Potentieller Nutzen der Marktintegration ist hoch. Die Integration der



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Transkript:

Finanzmarkt Spezial EU-Monitor 29 26. Januar 2006 Transatlantische Finanzmarktintegration: Mehr Ehrgeiz nötig Der transatlantische Finanzmarktdialog muss über Schadensbegrenzung hinaus ausgeweitet werden. Der transatlantische Finanzmarktdialog hat vier Ziele: die Krisenprävention, die Streitschlichtung, die engere Abstimmung von Positionen in multilateralen Organisationen und die proaktive Marktintegration. Hinsichtlich der ersten beiden Zielsetzungen konnten bereits einige gute, überfällige Ergebnisse erzielt werden. Leider waren die Fortschritte bei der proaktiven Marktintegration jedoch bisher eher schleppend. Potentieller Nutzen der Marktintegration ist hoch. Die Integration der Kapitalmärkte bietet große Chancen, insbesondere eine Senkung der Transaktionskosten, eine höhere Marktliquidität und die Verringerung des Home bias. Diese Vorteile werden sich jedoch nur dann realisieren lassen, wenn sich sowohl der private als auch der öffentliche Sektor stärker für das Projekt einsetzen. Autor Bernhard Speyer* +49 69 910-31735 bernhard.speyer@db.com Editor Bernhard Speyer Publikationsassistenz Melanie Haibach Deutsche Bank Research Frankfurt am Main Deutschland Internet: www.dbresearch.de E-Mail: marketing.dbr@db.com Fax: +49 69 910-31877 DB Research Management Norbert Walter Konvergenz als Leitprinzip. Richtschnur für die Schaffung eines transatlantischen Finanzmarktes sollte eine graduelle Konvergenz der Regulierung mit dem Ziel einer gegenseitigen Anerkennung der Äquivalenz sein. Auf der Basis der gegenseitigen Anerkennung könnten dann die allgemeinen Prinzipien der Herkunftslandkontrolle und des Einheitlichen Passes Anwendung finden. Mehrere Hindernisse stehen tieferer Integration im Weg. Abgesehen von protektionistischen Tendenzen gibt es mehrere Hindernisse, die der transatlantischen Finanzmarktintegration (potenziell) im Wege stehen, wobei viele von ihnen an den Integrationsprozess der EU erinnern: die Komplexität der Herausforderung, divergierende Interessen innerhalb des Privatsektors, politisch motivierte Interventionen und die schwierige Aufgabe für die EU, die Aufsichtsstrukturen in allen 25 Mitgliedstaaten auf den höchsten Standard zu bringen. Transatlantische Integration abhängig vom Integrationsstand der EU: Je rascher und umfassender die europäische Finanzmarktintegration erfolgt, um so stärker ist die Verhandlungsposition der EU und damit ihre Möglichkeit, auf die internationalen Regulierungsstrukturen Einfluss zu nehmen. Einigung über Rechnungslegungsstandards dringlichste Aufgabe. Eine Einigung ist Voraussetzung für Fortschritte in vielen anderen Fragen, u.a. die gegenseitige Anerkennung von Börsenzulassungsstandards. Obwohl nach der Veröffentlichung der Roadmap der SEC vom April 2005 Hoffnungen in Bezug auf eine verbesserte gegenseitige Anerkennung bestehen, bleiben einige Punkte ungelöst. Handlungsbedarf auch in anderen Bereichen. Weitere Themen sind die Umsetzung von Basel II, die Regulierung von Rating-Agenturen, Börsenzulassungsregeln und Deregistrierung, die Geldwäsche sowie der direkte Zugang zu Handelsplattformen. * Der vorliegende Bericht rekurriert auf frühere gemeinsame Arbeiten mit Herrn Steffen Kern, Deutsche Bank AG. Mein Dank gilt außerdem meinem Kollegen, Herrn Christian Weistroffer, für seine Unterstützung.

EU-Monitor 29 Ökonomische Basis Die USA und die EU sind die beiden größten Wirtschaftsräume der Welt; sie sind durch umfangreiche Handels- und Investitionsströme miteinander verbunden. Zusammen haben sie einen Anteil von über 40% an der globalen Wertschöpfung (gemessen in Kaufkraftparität) und 50% am globalen Handelsvolumen. 2003 hatten die USA und die EU einen Anteil von 80% an den Flüssen ausländischer Direktinvestitionen (FDI); auf sie entfielen 80% des Bestandes ausländischer Investitionen sowie 60% des Bestandes zugeflossener Direktinvestitionen. Ein Viertel der gesamten EU-Exporte geht in die USA; der Anteil Europas an den US- Exporten beträgt ein Drittel. Knapp 60% des Auslandsvermögens des US-Unternehmenssektors befindet sich in Europa; annähernd 75% der gesamten Auslandsinvestitionen in den USA sind Investitionen aus EU-Ländern. Außerdem sind die USA und die EU die beiden größten Finanzmärkte. Zusammen haben sie einen Anteil von über 2/3 an der globalen Börsenkapitalisierung und am ausstehenden Volumen der weltweiten Anleihemärkte. Knapp 90% der in Investmentfonds gehaltenen Anlagewerte sind in Fonds angelegt, die entweder in den USA oder in der EU domiziliert sind. Bruttotransaktionen in US-Aktien durch EU-Investoren: 1990: USD 144 Mrd., 2000: 2.632 Mrd.; entsprechende Transaktionen in EU-Aktien durch US-Investoren: 1990: USD 141 Mrd., 2000: 1.937 Mrd. Europäische Investoren haben 45% aller ihrer ausländischen Portfolioinvestitionen in Aktien (USD 475 Mrd.) in US-Aktien angelegt. Umgekehrt sind 53% aller ausländischen US-Portfolioinvestitionen in Aktien mit Börsennotierung in der EU angelegt. Anleihemärkte: USD 221 Mrd. bzw. 46% der in Auslandswerten gehaltenen Anleiheportfolien von US-Investoren sind in Anleihen mit Börsennotierung in der EU angelegt. Die entsprechenden Werte für Investitionen europäischer Anleger sind USD 571 Mrd. bzw. 42%. 2003 haben europäische Investoren insgesamt USD 139 Mrd. in US-Unternehmensanleihen investiert. 