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Transkript:

Aktuelle Rechtsprechung im Mietrecht Kathrin Frühwald-Kagan Rechtsanwältin Fachanwältin für Miet- und Wohnungseigentumsrecht BS Bermanseder Sieler Rechtsanwälte Fachanwälte, Stuttgart 2016 1

1. Fall 2

Fristlose Kündigung bei unpünktlicher Mietzahlung durch Jobcenter möglich (BGH, Urteil v. 29.06.2016, VIII ZR 173/15) Sachverhalt Entscheidung Praxishinweis 3

Sachverhalt (1/3) V begehrt Räumung einer Wohnung, die von drei Mietern bewohnt wird für zwei der drei Mieterinnen überweist die Sozialbehörde die Miete bereits im Februar 2013 kam es zu einer Kündigung mit anschließender Räumung 4

Sachverhalt (2/3) der erste Rechtsstreit wurde für erledigt erklärt, nachdem Rückstand ausgeglichen wurde für August, Oktober und November 2013 wurden Teilbeträge der Miete verspätet bezahlt im März 2014 fehlte wieder ein Teil der Miete, weshalb V die fristlose Kündigung wegen unpünktlicher Zahlung aussprach 5

Sachverhalt (3/3) AG gab Räumungsklage statt LG wies Klage zurück, da die Sozialbehörde kein Erfüllungsgehilfe der M sei und es daher am Verschulden fehle, das der Verzug voraussetze zu Recht? 6

543 BGB Außerordentliche fristlose Kündigung aus wichtigem Grund (1) Jede Vertragspartei kann das Mietverhältnis aus wichtigem Grund außerordentlich fristlos kündigen. Ein wichtiger Grund liegt vor, wenn dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere eines Verschuldens der Vertragsparteien, und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Mietverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zur sonstigen Beendigung des Mietverhältnisses nicht zugemutet werden kann. 7

Entscheidung (1/2) nein! nach dem Wortlaut des 543 Abs. 1 BGB ist die Kündigung aufgrund einer Interessenabwägung zu treffen Verschulden ist ein wichtiges, aber kein zwingendes Kriterium 8

Entscheidung (2/2) anders gesagt: fristlose Kündigung ist auch dann möglich, wenn M selbst kein Verschulden an der Vertragsverletzung trifft, aber die Abwägung ergibt, dass dem V die weitere Fortsetzung des Mietverhältnisses nicht zugemutet werden kann 9

Praxishinweis (1/2) V muss die tatsächlichen Voraussetzungen des Kündigungstatbestands vortragen wird wegen einer von der Sozialbehörde verursachten verspäteten Mietzahlung gekündigt, sollte V besonderen Umstände darlegen, die zur Kündigung führten 10

Praxishinweis (2/2) bei Gesamtabwägung zu berücksichtigen: - zahlreiche Verspätungen über längeren Zeitraum? - gab es bereits früher Störungen des Mietverhältnisses? - ist V auf pünktlichen Zahlungseingang besonders angewiesen? 11

2. Fall 12

Große Umschläge passen nicht in den Briefkasten: Vermieter muss nachrüsten AG Frankfurt/Main, Urteil v. 09.03.2016, 33 C 3463/15 Sachverhalt Entscheidung Praxishinweis 13

Problemlage (1/3) M beanstandet die Größe des Briefkastens der von außen zugängliche Briefkasten gehört zu einer einheitlich an der Haustür verbauten Briefkastenanlage wegen zu geringer Tiefe können dünne Schriftstücke im Format A4 von außen wieder entnommen werden 14

Problemlage (2/3) Antrag des V in der Versammlung auf Anbringung eines gesonderten Briefkastens für M an der Hauswand wird abgelehnt auch Austausch innerhalb der Briefkastenanlage gegen tieferen Kasten sei bautechnisch nicht möglich M klagt auf Bereitstellung eines ordnungsgemäßen Briefkastens AG gibt Klage statt 15

Problemlage (3/3) er beruft sich auf Verstoß gegen die gültige Briefkastennorm (DIN EN 13724) 16

