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RADIODOKTOR MEDIZIN UND GESUNDHEIT Die Sendung Die Sendereihe Der Radiodoktor ist seit 1990 das Flaggschiff der Gesundheitsberichterstattung von Ö1. Jeden Montag von 14.03 bis 14.40 Uhr werden interessante medizinische Themen in klarer informativer Form aufgearbeitet und Ö1- Hörerinnen und -Hörer haben die Möglichkeit, telefonisch Fragen an das hochrangige Expertenteam im Studio zu stellen. Wir über uns Seit September 2004 moderieren Univ.-Prof. Dr. Manfred Götz, Univ.-Prof. Dr. Karin Gutiérrez- Lobos, Univ.-Prof. Dr. Markus Hengstschläger und Dr. Christoph Leprich die Sendung. Das Redaktionsteam besteht aus Walter Gerischer-Landrock, Mag. Nora Kirchschlager, Mag. Christian Kugler, Uschi Mürling-Darrer, Dr. Doris Simhofer, Dr. Ronny Tekal-Teutscher und Dr. Christoph Leprich. Das Service Seit dem 3. Oktober 1994 gibt es das, die Sendereihe flankierende, Hörerservice, das auf größtes Interesse gestoßen ist. Unter der Wiener Telefonnummer 50 100 ist Der Radiodoktor mit Kurzinformationen zur aktuellen Sendung die ganze Woche per Tonband abrufbar. Die zu jeder Sendung gestaltete Infomappe mit ausführlichen Hintergrundinformationen, Buchtipps und Anlaufstellen komplettiert das Service und stellt in der Fülle der behandelten Themen eigentlich bereits ein kleines Medizin-Lexikon für den Laien dar. Die Partner Ermöglicht wird die Radiodoktor-Serviceleiste durch unsere Partner: das Gesundheitsressort der Stadt Wien und die Österreichische Apothekerkammer. An dieser Stelle wollen wir uns ganz herzlich bei unseren Partnern für die Zusammenarbeit der letzten Jahre bedanken! Wir bitten um Verständnis, dass wir aus Gründen der besseren Lesbarkeit in dieser Infomappe zumeist auf die weiblichen Endungen, wie z.b. PatientInnen, ÄrztInnen etc. verzichtet haben. RADIODOKTOR MEDIZIN UND GESUNDHEIT 2

LEBENSGEFÄHRLICHE BLUTKLUMPEN: NEUE STRATEGIEN ZUR VORBEUGUNG UND BEHANDLUNG VON THROMBOSEN Mit Univ.-Prof. Dr. Karin Gutiérrez-Lobos 19. Juli, 14.03 Uhr, Ö1 Redaktion und Infomappe: Mag. Christian Kugler RADIODOKTOR MEDIZIN UND GESUNDHEIT 3

INHALTSVERZEICHNIS INHALTSVERZEICHNIS NEUE STRATEGIEN ZUR VORBEUGUNG UND BEHANDLUNG VON THROMBOSEN Erneutes Auftreten birgt ein hohes Risiko 6 Wie und warum entstehen Thrombosen? 6 Die Venenthrombose 7 Die Virchow-Trias 7 Veränderungen in der Gefäßwand als häufiger Auslöser 7 Die Verlangsamung des Blutstroms 8 Veränderungen in der Zusammensetzung des Blutes 8 Symptomatik von Thrombosen 8 Ödeme und Druckschmerzen 9 Diagnosemöglichkeiten bei Venenthrombosen 9 Bildgebende Verfahren 10 Risikoanalyse mit Scoring-Verfahren 10 Bluttests helfen bei der Risikoeinschätzung 10 Neuer einfacher Thrombose-Test aus Wien 11 Lungenembolien als tödliche Komplikation 11 Lungenembolie als typische Folge einer Venenthrombose 12 Die Folgen einer Lungenembolie 12 Möglichkeiten der Behandlung 12 Niedermolekulares Heparin 13 Vitamin K Antagonisten 13 Blutungsneigung als Nebenwirkung 14 Besondere Risikofaktoren 14 Angeborene Risikofaktoren 14 Erworbene Risikofaktoren 15 Lebensstil und Bewegungsmangel 15 RADIODOKTOR MEDIZIN UND GESUNDHEIT 4

INHALTSVERZEICHNIS Schwangerschaft, Pille und Hormonersatztherapie 15 Die Reisethrombose 15 Krebserkrankung und Thrombose 16 Die Vorbeugung von Thrombosen 16 Der Lebensstil 16 Spezialfall Reisethrombose 17 Richtiges Trinken entscheidend 17 Bewegung trotz Enge 17 Thrombosepatienten auf Flugreisen 17 QUELLEN UND LINKS 18 BUCH-TIPPS 19 SENDUNGSGÄSTE 20 RADIODOKTOR MEDIZIN UND GESUNDHEIT 5