36% der Auslandsverschuldung von US- Unternehmen besteht gegenüber EU- Gläubigern, während 30% der ausländischen Bankverbindlichkeiten von EU- Unternehmen (USD 571 Mrd.) gegenüber US-Gläubigern bestehen. Die Bedeutung der transatlantischen Finanzmarktintegration ist bei Politikern und Branchenvertretern sowohl in Europa als auch in den USA stärker ins Bewusstsein gerückt und erhält damit auf beiden Seiten des Atlantiks höhere Bedeutung. Dies ist ohne Zweifel auf den sehr umfangreichen Kapitalverkehr zwischen der EU und den USA, die zunehmende Anzahl von Firmen, die auf beiden Märkten tätig sind, und die Verstärkung des transatlantischen Dialogs zum Thema Finanzmarktregulierung zurückzuführen. Der Erfolg des intensivierten Dialogs ist bisher jedoch begrenzt: Obwohl durchaus ein großes, berechtigtes Interesse an Konfliktbewältigung und der Reduzierung kostenaufwändiger Doppelanforderungen für Banken in Europa und den USA besteht, waren die Fortschritte in Richtung einer aktiven Marktintegration bisher relativ gering. Ziele einer Verstärkung des transatlantischen Dialogs Folgende vier Ziele sind im Rahmen der Ausweitung des Dialogs zwischen der EU und den USA von besonderer Bedeutung: a) Schadensprävention Fehlende Abstimmungen bei der Finanzmarktregulierung führen zu Spillover-Effekten, die eine Belastung für die Finanzdienstleister auf der jeweils anderen Seite des Atlantiks darstellen können. Negative Folgen sind insbesondere extraterritoriale Effekte der jeweils anderen Gesetzgebung (wie z. B. im Falle des Sarbanes-Oxley Act) sowie duplizierende und widersprüchliche Anforderungen für international tätige Banken. Die Vermeidung dieser Art von Spillover- Effekten ist eines der Hauptziele des transatlantischen Dialogs. Sowohl in der EU als auch in den USA haben sich die Aufsichtsbehörden auf die Prinzipien besserer Regulierung und des Bürokratieabbaus verpflichtet. Das impliziert u.a., dass jeder Gesetzentwurf auf seine regulatorischen Auswirkungen zu prüfen ist. Es wäre nützlich, wenn diese Einschätzungen immer auch die potenziellen Auswirkungen der vorgeschlagenen Regelungen auf den transatlantischen Finanzmarkt berücksichtigen würden. Auch sollten sie auf die potenziellen Auswirkungen für Akteure außerhalb der Region eingehen, d.h. insbesondere Firmen auf der anderen Seite des Atlantiks in die Analyse einbeziehen. b) Streitbeilegung Der frühzeitige Informationsaustausch zu vorgesehenen regulatorischen und gesetzgeberischen Maßnahmen wird dazu beitragen, negative Nebeneffekte für Unternehmen aus anderen Jurisdiktionen zu vermeiden. Dennoch wird es weiterhin Fälle geben, in denen sich negative Spillover-Effekte nicht werden vermeiden lassen. In solchen Fällen wird ein gut etablierter und reibungslos funktionierender Dialog zur Schadensbegrenzung beitragen, da er die transatlantischen Partner in die Lage versetzen wird, bestehende Kommunikationskanäle, persönliche Kontakte und vermutlich gegenseitiges Vertrauen zu nutzen. Die Intensivierung des Dialogs zeigt bereits positive Auswirkungen. So konnte z. B. der Konflikt über die extraterritorialen Auswirkungen des Sarbanes Oxley-Act (beispielsweise zu dem umstrittenen Punkt, dass Arbeitnehmervertreter dem Aufsichtsrat von EU-Firmen mit Börsennotierung in den USA angehören können) entschärft werden. 2 26. Januar 2006

Transatlantische Finanzmarktintegration Ökonomische Basis (Fortsetzung) Nach Angaben der amerikanischen Securities Industry Association (SIA) erzielen ihre größten Mitglieder ca. 20% der Nettoerträge (ohne Zinsen) in Europa, womit der in den EU-Ländern generierte Ertragsanteil fast doppelt so hoch ist wie der Prozentsatz der in Asien erzielten Nettoerträge. Diese Firmen beschäftigen 35.000 Europäer. Berichten zufolge sind 27 US-Kreditinstitute in der EU tätig. Sie verfügen über aggregierte Aktiva von über USD 650 Mrd. und profitieren vom Europäischen Pass, der im Rahmen der zweiten Bankenrichtlinie der EU eingeführt wurde. Auf der anderen Seite sind 66 europäische Kreditinstitute mit Gesamtaktiva von insgesamt über USD 1,7 Billionen im US- Kreditmarkt tätig und bieten weitere Finanzdienstleistungen in den USA an. c) Stärkere politische Zusammenarbeit in multilateralen Foren Sowohl die EU als auch die USA spielen eine wichtige Rolle in multilateralen Foren, die mit der Regulierung der globalen Finanzmärkte befasst sind. Exemplarisch lassen sich hier die internationalen Verhandlungen im Rahmen des Allgemeinen Dienstleistungsabkommens der WTO (GATS), das auf die fortschreitende Liberalisierung des internationalen Handels mit Finanzdienstleistungen abzielt, das Financial Stability Forum (FSF) sowie die Aktivitäten im Baseler Ausschuss für Bankenaufsicht (BCBS) und in den Bereichen Wertpapierhandelsaufsicht (IOSCO) und Versicherungen (IAIS) anführen. Auch die internationalen Finanzinstitutionen sind im Bereich der internationalen Finanzmarktregulierung tätig man denke zum Beispiel an die Rolle des IWF beim Kampf gegen Geldwäsche. Angesichts der Tatsache, dass die EU und die USA zusammen hinsichtlich der wirtschaftlichen Bedeutung und Erfahrung alle anderen Länderpaare weit übertreffen, wäre ein koordiniertes Vorgehen von EU und USA in den o.g. Institutionen in jedem Fall erfolgversprechend. Die USA und die EU sollten in internationalen Foren, die mit der Regulierung der globalen Finanzmärkte befasst sind, gemeinsam die Führung multilateraler Initiativen übernehmen. Auf kurze Sicht sollten sich die politischen Koordinierungsanstrengungen der USA und der EU auf die Festlegung von Vorschriften für Rating-Agenturen (siehe unten), die aktuellen Verhandlungen über eine Marktöffnung im Rahmen der Doha-Runde der WTO und die Regulierung von Hedge Fonds konzentrieren. d) Proaktive Marktliberalisierung Der jetzige Grad transatlantischer Finanzmarktintegration wurde eher trotz als wegen des bestehenden Regulierungsrahmens erreicht. Mit anderen Worten: Das Potential einer effektiven Marktöffnung ist groß. Idealerweise sollte der transatlantische Finanzmarktdialog daher mehr und mehr zukunftsorientiert sein und darauf zielen, die Hemmnisse für die weitere Integration der transatlantischen Kapitalmärkte aktiv zu beseitigen. Die EU und die USA könnten Wohlfahrtsgewinne erzielen, wenn sie die gegenseitige Anerkennung des jeweiligen Regulierungsrahmens für den Bankenbereich und die Kapitalmärkte aktiv fördern würden. Die Chancen der transatlantischen Finanzmarktintegration Die geringsten Fortschritte wurden bislang in punkto