FFH- VERTRÄGLICHKEITSABSCHÄTZUNG zum Vorhaben "Gut Aiderbichl Iffeldorf" im Bereich des Osterseehofs

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Transkript:

Anlage 2 FFH- VERTRÄGLICHKEITSABSCHÄTZUNG zum Vorhaben "Gut Aiderbichl Iffeldorf" im Bereich des Osterseehofs erstellt: 29.11.2010 geändert: AGL Arbeitsgruppe für Landnutzungsplanung Institut für ökologische Forschung St. Andrästr. 8a 82398 Etting- Polling Bearbeiter: Prof. Dr. Ulrike Pröbstl, Dipl.-Ing. Claudia Dorsch

Inhaltsverzeichnis 1. Anlass und Aufgabenstellung... 3 1.1. Anlass für die Verträglichkeitsabschätzung... 3 1.2. Rechtliche Grundlagen... 3 1.3. Methodisches Vorgehen und Datengrundlage... 6 1.3.1. Datengrundlage... 6 1.3.2. Methodische Grundsätze für die Bewertung... 6 2. Beschreibung des Untersuchungsraums... 7 2.1. Lage des Untersuchungsgebietes... 7 2.2. Naturräumliche Ausstattung... 7 2.3. Lage zu Schutzgebieten... 8 3. Geplantes Vorhaben... 9 3.1. Beschreibung des Vorhabens... 9 3.2. Notwendigkeit des Vorhabens und Alternativenprüfung... 10 4. Verträglichkeitsuntersuchung... 11 4.1. Beschreibung des FFH-Gebietes... 11 4.1.1. Allgemeines...11 4.1.2. Beschreibung des Gebiets nach Vogelschutz-Richtlinie... 16 4.2. Darstellung und Bewertung möglicher Auswirkungen des Projektes... 16 4.2.1. Auswirkungen auf Lebensraumtypen nach Anhang I der FFH-Richtlinie... 17 4.2.2. Auswirkungen auf die Arten nach Anhang II der FFH-Richtlinie... 17 4.2.3. Auswirkungen auf Arten des Anhang I der Vogelschutzrichtlinie... 18 4.2.4. Auswirkungen auf die Erhaltungsziele des FFH-Gebiets... 22 5. Zusammenfassende Einschätzung der Erheblichkeit der Beeinträchtigung des Schutzzweckes und der Erhaltungsziele... 22 6. Literatur... 24 2

1. Anlass und Aufgabenstellung 1.1. Anlass für die Verträglichkeitsabschätzung Im Bereich des Osterseehofs ist die Errichtung eines Gut Aiderbichls im Gemeindegebiet Iffeldorf vorgesehen. Unter Berücksichtigung einer landschafts- und naturverträglichen Entwicklung soll sowohl die vorhandene Bebauung im Außenbereich ("Osterseehof") in ihrer künftigen Existenz baurechtlich gesichert, als auch die bauplanungsrechtlichen Voraussetzungen zur Neuanlage von Gebäuden im Rahmen des Vorhabens "Gut Aiderbichl Iffeldorf" geschaffen werden. Diese Maßnahmen verlaufen zwar außerhalb jedoch in der randlichen Umgebung verschiedener vorhandener Schutzgebiete (LSG, NSG und FFH). Es werden nicht nur innerhalb des Schutzgebietes liegende Projekte und Pläne auf ihre Umweltverträglichkeit geprüft, sondern auch Vorhaben, die von außen auf das jeweilige Gebiet einwirken können. Das Planungsgebiet liegt dabei zwischen zwei Bereichen, die als Natura2000-Gebiet und Naturschutzgebiet geschützt sind, daher ergibt sich eine Prüfpflicht aufgrund des Umgebungsschutzes. Es dürfen die vorhandenen Erhaltungsziele der Schutzgebiete nicht beeinträchtigt werden. Entscheidendes Prüfkriterium ist daher, ob das Projekt angesichts des konkreten Einzelfalls zu einer erheblichen Beeinträchtigung der Erhaltungsziele des Natura 2000 Gebietes führen kann und damit unverträglich ist. Die Überprüfung umfasst zum einem die Aus- und Umbaumaßnahmen, die im Geltungsbereich des derzeit in Aufstellung befindlichen Bebauungsplans "Gut Aiderbichl Iffeldorf" liegen, sowie sind andererseits die Auswirkungen des Betriebs und des Unterhalts der künftigen Anlagen näher zu betrachten. Falls eine erhebliche Beeinträchtigung der Erhaltungsziele in Betracht kommt, ist eine Verträglichkeitsprüfung durchzuführen. 1.2. Rechtliche Grundlagen Grundlage für die vorliegende Verträglichkeitsabschätzung ist die Richtlinie 92/43 EWG des Rates vom 21. Mai 1992, zuletzt geändert am 20.12.2006 zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen (Flora- Fauna- Habitat- Richtlinie, FFH-RL). Sie verpflichtet die Mitgliedstaaten zur Erhaltung der biologischen Vielfalt, ein zusammenhängendes Netz von Schutzgebieten einzurichten und dort entsprechende Schutzmaßnahmen zu ergreifen. Als Teil des Schutzgebietssystem NATURA 2000 werden auch die Vogelschutzgebiete entsprechend der Richtlinie 79/409/EWG des Rates vom 2. April 1979 (VRL), zuletzt geändert am 08.05.1991 wie in Abbildung 1 dargestellt. Die EU-Richtlinien wurden in den 32 und 33 BNatSchG umgesetzt und bestimmen, dass Pläne und Projekte vor ihrer Zulassung oder Durchführung auf ihre Verträglichkeit mit den Erhaltungszielen eines Gebietes von gemeinschaftlicher Bedeutung (gemäß FFH-RL) oder eines europäischen Vogelschutzgebietes zu überprüfen sind. Die EU-Richtlinien verlangen darüber hinaus den Umgebungsschutz (Pufferzonen!) zu Natura 2000-Gebieten. 3

Abb. 1: Aufbau des Europäischen Netzes NATURA 2000 Die Erhaltungsziele umfassen die Erhaltung oder Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustandes von natürlichen Lebensräumen des Anhangs I der FFH- Richtlinie und der Tierund Pflanzenarten aus Anhang II der FFH- Richtlinie im Gebiet, der im Anhang I der EU- Vogelschutzrichtlinie aufgeführten und der in Art. 4 Abs. 2 genannten Vogelarten sowie ihrer Lebensräume, die in einem geplanten Vogelschutzgebiet vorkommen. Weiterhin zu beachten sind dabei Schutzgebiete und der dort enthaltene Schutzzweck im Sinne BNatSchG bzw. des Bayerischen Naturschutzgesetzes. Aus dem Schutzzweck und den in der Verordnung erlassenen Vorschriften können sich die Maßstäbe für die Verträglichkeit ergeben. 4

Könnte ein NATURA 2000-Gebiet durch den Plan oder das Projekt auch im Zusammenwirken mit anderen Plänen oder Projekten in seinen Erhaltungszielen erheblich beeinträchtigt werden? Vorabschätzung Fachbehörden durch Ja Nein es ist keine Verträglichkeitsprüfung erforderlich Abgrenzen des Untersuchungsraums Erfassen der für die Erhaltungsziele oder den Schutzzweck maßgeblichen Bestandteile einschließlich relevanter Standortfaktoren und aller Maßnahmen zur Erhaltung oder Wiederherstellung Verträglichkeitsstudie Prognose der Beeinträchtigungen anhand der Analyse der vom Plan oder Projekt ausgehenden Wirkfaktoren und ihren direkten oder indirekten Auswirkungen auf die Erhaltungsziele mögliche Summenwirkungen und Umgebungsschutz Votum des Gutachters Verträglichkeitsprüfung durch Gemeinde und Fachbehörde: Bewertung der Erheblichkeit der Beeinträchtigung Nein, keine erhebliche Beeinträchtigung Ja, erhebliche Beeinträchtigung Plan/Projekt unzulässig (ggf. Ausnahmeverfahren) Abb. 2: Ablauf und wesentliche Inhalte der FFH-Verträglichkeitsprüfung (vgl. Arbeitskreis Eingriffsregelung der Landesanstalten/-ämter und des Bundesamtes für Naturschutz, 1998) 5