LEBENSGEFÄHRLICHE BLUTKLUMPEN: NEUE STRATEGIEN ZUR VORBEUGUNG UND BEHANDLUNG VON THROMBOSEN Jedes Jahr erleiden in Österreich ca. 15.000 Menschen eine tiefe Venenthrombose oder eine Lungenembolie, an der jede/r fünfte Betroffene verstirbt. Eine Thrombose ist der Verschluss eines Blutgefäßes durch ein Blutgerinnsel eben einen Thrombus. Die häufigste und medizinisch relevanteste Form ist die tiefe Venenthrombose im Bereich der Beine und des Beckens. Eine Thrombose entsteht in der Regel dann, wenn zwischen den fördernden und hemmenden Faktoren der Blutgerinnung ein Ungleichgewicht auftritt. Veränderungen in der Zusammensetzung des Blutes können eine erhöhte Gerinnungsbereitschaft bewirken und so eine Thrombose entstehen lassen. Erneutes Auftreten birgt ein hohes Risiko In jungen Jahren sind Frauen deutlich häufiger betroffen als Männer, später verschwindet dieser Unterschied. Dafür haben Männer ein höheres Rückfallrisiko, wenn sie bereits eine Thrombose erlitten haben. Insgesamt erleidet rund ein Drittel der Betroffenen innerhalb von acht Jahren eine weitere Thrombose. Ziel von Diagnose und Behandlung ist vor allem die Senkung dieser hohen Rückfallsrate. Die gefährlichste und oft tödliche Komplikation einer Thrombose ist die Wanderung des Blutgerinnsels Richtung Lunge, wodurch es zu einer Lungenembolie kommt. Da das Risiko einer Lungenembolie dann am höchsten ist, wenn schon einmal eine tiefe Venenthrombose stattgefunden hat, kommt der Sekundärprävention besondere Bedeutung zu. In den letzten Jahren hat hier ein Paradigmenwechsel vor allem bei der Diagnostik und Risikoabschätzung, aber auch bei Art und Dauer der Medikation stattgefunden. WIE UND WARUM ENTSTEHEN THROMBOSEN? Eine effektive Blutgerinnung ist für den Körper notwendig, um Wunden rasch verschließen zu können. Aber gleichzeitig muss natürlich auch der Blutfluss in den Gefäßen möglichst ungehindert aufrecht erhalten werden. Deshalb besteht normalerweise im Blut ein Gleichgewicht RADIODOKTOR MEDIZIN UND GESUNDHEIT 6

zwischen jenen Mechanismen, die es flüssig halten und jenen Faktoren, die zu einer Blutgerinnung führen. So besitzt etwa die Gefäßwand venöser Blutgefäße Eigenschaften, die der Entstehung eines Blutgerinnsels entgegen wirken, während im Blut selbst etliche Bestandteile beim Auftreten einer Wunde eine Blutgerinnungskaskade in Gang setzen. Eine Thrombose entsteht immer dann, wenn zwischen diesen fördernden und hemmenden Faktoren der Blutgerinnung ein Ungleichgewicht herrscht. Bildet sich in einer Arterie ein Blutgerinnsel und verschließt dieses weitgehend oder völlig, erhält das durch das Blutgefäß versorgte Gewebe nicht mehr ausreichend Sauerstoff. Sind die Herzkranzgefäße betroffen, spricht man von Angina pectoris oder einem Herzinfarkt. Kommt es zu einem Verschluss der Halsschlagadern oder deren Verzweigungen, handelt es sich um einen Schlaganfall. Die Venenthrombose Im Falle einer Venenthrombose können sich Teile des Gerinnsels (oder das ganze Gerinnsel) von der Venenwand loslösen - vor allem dann, wenn die Thrombose in den Beinen entstanden ist. Das Blutgerinnsel wird dann mit dem Blutstrom in die Lunge transportiert. Man spricht von einer Lungenembolie (Pulmonalembolie) oder einem Lungeninfarkt. Die Virchow-Trias Schon Mitte des 19. Jahrhunderts entdeckte der deutsche Mediziner Rudolf Ludwig Karl Virchow, dass das Zusammenwirken dreier Parameter (nach ihm als Virchow-Trias benannt), die Thromboseneigung erhöht: Veränderungen an der Gefäßwand eine reduzierte Strömungsgeschwindigkeit des Blutes Veränderungen in der Zusammensetzung des Blutes, insbesondere bei den Gerinnungsfaktoren Veränderungen in der Gefäßwand als häufiger Auslöser Schon kleine Veränderungen der Gefäßwand, können das Gleichgewicht der Blutgerinnung stören und zur Thromboseneigung führen. Einerseits werden dadurch die natürlichen Eigenschaften der Gefäßwand, einer Thrombose entgegenzuwirken, geschwächt und gleichzeitig wird durch die Veränderung ( Verletzung, Wunde ) der Gefäßwand die Gerinnung des Blutes aktiviert. Diese beiden Abläufe verstärken sich gegenseitig ein Thrombus aus fibrösem Material entsteht, der im Endstadium auch die Vene völlig verschließen kann. Veränderungen an der Gefäßwand entstehen unter anderem durch degenerative Prozesse, Verhärtungen oder durch Krampfadern. Muskelprellungen, Muskelzerrungen oder Knochenbrüche RADIODOKTOR MEDIZIN UND GESUNDHEIT 7

