Stellungnahme der Bundesrechtsanwaltskammer zur Reform der Sachaufklärung in der Zwangsvollstreckung

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Transkript:

Stellungnahme der Bundesrechtsanwaltskammer zur Reform der Sachaufklärung in der Zwangsvollstreckung erarbeitet durch den Ausschuss ZPO/GVG der Bundesrechtsanwaltskammer Mitglieder: un un in Dr. Michael Weigel, Frankfurt (Vorsitzender) Horst Droit, Wallenhorst Dr. Gerold Kantner, Mecklenburg-Vorpommern (Berichterstatter) Lothar Schmude, Köln Dr. Hans-Heinrich Winte, Hildesheim (Berichterstatter) Dr. Hans Eichele, Mainz Dr Jürgen Lauer, Köln Dr. Bernhard von Kiedrowski, Berlin Dr. Michael Schultz, BGH Julia von Seltmann, BK, Berlin Verteiler: Bundesministerium der Justiz Landesjustizminister/Justizsenatoren der Länder Rechtsausschuss des Deutschen Bundestages Arbeitskreise Recht der Bundestagsfraktionen Rechtsanwaltskammern Bundesnotarkammer Bundessteuerberaterkammer Steuerberaterverband Wirtschaftsprüferkammer Deutscher Anwaltverein Deutscher Richterbund Deutsche Rechtspflegervereinigung Deutscher Juristinnenbund Deutscher Notarverein Redaktion der NJW, ZAP, AnwBl per Mail: Beck aktuell, Lexis Nexis Rechtsnews, OVS Freie Berufe, Jurion Expertenbriefing, juris Nachrichten Mai 2009 BK-Stellungnahme-Nr. 15/2009 Die Stellungnahme ist im Internet unter www.brak.de/stellungnahmen einzusehen.

- 2 - Die Bundesrechtsanwaltskammer bedankt sich für die Gelegenheit zur Stellungnahme zu dem Entwurf eines Gesetzes zur Reform der Sachaufklärung in der Zwangsvollstreckung (BT-Drs. 16/10069). Allgemeines Ziel des Gesetzentwurfes ist es, das Zwangsvollstreckungsrecht zu modernisieren mit Blick auf die Möglichkeiten der Informationsgewinnung für den Gläubiger, die Verwaltung des Vermögens- und Schuldnerverzeichnisses sowie durch die Harmonisierung der Vorschriften der zivilrechtlichen Zwangsvollstreckung mit der Verwaltungsvollstreckung. Nach gegenwärtiger Rechtslage wird für die Vermögensauskunft des Schuldners stets ein Fahrnispfändungsversuch verlangt. Das bisherige Verfahren der eidesstattlichen Versicherung beschränkt die Informationsmöglichkeiten des Gläubigers auf eigene Angaben des Schuldners. Die Verwaltung des Vermögensverzeichnisses und die Führung des Schuldnerverzeichnisses sind bislang auf die jeweiligen Amtsgerichte beschränkt. Die Verfahren werden grundsätzlich in Papierform geführt. Die Bundesrechtsanwaltskammer begrüßt den Gesetzentwurf, da die vorgesehenen Regelungen zum großen Teil geeignet sind, die Sachaufklärung in der Zwangsvollstreckung zu verbessern. Die Vermögensauskunft ( 802 a l ZPO-E) Die neue Regelung soll dem Gläubiger ermöglichen, schon vor Einleitung von Beitreibungsmaßnahmen Informationen über das Vermögen des Schuldners von diesem selbst ( 802c ZPO-E) oder, falls dies unergiebig bleibt, von dritter Seite ( 802l ZPO-E) zu erlangen. Für die Einholung der Schuldner- wie Fremdauskünfte soll der Gerichtsvollzieher zuständig sein ( 802e ZPO-E). Die Befugnis des Gerichtsvollziehers zur Einholung dieser Auskünfte soll künftig vom Vollstreckungsauftrag mit umfasst sein. Die Möglichkeit der sofortigen Sachpfändung vor Ort ( 807 ZPO) bleibt unberührt. Durch diese Regelung wird in einem frühen Stadium der Vollstreckung ein unmittelbarer Kontakt des Gerichtsvollziehers zum Schuldner ermöglicht. Sie ist daher zu begrüßen. Die vorgesehene Sperrfrist für eine erneute Vermögensauskunft ( 802d ZPO-E) ist mit drei Jahren jedoch zu lang. Die Bundesrechtsanwaltskammer spricht sich für eine Sperrfrist von 12 Monaten aus.