Marktliberalisierung erzielt gerade hier bieten sich jedoch die größten Chancen. Obwohl die Anbieter von Finanzdienstleistungen ihre Geschäftsmodelle internationalisiert haben, sind die Kapitalmärkte der USA und der EU weitgehend separiert geblieben. Die Segmentierung beruht auf unterschiedlichen, z. T. protektionistischen regulatorischen Rahmenbedingungen in Bezug auf die Zulassungsvorschriften für Wertpapierfirmen und Finanzinstrumente, den Zugang zur Marktinfrastruktur und zum Wertpapierhandel, prudentielle Aufsicht und Marktüberwachung sowie Besteuerung. Die bestehende Fragmentierung hat negative Auswirkungen auf die Anleihe- und Aktienmärkte, behindert den Wettbewerb in diesen Märkten und beschränkt die Möglichkeiten von Firmen, beide Märkte in Anspruch zu nehmen. Die langfristigen Vorteile integrierter transatlantischer Finanzmärkte sind mit großer Sicherheit größer als die kurzfristigen Kosten. Die potenziellen Vorteile sind darin zu sehen, dass eine vollständige 26. Januar 2006 3

EU-Monitor 29 Institutionelle Struktur des Dialogs Es gibt mehrere öffentliche und private transatlantische Foren, in denen Fragen der transatlantischen Finanzmarktregulierung diskutiert werden. Dialog über Finanzmarktregulierung (Financial Markets Regulatory Dialogue, FMRD): Auf öffentlicher Seite haben die Europäische Kommission einerseits und das US-Schatzamt, die SEC und die Fed andererseits den FMRD ins Leben gerufen. Er findet vierteljährlich statt und hat informellen Charakter. Offiziell sind die Ambitionen des FMRD moderat: Vordringliches Ziel ist das Vermeiden von Konflikten, die Förderung des gegenseitigen Verständnisses und, wo immer möglich, die Konvergenz der Regulierung einschließlich der Konvergenz der Aufsichtspraxis. Hauptziel des Dialogs ist es nicht, über die Ausweitung bzw. Sicherung des Marktzugangs zu verhandeln. Der FMRD ist kein Ort für die Vereinbarung verbindlicher Verpflichtungen, nicht zuletzt deswegen, weil keine der beteiligten Parteien gesetzgeberische Kompetenz hat. Dialoge der Regulierungsbehörden Der FMRD wird durch Kontakte auf der Ebene der Aufsichtsbehörden ergänzt: Wertpapiere: zwischen CESR und der SEC / Fed. Derivate: zwischen CESR und CTFC. Diese haben sich vor kurzem auf ein gemeinsames Arbeitsprogramm geeinigt. Bankensektor: CEBS und die US- Bankenaufseher haben einen Dialog im Zusammenhang mit der Umsetzung von Basel II begonnen. Versicherungen: CEIOPS und NAIC. Dialog auf parlamentarischer Ebene Auf der Ebene der Gesetzgeber haben die zuständigen Ausschüsse des Europäischen Parlaments und des US-Kongresses einen Dialog ins Leben gerufen. Privatsektor Der Transatlantic Business Dialogue hat Politikempfehlungen für die Liberalisierung des Finanzsektors formuliert. Außerdem bildeten sechs EU- und US-Branchenverbände der Finanzwirtschaft eine ad hoc-initiative, die EU- US Coalition on Financial Regulation, die von der Anwaltssozietät Clifford Chance unterstützt wird. Diese Initiative erarbeitete einen Bericht zum Vergleich der EU- und US-Regulierung mit dem Schwerpunkt auf regulatorische Hindernisse einer transatlantischen Integration der Derivatemärkte. Finanzmarktintegration Schätzungen zufolge 1 für börsennotierte Unternehmen zu einem Rückgang der Eigenkapitalkosten um 9% führen könnte. Dies wäre das Ergebnis der Reduzierung der Transaktionskosten um 60% und eines Anstiegs des Börsenumsatzes von annähernd 50%. Außerdem würde die transatlantische Finanzmarktintegration die Unternehmen, die sowohl in der EU als auch in den USA eine Börsennotierung haben, von Doppelkosten befreien. 2 Darüber hinaus würde eine stärkere transatlantische Marktintegration den Home Bias in den Portfolios verringern und dadurch die risikoadjustierte Rendite erhöhen. Auf der Basis der Erfahrung der europäischen (Finanz-)Marktintegration sollte die Schaffung eines transatlantischen Binnenmarktes für Finanzdienstleistungen auf dem Leitmotiv einer Regulierungskonvergenz beruhen, die zu einer gegenseitigen Anerkennung der Äquivalenz führt. 3 Eine Vollharmonisierung ist unrealistisch und angesichts der strukturellen Unterschiede der der beiden Finanzsysteme auch nicht notwendigerweise wünschenswert. Auf der Basis der gegenseitigen Anerkennung können dann die allgemeinen Prinzipien der Herkunftsstaatkontrolle und des einheitlichen Passes Anwendung finden. Eines ist jedoch klar: das Potenzial der transatlantischen Finanzmarktintegration wird sich nur dann ausschöpfen lassen, wenn die Finanzindustrie selbst größeres Interesse an dem Projekt zeigt und ihr Engagement verstärkt. Bisher hat die Branche möglicherweise abgesehen von den Börsenbetreibern nur peu à peu Projekte für eine proaktive Marktöffnung identifiziert. Löbliche Ausnahme ist ein vor kurzem veröffentlichter Bericht der EU/US-Koalition zur Finanzmarktregulierung 4, der sich mit der transatlantischen Marktintegration für das Großkundengeschäft mit Aktien und Aktienderivaten beschäftigt (siehe unten). und seine Grenzen! Eine realistische Einschätzung der Chancen der Schaffung eines gemeinsamen transatlantischen Finanzmarktes ist nur dann möglich, wenn man die Hemmnisse, den Handlungsspielraum beider Partner und die politischen Realitäten berücksichtigt: Die jeweiligen Rechtsrahmen für Finanzmarktaktivitäten sind weitgehend geschlossene Systeme, da sie auf nationalen oder regionalen Besonderheiten beruhen und historisch gesehen darauf ausgerichtet waren, vor allem nationale nicht grenzüberschreitende und transatlantische regulatorische Probleme zu lösen. Demzufolge wurde einer Harmonisierung mit den regulatorischen Rahmenbedingungen Dritter und den externen Auswirkungen auf den Handel mit ausländischen Märkten bisher eher geringe Beachtung geschenkt. Auch die Tatsache, dass die Finanzmarktregulierung eng mit anderen komplexen Vorschriften (Rechnungslegung, Vertrags- und Zivilrecht) verwoben ist, begrenzt die Chancen einer raschen Vollendung der transatlantischen Finanzmarktintegration die Erfahrungen, die man bei der 1 2 3 4 Steil, Benn (2002). Building a Transatlantic Securities Market, S. 29. Per Jahresmitte 2005 gab es 235 EU-Unternehmen, die an einer US-Börse notiert waren, und 140 US-Firmen mit Börsennotierung an der LSE, Euronext oder Deutsche Börse. Die USA verwenden vorzugsweise den Begriff der Anerkennung der Vergleichbarkeit (als unilateraler Akt) anstelle der gegenseitigen Anerkennung. EU-US Coalition on Financial Regulation (2005). The Transatlantic Dialogue in Financial Services: The Case for Regulatory Simplification and Trading Efficiency. 4 26. Januar 2006