können ebenfalls zu einer direkten oder indirekten Schädigung der Venenwände führen. Das gleiche gilt für Blutergüsse und blaue Flecken. Eine weitere Risikoquelle stellen chirurgische Eingriffe im Bereich der Beine dar. Auch dabei kann es zu einer Verletzung der inneren Venenwand kommen. Die Verlangsamung des Blutstroms Verletzungen der Venen, aber auch Krampfadern, führen dazu, dass sich der Blutstrom verlangsamt. In den durch Krampfadern erweiterten Gefäßen entsteht eine Verwirbelung des Blutstroms dies kann die Thrombose-Entstehung begünstigen. Generell ist es so, dass alle Faktoren, die das venöse Blut in den Beinen stauen können, eine Verlangsamung der Strömungsgeschwindigkeit des Blutes in Richtung Herz herbeiführen. Dazu gehören etwa Bettlägerigkeit, ständiges Stehen, langes Sitzen oder Knien und allgemeiner Bewegungsmangel. Dabei versackt das Blut in den Beinen und die Neigung zu Thrombosen steigt. Diese Mechanismen können auch bei Menschen auftreten, die ansonsten keine Venenstörungen haben - etwa bei langen Zugs- oder Autofahrten und Flugreisen. Man spricht in diesen Fällen von der Reisethrombose. Veränderungen in der Zusammensetzung des Blutes Bestimmte Veränderungen in der Zusammensetzung des Blutes können auch ohne Veränderungen in den Gefäßwänden dazu führen, dass die Gerinnungsbereitschaft und damit die Thromboseneigung verstärkt werden. Man spricht in diesen Fällen auch von Thrombophilie. Solche Blutveränderungen können z.b. in Folge von Leberschäden auftreten oder aufgrund eines Eiweißverlustes z. B. bei chronisch entzündlichen Darmerkrankungen oder auch im Zuge einer Infektion oder Sepsis. In seltenen Fällen ist die Zusammensetzung des Blutes durch genetische Fehler verändert und dadurch wird eine mehr oder weniger hohe Thromboseneigung bedingt. SYMPTOMATIK VON THROMBOSEN Die meisten Thrombosen entstehen in den Venen der Wadenmuskeln und zwar oft in den Vertiefungen der Venenklappen. Ein verlangsamter Blutfluss in diesem Bereich kann eine Schädigung der Innenhaut der Venen verursachen. Solche Veränderungen setzen dann den Mechanismus der Gerinnsel-Bildung (Blutgerinnung wegen Venenverletzung ) in Gang. Zunächst bilden sich im Bereich der Venenklappen meist nur kleine Thrombosen. Wenn diese langsam größer werden, verengen sie den Durchmesser der Vene. Die Folge sind Stauungszeichen in den dahinter liegenden Venenbereichen, vor allem, wenn größere Venen betroffen sind. Der erhöhte RADIODOKTOR MEDIZIN UND GESUNDHEIT 8

Druck im venösen System führt dann dazu, dass die Flüssigkeit aus den Zellzwischenräumen nicht mehr in vollem Umfang in die Kapillaren aufgenommen wird. Ödeme und Druckschmerzen Die Folge sind Ödeme und mit Fortschreiten der Erkrankung kommt es zu stärkeren Schwellungen und Schmerzen im betroffenen Bein. Die Beinvenenthrombose führt zunächst zum Anschwellen des Unterschenkels - bei ausgedehnter Thrombose des gesamten Beines. Das Bein ist heiß, schmerzt (vor allem beim Gehen), ist bläulich verfärbt und geschwollen. Das Abtasten der Wade ist schmerzhaft. Bei einer Unterschenkelvenenthrombose ist meist nur die Knöchelgegend angeschwollen. Je nach Lage der Thrombose werden die Schmerzen von den Betroffenen in der Fußsohle, in der Wade, der Kniekehle, im Oberschenkel oder in der Leiste beschrieben. Stehen und Gehen sind besonders schmerzhaft. Manche Betroffene meinen wegen des ziehenden Schmerzes, sie hätten einen Muskelkater, andere spüren nur ein Spannungsgefühl. In vielen Fällen zeigen sich ein geringer Anstieg der Körpertemperatur und ein erhöhter Puls von über 100 Schlägen pro Minute. Aber auch ohne diese Krankheitszeichen ist eine tiefe Beinvenenthrombose nicht ausgeschlossen. Vor allem bei bettlägerigen Patienten können solche klinischen Symptome anfangs weitgehend fehlen, da die durch die Schwerkraft bedingte Druckerhöhung in den Beinvenen wegfällt. Nicht selten ist deshalb eine Lungenembolie das erste Zeichen einer Thrombose. Die Venenthrombose selbst ist selten lebensbedrohlich (außer bei Thrombosen in Gehirn oder Bauch). Allerdings, die wichtigste Komplikation der Beinvenenthrombose ist die Lungenembolie, an der die Patientinnen und Patienten, wenn sie nicht rasch behandelt werden, versterben können. DIAGNOSEMÖGLICHKEITEN BEI VENENTHROMBOSEN Da die Beschwerden bei Venenthrombosen häufig nicht eindeutig sind, wird neben der klinischen Untersuchung auf Schmerzempfindung, Schwellungen oder sichtbare Gewebeveränderungen oft ein bildgebendes Verfahren zur sicheren Abklärung eingesetzt. RADIODOKTOR MEDIZIN UND GESUNDHEIT 9