- 3 - Zentrale Verwaltung der Vermögensauskünfte ( 802k ZPO-E) Das Verfahren zur Abgabe der Vermögensauskunft wird durch die Elektronisierung und Zentralisierung der Verwaltung des Vermögensverzeichnisses entsprechend 802k ZPO-E modernisiert. Dadurch wird der Zugriff erleichtert. Die Gläubiger sollen auf diesem Wege mit geringst möglichem Aufwand landesweit gültige und aktuelle Informationen erhalten. Zur Einsicht in das Vermögensverzeichnis ist zum einen der Gerichtsvollzieher sowie die Vollstreckungsbehörden befugt, die Vermögensauskünfte nach 284 AO verlangen können. Weiterhin können Einsicht nehmen Vollstreckungsbehörden, die durch Bundesgesetz oder durch Landesgesetz dazu befugt sind, die Selbstauskunft des Schuldners über sein Vermögen zu verlangen, wenn diese Auskunftsbefugnis durch die Errichtung eines nach Abs. 1 zu hinterlegenden Vermögensverzeichnisses ausgeschlossen wird. Dieses Einsichtsrecht wird ermöglicht, um den Vollstreckungsbehörden die Prüfung, ob eine Sperrwirkung besteht, und gegebenenfalls die Nutzung der bereits hinterlegten Vermögensverzeichnisse anstelle der erneuten Abnahme der Selbstauskünfte zu ermöglichen. Nach 802k Abs. 2 Nr. 3 ZPO-E wird das Einsichtsrecht nunmehr auf Vollstreckungsbehörden erweitert, die dem Schuldner zwar nicht selbst eine Vermögensauskunft abnehmen können, aber den Gerichtsvollzieher mit dieser Abnahme beauftragen können. Hierdurch soll eine unnötige Belastung des Gerichtsvollziehers vermieden werden. Im Ergebnis sind diese Regelungen zu befürworten, auch wenn damit eine Besserstellung für die Vollstreckungsbehörden verbunden ist, die selbst kein Recht zur Abnahme der Vermögensauskunft haben. Nach 802k Abs. 3 S. 3 Hs 2 ZPO-E kann das zentrale Vollstreckungsgericht andere Stellen mit der Datenverarbeitung für die zentrale Verwaltung des Vermögensverzeichnisses beauftragen. Die jeweiligen datenschutzrechtlichen Bestimmungen über die Verarbeitung personenbezogener Daten im Auftrag sind anzuwenden. Diese Regelung ist zu begrüßen. Es wird dadurch klargestellt, dass die ZPO insoweit keine abschließende Regelung trifft, sodass die jeweiligen Vorschriften der Landesdatenschutzgesetze über die Auftragsverarbeitung anzuwenden sind. Vereinfachter Vollstreckungsauftrag bei Vollstreckungsbescheiden Mit dem Ziel einer Vereinfachung und Beschleunigung des Zwangsvollstreckungsverfahrens, soweit die Pfändung von Geldforderungen auf der Grundlage von Vollstreckungsbescheiden betroffen ist, soll eine neue gesetzliche Regelung eingeführt werden, wonach bei Vollstreckungsbescheiden ein vereinfachter Vollstreckungsauftrag erteilt werden kann. Bereits durch