Entscheidung (1/2) mit Erfolg! M hat Anspruch auf Überlassung der Mietsache in einem zum vertragsgemäßen Gebrauch geeigneten Zustand hierzu gehört auch die Bereitstellung eines Briefkastens, der eine ordnungsgemäße Zustellung ermöglicht 17

Entscheidung (2/2) fehlende Zustimmung der WEG macht Verpflichtung auch nicht unmöglich V kann Eigentümergemeinschaft auf Anbringung eines ordnungsgemäßen Briefkastens verklagen Anspruch ergibt sich aus 21 Abs. 4 WEG (Vorhandensein eines ordnungsgemäßen Briefkasten entspricht ordnungsgemäßer Verwaltung 18

Praxishinweis Entscheidung des AG ist zutreffend zum ordnungsgemäßen Gebrauch der Mietsache gehört es, dass Briefe sicher zugestellt werden können in WEGs müssen V entsprechende Ermächtigungsbeschlüsse zur Not streitig durchsetzen 19

3. Fall 20

Betriebskosten: Änderung der Rechtsprechung zum Vorwegabzug BGH, Urteil v. 20.01.2016, VIII ZR 93/15 Sachverhalt Entscheidung Praxishinweis 21

Sachverhalt (1/4) Parteien streiten um die formelle Rechtmäßigkeit einer Betriebskostenabrechnung V hat an M eine Wohnung in einer aus mehreren Gebäuden bestehenden Wohnanlage vermietet V rechnet Nebenkosten gegenüber allen M nach Gebäuden gesondert ab 22

Sachverhalt (2/4) Ausnahme: Positionen Wasser, Abwasser und Müllabfuhr, die zentral für alle Häuser abgerechnet wird V geht daher bei diesen Positionen von Gesamtkosten der Wohnanlage aus und verteilt diese Kosten nach dem Verhältnis der Wohnfläche auf die einzelnen Gebäude 23

Sachverhalt (3/4) Rechenschritt ist aus der Abrechnung nicht ersichtlich vielmehr taucht in der Abrechnung nur der von V für das jeweilige Gebäude errechnete Gesamtbetrag auf Position daher rechnerisch nicht nachvollziehbar 24

Sachverhalt (4/4) M hält daher die Abrechnung für formell unwirksam zu Recht? 25

Entscheidung (1/2) Nein, die Abrechnung ist formell ordnungsgemäß! an die Abrechnung von Nebenkosten dürfen in formeller Hinsicht keine allzu hohen Anforderungen gestellt werden 26

Entscheidung (2/2) es genügt, wenn als Gesamtkosten bei der jeweiligen Position die Summe der Kosten angegeben wird, der auf die Wohnungsmieter der gewählten Abrechnungseinheit umlegt ob V Gesamtbetrag zutreffend errechnet hat, ist ausschließlich eine Frage des materiellen Rechts 27

Praxishinweis (1/3) BGH ändert mit dieser Entscheidung seine bisherige Rechtsprechung bislang musste der V für eine formell wirksame Abrechnung die Gesamtkosten angeben sowie den Rechenschritt erläutern, mit dem die Gesamtkosten der jeweiligen Abrechnungseinheit ermittelt wurden 28

Praxishinweis (2/3) jetzt reicht es aus, wenn der V den Gesamtbetrag angibt, den er auf die Mieter umlegt Entscheidung auch relevant bei Positionen, die nicht vollständig als Betriebskosten umlagefähig sind z.b. Hausmeister, der auch nicht umlagefähige Arbeiten ausführt 29

Praxishinweis (3/3) für formelle Wirksamkeit Rechenweg nicht erforderlich Entscheidung ist für Betriebskostenabrechnungen nach Wirtschaftseinheiten demnach von sehr großer Bedeutung, da dort häufig verdeckte Vorwegabzüge erfolgen 30

4. Fall 31

Rauchwarnmelder: Welche Kosten sind umlegbar? LG Hagen, Urteil v. 04.03.2016, 1 S 198/15 Problem Entscheidung Praxishinweis 32

Problem nach dem Mietvertrag sind die Miet- und Wartungskosten für Rauchwarnmelder als Betriebskosten umlegbar V erhebt Klage auf Feststellung, dass M die anfallenden Miet- und Wartungskosten zu tragen hat 33