Bildgebende Verfahren Die direkte Diagnose der tiefen Beinvenenthrombose (TVT) wird fast immer auf nicht invasive Weise mit einer Ultraschalluntersuchung (Sonographie) der Beinvenen gestellt. Geräte mit Kompressions-Ultraschall bzw. Farb-Duplex sind einfach verfügbar und besitzen in der Hand einer geübten Expertin/eines geübten Experten eine sehr hohe Treffsicherheit. Darüber hinaus können damit auch wichtige Differenzialdiagnosen (wie z.b. Baker-Zyste, Muskelfaserriss etc.) im selben Untersuchungsgang einfach erfasst bzw. ausgeschlossen werden. Die Phlebographie hingegen ist eine Röntgen-Kontrastmittel-Untersuchung. Diese kann mittels einer Computertomographie oder einer Magnetresonanztomographie durchgeführt werden. Sie kommt aber nur bei unklaren Befunden der Ultraschalluntersuchung ergänzend zum Einsatz. Eine Phlebographie zeigt die anatomischen Strukturen, das Gewebe, den Ort und die Ausdehnung der Thrombose und kann, bis zu einem gewissen Grad, auch Aufschluss über das Alter der Thrombose geben. Eine Phlebographie kann nur dann risikolos durchgeführt werden, wenn die Thrombose- Betroffenen keine Überempfindlichkeit gegen das Kontrastmittel aufweisen. Allerdings kann das Kontrastmittel auch bei nicht allergischen Personen zu leichten Nebenwirkungen führen - etwa Hitzegefühl, Übelkeit oder Erbrechen. Risikoanalyse mit Scoring-Verfahren Da es nicht sinnvoll ist, bei jedem Patienten mit Risikofaktoren oder Beschwerden eine bildgebende Diagnostik durchzuführen, haben sich in der klinischen Praxis einfache Score- Systeme, die neben den individuellen Risikofaktoren aufgrund der Erkrankungsgeschichte auch klinische Zeichen einbeziehen, sehr bewährt, um die Wahrscheinlichkeit einer tiefen Beinvenenthrombose abzuschätzen. Bluttests helfen bei der Risikoeinschätzung Eine ebenfalls bewährte Möglichkeit eine Thrombose auszuschließen, ist die Untersuchung bestimmter Gerinnungsfaktoren bzw. Abbauprodukte von Blutgerinnseln mittels eines einfachen Bluttests. Die so genannte D-Dimer-Bestimmung steigert die Aussagekraft der klinischen Untersuchung entscheidend. D-Dimer entsteht durch die körpereigene Fähigkeit, gebildete Blutgerinnsel wieder aufzulösen (=Fibrinolyse). Erhöhte D-Dimer Werte zeigen also eine starke Aktivität des Fibrinolysesystems an, sind aber nicht zwingend beweisend für das Vorliegen einer Thrombose. Sind die D-Dimer Werte allerdings im Normalbereich, schließt dieser Umstand eine Thrombose mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit aus. Gibt es allerdings typische Symptome und ist der D-Dimer Wert hoch, so muss der Arzt davon ausgehen, dass die betroffenen Patienten Hochrisiko-Kandidaten für eine vorliegende Thrombose RADIODOKTOR MEDIZIN UND GESUNDHEIT 10

sind. Dann muss rasch gehandelt werden, da ja die Hauptgefahr der unbehandelten Beinvenenthrombose die Lungenembolie ist, an der mehr als 50 Prozent der Patienten mit tiefer Venenthrombose ohne Behandlung versterben würden. Neuer einfacher Thrombose-Test aus Wien Nach 20-jähriger Forschung hat ein Wiener Wissenschaftsteam einen neuen Thrombose-Test entwickelt, der jetzt auch Eingang in die klinische Praxis findet. Mit dem Vienna Prediction Model kann für jeden Thrombose-Patienten ein individuelles Risikoprofil erstellt werden. Nach der ersten Thrombose bekommt etwa jeder vierte bis fünfte Patient nach fünf Jahren eine weitere - mit gefährlichen Folgen: Jeder Zehnte mit einem solchen Thrombose-Rezidiv stirbt. Es ist daher sehr wichtig, jene Menschen zu identifizieren, die ein besonders hohes Risiko für eine neue Thrombose haben und daher zum Schutz eine lebenslange blutverdünnende Therapie benötigen. Das neue Vorhersagemodell ist ein Online-Instrument, mit dessen Hilfe das Rezidiv-Risiko eines Patienten nach einem bzw. fünf Jahren abgeschätzt werden kann, um die Dauer der blutverdünnenden Therapie anzupassen. Der Risk Calculator benötigt nur drei Angaben: Geschlecht, Lokalisation der ersten Thrombose (Unterschenkel, Oberschenkel/Becken, Lunge) und einen Blutgerinnungstest. LUNGENEMBOLIEN ALS TÖDLICHE KOMPLIKATION Bei der Lungenembolie kommt es zu Atemnot, besonders bei Belastung wie z.b. Stiegensteigen, und/oder zu Schmerzen in der Brust, die oft erst beim tiefen Ein- und Ausatmen auftreten. Darüber hinaus kann es zum Blutspucken kommen. In sehr schweren Fällen werden die Betroffenen bewusstlos. Bei der Lungenembolie wird durch einen Blutpfropfen (Thrombus) ein Blutgefäß in der Lunge verstopft bzw. verschlossen. Bei Tauchunfällen etwa kann dies auch durch Gasbläschen geschehen. Außerdem gibt es auch so genannte Fettembolien, z.b. im Rahmen von Fettabsaugungen, bei der im Blut zirkulierende Fettzellen die kleinen Lungengefäße verstopfen können. Thromben können sich in Arterien, in Venen und im Herzen bilden. Aus Arterien kann ein Blutgerinnsel nicht sehr weit verschleppt werden, weil sich Schlagadern immer weiter aufzweigen RADIODOKTOR MEDIZIN UND GESUNDHEIT 11

