600 TIERE GEBEN IHR DEBÜT Die ersten Tiere entstehen, als Meeresprotoktisten ihre Fortpflanzung zugunsten der Spezialisierung zurückschrauben. Diese Tiere sind sehr klein und ihre Körper haben nur Weichteile, was sie dazu befähigt, einige weitere Millionen Jahre mit ihren Protoktistencousins zu schwimmen, ehe die Zeit für ihre Ablagerung als Fossil günstig ist. Dieses wunderschöne kleine Lebewesen ist mit einer Länge von nur 0,05 mm eines der kleinsten Tiere auf der Welt. Man nennt es Rädertier, weil die Flimmerhärchen auf seinem winzigen eingezogenen radförmigen Kopf durch ihre Bewegung Nahrung zum Mund befördern. Photo, Richard Stemberger Blaue Knöpfe (cnidaria) Röhrenwürmer Korallenkolonie, (Alcyonian), «Totenfinger» Kammqualle (Ctenophore) Photo, Charles E. Cutress, Jr. Photo, Norman Meinkoth Photos freundlicherweise vom Marine Biological Laboratory, Woods Hole Photos freundlicherweise vom Marine Biological Laboratory, Woods Hole Verwandte der ersten Weichkörpertiere, die in Versteinerungen gefunden wurden.
580 FABELHAFTE FORAMINIFEREN Foraminiferen sind im Wasser lebende Organismen, deren Zellen von locker sitzenden, harten, muschelartigen Hüllen, testae genannt, umgeben sind. Diese testae, die in allen Weltmeeren vorkommen, geben wichtige Auskunft über unsere Vergangenheit. Sie sind verlässliche Biomarker für Ölfirmen, die nach geeigneten Schichten für die Förderung von Erdöl suchen. Ihr Vorkommen in Wüstengebieten deutet darauf hin, dass diese Gegend einmal von einem Meer überflutet war. Manche Arten von Foraminiferen sind beim Aussuchen ihres Wohnortes äusserst wählerisch; ihre Versteinerungen helfen uns, die Beschaffenheit der «Paleo»-Umwelt zu verstehen. Die heutigen Foraminiferen, obwohl viel kleiner als ihre Vorfahren, sind als Gruppe eine mächtige Erscheinung. Der hohe Kalziumkarbonat-Gehalt in ihren testae wirkt sich auf den globalen Kohlenstoffkreislauf aus. Die Foraminiferen der Vergangenheit vereinigen sich und ihre Testea bilden den sedimentären Fels, der in den grossen ägyptischen Pyramiden und in den Weissen Kliffs von Dover zu sehen ist. Photos, Esmeralda Caus Die «Flecken» dieser lebenden Foraminiferen sind die photosynthetischen Symbionten. Photos (oben), David Caron, Woods Hole Oceanographic Institution
540 KAMBRISCHE EXPLOSION Jahrelang wussten wir sehr wenig über den Mikrokosmos. Bakterien und Protoktisten, über 2 Milliarden Jahre lang in Hülle und Fülle vorhanden, behielten ihre Weichkörper. Die grossen Entdeckungen kambrischer Fossilien legen eine Explosion des Lebens praktisch aus dem Nichts nahe. Eine gewaltige Explosion der Evolution im Tierreich ereignet sich, verursacht durch Biomineralisierung und Spezialisierung von Protoktisten. Das Leben breitet sich rapide aus. Alle uns heute bekannten Phyla (grosse Gruppen) des Tierreiches entstehen im Kambrium. Prachtvolle Fossilienfunde beschreiben unsere eigenen distinguierten flexiblen Vorfahren die Würmer. Gemälde, Zdeněk Burian Jiri Hochman und Martin Hochman
510 DER BURGESS-SCHIEFER Der Burgess-Schiefer, am Burgess-Pass der kanadischen Rocky Mountains, ist ein imposanter Fossilienfund, der ungefähr in die letzten 30 Millionen Jahre des Kambriums zurückreicht. Die Abdrücke sind besonders kostbar, da eine derartige Konservierung der Weichkörperfauna in der Geschichte der Fossilien selten vorkommt. Diese Entdeckung gewährt uns einen einmaligen Einblick in die wahre Vielfalt und Verschiedenartigkeit urzeitlicher Tiere und deren Ökosysteme. Opabinia, ein fabelartiges Raubtier im Burgess- Schiefer, ist 8 cm lang. Es hat fünf Augen, Kiemen entlang dem segmentierten Körper und eine wirkungsvolle Schnauze, mit der es die Beute aufsaugt und zum Mund befördert. Gemälde, Jan Sovak Dieser samtene Wurm ähnelt Fossilien im Burgess-Schiefer. Man vermutet, dass diese Tiere das Bindeglied zwischen zwei weitverbreiteten und wichtigen Untergruppen darstellen, den Arthropoden (die alle Insekten und Meereskrustaceen umfassen) und Anneliden (segmentierte Ringelwürmer). Mit Hilfe dieser Fossilien, die zur Zeit des Gondwanalands (Vorgänger der jetztigen südlichen Hemisphäre) weit verbreitet waren, rekonstruieren Wissenschaftler die Geschichte der wandernden Kontinente. Photo, Donald Zinn