1.3. Methodisches Vorgehen und Datengrundlage 1.3.1. Datengrundlage Als Datengrundlagen werden neben eigenen Erhebungen im Bereich der möglichen Beeinträchtigungen folgende Angaben miteinbezogen: Bayerisches Landesamt für Umwelt, Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften, Standard-Datenbogen DE 8133301 Bayerisches Landesamt für Umwelt, NATURA 2000 in Bayern Gebietsbezogene Konkretisierungen der Erhaltungsziele, Gebietsnummer 8133-301 Bayerisches Landesamt für Umwelt, Abgrenzung Naturschutzgebiet "Osterseen", NSG- 00143.01 Bayerisches Landesamt für Umwelt, Biotopkartierung Flachland, 1993 bzw. 1996 Bayerisches Landesamt für Umwelt, Artenschutzkartierung 1.3.2. Methodische Grundsätze für die Bewertung Analyse des direkten Vorhabens-Ortes Im Zusammenhang mit der Bewertung sind zunächst mögliche bau-, anlage- und betriebsbedingte Auswirkungen zu betrachten. Analyse des Wirkraums Darüber hinaus sind jedoch auch mögliche indirekte Wirkungen aus dem Vorhaben zu untersuchen und zu bewerten. So ist es möglich, dass einzelne Wirkfaktoren bezogen auf das FFH- Gebiet und seine Erhaltungsziele sich negativ auswirken können. Hierbei gilt herauszuarbeiten, ob es sich dabei um erhebliche Beeinträchtigungen handelt. Bewertung der Projektwirkungen Bei der Bewertung der Projektwirkungen und dem erforderlichen gutachterlichen Votum am Ende der Studie sind folgende Aspekte zu überprüfen: Liegen dauerhafte Flächenverluste von FFH- Lebensräumen oder Habitaten der geschützten Arten nach der FFH- Richtlinie gemäß Anhang II vor? Liegt ein zeitweiser Flächenverlust von FFH- Lebensräumen oder Habitaten geschützter Arten nach Anhang II der FFH- Richtlinie vor? Gibt es erhebliche Beeinträchtigungen oder Störungen ohne unmittelbare Flächenverluste? Gleiches gilt sinngemäß für die Betroffenheit von geschützten Flächen nach der Vogelschutz- Richtlinie. Dabei sind in der Regel größere Flächenverluste bei Habitaten, dauerhafte Flächenverluste geschützter Lebensräume von relevanter Größe bezogen auf das Gesamtgebiet, 6

dauerhafte Störungen von Lebensräumen geschützter Arten oder dauerhafte Gefährdungen und Störungen von Wanderbewegungen als erhebliche Beeinträchtigung einzustufen. Dagegen gelten in der Regel Maßnahmen, die nur einen temporären Flächenverlust bewirken und bei denen die vorhandene Lebensraumqualität kurzfristig wiederhergestellt werden kann, noch als verträglich. Bei wesentlichen Änderungen ist zunächst in Teilen von einer Neuanlage, deutlichen Erweiterungen oder einer intensiveren evtl. großflächigeren Nutzung auszugehen. 2. Beschreibung des Untersuchungsraums 2.1. Lage des Untersuchungsgebietes Der Untersuchungsraum liegt im nördlichen Gemeindegebiet von Iffeldorf. Im Norden grenzen Waldbestände und Moorflächen an, im Westen und Osten landwirtschaftlich genutzte Flächen. Diese werden teilweise intensiv bewirtschaftet. Südlich führt die Bahnlinie Tutzing - Kochel vorbei. Im Abstand von mindestens ca. 350 m in südwestlicher Richtung liegen die Ufer des großen Ostersees. 2.2. Naturräumliche Ausstattung Geologische Entwicklung und Böden Das Gelände des Osterseehofs liegt in der naturnahen Landschaft der Eiszerfallslandschaft Osterseen. Die würmeiszeitlichen End- und Grundmoränen des Isarvorlandgletschers haben im Ammer-Loisach-Hügelland eine stark reliefierte Landschaft geformt. Die Bereiche um die Osterseen sind daher durch eine wellige Reliefstruktur geprägt. Jedoch gestaltet sich das Gebiet im Umgriff des Hofes nahezu eben. Erst südlich der Bahnlinie fällt das Gelände leicht nach Südwesten in Richtung des Ostersees ab. Nur im Bereich der Bahntrasse und der Bahnunterführung sind die Randstreifen entlang der Straße als Böschungen ausgebildet. Gemäß der Geologischen Karte Bayern 1 : 500.000 gründet das Planungsgebiet im Bereich von würmzeitlichen Schotter und Niederterrassen. Überwiegend herrschen hier lehmige Kies- und Schotterböden vor. Die im Norden angrenzenden bewaldeten und stärker bewachsenen Bereiche werden jedoch von Torf geprägt. Hier haben sich Hochmoore entwickelt. Die Bodenkarte des kommunalen Landschaftsplans zeigt, dass in den baulich nicht veränderten Bereichen um den Osterseehof ackerfähige Böden mit durchschnittlichen Erzeugungsbedingungen vorherrschen. Vegetation Bei den im Geltungsbereich gelegenen Flächen handelt es sich um landwirtschaftlich genutzte Bereiche mit Weideflächen für Kühe. Auch die nach Westen und Osten anschließenden sowie die Flächen südlich der Bahnlinie werden derzeit von landwirtschaftlicher Tätigkeit geprägt. In Teilbereichen wird Ackerbau betrieben. Bei den angrenzenden Flächen im Norden handelt es sich um Hochmoorkomplexe mit säumenden Waldbeständen aus teilweise Feucht- und Moorwäldern. Diese Moorflächen sind in der amtlichen Biotopkartierung Flachland von 1993 erfasst, 7

ebenso der Große Ostersee mit Uferbereichen. Im Geltungsbereich selbst sind nur die in den Randbereichen von Verkehrsflächen und im Bereich des Osterseehofs vorwiegend heimischen Gehölze und Heckenstrukturen von naturschutzfachlichem Interesse. Abb. 3: Lage des Untersuchungsgebietes (schwarz: Geltungsbereich des Bebauungsplans), Vegetation und Biotopkartierung (ohne Maßstab) 2.3. Lage zu Schutzgebieten Im Süden grenzt das Planungsgebiet an das Landschaftsschutzgebiet "Osterseen und ihre Umgebung". Nördlich und weiter südlich vom Untersuchungsgebiet befindet sich das FFH-Gebiet mit der entsprechenden Schutzgebietsabgrenzung des Naturschutzgebietes "Osterseen". Das Planungsgebiet liegt dabei in einem Korridor, der weder Schutzgebiet ist, noch ökologisch sensible Flächen oder gesetzlich geschützte Biotope und Landschaftsbestandteile unmittelbar beinhaltet. Auch wenn das Gebiet nicht im FFH-Gebiet liegt, ist aufgrund des Umgebungsschutzes eine Überprüfung einer möglichen Betroffenheit erforderlich, um Beeinträchtigungen der beiden Natura 2000 Gebiete auszuschließen oder zu vermeiden. 8

