Herausforderungen an Content-Management-Systeme in Behörden von Christine Siepe (MATERNA GmbH) Informationen strukturieren und effizient verwalten Gibt es noch eine Stadt, Gemeinde oder Behörde ohne digitalen Auftritt im Netz der Netze? Wohl kaum. Leidgeplagte Administratoren und verantwortliche Redakteure fordern daher den Einsatz moderner Methoden und Werkzeuge für die Produktion, Verwaltung und Auslieferung der digitalen Inhalte. Content-Management-Systeme erfüllen diese Anforderung. Der Content heutiger Behörden-Websites besteht nicht mehr nur aus Textelementen. Auch Grafiken in unterschiedlichsten Formaten sowie Bilder, Dokumente und Videostreams dienen der Aufbereitung der behördlichen Informationen. Content-Management-Systeme (CMS) strukturieren die Inhalte im Internet und Intranet. Dazu verwaltet das CMS die textlichen und grafischen Informationen getrennt vom Layout. So können sich die für die Content-Pflege verantwortlichen Sachbearbeiter ausschließlich auf die Erstellung der Inhalte konzentrieren. Ein vollautomatischer Publikationsprozess sorgt schließlich dafür, dass Layout und Content zusammengeführt und einheitlich auf der Website ausgeliefert werden. Allein 46 Prozent der online zur Verfügung gestellten Dienstleistungen der Bundesverwaltung bestehen im Erfassen, Aufbereiten und Bereitstellen von Informationen (Quelle: www.bund.de). Um diesem Auftrag gerecht zu werden, leisten Content-Management-Systeme gute Dienste. Ein CMS ist die Voraussetzung dafür, das bereits umfangreiche Informationsangebot der öffentlichen Verwaltung im Internet effizient zu verwalten und kontinuierlich zu aktualisieren. Im behördeninternen Intranet eingesetzt, bietet es gleichzeitig die Grundlage für ein modernes Informations- und Wissens-Management. Bei der Konzeption und Einführung eines CMS gilt es, eine Reihe von Fragen zu beantworten, die sich mit der Analyse des Content, der Prozesse und Infrastruktur befassen: Aus welchen Bereichen stammen die Inhalte? Welche Organisationseinheiten sind für die Inhalte verantwortlich? Wo soll das CMS eingesetzt werden? Was ist zu den Themen Skalierbarkeit, Plattformunabhängigkeit, Einsatz offener Standards und Sicherheitskonzepte zu beachten? Welche Import-Möglichkeiten und Schnittstellen sind vorhanden, um Daten aus umliegenden oder externen IT-Systemen anderer Behörden zu - 1 -
integrieren? Wie erfolgt die Datenmigration aus dem bisherigen System? Bei der Beantwortung dieser und weiterer zentraler Fragen empfiehlt sich die Inanspruchnahme eines kompetenten externen Dienstleisters. CMS mit vielen Facetten Die Motivation für den Einsatz eines CMS in der öffentlichen Verwaltung unterscheidet sich durchaus von der eines Unternehmens aus der Privatwirtschaft. So haben zahlreiche Aktivitäten behördenübergreifend einen hohen Standardisierungsgrad und lassen sich vereinheitlichen. Dieses Einsparpotenzial wurde von der Verwaltung erkannt und beispielsweise im Rahmen der Initiative BundOnline 2005 über das Konzept zentral entwickelter Basiskomponenten umgesetzt (siehe www.bund.de). Hinzu kommt die Forderung nach einer schnellen Anpassung der Internet-Seiten, zum Beispiel aufgrund aktueller politischer oder wirtschaftlicher Ereignisse. Die Trennung von Inhalt und Layout mit Hilfe eines CMS vereinfacht in hohem Maße Anpassungen an aktuelle Gegebenheiten. So können die redaktionell Verantwortlichen Änderungen direkt durchführen, ohne dass hierfür technische Unterstützung erforderlich ist. Um die redaktionelle Arbeit der Mitarbeiter zu vereinfachen und die notwendige Qualitätssicherung (z. B. Vier-Augen-Prinzip ) zu gewährleisten, müssen zunächst die Arbeitsabläufe und Prozesse analysiert werden. Redaktions-, Rollen- und Workflow-Konzepte bilden entsprechend den Vorgaben die