Transatlantische Finanzmarktintegration Anteil ausländischer Erträge (per 2004) an Gesamterträgen (in %) ABN-Amro 63,5 Barclays 17,9 BBVA 46,5 BNP 44,9 DB 74,9 Fortis 66,3 HSBC 73,0 SCH 55,8 RBS 21,8 UBS 63,6 Unicredito 28,8 Citi 52,8 JPMC 23,5 BoA 5,6 Quellen: Geschäftsberichte, DB Research Integration der europäischen Finanzmärkte sammeln musste, unterstreichen diese Einschätzung. In den USA wird die Gesetzgebung im Finanzdienstleistungsbereich fast ausschließlich von nationalen Motiven bestimmt. 5 Extraterritoriale Aspekte spielen keine maßgebliche Rolle; auch gibt es in den USA kein systematisches multilaterales Programm für die Finanzmarktgesetzgebung, welches mit dem FSAP (Aktionsplan für Finanzdienstleistungen) der EU vergleichbar wäre. Im Gegensatz zu den großen amerikanischen Wertpapierhäusern haben die US-Banken und damit unterscheiden sie sich von den EU-Banken nur einen geringen ausländischen Ertragsanteil an den Gesamterträgen (Ausnahme: Citigroup) und deshalb begrenztes direktes Interesse an globaler Regulierungsaktivität. 6 Die US-Börsen, vor allem die NYSE, sind den europäischen Börsen überwiegend technologisch unterlegen; deshalb befürworten die europäischen Börsen einen wechselseitigen Marktzugang, während die US-Börsen kein Interesse an dem Projekt haben. Obwohl sich die Größenunterschiede zwischen den Märkten der USA und der EU aufgrund der Anstrengungen der EU, ihre Finanzmärkte zu integrieren und zu stärken, reduziert haben, bleibt die relative (Markt)Macht beider Partner doch sehr unterschiedlich: die Marktkapitalisierung des US-Aktienmarktes (EUR 10,9 Billionen) übersteigt die Börsenkapitalisierung in der EU (EUR 6,6 Billionen) um das 1,65fache; die Marktkapitalisierung der zehn größten US-Finanzinstitute beträgt EUR 928 Mrd. (per August 2005) und übersteigt das der europäischen Pendants damit um das 1,4fache (sogar unter Einbeziehung von HSBC und UBS). Wie die Zahl der ausländischen Börsennotierungen zeigt, sind die EU-Firmen stärker daran interessiert, den US-Markt in Anspruch zu nehmen als umgekehrt. Kurz gefasst: Die USA mögen zwar nicht mehr in der Lage sein, als autarker Regelsetzer zu fungieren und ihre Machtposition könnte sich aufgrund des Übergangs von einer Nettogläubiger- in eine Nettoschuldnernation weiter abschwächen in Bezug auf die Regulierung der Finanzmärkte sind die USA jedoch noch so dicht am Status eines autonomen Regelsetzers wie dies unter den Bedingungen der Globalisierung überhaupt möglich ist. Die Regulierungsbehörden auf beiden Seiten des Atlantiks (aber auch innerhalb Europas!) unterliegen unterschiedlichen rechtlichen Mandaten und gesetzgeberischer Aufsicht, was die Koordination erschwert. In vielen Parlamenten und der breiten Öffentlichkeit wird mittlerweile ein vermeintliches Defizit an demokratischer Rechenschaftspflicht von Regulierungsbehörden angeprangert eine Kritik, die auch die transatlantische Kooperation der Finanzaufseher in Mitleidenschaft ziehen könnte. Auch deshalb ist es von Bedeutung, dass der Dialog der Regulierungsbehörden durch die Zusammenarbeit der Gesetzgeber, deren Aufsicht sie unterliegen, ergänzt wird. Drittländer insbesondere die USA werden die Rechtsvorschriften der EU nur dann als äquivalent akzeptieren, wenn die EU glaubhaft zeigen kann, dass die EU-Standards von hoher 5 6 S. Axarlis, Christopher (2004). Finanzmarktregulierung in den USA: Theorie und Praxis. EU-Monitor Nr. 16 Finanzmarkt Spezial. DB Research, Frankfurt am Main. Es ist bezeichnend, dass sich der transatlantische Dialog zur Finanzmarktintegration bislang mehr auf Themen im Wertpapierbereich als auf den Bankensektor konzentriert hat. 26. Januar 2006 5

EU-Monitor 29 Vereinheitlichung von Bilanzierungsstandards dringliche Aufgabe Qualität und ihre Umsetzung in der gesamten EU auf dem gleichen hohen Niveau sichergestellt sind. Erst dann kann die Äquivalenz der Rechtsvorschriften als Leitprinzip im Dialog der EU mit anderen Rechtssystemen etabliert werden. Aufgrund des einheitlichen Passes der EU werden sich andere Länder verständlicherweise weigern, der gegenseitigen Anerkennung zuzustimmen, solange Zweifel hinsichtlich der Qualität der Aufsichtstandards in auch nur einem Mitgliedsland bestehen. Die EU muss deshalb sicherstellen, dass Regulierungsmaßnahmen in allen 25 Mitgliedsstaaten konsequent, zuverlässig und qualitativ hochwertig angewendet und umgesetzt werden. Dies ist unter dem gegenwärtigen Regime einer Vielzahl nationaler Aufsichtsbehörden jedoch eher unrealistisch. Anders gesagt, je rascher die Integration der EU-Finanzmärkte und ihrer Institutionen voranschreitet, um so stärker kann und wird der Druck in Richtung einer transatlantischen Einigung sein. Die Grenzen des Prinzips der Herkunftslandkontrolle müssen realistisch bewertet werden: obwohl die Regierungen dem Prinzip grundsätzlich zustimmen, werden Gastlandbehörden immer bestrebt sein, direkte Einblicke in systemisch relevante Sektoren zu haben wie die Erfahrungen in Europa hinreichend belegen. Deshalb sind gemeinsame Normen und Verfahren, nicht jedoch die unbedingte Herkunftslandkontrolle, vermutlich das Beste, was die Banken erhoffen können. Obwohl Finanzmarktthemen in den meisten Fällen technischer Natur sind und in der hohen Politik weniger diskutiert werden, werden die Fortschritte in Richtung eines transatlantischen Marktes für Finanzdienstleistungen