nicht mehr der pflegschaftsbehördlichen Genehmigung, wenn sie vor Gericht geschlossen wurden. Das Kind hat aber trotzdem das Recht, eine Erhöhung des Unterhalts zu beantragen. Vereinbarungen zwischen den Eltern, dass ein Elternteil zur Gänze oder überwiegend für den Unterhalt aufkommen soll und den anderen schad- und klaglos hält sind unwirksam, es sei denn, dass sie Teil eines umfassenden Scheidungsfolgevergleichs sind. 5. Vermögen des minderjährigen Kindes Für die Veranlagung des Vermögens eines minderjährigen Kindes im Rahmen des ordentlichen Wirtschaftsbetriebes benötigt der gesetzliche Vertreter keine pflegeschaftsgerichtliche Genehmigung mehr. In welcher Form Geld des minderjährigen Kindes veranlagt werden darf ist nach wie vor im ABGB geregelt. 6. Familiengerichtshilfe In Zukunft soll eine mit Psychologen und Sozialarbeitern besetzte Stelle bei der Justiz die Gerichte bei Ihrer Tätigkeit unterstützen, indem sie vor Ort Erhebungen durchführen.
Aufgabe wird es auch sein, eine einvernehmliche Lösung herbeizuführen und über das Gerichtsverfahren zu informieren. Die Mitarbeiter haben dem Gericht über ihre Wahrnehmungen und etwaige Verhandlungsergebnisse zu informieren. Da es aber derzeit jedenfalls an entsprechenden Mitarbeitern mangelt, wird ein effizientes und vor allem rasches Tätigwerden erst in weiterer Zukunft möglich sein. Bis dahin wird weiterhin die Hilfe der Jugendämter in Anspruch genommen werden, die ebenfalls nach Auftrag des Gerichts tätig werden. 7. Außergerichtliche Beratung Vor einer einvernehmlichen Scheidung bzw. vor Verfahrensbeginn müssen die Ehegatten in Zukunft nachweisen, dass sie sich über die mit der Scheidung verbundenen besonderen Bedürfnisse der Kinder informiert haben und eine Beratung bei einer anerkannten Einrichtung in Anspruch genommen haben. Als anerkannte Einrichtungen werden Familienberatungsstellen, Psychologen und Pädagogen anzusehen sein, eine Regelung im Gesetz hierzu fehlt. 8. Maßnahmen zur Sicherung des Kindeswohls Zur Sicherung des Kindeswohls kann das Gericht nunmehr verschieden Maßnahmen anordnen: Teilnahme an einem Erstgespräch über eine Mediation Schulungsmaßnahmen gegen Gewalt Abnahme der Reisedokumente Bestellung eines Kinderbeistandes oder Besuchsmittlers Anordnung einer Besuchsbegleitung Einräumung von vorläufigen Rechten Bei Gefahr im Verzug kann auch der Jugendwohlfahrtsträger bis zum Abschluss des gerichtlichen Verfahrens über die Obsorge erforderliche Maßnahmen der Pflege und Erziehung setzen. Voraussetzung ist eine offenkundige und objektiv bestehende Gefährdung des Kindeswohls und die Notwendigkeit einer Änderung des bestehenden Zustandes. Sowohl Eltern als auch Kinder können binnen eines Monats nach Setzung dieser Maßnahmen einen Antrag bei Gericht stellen, das dann zu prüfen hat, ob die Maßnahmen gerechtfertigt sind oder nicht. 9. Namensrecht Familienname der Ehegatten Bei Eheschließung können die Ehegatten einen gemeinsamen Familiennamen festlegen, wenn nicht jeder der beiden seinen bisherigen Familiennamen behält. Es sind mehrere Möglichkeiten gegeben: beide Ehegatten entscheiden sich für einen gemeinsamen Familiennamen (bisheriger Familienname der Frau oder des Mannes) die bisherigen Familiennamen werden verbunden und beide tragen nach Eheschließung den gemeinsamen Doppelnamen ein Ehegatte führt weiter seinen bisherigen Familiennamen, der andere Ehegatte führt einen Doppelnamen bestehend aus seinem eigenen Familiennamen und dem des Ehegatten
führt ein Ehegatte bereits einen Doppelnamen kann auch nur ein Teil dieses Doppelnamens für den künftigen gemeinsamen Familiennamen verwendet werden Der Familiennamen darf aber aus nicht mehr als zwei Namen bestehen Familienname des Kindes Kinder erhalten den gemeinsamen Familiennamen der Eltern. Auch der Doppelname eines Elternteils kann zum Familiennamen des Kindes bestimmt werden. Führen die Eltern keinen gemeinsamen Familiennamen, kann als Familienname des Kindes der Familienname eines Elternteils (bzw. ein Teil des Doppelnamens) bestimmt werden. Das Kind kann als Familiennamen auch einen Doppelnamen führen, der aus den Familiennamen der Eltern gebildet wird. Wird kein Familienname bestimmt führt das Kind den Familiennamen der Mutter. Den Familiennamen bestimmt der Elternteil, der mit der Pflege und Erziehung des Kindes betraut ist. Haben beide Elternteile die Obsorge, haben sie einvernehmlich zu entscheiden, welchen Namen das Kind künftig führen soll.