und deshalb immer enger werden. Das das Blut vom Herzen wegfließt, wird ein Blutpfropf aus der Oberschenkelschlagader kaum weiter als bis zur Kniekehle gelangen. Lungenembolie als typische Folge einer Venenthrombose Anders ist dies bei Venen. Sie vereinigen sich zu immer kaliberstärkeren Venen, bis sie schließlich ins Herz münden. Ein Blutpfropf aus einer Unterschenkelvene wird mit dem Blutstrom zu dickeren Oberschenkelvenen, von dort zu den Beckenvenen und schließlich in die größte Vene des Körpers, die untere Hohlvene geschwemmt. Von dort aus kann der Thrombus in den rechten Vorhof des Herzens, weiter in die rechte Herzkammer und schließlich in die Lungenschlagader gelangen. Der Blutpfropf ist also aus einer Vene über das Herz in den Stamm der Lungenschlagader gelangt. Von dort aus gehen immer kleiner werdende Schlagadern in die rechte und linke Lunge. Diese verzweigen sich dann weiter zu den Lappenschlagadern der Lungenlappen usw. Der Thrombus bleibt - je nach Größe - in einem größeren oder kleineren Gefäß stecken und verschließt es. Das dahinter liegende Gewebe wird nicht mehr versorgt und wird geschädigt. Die Folgen einer Lungenembolie Kommt es zum Ausfall von Lungengewebe hinter dem Thrombus wird die Sauerstoff austauschende Fläche der Lunge verkleinert. Häufig ist die rechte Lunge betroffen. Doch damit nicht genug. Vor dem Thrombus entsteht ein Blutstau, der zu einer Druckerhöhung im Lungenkreislauf führt. Die Folge ist eine Überlastung des rechten Herzens. Es muss nun gegen diesen Druck ankämpfen. Ist der Druck sehr hoch, kann es so weit kommen, dass auch der Ausfluss des rechten Herzens blockiert wird. Es kommt zum Rechtsherzversagen. Unbehandelt hat das akute Rechtsherzversagen eine hohe Sterblichkeitsrate. Doch auch wenn es immer wieder zu kleineren Embolien kommt, kann dieser permanent erhöhte Druck chronische Schäden wie z.b. eine Funktionsstörung der Lunge verursachen. MÖGLICHKEITEN DER BEHANDLUNG Die Behandlung der Venenthrombose und der Lungenembolie muss rasch erfolgen, um eine lebensbedrohliche Komplikation wie z.b. eine (nochmalige) Lungenembolie zu verhindern. Die Behandlung besteht in der Verabreichung eines blutverdünnenden Medikaments, eines so genannten Antikoagolantiums. RADIODOKTOR MEDIZIN UND GESUNDHEIT 12

Niedermolekulares Heparin Meist wird die Therapie mit der Verabreichung von (niedermolekularem) Heparin unter die Haut begonnen. Niedermolekulares Heparin ist ein Medikament, das durch Hemmung vor allem des Gerinnungsfaktors X zu einer verminderten Gerinnbarkeit des Blutes führt. Niedermolekulares Heparin wird unter die Haut (subkutan) mittels einer Fertigspritze oder eines speziellen halbautomatischen Gerätes (Pen) gespritzt. Heparin blockiert wichtige Eiweißstoffe, die im Rahmen der Blutgerinnung wichtig sind. Das Verkleben von Blutbestandteilen wird so verhindert und damit auch die Bildung von weiteren Blutgerinnseln. Niedermolekulares Heparin wird auch zur Vorbeugung von Venenthrombosen und Lungenembolien bei Operationen oder Gipsverband verabreicht, ebenso zur Therapie der instabilen Angina pectoris oder beim Herzinfarkt. Die Verabreichung der Spritzen erfolgt zu Beginn beim Arzt, kann aber später von den Patienten bei ambulanter Behandlung selbst übernommen werden. Vitamin K Antagonisten Gleichzeitig werden Tabletten (Vitamin K Antagonisten) verabreicht. Vitamin K Antagonisten sind Medikamente; die durch Hemmung der Synthese einiger Blutgerinnungsfaktoren zu einer verminderten Gerinnbarkeit des Blutes führen (Blutverdünnung). Diese Gruppe von Medikamenten wird auch Cumarine genannt und ihre Wirkung wurde per Zufall in den 1920er Jahren in Kanada entdeckt: Rinder und Schafe verendeten dort massenweise an der Sweet Clover Disease (Süß-Klee-Krankheit), nachdem sie faulenden Klee gefressen hatten. Er führte zu schweren, oft tödlichen Blutungen. Es konnte nachgewiesen werden, dass dafür große Mengen des bei der Gärung entstehenden Cumarins Dicoumarol verantwortlich waren. Bereits wenige Jahre später wurden damit Menschen behandelt. In Österreich sind zwei Substanzen zugelassenen - Marcoumar und Sintrom. Vitamin K Antagonisten werden nicht nur zur Verhinderung des Wiederauftretens von Venenthrombosen oder Lungenembolien verabreicht. Auch das Vorhofflimmern stellt eine Indikation zur Verabreichung von Vitamin K Antagonisten dar. Die Wirkung der Tabletten muss wegen der Blutungsgefahr mit Blutgerinnungsuntersuchungen kontrolliert werden (INR-Bestimmung). Mögliche Nebenwirkungen der Therapie sind Blutungen, Haarausfall und Übelkeit. Meistens können die Heparin-Injektionen nach ca. einer Woche beendet werden. Die Tabletten werden noch einige Monate verabreicht. In seltenen Fällen, z.b. bei Patienten mit sehr hohem Thromboserisiko oder mehreren Thrombosen, wird die blutverdünnende Therapie über lange Zeit durchgeführt. RADIODOKTOR MEDIZIN UND GESUNDHEIT 13