LSG NSG und FFH NSG und FFH Abb. 4: Schutzgebiete (grün, magenta) und amtlich kartierte Biotope (rot schraffiert) im Umfeld des Planungsgebiets (blau) 3. Geplantes Vorhaben 3.1. Beschreibung des Vorhabens Auf der südlich vom Osterseehof gelegenen Landwirtschaftsfläche soll das neue Gut Aiderbichl Iffeldorf entstehen. Vorgesehen ist neben der Sicherung der vorhandenen Bausubstanz des Osterseehofs die Errichtung des Gut Aiderbichls mit zugehörigen Gebäuden, Erschließungsbereichen und Grünlandflächen sowie die Anlage eines zusätzlichen Parkplatzes nordwestlich des Osterseehofes. Neben dem regulären Besuch des Gnadenhofes, der die Wochenenden und Ferienzeiten zum Schwerpunkt hat, sind auch weitere Veranstaltungen wie Feriencamps für Kinder und sozial Schwachgestellte, Lernerfahrungen für Schulen, Oster- und Weihnachtsmärkte etc. geplant. Folgende Maßnahmen sind im Geltungsbereich des Bebauungsplans geplant: 1. Errichtung von Gebäuden: a) Haupthaus mit Stallungen, b) Mehrzweckhalle, c) Gästehaus für touristische Zwecke mit Stallungen, d) Kassenbereich 2. Anlage von Erschließungsflächen, Innenhofbereich, Lieferzufahrten 3. Schaffung zusätzlicher Parkplatzmöglichkeiten 4. Neuanlage eines Rad- und Wanderweges 5. Neuanlage eines Löschwasserteichs 9

3 4 1d 5 1c 1a 2 1b Abb. 5 Geplante Maßnahmen im Bereich des Bebauungsplans, die Nummerierung der Maßnahmen entspricht der darüber stehenden Auflistung 3.2. Notwendigkeit des Vorhabens und Alternativenprüfung Nachdem das geplante Vorhaben sowohl auf der maßvollen Erweiterung und Existenzsicherung eines bestehenden Betriebes als auch auf der Errichtung eines Gut Aiderbichls und dessen Zugehörigkeit zum Osterseehof beruht, ist die räumliche Nähe zum Bestand von wichtiger Bedeutung. Eine räumliche Verlagerung erscheint in diesem Hinblick nicht sinnvoll. Die Standortwahl für eine entsprechende Anlage Gut Aiderbichl muss verschiedene Anforderungen gewährleisten: Lage außerhalb von Ortszentren und Wohngebieten aufgrund des Immissionsschutzes (potentielle Lärm- und Geruchsbelästigung) Erreichbarkeit über leistungsfähige Verkehrsverbindungen ohne Belastung von Siedlungsgebieten Lage im Außenbereich mit Erweiterung bzw. Errichtung spezifischer Anlagen für eine artgerechte Haltung diverser Tierarten sowie der Möglichkeit landschaftsgerechte Anlagen für den ruhenden Verkehr anzubieten. Weiterhin dürfen keine natur- oder artenschutzrechtlichen Belange dem Vorhaben entgegenstehen. Die Entwicklungsoptionen für einen entsprechenden Standort, auf denen umfassende bauliche Maßnahmen zulässig sind, sind darüber hinaus im Gemeindegebiet eingeschränkt, da weite Teile des Gemeindegebietes ausgewiesene Landschafts- und Naturschutzgebiete sind und da- 10

her eine hohe naturschutzfachliche Bedeutung aufweisen. Daher sind Bereiche innerhalb des Naturschutzgebietes "Osterseen" aufgrund der überregionalen Bedeutung dieser überwiegend oligotrophen gering bis mäßig belastbaren Lebensräume für eine entsprechende Anlage ungeeignet. Landwirtschaftliche Betriebe innerhalb dieser Grenzen kommen daher nicht in Frage. Weiterhin schließen immissionsschutzrechtliche Voraussetzungen (Lärm, Geruchsbelastung) andere Standorte aus. Für den gewählten Standort spricht auch die verkehrstechnisch günstige Lage. 4. Verträglichkeitsuntersuchung 4.1. Beschreibung des FFH-Gebietes 4.1.1. Allgemeines Die Beschreibung des FFH-Gebietes basiert auf dem Standard-Datenbogen des Bayerischen Landesamts für Umwelt, Stand Nov. 2010. Das Natura2000-Gebiet mit der Gebietsnummer 8133-301 Naturschutzgebiet 'Osterseen' zählt zum Naturraum Ammer-Loisach-Hügelland und liegt im Landkreis Weilheim-Schongau. Es hat insgesamt eine Flächengröße von 1.087 ha, liegt im Durchschnitt auf einer Höhe von 591 m ü. NN und umfasst die gesamten Osterseen sowie die angrenzenden Feucht- und Moorflächen. Gemäß dem amtlichen Standard-Datenbogen zum FFH-Gebiet steht die Erhaltung der formenreichen Eiszerfallslandschaft unmittelbar südlich des Starnberger Sees, mit moorigen und nährstoffreichen Seen, Moor- und Bruchwäldern, Flach-, Übergangs- und Hochmooren im Mittelpunkt des Schutzziels. Dieses Gebiet gilt als europaweit bedeutsame und neben der Eggstätt-Hemhofer Seenplatte größte und strukturreichste Eiszerfallslandschaft des bayerischen Alpenvorlands mit außerordentlicher Lebensraumtypen- und Artenvielfalt. Als strukturgebende Elemente werden im Datenbogen die Terrassenflächen, Kesselfelder, Kameshügel und Oser genannt, die sich in der Umgebung der Seen verteilen. Die landwirtschaftlichen Flächen werden überwiegend extensiv als Streuwiesen genutzt. Vor allem die Degradierung der östlich der Osterseen gelegenen Moore durch die Entwässerung und Torfgewinnung in der Vergangenheit stellte eine erhebliche Beeinträchtigung dar. Weiterhin sind Teilflächen des Schutzgebiets durch Gewässereutrophierung bedingt durch die angrenzende Landwirtschaft (v.a. im Bereich der südlichen Seenplatte), Schäden der Ufer durch Badenutzung sowie durch Störungen des ökologischen Gefüges und der Vogelwelt durch Fischbesatz und Sportfischerei gefährdet. 11

FFH FFH FFH FFH Abb. 6: Gebietsabgrenzung NATURA2000-Gebiet (magenta umrandet) im Bereich des Osterseehofs mit Abgrenzung des Planungsgebietes (rot); Abbildung oben rechts: Übersichtskarte zum NATURA2000-Gebiet mit Lage der vergrößerten Ansicht Im FFH- Gebiet kommen folgende Lebensräume nach Anhang 1 vor: Relative Fläche A C A A 3160 Dystrophe Seen und Teiche A B A A 6210 Naturnahe Kalk-Trockenrasen und deren B C C C (prioritär) Verbuschungsstadien (Festuco- Brometalia) (* besondere Bestände mit bemerkenswerten Orchideen prioritär) 6410 Pfeifengraswiesen auf kalkreichem Boden, B C B B torfigen und tonig-schluffigen Böden (Molinion caeruleae) 6430 Feuchte Hochstaudenfluren der planaren B C B B und montanen bis alpinen Stufe 6510 Magere Flachland-Mähwiesen (Alopecurus B C B C pratensis, Sanguisorba officinalis) 7110 Lebende Hochmoore A B A A (prioritär) 7120 Noch renaturierungsfähige degradierte Hochmoore A C B B Kennziffer Lebensraum 3140 Oligo- bis mesotrophe kalkhaltige Gewässer mit benthischer Vegetation aus Armleuchteralgen Repräsentativität Erhaltungszustand Gesamtbeurteilg. 12