505 WIRBELNDE GRÄTE Menschen gehören zur Familie der Chordaten, deren Mitglieder Notochorden haben flexible Knorpelstränge in der Mitte des Rückens. Zu den Chordaten gehören alle Wirbeltiere (Säugetiere, Vögel, Amphibien, Reptilien und Fische), sowie einige Gruppen weniger bekannter Meerestiere. Details über den Entwicklungsgang der Rückenstränge von Seescheiden über kieferlose Fische zu echten Fischen sind noch unklar. Sandhai Photo freundlicherweise vom Royal British Columbia Museum Was immer der genaue Weg sein mag, das Rückgrat, das es uns ermöglicht, vor dieser Ausstellungstafel zu stehen, zeugt vom Wunder der Vielfältigkeit, der Limitierung, der Verschmelzungen und Kontinuität der Evolution über beinahe 4 Milliarden Jahre hinweg. Seestern Photo freundlicherweise vom Marine Biological Laboratory, Woods Hole Photo freundlicherweise vom Marine Biological Laboratory, Woods Hole Photo, J. Lecomte Das Nervensystem der Tintenfische ist dem unsrigen sehr ähnlich.
500 GLÜCKLICHE LANDUNG DIE ECHTE GRÜNE BEWEGUNG Grüne Algen, Vorfahren der Pflanzen, die in sonnigen Untiefen und Gezeitentümpel leben, starten eine grüne Revolution. Sie erfinden eine Methode, innen feucht zu bleiben, während sie aussen trocknen. Algen werden zu Pflanzen, indem sie das Meer bei ihrer Übersiedlung aufs Land in sich tragen. Wozu all diese Mühe, wenn sie es sich genau so gut am Meeresrand bequem machen könnten? Einige dieser Algenkolonien begeben sich an Land, um dem störenden Zuwachs von hungrigen Feinden im Meer zu entgehen. Auf festem Boden angelangt, treibt sie der Lebensgeist an, sich über diese grosse neue Grenze hinaus weiter auszubreiten. Die Insekten, sowohl Freund als auch Feind der Algen, folgen eiligst. Diese grünen und braunen Algenprotoktisten sind Fadenketten von Zellen voll mit Plastiden. Photo, Lois Brynes Die unglaublichen Arthropoden, die über 80 % des Tierreichs ausmachen, sind die ersten, die sich nach den Algen an Land begeben. Zweifellos halfen ihnen dabei die harten Schalen ihrer hummerähnlichen Beine. Photo freundlicherweise von der Jason Foundation for Education
455 PILZFUSION BEPFLANZTE ERDE Die Pflanzen- und Pilzreiche entwickeln sich an Land beinahe zeitgleich, so dass es nicht klar ist, welches zuerst da war. Die Hypothese von der Pilzsfusion gibt keinem den Vorrang, sondern deutet ein partnerschaftliches Unternehmen an. Sie schlägt vor, dass sich Pilze und landeinwärts strebende photosynthetische Symbiontenalgen zusammenschlossen und gemeinsam die Fähigkeit entwickelten, an Land zu überleben. War es wirklich nur ein partnerschaftliches Unternehmen oder steckte mehr dahinter? Vielleicht entstanden Landpflanzen durch eine Kombination von Körper- und Genfusion von Pilzen und Algen. Diese Symbiogenese ähnelt der «horizontalen» Genübertragung, welche Bakterien praktizieren. Das Leben an Land stellt ganz andere Anforderungen als das Leben im Meer. Lebensformen entwickeln hypersea, die Fähigkeit, Meereswasser, eingeschlossen in einem Lebewesen, an Land zu befördern. Photo freundlicherweise von der Jason Foundation for Education Wieviele Ökosysteme gibt es innerhalb dieses Ökosystems? «Redwood-Bäume, Wespen und andere Organismen, die man mit blossem Auge sehen kann, sind Habitate für mannigfaltige Ökosysteme von viel kleineren Organismen, die ihre Oberflächen überziehen, ihre Spalten erkunden, sich in Körperhöhlen ansiedeln, und (manchmal friedlich, manchmal nicht) sogar in das innere Heiligtum der Zellen eindringen.» Mark McMenamin, Hypersea