Blutungsneigung als Nebenwirkung Wichtig ist, dass die Patientinnen und Patienten darüber informiert sind, dass bei einer medikamentösen Thrombosetherapie erhöhte Blutungsneigung besteht. Schon kleine Verletzungen können zu starken Blutungen führen, die sich nicht einfach und rasch stoppen lassen. Deswegen muss etwa vor einer geplanten Zahnextraktion oder einer Operation die Therapie - in Absprache mit dem Arzt - abgesetzt und die normale Blutgerinnung wieder hergestellt werden. Thrombose-Patienten müssen außerdem immer einen Ausweis bei sich tragen, aus dem hervorgeht, dass sie mit einem gerinnungshemmenden Medikament behandelt werden. Neben der medikamentösen Behandlung hat sich die rasche Mobilisation der von einer Thrombose Betroffenen ebenso bewährt wie die Hochlagerung der Beine im Liegen und Sitzen und die Anwendung von Kompressionsstrümpfen. BESONDERE RISIKOFAKTOREN Für das Entstehen von Venenthrombosen gibt es angeborene und erworbene Risikofaktoren. Angeborene Risikofaktoren Zu den bedeutendsten angeborenen Risikofaktoren zählen Veränderungen in der Blutgerinnung die genetische Ursachen haben - wie die Faktor V Leiden-Mutation, die G20210A Mutation im Faktor II-Gen, der Antithrombin-Mangel, der Protein C-Mangel oder der Protein S-Mangel. Die Faktor V Leiden-Mutation wurde anfangs der 1990er Jahre in der holländischen Stadt Leiden (daher der Name) entdeckt. Es ist die häufigste angeborene Veränderung in der Blutgerinnung. 5 bis 7 Prozent der Bevölkerung und ca. ein Drittel aller Menschen mit Venenthrombose haben diese Veränderung. Personen mit der mischerbigen Form (heterozygoter Faktor V Leiden) haben ein ca. 7-fach erhöhtes Thromboserisiko, jene mit der reinerbigen Form (homozygoter F V Leiden) ein ca. 30-fach erhöhtes Risiko. Die G20210A Mutation im Gen des Gerinnungsfaktors II ist die zweithäufigste angeborene Veränderung der Blutgerinnung. Man findet sie bei ca. 2 Prozent der Bevölkerung, ca. 15 Prozent der Patienten mit Venenthrombose. In der mischerbigen Form erhöht diese Mutation das Thromboserisiko um das 2-fache. Antithrombin, Protein C und Protein S sind im Blut vorkommende Eiweißstoffe, die den Ablauf der Blutgerinnung verlangsamen. Patienten mit deutlich verminderten Blutspiegeln dieser RADIODOKTOR MEDIZIN UND GESUNDHEIT 14