verschiedenen Prozesse eins zu eins im CMS ab. Die Optimierung der redaktionellen Abläufe ist daher ein entscheidendes Argument für die Einführung und Nutzung eines CMS. Insbesondere wenn mehrere Mitarbeiter an redaktionellen Prozessen beteiligt sind, ist die umfangreiche und effektive Unterstützung durch ein CMS von Vorteil. Um dem Informationsauftrag gegenüber dem Bürger gerecht zu werden, müssen Internet-Auftritte der öffentlichen Verwaltung einen maximalen Verbreitungsgrad der Informationen in Bezug auf den Bürger gewährleisten. Das heißt, die Seiten müssen beispielsweise problemlos mit den verschiedensten Web-Browsern aufgerufen werden können. Entscheidend sind daher gängige und frei verfügbare Ausgabemedien wie html und pdf. Darüber hinaus führen auch neue Gesetze und Verordnungen zu teilweise umfassenden Überarbeitungen des Informationsbestandes. Ein sehr gutes Beispiel ist die Rechtsverordnung BITV (Barrierefreiheit Informationstechnik-Verordnung) des Behindertengleichstellungsgesetzes. Hierdurch werden alle Bundesbehörden verpflichtet, bis Ende 2005 ihren Internet-Auftritt barrierefrei zu gestalten. Dies bedeutet, dass beispielsweise auch seh- oder motorisch behinderte Menschen - 2 -
möglichst uneingeschränkt die Internet-Seiten nutzen können. Jede Internet-Seite muss so aufbereitet werden, dass beispielsweise sehbehinderte Internet-User sich mit einer Software die Inhalte der Web-Seiten vorlesen oder in Braille-Schrift ausgeben lassen können. Technisch bedeutet dies, dass alle Seiten maschinenlesbar sein müssen. Ein CMS muss daher die Auslieferung barrierefreier Web-Seiten unterstützen. Gleichzeitig aber benötigen die Redakteure ein Werkzeug, das ihnen eine einfache, aber zugleich hochwertige Erstellung dieser Inhalte ermöglicht. Standardisierte, aber flexible Prozesse Die oft sehr aufwändige Einführung von Content-Management-Systemen kann durch vordefinierte und vorkonfigurierte Lösungen deutlich erleichtert werden. In Zusammenarbeit zwischen dem Bundesverwaltungsamt und dem IT-Dienstleister Materna GmbH wurde mit dem Government Site Builder eine solche Lösung entwickelt, die sich speziell am Bedarf der Bundesbehörden orientiert. Das System mit der Bezeichnung Government Site Builder wurde als Basiskomponente der Initiative BundOnline 2005 mit dem Ziel realisiert, allen Bundesbehörden eine einheitliche Content-Management-Lösung anzubieten. Der Government Site Builder ist eine umfassende CMS-Lösung, die als Baukastensystem aus zahlreichen Modulen besteht. Dabei handelt es sich jedoch nicht um ein System von der Stange, sondern um eine maßgeschneiderte Lösung, die leicht und flexibel an die individuellen Anforderungen angepasst werden kann. Die Lösung ist mandantenfähig, entspricht den Anforderungen an die Barrierefreiheit und ist SAGA-konform (Standards und Architekturen für E-Government- Anwendungen). Mit den zahlreichen Redaktions- und Administrations-Workflows lassen sich Web-Inhalte einfacher einfügen, gestalten und pflegen. Der Government Site Builder setzt auf der CMS-Technologieplattform von CoreMedia (Smart Content Infrastructure) auf, basiert auf dem J2EE-Standard und verwendet als Datenhaltungsformat die Metasprache XML. Beim Betrieb stehen zwei Alternativen zur Auswahl: zentrales Hosting beim Bundesverwaltungsamt oder Betrieb in Eigenregie. Als einer der ersten Internet-Auftritte basiert das Außenwirtschaftsportal ixpos der Bundesagentur für Außenwirtschaft (bfai) seit Mitte November letzten Jahres auf dem Government Site Builder. Besuchern präsentiert sich ixpos mit neuen Inhalten, verbesserten Strukturen und einem zeitgemäßen Design. Vor allem aber entspricht das Portal den Anforderungen an die Barrierefreiheit. ixpos übernimmt damit eine Vorreiterrolle. Die bfai hatte frühzeitig darüber nachgedacht, die Vorteile aus BundOnline 2005 zu nutzen, denn durch den zentralen Lösungsansatz der e- Government-Initiative ergeben sich Synergieeffekte für alle beteiligten Behörden. Daher fiel die Entscheidung beim Relaunch der ixpos-internet-seiten auf die CMS- - 3 -