Entscheidung (1/3) LG gibt Klage bezüglich der Wartungskosten statt es handelt sich um sonstige Betriebskosten nach 2 Nr. 17 BetrKV 34

Entscheidung (2/3) LG lehnt Klage bezüglich der Anmietungskosten ab diese treten an die Stelle von Anschaffungskosten, die nach allg. Auffassung keine Betriebskosten darstellen 35

Entscheidung (3/3) Umlegbarkeit ergibt sich auch nicht daraus, dass die Anmietung von Geräten zur Erfassung von Wasser und Heizwärme Betriebskosten seien hierbei handle es sich um Ausnahmeregelungen ausschließlich für Zählermieten 36

Praxishinweis (1/2) weiteres Mosaiksteinchen zum Thema Rauchwarnmelder in Bezug auf die Mietkosten entschied u.a. das LG Magdeburg gegenteilig 37

Praxishinweis (2/2) Prüfungskosten unter sonstige Betriebskosten immer benennen noch nicht geklärt, ob Umlage auch ohne Vereinbarung möglich Anmietungskosten nach h.m nicht umlegbar 38

5. Fall 39

Mieter darf keine Getränkekisten in der Tiefgarage lagern AG Stuttgart, Urteil v. 01.04.2016, 37 C 5953/15 Sachverhalt Entscheidung Praxishinweis 40

Sachverhalt V und M streiten darüber, ob M auf dem angemieteten TG-Stellplatz, der offen zugänglich ist, Getränkekisten lagern darf V lehnt dies aus brandschutzrechtlichen Gründen ab und nimmt M auf Unterlassung in Anspruch zu Recht? 41

Entscheidung Ja! Abstellen von Getränkekisten und anderen Gegenständen (ausgenommen KfZ und Fahrräder) ist ein vertragswidriger Gebrauch der Mietsache V muss daher die anderweitige Nutzung, auch aus brandschutzrechtlichen Gründen, nicht dulden 42

Praxishinweis M sollte zunächst einmal außergerichtlich zur Unterlassung aufgefordert werden vor Klageerhebung kann eine nochmalige Aufforderung durch RA erfolgen parallel ggf. eine Abmahnung aussprechen wegen vertragswidrigem Gebrauch dürfte entsprechend auch unter Eigentümern gelten 43

6. Fall 44

Gewerberäume sind zu Beginn auch renoviert zu übergeben (OLG Celle, Beschluss vom 13.07.2016, 2 U 45/16) Sachverhalt Entscheidung Praxishinweis 45

Sachverhalt Vermieter und Mieter eines Gewerberaummietvertrags streiten über die Wirksamkeit einer Regelung zu den Schönheitsreparaturen Mieter ist nach Mietvertrag verpflichtet, die laufenden Schönheitsreparaturen während der Mietzeit vorzunehmen Mietobjekt wurde unrenoviert übergeben 46

Entscheidung (1/2) Klausel ist unwirksam Klausel benachteiligt den Mieter unangemessen, da der M ohne angemessenen Ausgleich zur Beseitigung sämtlicher Gebrauchsspuren verpflichtet wäre ggf. muss M die Räume renovieren und gibt sie in besserem Zustand als vorher zurück 47

Entscheidung (2/2) Klausel hält damit einer AGB-rechtlichen Inhaltskontrolle nicht stand Gewerberaummieter unterliegt in diesem Fall keinem geringeren Schutz als der Wohnraummieter 48

Praxishinweis BGH-Rechtsprechung zur Wirksamkeit von Schönheitsreparaturen wird zunehmend auch auf Gewerberaummietverträge übertragen somit gilt auch hier: ohne angemessenen Ausgleich bei Übergabe einer unrenovierten Wohnung, schuldet der M keine Schönheitsreparaturen 49

7. Fall 50

Betriebskosten: Einwendungsausschluss gilt auch für Nicht-Betriebskosten BGH, Urteil vom 11.05.2016, VIII ZR 209/15 Sachverhalt Entscheidung Praxishinweis 51