Substanzen haben daher eine - häufig schwere - Bereitschaft zu Venenthrombosen und Lungenembolien. Erworbene Risikofaktoren Zu den wichtigsten erworbenen Risikofaktoren zählen Operationen und Verletzungen (vor allem an den Beinen), Bettlägerigkeit, Schwangerschaft und Wochenbett, Einnahme von Hormonen zur Schwangerschaftsverhütung oder zur Behandlung von Wechselbeschwerden, Krebserkrankungen oder Herzschwäche. Erst seit relativ kurzer Zeit weiß man, dass auch lange Reisen eine Thrombose auslösen können. Das Risiko ist auch bei Personen die so genannte Lupushemmstoffe aufweisen, einen erhöhten Homozystein-Spiegel haben oder bei Personen, die bereits früher eine Venenthrombose oder Lungenembolie durchgemacht haben, erhöht. Lebensstil und Bewegungsmangel Übergewicht, Nikotin- und Alkoholmissbrauch sind ebenso wie zu wenig regelmäßige Bewegung wichtige Risikofaktoren für Thrombosen. Auch bei Personen, die wegen einer schweren Krankheit oder einer Lähmung bettlägerig sind, ist das Thromboserisiko hoch und muss manchmal durch ein blutverdünnendes Medikament gesenkt werden. Schwangerschaft, Pille und Hormonersatztherapie Schwangere haben ein etwa vier- bis fünffach höheres Risiko eine Thrombose zu entwickeln. Einerseits führt der Druck der Gebärmutter auf die Venen im Beckenbereich dazu, dass das der Blutfluss langsamer verläuft. Zum anderen wird die Entstehung von Gefäßverschlüssen durch den veränderten Stoffwechsel in der Schwangerschaft begünstigt. Die Gefahr einer Thrombose nach einem Kaiserschnitt ist übrigens deutlich höher ist als nach einer vaginalen Entbindung. Hormonpräparate (Östrogene) zur Schwangerschaftsverhütung erhöhen das Thromboserisiko je nach Präparat um das 4-fache bis 8-fache. In Kombination mit Rauchen ist das Risiko noch zusätzlich erhöht. Allerdings ist bei Frauen im gebärfähigen Alter die Thrombosegefahr in absoluten Zahlen relativ gering. Hormonpräparate zur Behandlung der Wechselbeschwerden erhöhen das Thromboserisiko um bis das 2-3-fache. Die Reisethrombose Die Reisethrombose ist durch das lange Sitzen mit abgewinkelten Beinen, aber - im Falle der Flugthrombose - auch durch verminderten Kabinendruck, Konsum von alkoholischen Getränken, geringe Luftfeuchtigkeit und Einnahme von Schlafmitteln bedingt. Verschiedene Gruppen von Reisenden mit unterschiedlichem Thromboserisiko wurden definiert. Dementsprechend ist auch die Vorbeugung individuell unterschiedlich und besteht in Allgemeinmaßnahmen (Bewegung, RADIODOKTOR MEDIZIN UND GESUNDHEIT 15

Vermeiden von alkoholischen Getränken, ausreichende Flüssigkeitszufuhr), Tragen von Kompressionsstrümpfen (Klasse II) oder der Verabreichung von niedermolekularem Heparin. Krebserkrankung und Thrombose Bereits seit ca. 150 Jahren ist bekannt, dass bösartige Erkrankungen oft mit Thrombosen einhergehen. Ca. 10 Prozent aller Menschen, die eine Venenthrombose erleiden, haben gleichzeitig eine - meist noch nicht diagnostizierte - Krebserkrankung. Ca. 10 Prozent aller Patienten mit Krebs erleiden im Verlaufe der Erkrankung eine Thrombose. Die Behandlung der Venenthrombose bei Tumorpatienten bedarf großer Erfahrung, da unter der üblichen Therapie mit oralen Antikoagulantien Blutungskomplikationen oder neuerliche Thrombosen auftreten können. DIE VORBEUGUNG VON THROMBOSEN Thrombosen sind multifaktorielle Erkrankungen, das heißt, dass auch in der Vorbeugung immer mehrere Faktoren eine Rolle spielen. Der Lebensstil Die Kombination aus Bewegungsmangel und Übergewicht stellt ein besonders Thromboserisiko dar. Ausreichende Bewegung und ausgewogene Ernährung sind dementsprechend die wichtigsten Schutzfaktoren gegen Thrombosen. Allerdings ist damit nicht ausufernde sportliche Betätigung (Marathon, etc.) gemeint. Auch Leistungssportler sind nämlich oft von Thrombosen betroffen. Die Kombination aus hoher Belastung der Blutgefäße und der oftmals auftretenden Dehydrierung könnte dafür verantwortlich sein. Moderate Bewegung (40 Minuten Ausdauertraining 3 bis 4 Mal die Woche etwa) birgt dieses Risiko nicht. Vor allem in der Kombination mit hormoneller Verhütung (Pille) stellt auch das Rauchen einen Risikofaktor für Thrombosen dar, besonders allerdings im arteriellen Bereich (Herzinfarkt, Schlaganfall). Auch im Hinblick auf Ernährung gilt, dass man zwischen arteriellen und venösen Thrombosen unterscheiden muss. Die positiven Wirkungen ungesättigter Fettsäuren (etwa Fischöl) als Ersatz von tierischen Fetten (Fleisch, Wurstprodukte, etc.) ist etwa bei arteriellen Verschlusskrankheiten (Herzinfarkt, Schlaganfall, etc.) gut belegt. Für Venenthrombosen ist diese vorbeugende Wirkung wesentlich weniger abgesichert. Allerdings ist eine gesunde Ernährungsweise schon im Hinblick auf den Faktor Übergewicht trotzdem empfehlenswert zur Thrombosevorbeugung. RADIODOKTOR MEDIZIN UND GESUNDHEIT 16