7140 Übergangs- und Schwingrasenmoore A C A A 7210 Kalkreiche Sümpfe mit Cladium mariscus A C A B (prioritär) und Arten des Caricion davallianae 7230 Kalkreiche Niedermoore B C B B 9130 Waldmeister-Buchenwald (Asperulo- C C B C Fagetum) 9150 Mitteleuropäischer Orchideen-Kalk- B C B C Buchenwald (Cephalanthero-Fagion) 91D0 (prioritär) Moorwälder A C A B 91E0 (prioritär) Auenwälder mit Alnus glutinosa und Fraxinus excelsior (Alno-Padion, Alnion incanae, Salicion albae) Bewertungskategorien: B C B C Repräsentativität (des LRT bzw. Biotoptyps): A: hervorragend, B: gut, C: mittel Relative Fläche (des LRT bezogen auf den gesamten Bestand des LRT in Deutschland): A: >15%, B: 2-15%, C: < 2% Erhaltungszustand (und Wiederherstellungsmöglichkeit des Lebensraums): A: sehr gut, unabhängig von der Wiederherstellungsmöglichkeit, B: gut, Wiederherstellung in kurzen bis mittleren Zeiträumen; C: mittel+schlecht, Wiederherstellung schwierig bis unmöglich Gesamtbeurteilung (der Bedeutung des Natura 2000 Gebiets für den Erhalt des LRT bezogen auf Deutschland): A: sehr hoch, B: hoch, C: mittel Tab. 1 Im Gebiet vorhandene Lebensräume und ihre Bewertung (Beschreibung in Anlehnung an den EU-Standard- Datenbogen (Quelle: LfU)) Zu den Arten nach Anhang II und IV der FFH-Richtlinie im Gebiet gehören: Kennziffer Wiss. Name/ Name Amphibien und Reptilien 1193 Bombina variegata Fische 1141 Chalcalburnus chalcoides 1134 Rhodeus sericeus amarus Wirbellose 1065 Euphydryas aurinia Gebietsbeurteilung Population Erhaltung Isolierung Gesamt Gelbbauchunke C B C C Mairenke C B A B Bitterling C C C C Skabiosen- Scheckenfalter 1032 Unio crassus Gemeine Flussmuschel 1037 Ophiogomphus cecilia Pflanzen 1902 Cypripedium calceolus Grüne Keiljungfer C B C C C C C B C B C C Frauenschuh C B C C 1903 Liparis loeselii Glanzstendel C B C C 13

Bewertungskategorien: Gebietsbeurteilung-Population (=Anteil der Population dieser Art im Gebiet in Relation zur Gesamtpopulation): A: >15%, B: 2-15%, C: <2%, D: nicht signifikant Gebietsbeurteilung-Erhaltung (=Erhaltungszustand u. Wiederherstellungsmöglichkeit der für die Arte wichtigen Habitatelemente):: A: hervorragende Erhaltung, unabhängig von der Wiederherstellungsmöglichkeit; B: gute Erhaltung, Wiederherstellung in kurzen bis mittleren Zeiträumen möglich; C: durchschnittliche oder beschränkte Erhaltung; Wiederherstellung schwierig bis unmöglich Gebietsbeurteilung-Isolierung (= Isolation der Population in diesem Gebiet im Vergleich zur natürlichen Verbreitung der jeweiligen Art): A: Population nahezu isoliert; B: Population nicht isoliert, aber am Rande des Verbreitungsgebiets; C: Population nicht isoliert, innerhalb des Verbreitungsgebiets Gesamtbeurteilung (der Bedeutung des Natura 2000 Gebiets für den Erhalt der Art in Deutschland): A: hervorragender Wert; B: guter Wert; C: signifikanter Wert Tab. 2 Im Gebiet vorhandene Arten nach Anhang II und IV der FFH-Richtlinie und ihre Bewertung (Beschreibung in Anlehnung an den EU-Standard-Datenbogen (Quelle: LfU)) Als andere bedeutende Arten der Flora und Fauna im FFH-Gebiet werden angegeben: Amphibien Hyla arborea Europäischer Laubfrosch Wirbellose Sympecma paedisca Leucorrhinia caudalis Sibirische Winterlibelle Zierliche Moosjungfer Für das FFH-Gebiet werden folgende Erhaltungsziele aufgeführt: 1. Erhaltung der für das nördliche Alpenvorland repräsentativen Eiszerfalls- und Terrassen- Landschaft des Osterseengebiets mit Toteisseen (einschl. umgebender Verlandungszonen und Moore), trockenen Toteislöchern, mit Kames und Oser (jeweils mit Kalk-Trockenrasen und Buchen-Kiefern-Trockenwälder) und umrahmenden Niederterrassen (mit Trockenwäldern und Extensivwiesen). 2. Erhaltung des natürlichen Gebietswasserhaushaltes. 3. Erhaltung der gebietstypischen Übergangszonen aus naturnahen Kalktrockenrasen (und deren Verbuschungsstadien (Festuco brometalia)), Mooren, mageren Flachland-Mähwiesen (Alopecurus pratensis und Sanguisorba officinalis), feuchten Hochstaudenfluren (der planaren und montanen bis alpinen Stufe) und Streuwiesen an den Hangfüßen der Kames und Oser. 4. Erhaltung des unmittelbaren Zusammenhangs von Lebensraumtypen und des hohen Vernetzungsgrades der einzelnen Teillebensräume. 5. Erhaltung bzw. Wiederherstellung der Toteisseen, insbesondere der dystrophen Moorseen (Dystrophe Seen und Teiche) und kalk-oligotrophen Klarwasserseen (Oligo- bis mesotrophe Gewässer mit benthischer Vegetation der Littorelletea uniflorae und/oder der Isoeto-Nanojunctea) mit ihrem spezifischen Wasser-, Nähr- und Mineralstoffhaushalt. 6. Erhaltung der ungestörten Ufer- und Verlandungszonen, insbesondere am Lust-, Stech-, Gröben-, Garten- und Ursee, am Westlichen und Östlichen Breitenauersee, am Ameisensee sowie am Nord-, West- und Südufer (Bereich Blaue Gumpe) des Großen Ostersees. 7. Erhaltung bzw. Wiederherstellung der lebenden Hochmoore (prioritär), der Übergangs- und Schwingrasenmoore, der Quell- und Niedermoore sowie Streuwiesen (Pfeifengraswiesen auf kalkreichem Boden, torfigen und tonig-schluffigen Böden (Molinion caeruleae)) mit ihrem spezifischen Wasser-, Nähr- und Mineralstoffhaushalt. Erhaltung bzw. Regeneration der noch renaturie- 14