- 4 - das Justizkommunikationsgesetz vom 22. März 2005 (BGBl I Seite 837) ist mit dem neuen 829 Abs. 4 ZPO die Möglichkeit geschaffen worden, durch Rechtsverordnung Formulare für den Antrag auf Erlass eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses einzuführen, die elektronisch bearbeitet werden können. Nach Ansicht des Bundesrates wird der mit dieser Möglichkeit verbundene Ressourcengewinn nicht hinreichend ausgeschöpft. Aus diesem Grund soll nach dem neu einzuführenden 829a ZPO-E für den Fall eines elektronischen Auftrags zur Zwangsvollstreckung im Wege der Pfändung und Überweisung von Geldforderungen auf der Grundlage von Vollstreckungsbescheiden die Übermittlung der Ausfertigung des Vollstreckungsbescheides in Papierform entbehrlich sein, um auf diese Weise die vollautomatische Auftragserteilung zu erreichen. Statt der Vorlage des Vollstreckungsbescheides in Papierform ist mit dem Vollstreckungsauftrag eine Ausfertigung oder Ablichtung des Vollstreckungsbescheides in elektronischer Form beizufügen sowie eine Versicherung des Gläubigers, dass eine Ausfertigung des Vollstreckungsbescheides und eine Zustellungsbescheinigung vorliegen und die Forderung in Höhe des Vollstreckungsauftrages noch besteht. Der Bundesrat geht hierbei davon aus, dass bereits durch die notwendige Vorlage des Vollstreckungsbescheides in elektronischer Form, d. h. letztlich einer eingescannten Kopie der Ausfertigung oder einer Abschrift des Vollstreckungsbescheides dem Schutz des Schuldners hinreichend Genüge getan sei. Der Umstand, dass gem. 829a Abs. 1 Ziffer 1 ZPO-E die Möglichkeit eines vereinfachten Vollstreckungsauftrages nur für Vollstreckungsbescheide mit fälligen Geldforderungen von nicht mehr als 5.000 Euro in Betracht kommen soll, zeigt jedoch, dass der Bundesrat den von ihm vorgesehenen Schutzmechanismen doch nicht in vollem Umfang traut. Völlig zu Recht hat der Bundesrat wenn auch unausgesprochen erkannt, dass ohne die Vorlage des Original-Vollstreckungstitels in Papierform dem Missbrauch Tür und Tor geöffnet ist. Zum einen sind die Fälle zu bedenken, in denen dem Gläubiger zum Zeitpunkt der Erteilung des Vollstreckungsauftrages der Titel selbst überhaupt nicht vorliegt. Ohne weiteres ist es möglich, dass der Gläubiger nicht zuletzt im Hinblick auf die durch 829a ZPO-E geschaffene Möglichkeit vorab eine Kopie des Vollstreckungsbescheides in elektronischer Form fertigt, dann jedoch zum Zeitpunkt des Vollstreckungsauftrages gar nicht im Besitz des Original-Vollstreckungsbescheides ist, weil dieser beispielsweise einem anderen Gerichtsvollzieher für dort laufende Vollstreckungsmaßnahmen vorliegt. Dieser Fall ist eigentlich nicht von 829a ZPO-E gedeckt, da der Gläubiger gem. Ziffer 4 des Abs. 1 ja ausdrücklich versi-

- 5 - chern soll, dass ihm die Ausfertigung des Vollstreckungsbescheides und eine Zustellungsbescheinigung vorliegt. Nach geltendem Recht hätte in diesem Fall der Gläubiger ohne weiteres die Möglichkeit, eine Vorpfändung gem. 845 ZPO vorzunehmen und so ein vorläufiges Zahlungsverbot zu erreichen. Sobald er dann wieder im Besitz des Titels wäre, könnte er die Pfändung durchführen. Eine Notwendigkeit für einen vereinfachten Vollstreckungsauftrag gibt es dementsprechend in diesem Fall im Grunde genommen nicht. Im Gegenteil schafft die vom Bundesrat vorgesehene Möglichkeit nicht unerhebliche Missbrauchsmöglichkeiten. Man denke beispielsweise nur an den Fall, dass die titulierte Forderung an einen Dritten abgetreten wurde und ihm zu diesem Zweck auch der Titel übergeben wurde, ohne dass dieses dem Schuldner bekannt geworden ist. Zwar müsste der neue Gläubiger bei einer stillen Abtretung gem. 407 Abs. 1 BGB eine Zahlung an den alten Gläubiger ohnehin gegen sich gelten lassen. 829a ZPO-E eröffnet dem bisherigen Gläubiger nunmehr jedoch sogar noch ausdrücklich die Möglichkeit, eine ihm nicht mehr gehörende Forderung mit Hilfe von Vollstreckungsorganen durchzusetzen. Bei allem Verständnis für die bessere Ausnutzung vorhandener Ressourcen, insbesondere durch die Möglichkeiten der elektronischen Datenverarbeitung, bleiben dennoch Zweifel, ob der hiermit erzielte Gewinn vor dem Hintergrund des damit verbundenen Risikos eines Missbrauchs angemessen erscheint. Der Umstand, dass das vereinfachte Vollstreckungsverfahren von Vornherein auf Geldforderungen bis 5.000,00 Euro beschränkt worden ist, zeigt, dass offensichtlich auch der Bundesrat dieses Risiko als nicht unerheblich eingeschätzt hat. Allein die Tatsache, dass nach 829a Abs. 2 ZPO in Zweifelsfällen das Gericht die Vorlage des Vollstreckungsbescheides und den Nachweis der übrigen Vollstreckungsvoraussetzungen verlangen kann, dürfte in diesem Zusammenhang kaum weiterhelfen, da derartige Zweifelsfälle wohl nur im Ausnahmefall vorliegen dürften. Neuregelung des Schuldnerverzeichnisses ( 882b h ZPO-E) Der Anknüpfungspunkt für die Eintragung in das Schuldnerverzeichnis soll geändert werden. Bisher war Anknüpfungspunkt die Abgabe der eidesstattlichen Versicherung oder die Anord-