Spezialfall Reisethrombose Die Reisethrombose kann im Prinzip auch im Auto oder auf langen Zugs- oder Schiffreisen auftreten. Allerdings ist das Risiko unter den besonderen Bedingungen eines Aufenthalts in einer Flugzeugkabine aus mehrfachen Gründen zusätzlich - etwa 2-fach - erhöht. Deshalb wird auch oft der Begriff Economy-Class-Syndrom verwendet. Diese Risikoerhöhung beginnt ab einer Reisedauer von 4 Stunden und steigt dann weiter an. Neben der erzwungenen Bewegungslosigkeit (auf Fensterplätzen ist das Risiko daher höher als auf Gangplätzen) ist vor allem die Luftqualität in der Druckkabine von Flugzeugen für das erhöhte Thromboserisiko verantwortlich. Der Luftdruck in einer Flugzeugkabine ist geringer (entspricht etwa jenem auf 2000 Metern Seehöhe), diese Luft enthält sehr wenig Feuchtigkeit. Dadurch erhöht sich die Gefahr von Dehydrierung und Blutverdickung. Im Verein mit der mangelnden Bewegungsmöglichkeit im Flugzeug ist das Resultat eben ein erhöhtes Thromboserisiko. Richtiges Trinken entscheidend Zur Vorbeugung ist daher ausreichende Flüssigkeitszufuhr notwendig. Das Problem dabei: Alkoholika, Schwarztee oder Kaffee sind dazu nicht geeignet, da sie die Flüssigkeitsausscheidung über die Niere anregen und somit die Austrocknung eher fördern, als ihr entgegenzuwirken. Nichtalkoholische Getränke, am besten Mineralwasser in reichlichem Ausmaß sind daher zur Thromboseabwehr auf Langstreckenflügen ideal. Am besten sollte man sich nach dem Sicherheitscheck mit Flüssigkeit für den Flug selbst versorgen, da die Möglichkeiten an Bord meist sehr eingeschränkt sind. Bewegung trotz Enge Das eingeschränkte Platzangebot an Bord von Flugzeugen ist kein Grund, auf Bewegung völlig zu verzichten. Wenn es regelmäßig durchgeführt wird, dann reicht schon das kräftige Anspannen der Wadenmuskulatur aus (diese Möglichkeit der Bewegung haben übrigens auch bettlägerige Menschen oder solche mit Gipsverbänden außerhalb von Flugzeugkabinen), am besten kombiniert mit einigen Spaziergängen im Mittelgang. Das Risiko damit andere Fluggäste oder das Kabinenpersonal zu nerven, sollte man zur Senkung des Thromboserisikos dabei durchaus in Kauf nehmen. Thrombosepatienten auf Flugreisen Hat jemand bereits eine Thrombose erlitten, dann vergrößert sich sein Risiko an Bord eines Langstreckenfluges beträchtlich. In diesen Fällen sollte nach Absprache mit dem Arzt eine vorbeugende Blut verdünnende Therapie mit Medikamenten (Heparinspritzen) in Erwägung gezogen werden. RADIODOKTOR MEDIZIN UND GESUNDHEIT 17

QUELLEN UND LINKS QUELLEN UND LINKS Zeitschrift Universum Innere Medizin 08/09: Akute venöse Thromboembolie OA Dr. Andreas Stümpflen Gesellschaft für Thrombose- und Hämostaseforschung http://www.gth-online.org/ Österreichische Gesellschaft für Hämatologie und Onkologie http://www.oegho.at/ Artikel und Erfahrungsberichte http://www.thrombose-hilfe.at/ Thrombosezentrum http://www.thrombosezentrum.at/ Studie über hormonelle Empfängnisverhütung und Thromboserisiko (engl.) http://www.bmj.com/cgi/content/full/339/aug13_2/b2921 Deutsche Informationsseite http://www.medizinfo.de/venen/thrombose/start.shtml RADIODOKTOR MEDIZIN UND GESUNDHEIT 18

BUCH-TIPPS BUCH-TIPPS Karl F. Maier Thrombosen Verlag: Kneipp-Verlag, Wien 2002 ISBN-13: 978-3902191229 Bettina Kemkes-Matthes, Gerd Oehler Blutgerinnung und Thrombose Verlag: Thieme, Stuttgart 2001 ISBN-13: 978-3131048226 RADIODOKTOR MEDIZIN UND GESUNDHEIT 19

SENDUNGSGÄSTE SENDUNGSGÄSTE In der Sendung Radiodoktor Medizin und Gesundheit vom 19. Juli 2010 waren zu Gast: Univ.-Prof. Dr. Sabine Eichinger Internistin und Hämato-Onkologin, Leiterin der Thromboseambulanz an der Univ.-Klinik für Innere Medizin I, der Medizinischen Universität Wien Währinger Gürtel 18-20 A-1090 Wien Tel.: +43/1/40 400/4497 E-Mail: sabine.eichinger@meduniwien.ac.at OA. Dr. Andreas Stümpflen Internist und Angiologe, Leiter der Gefäßambulanz im KRKH Hietzing mit neurologischem Zentrum Rosenhügel Wien Wolkersbergenstraße 1 A-1130 Wien Tel.: +431/80110/2403 E-Mail: andreas.stuempflen@wienkav.at Homepage: http://www.wienkav.at/kav/khr/ RADIODOKTOR MEDIZIN UND GESUNDHEIT 20