rungsfähigen degradierten Hochmoore. 8. Erhaltung bzw. Wiederherstellung der kalkreichen Quell- und Niedermoore, Pfeifengraswiesen, Kalk-Trockenrasen (prioritär) und mageren Mähwiesen in ihren gehölzarmen, nutzungsgeprägten Ausbildungen. 9. Erhaltung der kalk-oligotrophen Quellen und Quellbäche (Kalkreiche Sümpfe mit Cladium mariscus und Arten des Caricion davallianae, prioritär) mit ihrer Wasserqualität, Quellschüttung und Kleinstrukturen (Quellschlenken; Tuffsand- und Quellkreidebildungen; Fließ-, Sturz-, Tümpel-, Sicker- und Sumpfquellen). 10. Erhaltung der Kalk-Trockenrasen, Moor- und Streuwiesenflächen, Bäche, Quellbäche und oligotrophen Sumpf- und Tümpelquellen mit ihrem spezifischen Nähr- und Mineralstoffhaushalt. 11. Erhaltung bzw. Wiederherstellung des Singerbachs und Bodenbachs einschließlich ihrer Nebenbäche mit ihrer natürlichen Dynamik, Struktur und guten Gewässergüte. 12. Erhaltung bzw. Wiederherstellung der Auenwälder (mit Alnus glutinosa und Fraxinus excelsior (Alno-Padion, Alnion incanae, Salicion albae), prioritär) und Moorwälder (prioritär) mit ihrem natürlichen Nährstoff- und Wasserhaushalt sowie der naturnahen Bestandsstruktur und Baumartenzusammensetzung. 13. Erhaltung bzw. Wiederherstellung der Waldmeister-Buchenwälder (Asperulo-Fagetum), der mitteleuropäischen Orchideen-Kalkbuchenwälder (Cephalantero-Fagetum) mit naturnaher Altersstruktur, Baumartenzusammensetzung und ausreichendem Totholzanteil. 14. Erhaltung bzw. Wiederherstellung der Vorkommen des Glanzstendels und seiner Wuchsorte in kalkreichen Niedermooren, insbesondere des natürlichen Wasserhaushaltes und des oligotrophen Nährstoffhaushaltes. Erhalt der nutzungsabhängigen Wuchsorte. 15. Erhaltung bzw. Wiederherstellung der Frauenschuh-Vorkommen und ihrer Standorte. 16. Erhaltung bzw. Wiederherstellung der Populationen des Abbiss-Scheckenfalters. Erhaltung der nutzungsabhängigen Habitatbestandteile und des Habitatverbunds zwischen den Teilpopulationen. 17. Erhaltung bzw. Wiederherstellung der Populationen der Großen Moosjungfer und ihrer Habitate in naturnahen offenen Mooren und nährstoffarmen Moor-Laichgewässern. 18. Erhaltung bzw. Wiederherstellung der Populationen der Grünen Keiljungfer. Erhalt natürlicher, reich strukturierter Fließgewässerabschnitte mit Wechsel von besonnten und beschatteten Abschnitten sowie sandig-kiesigem Substrat. 19. Erhaltung bzw. Wiederherstellung der Populationen der Mairenke und ihrer Habitate. 20. Erhaltung bzw. Wiederherstellung der Populationen des Bitterlings und seiner Habitate. Erhalt der für seine Fortpflanzung notwendigen Muschelpopulationen. 21. Erhaltung bzw. Wiederherstellung der Populationen der Gelbbauch-Unke. Erhaltung der Laichgewässer, ihrer Vernetzung untereinander sowie mit umliegenden Landhabitaten. 22. Erhaltung bzw. Wiederherstellung der Vorkommen der Gemeinen Flussmuschel. Erhaltung naturnaher, strukturreicher Gerinne guter Gewässergüte sowie naturnaher Begleitvegetation. 15

4.1.2. Beschreibung des Gebiets nach Vogelschutz-Richtlinie Im Standard-Datenbogen sind keine Vorkommen geschützter Vogelarten aufgeführt. In Folge der nördlich an das Planungsgebiet angrenzenden Moorkomplexe mit Feuchtwäldern sowie die Lage zum Großen Ostersee mit Uferzone und des dadurch abzuleitenden Lebensraumpotentials ist jedoch die Bayerische Referenzliste der Arten der Vogelschutz-Richtlinie zu beachten. Die Prüfung dieser Liste im Hinblick auf für die Lebensräume wertgebende Arten unter Einbezug ihrer Verbreitungsgebiete ergab, dass besonders neben einer Reihe von Wasservogelarten auch Moor- und Feuchtgebiete bewohnende Vögel sowie Greifvogelarten bedeutsam sein werden. Durch die Größe des Schutzgebiets ist zudem gewährleistet, dass die Lebensraumansprüche der Arten weitgehend erfüllt werden. EU- Code Wissenschaftlicher Name Deutscher Name A004 Tachybaptus ruficollis Zwergtaucher A005 Podiceps cristatus Haubentaucher A028 Ardea cinerea Graureiher A052 Anas crecca Krickente A058 Netta rufina Kolbenente A061 Aythya fuligula Reiherente A070 Mergus merganser Gänsesäger A072 Pernis apivorus Wespenbussard A073 Milvus migrans Schwarzmilan A074 Milvus milvus Rotmilan A081 Circus aeruginosus Rohrweihe A099 Falco subbuteo Baumfalke A113 Coturnix coturnix Wachtel A118 Rallus aquaticus Wasserralle A122 Crex crex Wachtelkönig A153 Gallinago gallinago Bekassine A155 Scolopax rusticola Waldschnepfe A160 Numenius arquata Großer Brachvogel A179 Larus ridibundus Lachmöwe A193 Sterna hirundo Flussseeschwalbe A234 Picus canus Grauspecht A240 Picoides minor Kleinspecht A256 Anthus trivialis Baumpieper A257 Anthus pratensis Wiesenpieper A272 Luscinia svecica Blaukehlchen A275 Saxicola rubetra Braunkehlchen A276 Saxicola torquata Schwarzkehlchen A292 Locustella luscinioides Rohrschwirl A295 Acrocephalus schoenobaenus Schilfrohrsänger A297 Acrocephalus scirpaceus Teichrohrsänger A298 Acrocephalus arundinaceus Drosselrohrsänger A340 Lanius excubitor Raubwürger 4.2. Darstellung und Bewertung möglicher Auswirkungen des Projektes Als Betrachtungsraum ist nur ein eng begrenzter Raum heranzuziehen, in dem Auswirkungen auf das Natura 2000-Gebiet möglich sind. Weiterhin ist zwischen bau-, anlage- und betriebsbe- 16