Lösung Government Site Builder. Materna hat den Relaunch unterstützt und das CMS eingeführt. Den Betrieb der Seiten hat das Bundesverwaltungsamt in Köln übernommen. Die Redakteure bei der bfai waren den Umgang mit einem Content-Management- System bereits gewohnt, jedoch entsprach das bisherige CMS nicht mehr den gewachsenen Anforderungen. Der Wunsch bestand daher nach einer verbesserten redaktionellen Vernetzung des Internet-Auftritts: Alle Kontexte sollten miteinander verbunden und für bestimmte Rubriken sollten Fremdinhalte automatisch integriert werden. Ein weiteres Kriterium an das neue CMS war die schnelle und einfache Aktualisierung der Web-Inhalte durch die Redakteure. Der Government Site Builder erfüllt diese Erwartungen. Neben zahlreichen Außenwirtschafts-Informationen bietet ixpos eine Terminkalender-Funktion, ein Ausschreibungs-ABC, die Suche in der Förderdatenbank des Bundesministeriums für Wirtschaft und Arbeit sowie eine Vielzahl aussagekräftiger Zugriffsstatistiken für die Mitglieder. Auch diese Inhalte werden dynamisch über das CMS integriert. Ein herausragendes Tool ist die ixpos-suchmaschine, die bei der Suche nicht nur den internen Auftritt einbezieht, sondern auch die externen Seiten der verschiedenen Akteure der Außenwirtschaft mit berücksichtigt. Insbesondere bei der Integration von Fremdinhalten zahlt sich der Einsatz eines CMS aus: ixpos-mitglieder wie Verbände und Handelskammern liefern regelmäßig Informationen für das Portal. Diese Inhalte, zum Beispiel News, Termine und einzelne Standard-Artikel, können schnell und effizient durch bfai-mitarbeiter bearbeitet und online gestellt werden. Zuvor werden sie von den bfai-redakteuren qualitätsgesichert und je nach Bedarf entsprechend angepasst. Wir sind sehr zufrieden mit den neuen Möglichkeiten der Vernetzung unseres Internet-Auftritts, erläutern Dr. Dirk Krumbiegel, Leiter des Referats Internet und elektronische Medien, und Christian Tippelt, Leiter der Stabsstelle Service-Verbund Außenwirtschaft/iXPOS. Fazit Die Einführung eines CMS oder die Umstellung auf ein neues System ist immer auch ein sinnvoller Zeitpunkt, eingefahrene Abläufe und Rechte zu überdenken. Beispielsweise lassen sich alte Redaktionsprozesse aufbrechen und verbessern. So kann der Inhalt neu strukturiert oder die Benutzerführung einfacher gestaltet werden. Grundsätzlich ergeben sich die Erfolge aber nicht automatisch durch den Kauf einer Software oder Technologie. Auf dem Weg zu einer durchgängigen Content-Management-Strategie bestätigt sich der bewährte Grundsatz Organisation vor Technik. Denn erst professionelle Redaktionsprozesse sind die Basis für den erfolgreichen Einsatz von Technik. - 4 -
Aufgaben eines Content-Management-Systems - Trennung von Inhalt, Layout und Business-Logik - Produktion, Organisation, Verwaltung und Ausgabe von Inhalten unterschiedlicher Formate wie Dokumente, Grafiken, Musik- und Videostreams und Programmcodes - Archivierung und Versions-Management: Umfassende Rekonstruierbarkeit von Publikationsprozessen Fragen rund um die Auswahl des richtigen Content-Management-Systems - Werden offene Standards wie XML verwendet? - Lassen sich die Anforderungen der Content-Autoren umsetzen? - Kann das System dynamische und statische Inhalte ausgeben? - Bietet das System verschiedene offen gelegte Schnittstellen, um Zusatzmodule anzubinden? - Ist das System plattformunabhängig und skalierbar? - Sind das System und der Hersteller zukunftsträchtig? - 5 -