und die Lösung anderer Handelsfragen natürlich auch vom allgemeinen politischen Klima zwischen den transatlantischen Partnern abhängig sein. 7 Diskussionsschwerpunkte und Reformprojekte Es stehen eine Reihe von Themen auf der Agenda der transatlantischen Finanzmarktregulierung; von diesen bedürfen einige dringend einer Lösung, andere haben einen mehr prospektiven Charakter. Dem Thema der Rechnungslegungsstandards kommt dabei die größte Bedeutung zu nicht nur wegen anstehender, termingebundener Entscheidungen, sondern v.a., weil eine Einigung in dieser Frage Voraussetzung für Fortschritte in vielen anderen Punkten ist, insbesondere bei der wechselseitigen Anerkennung von Standards für Börsenzulassungen. Rechnungslegungsstandards Nur wenn eine Vereinbarung zur Äquivalenz von Bilanzierungsstandards getroffen wird, wird es möglich sein, bei anderen wichtigen Themen Fortschritte zu erzielen. Wenn sich die transatlantischen Partner einigen könnten, die Bilanzierung nach US GAAP und IFRS als äquivalent anzusehen und gegenseitig ihre Rechnungslegungsstandards anzuerkennen, könnten die Unternehmen an beiden Märkten einen einheitlichen Bilanzierungsstandard verwenden, so dass die kostenaufwändige Überleitung auf den jeweils anderen Standard obsolet würde. Als Hintergrund zu der gegenwärtigen Debatte ist es sinnvoll, sich vor Augen zu führen, dass sich die USA trotz mehrjähriger Diskussionen auf Arbeitsebene lange Zeit geweigert haben, ernsthaft über 7 Es ist jedoch bemerkenswert, dass der transatlantische Finanzmarktdialog sogar während des Irakkrieges fortgesetzt wurde. 6 26. Januar 2006

Transatlantische Finanzmarktintegration Roadmap ebnet den Weg EU-Kommission muss über Äquivalenz der US GAAP entscheiden Politpoker Vereinbarung zu spät für EU- Unternehmen, die nach US GAAP bilanzieren die Äquivalenz anderer Rechnungslegungsstandards mit US GAAP nachzudenken. Nur die kulminierte Wirkung der Finanzskandale (Enron, Worldcom), die das Vertrauen in die Überlegenheit von US GAAP unterminierten, und die IAS-Verordnung der EU, die seit Beginn des Jahres 2005 alle Unternehmen, die Wertpapiere am EU- Kapitalmarkt begeben, zur Anwendung der IFRS verpflichten, ermöglichten den Fortschritt. Verbesserungen in der Governance- Struktur des IASB (International Accounting Standard Board) und eine bessere Kooperation zwischen IASB und dem US-amerikanischen Standardsetter FASB (Financial Accounting Standards Board) hatten ebenfalls einen positiven Einfluss. Als Ergebnis dieser Entwicklung stellten die USA im April 2005 in einem Working Paper der SEC und im Rahmen einer anschließenden Diskussion zwischen dem damaligen SEC-Vorsitzenden Donaldson und EU-Kommissar McCreevy eine sog. Roadmap vor. Diese legt Maßnahmen fest, die eine Anerkennung der Äquivalenz der Rechnungslegungsstandards durch die USA bis spätestens 2009 und möglicherweise bereits 2007 ermöglichen würden. Der Erfolg der Roadmap ist abhängig von weiteren Fortschritten des Konvergenzprojekts von IASB und FASB. Die Roadmap unterstreicht die Notwendigkeit, dass dieses Projekt erfolgreich fortgesetzt wird und betont außerdem die Wichtigkeit einer strikten Durchsetzung von Rechnungslegungsstandards. Die Europäische Kommission wird im Kontext der IAS-Regulierung über die Äquivalenz von US-GAAP und IFRS entscheiden müssen. Im Juli 2005 legte CESR, der Ausschuss der EU-Wertpapierregulierungsbehörden, der Europäischen Kommission seine Empfehlung vor. CESR vertritt die Einschätzung, dass die US GAAP (sowie die kanadischen und japanischen Bilanzierungsstandards) insgesamt äquivalent zu den IFRS sind, nannte jedoch einige Heilmittel ( remedies ), die noch von US-Emittenten anzuwenden seien. Dabei ist jedoch zu betonen, dass diese Erfordernisse durch Offenlegung erfüllt werden können, d.h. keine Überleitung erfordern. Dies entspricht zwar noch keiner gegenseitigen Anerkennung, ist jedoch mit weniger Aufwand verbunden als Überleitungen. Die Entscheidung der Europäischen Kommission in dieser Sache steht noch aus; sie ist offenkundig Teil eines Politikpokers: durch eine einseitige Feststellung der Äquivalenz von US-GAAP würde die europäische Seite im Kern ihre einzige Einflussmöglichkeit im Konvergenzprozess verlieren. Dies ist von insoweit von Bedeutung, da die grundsätzliche Bereitschaft der SEC, sich in Richtung Äquivalenz zu bewegen, an mehrere Bedingungen geknüpft war. Wie die Erfahrung zeigt, ist es durchaus möglich, dass die SEC wenn 2009 näher rückt Gründe finden wird, die Anerkennung der IFRS wiederum hinauszuzögern. Deshalb ist es nur verständlich, dass die EU versucht, den politischen Druck auf die USA aufrechtzuerhalten, indem sie darauf besteht, dass alle Unternehmen, die Wertpapiere in EU-Ländern emittieren, nach IFRS bilanzieren. Die USA vertreten hingegen den Standpunkt, dass eine Ablehnung der Äquivalenz von US-GAAP durch die EU gravierendere Auswirkungen auf die Finanzmärkte hätte als ein Aufschub der Anerkennung der IFRS von Seiten der USA. Aus diesem Grunde sollte die Entscheidung der EU nach Meinung der USA keine Frage von Reziprozität sein. Die Interessenlage des Unternehmenssektors in dieser Frage ist klar: Konvergenz und gegenseitige Anerkennung so rasch wie möglich. In jedem Fall würde die Konvergenz und gegenseitige Anerkennung im Jahr 2009 jedoch zu spät für jene EU-Unternehmen 26. Januar 2006 7