dingten Wirkungen zu unterscheiden. Darauf aufbauend sind auch indirekte Wirkungen zu diskutieren. Nachstehend werden mögliche Wirkungen im Überblick beschrieben und anschließend bezogen auf die potentiell betroffenen Lebensraumtypen und Arten bewertet. Dabei ist auch die Vorbelastung und die aktuelle Nutzung berücksichtigt. 4.2.1. Auswirkungen auf Lebensraumtypen nach Anhang I der FFH-Richtlinie Die Offenlandvegetation im Planungsgebiet beschränkt sich auf Wirtschaftsgrünland sowie auf Kiesflächen mit geringer Durchgrünung. Vereinzelt sind Gehölze und Heckenstrukturen in Randbereichen vorhanden. Auf der Fläche konnten sich bisher aufgrund der landwirtschaftlichen Nutzung keine wertvollen Lebensraumstrukturen entwickeln. Es sind keine baubedingten Eingriffe in das angrenzende FFH-Gebiet vorgesehen und daher keine erheblichen Beeinträchtigungen zu erwarten. Somit werden die in Kapitel 4.1.1 aufgeführten Lebensräume durch das Vorhaben nicht berührt. Dies gilt auch unter dem Gesichtspunkt des Umgebungsschutzes. 4.2.2. Auswirkungen auf die Arten nach Anhang II der FFH-Richtlinie Im Planungsgebiet fehlen aufgrund der durchlässigen Böden und der Nutzung als Wirtschaftsgrünland temporäre oder dauerhafte Still- und Kleingewässer, so dass eine Betroffenheit von Gelbbauchunke oder Europäischen Laubfrosch ausgeschlossen werden kann. Aufgrund des Fehlens von Gewässern im Planungsgebiet kann auch die Betroffenheit der Mairenke und des Bitterling ausgeschlossen werden. Naturnahe Fließgewässer sind ebenso im Geltungsbereich nicht vorhanden, womit keine negativen Auswirkungen auf die Gemeine Flussmuschel entstehen können. In Bezug auf die Wirbellosen sind für die folgenden Insekten - Skabiosen-Scheckenfalter, Grüne Keiljungfer, Sibirische Winterlibelle und die Zierliche Moosjungfer die relevanten Lebensraumstrukturen genauer zu prüfen. Der Skabiosen-Scheckenfalter bevorzugt Feuchtwiesen, Feuchtgebiete oder Trockenrasen. Bei den Flächen im Geltungsbereich handelt es sich um landwirtschaftlich genutzte Bereiche. Obwohl keine Vorkommen des Skabiosen-Scheckenfalters bekannt sind, ist ein temporäres Vorkommen bzw. gelegentliches Einfliegen von den nahen Feuchtgebieten am Ufer des Ostersees nicht unmöglich. Es ist somit insgesamt davon auszugehen, dass der Erhaltungszustand der potentiell vorkommenden Populationen durch die Planungen nicht beeinträchtigt wird. Die Grüne Keiljungfer besiedelt in erster Linie naturnahe Fließgewässer. Die Entwicklung der Larve ist jedoch auch in Stillgewässern möglich. Die Sibirische Winterlibelle besiedelt neben Verlandungszonen von Stillgewässern auch anmoorige Bereiche. Die Zierliche Moosjungfer findet man an stehenden Gewässern. Wie bei allen Libellen findet die Paarung und Eiablage ausschließlich in Gewässernähe d.h. in den Verlandungsbereichen oder über dem Wasser statt. Obwohl es im Planungsgebiet kein Potential hinsichtlich der Lebensraumansprüche der Libellenarten gibt, ist ein temporäres Vorkommen bzw. Einfliegen in das Planungsgebiet nicht auszuschließen. Paarungshabitate und Eiablage beschränken sich jedoch ausschließlich auf die Ufer des Ostersees und ggf. auf die nördlich gelegenen Moorkomplexe. Diese liegen in ausrei- 17

chendem Abstand zum Vorhaben, daher ist davon auszugehen, dass der Erhaltungszustand der potentiell vorkommenden Libellen-Populationen nicht beeinträchtigt wird. Die relevanten Pflanzenarten Frauenschuh (Verbreitung vereinzelt in schattigen Laubwäldern (wie etwa Buchenwälder) oder an buschigen Berghängen bis zu Höhenlagen von 2000 m ü. NN.) und Glanzstendel (verbreitet in kalkreichen Flach- und Zwischenmooren) kommen in der vom Vorhaben betroffenen Fläche nicht vor. Aufgrund der landwirtschaftlichen Bewirtschaftung der Offenlandbereiche konnte sich bislang keine anspruchsvolle Vegetation entwickeln bzw. keine seltenen Pflanzenarten etablieren. Eine Beeinträchtigung kann demnach ausgeschlossen werden. 4.2.3. Auswirkungen auf Arten des Anhang I der Vogelschutzrichtlinie Allgemeine Betrachtungen Insgesamt ist zu beachten, dass weder eine Orientierung an menschlichen Hörempfinden noch übliche Lärmbewertungen (vgl. KEMPF et. al. 1996) der Geräuschwahrnehmung und dem Hörempfinden von Tieren gerecht werden. Im Blick auf betriebsbedingte Lärmemissionen kommt erschwerend hinzu, dass das Hörempfinden von Tiergruppe zu Tiergruppe verschieden ist und jeweils an die Lebensweise und die charakteristische Umwelt angepasst ist. Unterschiede zwischen den Arten und gegenüber dem Menschen bestehen vor allem in der Hörkurve, d. h. in Bereich und Verlauf der Hörschwelle. Die unteren Hörgrenzen von höheren Tieren liegen etwa bei 50 Hz. Der Hörbereich umfasst bei Vögeln im Allgemeinen einen engeren Frequenzbereich, und die absolute Empfindlichkeit ist ebenfalls geringer als bei Säugern und Menschen. Die Wahrnehmung von Ultraschall bei Vögeln ist nicht nachgewiesen. Es kann davon ausgegangen werden, dass Lärm allenfalls anfänglich als Bedrohung empfunden wird bzw. durch Lernen das Geräusch rasch als nicht bedrohlich bewertet werden kann. Dies lässt darauf schließen, dass in physiologischer Hinsicht und im Hinblick auf Schreckreaktionen kaum Beeinträchtigungen der Vögel durch den Lärm zu erwarten ist. Dies gilt um so mehr, wenn gleichmäßige Raum-Zeit-Muster eingehalten werden. Betrachtung im Einzelnen Für die nachstehend in der Tabelle aufgelisteten potentiell im Untersuchungsraum vorkommenden Vogelarten wird eine Betroffenheit durch ihre Lebensraumansprüche und ihr Vorkommen im Bereich des Vorhabens ausgeschlossen: EU- Code Wissenschaftlicher Name Deutscher Name Lebensraum A004 Tachybaptus ruficollis Zwergtaucher Stillgewässer aller Art mit Röhrichtsaum oder Verlandungszone A005 Podiceps cristatus Haubentaucher große Stillgewässer mit zumindest ansatzweise vorhandener Uferverlandung A028 Ardea cinerea Graureiher gewässerreiche Lebensräume und / oder mit zahlreichen Feuchtgebieten, Nester auf Bäumen am Waldrand oder kleineren Waldbeständen, in Kolonien 18

A052 Anas crecca Krickente flache, deckungsreiche Binnengewässer, Hochmoore, Kleingewässer, in Flussauen, Nistplätze in Verlandungszonen A058 Netta rufina Kolbenente Flachseen und Teiche mit dichter Ufervegetation A061 Aythya fuligula Reiherente flache eutrophe und mesotrophe Seen, Weiher und Fischteiche, dicht bewachsene Ufer A070 Mergus merganser Gänsesäger klare Bäche, Flüsse, Baggerseen, natürliche Seen mit geeigneten Bruthöhlen in Bäumen, Ufern, etc. A081 Circus aeruginosus Rohrweihe Altschilf und Verlandung, Nest in dichtem Schilf A118 Rallus aquaticus Wasserralle in Röhricht- und Großseggenbeständen an Still- und Fließgewässern A122 Crex crex Wachtelkönig extensives Dauergrünland, feuchte Wiesen mit Altschilfstreifen und Hochstaudenfluren A153 Gallinago gallinago Bekassine Moore und feuchte Grasländer, Verlandungszonen von Seen, ausreichende Deckung für das Gelege A155 Scolopax rusticola Waldschnepfe Laub- und Mischwälder, Erlenbruch, Moore und Moorränder A179 Larus ridibundus Lachmöwe Brutplätze auf meist schwer zugänglichen Inseln mit niedriger Vegetation in stehenden Gewässern oder in Verlandungszonen A193 Sterna hirundo Flussseeschwalbe alle Gewässertypen, leben in Kolonien, Brutplätze sind meist Inseln A234 Picus canus Grauspecht ausgedehnte Laub- und laubholzreiche Mischwälder, Auwälder, Moor- und Bruchwälder A256 Anthus trivialis Baumpieper lichte Wälder, locker bestandene Waldränder, Niedermoorflächen, Feuchtgrünland A257 Anthus pratensis Wiesenpieper offene bis halboffene Landschaften, im Alpenvorland in Mooren A272 Luscinia svecica Blaukehlchen Altwässer, mit Röhricht bestandene Ufer von Still- und Fließgewässern, Moore A275 Saxicola rubetra Braunkehlchen extensiv genutztes Grünland, mäßig feuchte Wiesen und Weiden A276 Saxicola torquata Schwarzkehlchen Hochmoore, strukturreiche Grünlandflächen mit Ansitz- und Jagdwarten, Streuwiesen A292 Locustella luscinioides Rohrschwirl schilfbestandene Seen und Teichgebiete, ausgedehnte Röhrichtaltbestände A295 Acrocephalus schoenobaenus Schilfrohrsänger Verlandungszonen von Gewässern, versumpfte Wiesen mit Schilf- und Seggenbestand 19