Sachverhalt (1/2) M verlangt von V Rückzahlung bezahlter Betriebskosten V hatte dem M die Abrechnung des Verwalters, die zwischen umlegbaren und nicht umlegbaren Betriebskosten (Instandhaltungsund Verwaltungskosten) differenziert, übermittelt V verlangte im Juli 2012 die Bezahlung beider Beträge 52

Sachverhalt (2/2) in der Abrechnung zu niedrige Vorauszahlungen in Ansatz gebracht Abrechnung endete daher statt mit einem Guthaben mit einer Nachzahlung M bezahlte diesen und verlangte erstmals im Mai 2014 die Rückzahlung mit Erfolg? 53

556 BGB Vereinbarungen über Betriebskosten. Abs. 3 Einwendungen gegen die Abrechnung hat der Mieter dem Vermieter spätestens bis zum Ablauf des zwölften Monats nach Zugang der Abrechnung mitzuteilen. Nach Ablauf dieser Frist kann der Mieter Einwendungen nicht mehr geltend machen, es sei denn, der Mieter hat die verspätete Geltendmachung nicht zu vertreten. 54

Entscheidung Klage ist teilweise begründet hinsichtlich der zu niedrigen in Ansatz gebrachten Vorauszahlungen greift der Einwendungsausschluss des 556 Abs. 3 BGB (Abrechnung ging im Juli 2012 zu) Einwendungsausschluss gilt auch für Positionen, die begrifflich schon keine Betriebskosten sind 55

Praxishinweis (1/2) bisher war es strittig, ob Einwendungsfrist auch für Nicht-Betriebskosten gilt BGH hat sich der Auffassung angeschlossen, wonach Frist auch hier gelten soll Ausnahme nach 242 BGB nur, wenn der V in der Abrechnung selbst auf die ausgeschlossene Umlegbarkeit hingewiesen hat 56

Praxishinweis (2/2) Bestimmung will erreichen, dass in absehbarer Zeit nach Abrechnung Klarheit über die wechselseitig geltend gemachten Ansprüche besteht damit dürfte auch klar sein, dass der Mieter den Einwand der Unwirtschaftlichkeit innerhalb der Jahresfrist zu erheben hat. 57

8. Fall 58

Keine Frist für die fristlose Kündigung BGH, Versäumnisurteil v. 13.07.2016, VIII ZR 296/15 Sachverhalt Entscheidung Praxishinweis 59

Sachverhalt (1/2) Parteien streiten um die Räumung einer Wohnung M bezahlte Mieten für Februar und April 2013 nicht auch auf Mahnung im August 2013 erfolgte keine Zahlung 46

Sachverhalt (2/2) V kündigt mit Schreiben vom 15.11.2013 fristlos Berufungsgericht wies Räumungsklage ab, weil die Kündigung mangels Einhaltung einer angemessenen Frist ( 314 Abs. 3 BGB) wirkungslos sei zu Recht? 47

314 BGB Kündigung von Dauerschuldverhältnissen Abs. 3: Der Berechtigte kann nur innerhalb einer angemessenen Frist kündigen, nachdem er vom Kündigungsgrund Kenntnis erlangt hat. 48

Entscheidung (1/2) Nein, der Zeitablauf von sieben Monaten zwischen dem Kündigungsgrund und der Kündigungserklärung steht deren Wirksamkeit nicht entgegen 314 Abs. 3 BGB ist auf die fristlose Kündigung eines Mietverhältnisses nicht anwendbar 49

Entscheidung (2/2) in den Kündigungstatbeständen der 543, 569 BGB ist von einer angemessenen Frist keine Rede auch kein Verweis auf 314 Abs. 3 BGB Gesetzesgeber hat bewusst keine zeitliche Beschränkung für die Ausübung des Kündigungsrechts festgelegt 50

Praxishinweis Entscheidung gilt ausdrücklich nicht nur für den Zahlungsverzug, sondern für alle Kündigungsgründe nach 543, 569 BGB allerdings wird z.b. bei Beleidigungen oder Störungen des Hausfriedens ggf. die Verwirkung des Kündigungsrechts im Raum stehen Verwirkung erfordert jedoch mehr als bloßes Abwarten 51

Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit! 66