EU-Monitor 29 kommen, die nach US-GAAP bilanzieren wobei es sich dabei zum Großteil um deutsche Institute handelt, u.a. die Deutsche Bank. Diese Unternehmen werden dazu gezwungen sein, unnötig hohe Mittel und Ressourcen darauf zu verwenden, ab Januar 2007 zwei Jahresabschlüsse einen in IFRS, einen in US-GAAP zu veröffentlichen. Das bedeutet in der Praxis, dass sie sich bereits ab Januar 2006 darauf vorbereiten müssen, eine zweigleisige Buchführung vorzunehmen, um vergleichbare Zahlen für den Jahresabschluss 2007 vorlegen zu können. 8 Als Alternative könnten sie natürlich auf IFRS umstellen und eine Überleitung auf US GAAP vornehmen was jedoch ebenfalls großen Kostenaufwand verursachen würde. EU-Unternehmen mit US-Börsennotierung, die bis jetzt nationale Rechnungslegungsstandards anwenden oder nach IFRS bilanzieren, müssen weiterhin Kosten tragen, um ihre Bilanzierung mit US-GAAP in Einklang zu bringen. Das Ziel der Konvergenz impliziert jedoch auch, dass die EU ihrerseits darauf verzichten muss, von IAS Standards abzuweichen. EUspezifische Standards wie von einigen z. B. für IAS 39, einem Standard für die Bilanzierung von Finanzinstrumenten, in Erwägung gezogen wären mit der Anforderung einer Überleitung für nichteuropäische Emittenten an den EU-Kapitalmärkten verbunden. Dies würde die Emissionskosten nach oben treiben, zu einer Verringerung des Emissionsvolumens führen und möglicherweise eine Geschäftsverlagerung auf andere Märkte nach sich ziehen. Harmonisierung der Börsenzulassungsbestimmungen wünschenswert Brisanter: Delisting und Deregistrierung Börsenzulassung, Delisting und Deregistrierung Die Vorschriften für die Notierung von Wertpapieren in den USA und in der EU sind für die Unternehmen in den jeweiligen Rechtssystemen in der Regel mit ähnlichen Verpflichtungen verbunden. Im Detail können die Anforderungen jedoch erheblich voneinander abweichen, was die Kosten transatlantischer Börsennotierungen erhöht. Deutliche Fortschritte sind in der letzten Zeit dadurch erzielt worden, dass in die Prospekt-Richtlinie und die Transparenz-Richtlinie der EU Bestimmungen über die Gleichbehandlung von Unternehmen mit Sitz in Drittstaaten einbezogen wurden. Gleichzeitig müssen aber europäische Unternehmen, die den US-Kapitalmarkt in Anspruch nehmen, zusätzlich zur Erfüllung der EU-Anforderungen die in den USA bestehenden Verpflichtungen einhalten wodurch sich die Kapitalkosten für gegenwärtig über 300 europäische Unternehmen erhöhen. Wie bereits erwähnt, sind die Fortschritte bezüglich der Konvergenz von Rechnungslegungsstandards eine wichtige Voraussetzung für weitere Etappensiege in Richtung einer gegenseitigen Anerkennung der Börsenzulassungsvorschriften. Während die Äquivalenz und die gegenseitige Anerkennung längerfristige Reformprojekte sind, besteht in Bezug auf die Beendigung einer Börsennotierung (sog. Delisting) und das Deregistrierungsverfahren rascher Handlungsbedarf. Eine Konvergenz der Delisting- Regeln ist auf alle Fälle erstrebenswert, damit Firmen die Möglichkeit eines effizienten Marktaustritts haben, welcher einerseits die Interessen der Investoren wahrt und andererseits unvorhersehbare und unverhältnismäßige Kosten und Belastungen für die Emittenten vermeidet. In den letzten Jahren hat sich die Attraktivität einer gleichzeitigen Börsennotierung in Europa und den USA für euro- 8 Es besteht zurzeit eine Übergangsregelung, die Unternehmen, die nach US GAAP bilanzieren, ermöglicht, die US-amerikanischen Bilanzierungsstandards bis 2007 beizubehalten. 8 26. Januar 2006

Transatlantische Finanzmarktintegration päische Firmen verringert. Der Sarbanes Oxley-Act hat hierbei zweifelsohne eine Rolle gespielt; der Anreiz von Parallelnotierungen ist jedoch generell geringer als in der Vergangenheit, da die Erfahrung zeigte, dass sich die Liquidität einer Aktie in der Regel an einem Börsenplatz konzentriert. Das wirkliche Problem ist allerdings nicht die Beendigung der Börsennotierung, sondern die Deregistrierung. Eine Firma, deren Börsennotierung an der NYSE aufgehoben wird, muss dennoch alle Berichtspflichten erfüllen ad hoc-publizität, Quartalsberichte und Geschäftsberichte sofern sie nicht beweisen kann, dass die Zahl der in den USA ansässigen Aktionäre unter 300 gefallen ist. Dies ist natürlich schwer zu belegen. Deshalb sollten andere Kriterien herangezogen werden, die europäischen Firmen die Deregistrierung ermöglichen würden. Erfreulicherweise haben die US-Regulierungsbehörden in den letzten Monaten eine konziliantere Position in dieser Frage signalisiert. Im Dezember 2005 legte die SEC einen Vorschlag für eine deutlich liberalere Neuregelung der Deregistrierungsvorschriften für ausländische Unternehmen vor. Danach soll kleinen Unternehmen die Deregistrierung zukünftig möglich sein, wenn USbasierte Anleger weniger als 5% der Aktien halten; für große Unternehmen sind als Schwellenwerte 10% der Aktien sowie ein tagesdurchschnittlicher Börsenumsatz in den USA von weniger als 5% des Umsatzes an der Heimatbörse vorgeschlagen. Eine Deregistrierung wäre grundsätzlich nur für solche ausländischen Unternehmen möglich, die mindestens zwei Jahre gelistet waren, mindestens zwei Jahresberichte publiziert haben, im Jahr vor dem Antrag auf Deregistrierung weder öffentlich noch privat Wertpapiere platziert haben und an der Heimatbörse notiert bleiben. home-host-issues essentiell Neuer Zeitplan in den USA schafft Unsicherheit Basel II Home-host issues, d.h. die Koordination des Handelns der Finanzaufsicht im jeweiligen Heimatland und den Gastländern, sind zum Top-Thema im Rahmen der Umsetzung von Basel II geworden; es ist deshalb nicht überraschend, dass sie auch im transatlantischen Kontext relevant sind. Abweichende Aufsichtspraktiken in der EU und den USA erschweren es für EU-Firmen mit Geschäftstätigkeit in den USA, ein einheitliches Risikomanagement einzuführen und ihre Berichtspflichten effizient zu gestalten. Deshalb fordern die Banken eine stärkere Kooperation der Aufsichtsbehörden in Bezug auf die home-host issues für Bankgruppen mit internationaler Geschäftstätigkeit, insbesondere was die Säule II des neuen Baseler Akkords betrifft. Die Banken sind in dieser Frage in ständigen Dialog mit der Accord Implementation Group des Baseler Ausschusses. Die Fortschritte sind eher gering, was nicht zuletzt darauf zurückzuführen ist, dass sich die USA bezüglich des Umsetzungsprozesses vom Basel II im Rückstand befinden. Die Situation wurde durch die unilaterale Entscheidung der US- Behörden vom 30.9.2005, den Zeitplan für die Umsetzung von Basel II in den USA zu revidieren, zusätzlich erschwert. Mit diesem Beschluss reagierten die US-Aufsichtsbehörden auf die starke Kritik des Kongresses an den Ergebnissen der so genannten Auswirkungsstudie 4 (QIS 4 Quantitative Impact Study; zu große Unterschiede zwischen den Eigenkapitalanforderungen für Banken mit ähnlichen Portfolios) und an der Komplexität von Basel II. Die US- Gesetzgeber befürchten, dass Basel II in zu niedrigen Kapitalausstattungen resultieren wird und zu Wettbewerbsverzerrungen zwi- 26. Januar 2006 9