A297 Acrocephalus scirpaceus Teichrohrsänger Schilfröhricht der Verlandungszone größerer und kleinerer Gewässer A298 Acrocephalus arundinaceus Drosselrohrsänger dichte Altschilfbestände A340 Lanius excubitor Raubwürger Moore, Feuchtgebiete, Trockengebiete, extensiv bewirtschaftete Felder und Wiesen mit Kleinstrukturen Die meisten der oben aufgelisteten Arten, wie z.b. Enten, Taucher und Rohrsänger, sind zum Nestbau und zur Nahrungssuche stark an Gewässer mit Verlandungszonen und / oder verwachsenen Uferpartien gebunden. Weiterhin besiedelt eine große Zahl der Arten einerseits ausschließlich Auwälder und Moorflächen, andernfalls nur extensiv bewirtschaftete Grünlandflächen. Diese Lebensräume und benötigten Vegetationsstrukturen sind im Geltungsbereich nicht gegeben, was das Vorkommen dieser Vogelarten daher eher ausschließt. Nachstehend werden nur die Vögel näher betrachtet, die aufgrund ihrer Lebensraumansprüche potentiell im Planungsgebiet vorkommen könnten. Folgende Arten sind möglicherweise von dem Vorhaben betroffen: Der Wespenbussard besiedelt reich gegliederte, abwechslungsreiche Landschaften mit Wäldern unterschiedlichster Ausdehnung und Baumartenzusammensetzung, d.h. er ist sehr flexibel in seiner Lebensraumwahl. Vorraussetzung ist jedoch ein entsprechendes Nahrungsangebot mit dem Schwerpunkt auf Wespenlarven, andernfalls auch andere Insekten, Amphibien, Reptilien, Jungvögel und Säugetiere. Als Nahrungsgebiete dienen daher Wälder, Grünland, Moore und andere Feuchtgebiete. Seine Nester stehen nicht selten in Waldrandnähe, selbst neben verkehrsreichen Straßen. Durch die Gegebenheiten ist ein Vorkommen des Wespenbussard im Untersuchungsraum nicht auszuschließen. Durch das Vorhaben entfällt jedoch kein für die Brut wertgebender Baumbestand. Es kann durch die Maßnahme also nur ein kleiner Teilbereich seines relativ großen Jagdreviers betroffen sein. Die Brutreviere des Schwarzmilan liegen an Waldrändern sowie in Feldgehölzen oder Baumreihen in der offenen und halboffenen Landschaft. Als Nestbäume kommen vorzugsweise Laubbäume in Frage. Sein Jagdradius kann sich in einer Entfernung von 100 bis 3000 m vom Nest bewegen, wobei Binnengewässer wichtige Jagdhabitate darstellen. In Wassernähe brütende Schwarzmilane erbeuten vorwiegend lebende und tote Fische, aber auch Vögel bis mittlerer Größe und Säugetiere, wie Hasen und Mäuse. Sein Vorkommen ist aufgrund des Lebensraumpotentials im Gebiet nicht auszuschließen. Aufgrund seines großen Jagdreviers kann der Wegfall von teilweise intensiver Grünlandfläche durch die Planung gebilligt werden. Andernfalls entfallen keine für die Brut geeigneten Bäume durch das Vorhaben. Insgesamt ist eine erhebliche Beeinträchtigung der Art deshalb nicht zu erwarten. Nistplätze und Jagdreviere des Rotmilan sollten möglichst eng zueinander liegen. Neststandorte sind vor allem Laub- und Mischwälder vielfach auch Auwälder. Sein Jagdrevier umfasst offenes Land, vor allem verschiedene Formen von Grünland, besonders Feuchtgebiete, aber auch Acker sowie Brachen. Sie jagen aber auch an natürlichen Seen, Teichen und Weihern. Auch hier stellen die von den Planungen betroffen Flächen nur denkbar kleine Teilbereiche seines Jagdreviers dar, ebenso ist kein potentielles Bruthabitat betroffen, daher ist nicht mit negativen Beeinträchtigungen der Art zu rechnen. 20

Der Baumfalke hat seine Brutplätze in Gehölzrändern oder Lichtungen in Altholzbeständen bis hin zu hohen Leitungsmasten. Entscheidendes Kriterium ist hier das Angebot von alten Nestern und die freie Anflugmöglichkeit. Die Nähe von offenen Flächen wird bevorzugt. Vorwiegend ü- ber Ödland, Mooren, Feuchtgebieten und an Gewässern werden Großinsekten gejagt. Im Gebiet wurden zum Kartierungszeitpunkt keine Nester ausgemacht, jedoch ist sein Vorkommen möglich. Wie die Ausführungen zu Schwarz- und Rotmilan belegen, ist auch im Hinblick auf den Baumfalke nicht mit erheblichen Auswirkungen auf den Erhaltungszustand der Populationen zu rechnen. Die Wachtel besiedelt die offene Kulturlandschaft. Sie brütet auf Flächen mit relativ hoher Krautschicht, die ausreichend Deckung bietet. Brutplätze finden sich in Feucht- und Nasswiesen, Acker sowie Grünlandflächen. Intensiv genutzte Wirtschaftswiesen werden wohl wegen ihrer Mehrschürigkeit weniger besiedelt. Daher ist ein Vorkommen im Planungsgebiet eher ausgeschlossen. Der Große Brachvogel kommt in ausgedehntes Wiesengebieten mit nur geringen Sichthindernissen wie Hecken oder Feldgehölzen vor. Der Großteil des bayerischen Bestandes brütet inzwischen in feuchten Wirtschaftswiesen, auch gelegentlich eingesprengte Äcker werden gelegentlich als Brutplatz genutzt. Optimale Bruthabitate sind Wiesen mit höheren Grundwasserständen und durch Bodenrelief bedingten Feuchtstellen mit niedrigerer, lückiger Vegetation. Grundsätzlich bestehen die Vorraussetzungen für eine Ansiedlung im Untersuchungsraum, jedoch weisen die Grünlandflächen und Äcker im Umfeld des Osterseehofes nicht die benötigte Arealgröße dieser Art auf, was ein Vorkommen im Gebiet unwahrscheinlich macht. Der Kleinspecht brütet in naturnahen und altholzreichen Laub- und Mischwäldern, vor allem aber in kleineren Baumgruppen, abgesehen von lichten Auwäldern, die ein wichtiges Bruthabitat stellen. Brutplätze liegen vielfach in Feldgehölzen und kleineren Baumgruppen in der halboffenen Landschaft. Während der Kartierung konnten im Gebiet keine Baumhöhlen festgestellt werden. Jedoch ist sein Vorkommen nicht auszuschließen. Da im Rahmen der Baumaßnahmen nur wenige junge Laubbäume entfallen, wird nicht mit einer erheblichen Beeinträchtigung der potentiell vorkommenden Kleinspechte gerechnet. Zusammenfassung der möglichen Auswirkungen Das Untersuchungsgebiet weist insgesamt keine optimalen Bedingungen für eine dauerhafte Besiedlung durch geschützte oder wertvolle Arten auf. Insgesamt ist unter Einbezug bestehender Vorbelastungen durch intensive Nutzung im Planungsgebiet davon auszugehen, dass für keine geschützte Vogelart erhebliche Auswirkungen durch das Entfallen des Intensivgrünlands und einzelner weniger junger Bäume zu erwarten sind. Bodenbrütende Vögel konzentrieren sich vermutlich auf extensiv genutzte Wiesen und Feuchtbereiche. Die Einzelbäume werden von den meisten beschriebenen Arten aufgrund der einzelnen spezifischen Lebensraumvoraussetzungen als Ansitzwarte, die Landwirtschaftsfläche ausschließlich als ein Teil des Nahrungshabitats genutzt. Da sich in geringer Entfernung Lebensräume mit für die Arten günstigerer Ausprägung (Altbaumbestand, zusammenhängende große Waldflächen, Moore, Gewässer, Feuchtwiesen etc.) befinden, ist von einer Anpassung und ggf. Ausweichen der Vogelarten ohne Auswirkungen auf die Populationen auszugehen. Die kontinuierliche Funktionalität der angrenzenden wertvollen Lebensräume Moorkomplex und naturnahes Gewässer mit Uferbereichen bleibt durch die Planungen unangetastet. Eine Beeinträchtigung der Erhaltungszustände der Vogelpopulationen ist daher ebenfalls nicht zu erwarten. 21