- 6 - nung der Erzwingungshaft ( 915 ZPO). Künftig soll der Schuldner eingetragen werden, der seinen vollstreckungsrechtlichen Auskunftspflichten nicht nachkommt oder gegen den die Vollstreckung erfolglos geblieben ist. Hierüber entscheidet der zuständige Gerichtsvollzieher, im Falle von 26 Abs. 1 InsO das Insolvenzgericht. Dagegen bestehen keine Bedenken. Für die Führung des Schuldnerverzeichnisses ist die Einrichtung eines zentralen Verzeichnisses und dessen Führung durch ein zentrales Vollstreckungsgericht vorgesehen. Das Zentralverzeichnis soll als landesweites Internet-Register ausgestaltet werden. Die neue Einordnung des Schuldnerverzeichnisses (bisher 915a bis h ZPO) als 882b bis h ZPO-E ist sachdienlich und erleichtert die praktische Handhabung durch schnelleres Auffinden. Die Zentralisierung der Verwaltung des Schuldnerverzeichnisses ermöglicht einen schnelleren Zugriff durch die Gläubiger. Die Bundesrechtsanwaltskammer weist jedoch darauf hin, dass bezogen auf das Recht zur Einsichtnahme in das Internet-Register ausreichende Vorkehrungen hinsichtlich des Datenschutzes vorgesehen werden müssen, um eine missbräuchliche Nutzung auszuschließen. Wie dies im Einzelnen erfolgen soll, ist im Gesetzentwurf noch nicht festgelegt. 882c ZPO-E regelt die Voraussetzungen, unter denen der Gerichtsvollzieher die Eintragung des Schuldners in das Schuldnerverzeichnis anordnen kann. 882c Abs. 3 ZPO-E regelt explizit, dass die Eintragungsanordnung die in 882b Abs. 2 ZPO-E genannten Daten zu enthalten hat. Soweit diese dem Gerichtsvollzieher nicht bekannt sind, hat er Auskünfte bei den in 755 S. 1 genannten Stellen einzuholen oder das Handelsregister einzusehen, um auf diese Weise die erforderlichen Daten zu beschaffen. Da die Einholung dieser Daten von Amts wegen und nicht nur auf Antrag des Gläubigers zu erfolgen hat, dürfen dem Gläubiger hierfür keine Gebühren abverlangt werden. Die Regelung ist zu begrüßen, da sie Verwechslungen des einzutragenden Schuldners zu vermeiden hilft. Wird eine Eintragung im Schuldnerverzeichnis nachträglich fehlerhaft, so ist zum Schutz des Rechtsverkehrs auf Antrag das Verzeichnis entsprechend zu ändern. 882e Abs. 4 S. 1 ZPO-E ist daher von einer kann in eine soll -Vorschrift zu ändern. Gleiches gilt, wenn die Behörde positive Kenntnis davon hat, dass das Verzeichnis von Anfang an fehlerhaft war.

- 7-882f ZPO-E sieht keine Prüfung der Tatbestandsmerkmale für die Einsicht in das Schuldnerverzeichnis durch die Geschäftsstelle vor. Jedenfalls muss eine Sanktion für eine missbräuchliche Nutzung des Schuldnerverzeichnisses in den Gesetzentwurf aufgenommen werden. Harmonisierung der Vorschriften der zivilrechtlichen Zwangsvollstreckung mit der Verwaltungsvollstreckung Zur Harmonisierung der zivilen Zwangsvollstreckung mit der Verwaltungsvollstreckung soll die Anknüpfung der Eintragung in das Schuldnerverzeichnis an den Inhalt der abgegebenen Vermögensauskunft sowie die Vorschriften über deren Inhalt und Errichtung auf die Verwaltungsvollstreckung gem. Art. 2 des Gesetzentwurfs übertragen werden. Hiergegen bestehen keine Bedenken. * * *