EU-Monitor 29 Kampf gegen die Geldwäsche Um unbewusste Verstöße gegen die jeweiligen Gesetze zur Bekämpfung der internationalen Geldwäsche (KYC / AML) zu vermeiden, wäre es für die Finanzindustrie hilfreich, wenn die transatlantischen Partner gemeinsame Standards und Anforderungen in Bezug auf die in diesen Gesetzen verwendeten Begriffe professioneller Kunde / Kunde / Gegenpartei festlegen und vereinbaren würden. In diesem Zusammenhang ist gegenwärtig insbesondere die extraterritoriale Wirkung des US PATRIOT Act auf europäische Institute Anlass zur Besorgnis. Die EU hat in ihrem Report on United States Barriers to Trade and Investment 2004 dazu Folgendes festgestellt: Section 319a des USA PATRIOT Act von 2001 erlaubt, in den USA befindliche Aktiva ausländischer Banken zu beschlagnahmen, wenn diese Banken außerhalb der USA Tätigkeiten verfolgen, die gegen US-Recht verstoßen, oder wenn die Kunden dieser Banken Aktivitäten betreiben, die in den USA illegal wären. Diese extraterritoriale Bestimmung hat bereits bei der Verabschiedung des US-Gesetzes große Bedenken in europäischen Bankenkreisen ausgelöst. In einem nachfolgenden Briefwechsel zwischen der EU- Kommission und dem US-Schatzamt wurde klargestellt, dass diese Bestimmung nur im Falle eines Scheiterns der internationalen Kooperation der zuständigen Behörden Anwendung finden solle. Ungeachtet dessen gab es mehrere Fälle, bei denen US-Gelder europäischer Banken auf der Basis dieser Bestimmung beschlagnahmt worden sind. Außerdem geben Äußerungen aus dem US-Justizministerium Anlass zu der Annahme, dass die extraterritoriale Wirkung von Section 319a auch in Fällen von Betrug und Steuerverstößen angewendet wird. Die US-Maßnahmen nach Section 311 des USA PATRIOT Act gegen Banken in Drittstaaten sowie die US- Embargos gegen Iran und Kuba, die auch für Banken in diesen Ländern gelten, sind zwar nicht per se als extraterritorial formuliert. Es besteht jedoch bedingt durch die Hebelwirkung von Section 319a des USA Patriot Act das Risiko, dass auch diese Bestimmungen extraterritoriale Wirkung auf europäische Banken entfalten. schen großen und kleinen Banken in den USA führen könnte wobei Letzteres eine Folge des zweigeteilten Systems ist, das die USA etablieren will. 9 Als Reaktion auf diese Kritik haben die US-Aufsichtsbehörden vorgeschlagen, das Inkrafttreten um ein weiteres Jahr hinauszuschieben (parallele Anwendung im Jahr 2008, Inkrafttreten 2009) und konservativere Obergrenzen für potenzielle Kapitalerleichterungen anzuwenden als dies im neuen Basel-Abkommen vorgesehen ist. Da die EU an dem ursprünglichen Zeitplan festhalten wird, der gemeinschaftlich von der G-10 im Baseler Ausschuss beschlossen wurde, werden für international tätige Banken einige schwierige Fragen aufgeworfen. So ist es z.b. unklar, welches Regime im Jahr 2008 für die US-Tochtergesellschaften europäischer Banken zur Verfügung stehen wird. Von größerer Tragweite ist, dass die US-Banken 2008 weiterhin Basel I unterliegen werden. Dies gibt ihnen einen komparativen Vorteil gegenüber europäischen Banken bei Produkten mit höherem Risiko, für die auf der Basis von Basel II höhere Eigenkapitalanforderungen gelten. Grenzüberschreitender Handel mit Aktien und Aktienderivaten Die Liberalisierung des Kapitalverkehrs, die Schaffung von Handelsplattformen und Produktinnovationen haben grenzüberschreitende Wertpapiertransaktionen erleichtert. Trotz des großen Engagements der Behörden haben die Regulierungs- und Aufsichtsstrukturen jedoch weiterhin zum Großteil nationalen Charakter. Während Broker, die in der EU zugelassen sind, direkten Zugang zu den amerikanischen Aktienmärkten haben, die der US-Regulierung unterliegen, ist dies nicht der Fall für US-Broker, die europäische Aktien handeln wollen, da die US-Regulierungsbehörden den Anlegerschutz in der EU als nicht äquivalent ansehen. Deshalb müssen US-Investoren die Kosten für die Nutzung mehrerer Intermediäre tragen bzw. europäische Unternehmen müssen kostenaufwändige Ersatzinstrumente wie z.b. ADRs (American Depository Receipts) an den Markt bringen. (Es ist jedoch bemerkenswert, dass europäische Derivatebörsen US-Brokern seit 1997 direkten Zugang einräumen dürfen). Der direkte Zugang zu den EU-Märkten würde US-Brokern erlauben, Aktien direkt an den europäischen Aktienmärkten zu handeln und dadurch für EU-Unternehmen die Notwendigkeit einer doppelten Börsennotierung in Europa und den USA verringern. Wie in dem o.g. Bericht der EU-US-Koalition zur Finanzregulierung vermerkt, wäre es außerdem wünschenswert, wenn es einheitliche Prüf- und Registrierungsanforderungen in all jenen Ländern gäbe, die Aktien- und Aktienderivatehändler Zulassungsvorausetzungen unterwerfen. Außerdem käme es der Marktintegration zugute, wenn die wichtigsten regulatorischen Anforderungen, z.b. Standards für die bestmögliche Orderausführung, die Behandlung von Kundengeldern, die Definition von Kundenkategorien (Privatkunden gegenüber professionellen Kunden), Zuteilungsverfahren und die Bestimmungen zur Verteilung von Research-Material, harmonisiert würden. 9 Im Gegensatz zur EU, wo Basel II bzw. die EU-Eigenkapitalrichtlinie für alle Banken verbindlich sein wird, wird Basel II in den USA nur für ca. zwölf international tätige US-Banken verbindlich und für einige andere Kreditinstitute auf freiwilliger Basis gelten. 10 26. Januar 2006