Die baubedingten Eingriffe beschränken sich vor allem auf Randflächen der Reviere der Vögel, so dass ausreichende Rückzugsmöglichkeiten in angrenzende Flächen erhalten bleiben. Es sind keine Veränderungen an den Nahrungshabitaten zu erwarten und auch eine zerschneidende Wirkung der Teilflächen des FFH-Gebietes ist durch das Vorhaben nicht gegeben. Weiterhin können ggf. betriebsbedingte Störungen durch die Ausleuchtung der Anlage entstehen. Jedoch ist aufgrund der bereits bestehenden Lichteinwirkungen von Staatsstraße und Bahn von einer gewissen Gewöhnung auszugehen. Da das Gut Aiderbichl keine Abendgastronomie beherbergt, wird in diesem Zusammenhang keine Abendbeleuchtung erforderlich. Auch sind um die Abend- bzw. Nachtstunden keine Besucher mehr in der Anlage, da die Tiere Ruhe brauchen. Eine kleine Beleuchtung ist nur im Zuge der abendlichen Fütterung und letzter Kontrollgänge durch Pfleger notwendig. Zur Vermeidung von negativen Auswirkungen auf mögliche dämmerungs- und nachtaktive Vögel ist weiterhin der Einsatz von insektenfreundlichem Licht möglich (z.b. LED-Lampen oder Natriumdampflampen mit gelben Licht). Daher ist insgesamt davon auszugehen, dass die zusätzliche, jedoch abends zeitlich begrenzte Außenbeleuchtung der Hofflächen der geplanten Anlage keine wesentlichen Auswirkungen für vorkommende Vögel hat unter Berücksichtigung der bestehenden Vorbelastungen im Umfeld und möglicher Vermeidungsmaßnahmen. 4.2.4. Auswirkungen auf die Erhaltungsziele des FFH-Gebiets Die im Datenbogen gebietsbezogen konkretisierten Erhaltungsziele werden durch die Planungen nicht beeinträchtigt, da weder geschützte Lebensraumstrukturen entfallen noch ihre Funktionen beeinträchtigt werden. Die Eingriffe begrenzen sich auf nicht wertgebende Flächen mit landwirtschaftlicher Tätigkeit. Die Lebensräume geschützter Pflanzen- und Tierarten bleiben somit in ihrer Funktion erhalten. Auch der unmittelbare Zusammenhang von Lebensraumtypen und der hohe Vernetzungsgrad der einzelnen Teillebensräume wird durch das Vorhaben nicht räumlich zerschnitten. 5. Zusammenfassende Einschätzung der Erheblichkeit der Beeinträchtigung des Schutzzweckes und der Erhaltungsziele Die Überprüfung der direkten und indirekten Wirkungen des Projektes ergab im Hinblick auf die Lebensraumtypen des FFH-Gebietes keine Betroffenheit. Dies gilt auch unter dem Gesichtspunkt des Umgebungsschutzes. Ebenfalls konnte für die relevanten geschützten Tier- und Pflanzenarten keine erheblichen Beeinträchtigungen ermittelt werden. Dies bedingt sich durch das Fehlen geeigneter Lebensraumstrukturen, die ein Vorkommen der Arten ausschließen lässt. Für die meisten möglichen im Natura2000- Gebiet vorkommenden Vogelarten konnte eine Betroffenheit durch ihre Lebensraumansprüche und ihr Vorkommen im Gebiet ausgeschlossen werden. Unter Einbeziehung der Bayerischen Referenzliste Arten der Vogelschutz-Richtlinie nach Anhang I und Artikel 4 (2) wurden folgende Arten näher betrachtet: Wespenbussard Schwarzmilan Rotmilan 22

Baumfalke Wachtel Großer Brachvogel Kleinspecht Die betroffene Grünlandfläche mit wenigen Baumstrukturen dient diesen Vögeln potentiell als Nahrungs- und Rasthabitat, teilweise möglicherweise auch als Bruthabitat (Kleinspecht). Da sich jedoch für alle Arten keine optimalen Lebensbedingungen aufgrund der Vorbelastungen durch angrenzende Nutzungen ergeben, ist davon auszugehen, dass keine erheblichen Auswirkungen auf die Arten zu erwarten sind. Die Vögel können in angrenzende günstiger ausgeprägte Lebensräume im Nahbereich ausweichen. Insgesamt ergeben sich keine erheblichen bau-, anlage- und betriebsbedingten Beeinträchtigungen für die aufgeführten Arten und Lebensraumtypen. Auch die Einhaltung der Entwicklungsziele und -potentiale der durch die Richtlinie geschützten Lebensraumtypen und Arten sind aufgrund der guten angrenzenden Lebensraumbedingungen (Abwanderungsmöglichkeit) und der geringen entfallenden Fläche nicht erheblich beeinträchtigt. Im Rahmen der geplanten Extensivierung landwirtschaftlicher Flächen und der Grünordnung sind Gehölzpflanzungen möglich, die sich positiv auf die Ziele der Arten nach der FFH- und Vogelschutzrichtlinie auswirken. Etting, den 29.11.2010 Prof. Dr. Ulrike Pröbstl 23

6. Literatur BEZZEL, DR. E., GEIERSBERGER, I. U.A. 2005, Brutvögel in Bayern, Stuttgart, Ulmer Verlag. BRUNN, B., DELIN, H., SVENSSON, L., 1992, Der Kosmos-Vogelführer, die Vögel Deutschlands und Europas, Stuttgart. IVEN, K., 1998, Konsequenzen der EU-Naturschutzrichtlinien auf deutsches Recht, Vortrag anlässlich der Fachtagung des Arbeitskreises der Landschaftsanwälte e. V., 22.5.1998, Königswinter, zit. Nach DAV et al. 1998. KELLER, N., 1995, Auswirkungen menschlicher Störungen auf Vögel eine Literaturübersicht, in: Der ornithologische Beobachter Nr. 92, S. 3-38. LOUIS, H. W., 2000, Bundesnaturschutzgesetz : In der Neufassung vom 25. März 2002, zuletzt geändert am 09.10.2006. UTSCHICK, H., 1991, Handbuch zur Biotopverbundplanung Struppen, Unveröffentlichtes Fachgutachten, München. 24