Transatlantische Finanzmarktintegration Nur internationale Regelungen für Rating-Agenturen sinnvoll Rating-Agenturen Eine mögliche Regulierung von Rating-Agenturen (Credit Rating Agencies, CRA) steht auf der Agenda der internationalen Finanzdiplomatie spätestens seitdem die Rating-Agenturen nach den Verschuldungskrisen ab dem Jahr 1997 ins Kreuzfeuer der Kritik gerieten. Auf globaler Ebene hat die IOSCO im Dezember 2004 einen freiwilligen Verhaltenskodex ( Fundamentals for Credit Rating Agencies ) veröffentlicht. Außerdem haben alle großen Rating-Agenturen mittlerweile ihre eigenen Verhaltenskodizes veröffentlicht. In der EU signalisieren der Konsens innerhalb von CESR und der Kommission eine abwartende Haltung bezüglich der Frage, ob die Selbstregulierung funktioniert. Nur wenn dies nicht der Fall ist, werden gesetzgeberische Maßnahmen als notwendig erachtet. Aufgrund der Struktur der Rating-Branche sowohl hinsichtlich des Geschäftsmodells als auch hinsichtlich der Nationalität und der Methodik der großen Rating-Firmen sind alle Regulierungen in diesem Sektor, sei es durch den Gesetzgeber oder durch Selbstregulierung, nur sinnvoll, wenn sie auf einem koordinierten internationalen Vorgehen beruhen. Unilaterale Bemühungen würden zusätzliche Kosten für die Rating-Agenturen verursachen, da sie dann verschiedenen Regelwerken entsprechen müssten Kosten, die mit hoher Wahrscheinlichkeit auf die Emittenten überwälzt würden. Darüber hinaus könnten Unsicherheiten bezüglich der Qualität der Ratings entstehen. Die Einführung isolierter europäischer Regulierungen für CRAs könnte dazu führen, dass die Ratings europäischer Unternehmen von Investoren als qualitativ geringer eingeschätzt würden als die Ratings von Unternehmen anderer Regionen. Dies hätte natürlich negative Auswirkungen auf die Finanzierungsmöglichkeiten und kosten dieser Unternehmen. Deshalb liegt es im Interesse der Finanzdienstleistungsbranche, der emittierenden Unternehmen und der Investoren, dass alle etwaigen Maßnahmen Resultat eines gemeinsamen, international abgestimmten Vorgehens sind. Schlussbemerkungen Der transatlantische Finanzmarktdialog ist von Nutzen und zu begrüßen. Hinsichtlich der Frage, was dieser Dialog in Bezug auf die Schaffung eines integrierten transatlantischen Kapitalmarktes leisten kann, ist jedoch weiterhin Realismus angesagt. Wie die Erfahrung bei allen wesentlichen Sachverhalten zeigt, ist die Bereitschaft der USA, dem Prinzip der gegenseitigen Anerkennung zuzustimmen, gering. Allerdings ist fairerweise auch anzumerken, dass das Interesse des Finanzdienstleistungssektors an diesem Projekt (zumindest bisher) ebenfalls nicht gerade überwältigend war; das gilt für Emittenten, Intermediäre und Investoren gleichermaßen. Ein regelmäßiger transatlantischer Dialog kann jedoch zur Konfliktvermeidung beitragen, indem er der jeweils anderen Seite vermittelt, wie Gesetzgebungsprojekte Einfluss auf Unternehmen in der jeweils anderen Region haben können, und dadurch negative Spillover- Effekte verhindert. Wenn der transatlantische Dialog zudem die positive Konsequenz hätte, dass die USA und die EU als die beiden größten Kapitalmärkte der Welt gemeinsam die Führung bei internationalen Regulierungsinitiativen übernehmen, hätten die Koordinierungsbemühungen bereits ihre Existenz gerechtfertigt. Nach den Vorschlägen der EU-Kommission sollten Dialoge ähnlicher Art mit anderen wichtigen Regulierungsbehörden etabliert bzw. sofern sie bereits bestehen verstärkt werden. Als Hauptpartnerländer 26. Januar 2006 11

EU-Monitor 29 für diesen Dialog sollten insbesondere Japan, Kanada, die Schweiz China und Indien im Fokus stehen. Voraussetzung für einen nachhaltigen Erfolg dieser Dialoge ist eine enge Einbindung und das Engagement der Finanzindustrie. Bernhard Speyer (+49 69 910-31735, bernhard.speyer@db.com) 2006. Deutsche Bank AG, DB Research, D-60262 Frankfurt am Main, Deutschland. Alle Rechte vorbehalten. Bei Zitaten wird um Quellenangabe Deutsche Bank Research gebeten. Die vorstehenden Angaben stellen keine Anlageberatung dar. Alle Meinungsaussagen geben die aktuelle Einschätzung des Verfassers wieder, die nicht notwendigerweise der Meinung der Deutsche Bank AG oder ihrer assoziierten Unternehmen entspricht. Alle Meinungen können ohne vorherige Ankündigung geändert werden. Die Meinungen können von Einschätzungen abweichen, die in anderen von der Deutsche Bank veröffentlichten Dokumenten, einschließlich Research- Veröffentlichungen, vertreten werden. Die vorstehenden Angaben werden nur zu Informationszwecken und ohne vertragliche oder sonstige Verpflichtung zur Verfügung gestellt. Für die Richtigkeit, Vollständigkeit oder Angemessenheit der vorstehenden Angaben oder Einschätzungen wird keine Gewähr übernommen. In den USA wird dieser Bericht durch Deutsche Bank Securities Inc., Mitglied der NYSE, NASD, NFA und SIPC, genehmigt und/oder verbreitet. In Deutschland wird dieser Bericht von Deutsche Bank AG Frankfurt genehmigt und/oder verbreitet, die über eine Erlaubnis der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht verfügt. Im Vereinigten Königreich wird dieser Bericht durch Deutsche Bank AG London, Mitglied der London Stock Exchange, genehmigt und/oder verbreitet, die in Bezug auf Anlagegeschäfte im Vereinigten Königreich der Aufsicht der Financial Services Authority unterliegt. In Hongkong wird dieser Bericht durch Deutsche Bank AG, Hong Kong Branch, in Korea durch Deutsche Securities Korea Co. und in Singapur durch Deutsche Bank AG, Singapore Branch, verbreitet. In Japan wird dieser Bericht durch Deutsche Securities Limited, Tokyo Branch, genehmigt und/oder verbreitet. In Australien sollten Privatkunden eine Kopie der betreffenden Produktinformation (Product Disclosure Statement oder PDS) zu jeglichem in diesem Bericht erwähnten Finanzinstrument beziehen und dieses PDS berücksichtigen, bevor sie eine Anlageentscheidung treffen. Druck: Druck- und Verlagshaus Zarbock GmbH und Co. KG Print: ISSN 1612-0256 / Internet und E-Mail: ISSN 1612-0264