1. INANSPRUCHNAHME VON ELTERNZEIT - SCHRIFTFORMERFORDERNIS

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Transkript:

NEWSLETTER III 2016 ARBEIT UND PERSONAL 1. INANSPRUCHNAHME VON ELTERNZEIT - SCHRIFTFORMERFORDERNIS 2. ENTGELTFORTZAHLUNG: ARBEITNEHMER MUSS BEGINN UND ENDE EINER ARBEITSUNFÄHIGKEIT NACHWEISEN 3. AGG-HOPPING LOHNT SICH NICHT KEINE ENTSCHÄDIGUNG FÜR SCHEINBEWERBER 4. KEIN UNFALLSCHUTZ IM HOME-OFFICE 5. NOCH GEWUSST? WELCHE FEHLER SIE BEI DER ABMAHNUNG VERMEIDEN SOLLTEN

1. INANSPRUCHNAHME VON ELTERNZEIT - SCHRIFTFORMERFORDERNIS Das Elternzeitverlangen muss eigenhändig durch Namensunterschrift oder mittels notariell beglaubigten Handzeichens unterzeichnet werden. Ein Telefax oder eine E-Mail wahrt die vorgeschriebene Schriftform nicht. BAG, Urteil vom 10. Mai 2016 9 AZR 145/15 (Pressemitteilung) Die Parteien stritten über eine arbeitgeberseitige Kündigung. Diese hatte der Arbeitgeber mit Schreiben vom 15. November 2013 ausgesprochen. Die Klägerin machte im Kündigungsrechtsstreit geltend, sie habe dem Arbeitgeber nach der Geburt ihrer Tochter per Telefax am 10. Juni 2013 mitgeteilt, dass sie Elternzeit für zwei Jahre in Anspruch nehme. Aus diesem Grund habe sie besonderen Kündigungsschutz und der Arbeitgeber habe das Arbeitsverhältnis wegen des Sonderkündigungsschutzes gem. 18 Abs. 1 Satz 1 BEEG nicht kündigen dürfen. Das BAG hat zugunsten des Arbeitgebers entschieden, dass der Klägerin nicht der Sonderkündigungsschutz gemäß 18 Abs. 1 Satz. 1 BEEG zustand. Die Klägerin habe zwar ihr Elternzeitverlangen geltend gemacht, allerdings war das Elternzeitverlangen aufgrund mangelnder Schriftform nicht wirksam. Im Gegensatz zu den Vorinstanzen geht das BAG davon aus, dass das Elternzeitverlangen die Einhaltung der strengen Schriftform i. S. v. 126 Abs. 1 BGB erfordert. Die Geltendmachung der Elternzeit erfolgte nur per Telefax und dies führte gem. 125 Satz 1 BGB zur Nichtigkeit der Erklärung. Der Arbeitgeber kann sich jedoch aufgrund der Besonderheiten des konkreten Falls treuwidrig verhalten, wenn er sich darauf beruft, das Schriftformerfordernis des 16 Abs. 1 Satz 1 BEEG sei nicht gewahrt. PRAXISTIPP: In der Praxis machen Mitarbeiter häufig ihr Elternzeitverlangen per E-Mail oder mit einem gescannten Schreiben als Anhang einer E-Mail geltend. In beiden Fällen ist die Schriftform gemäß 126 Abs. 1 BGB nicht gewahrt und das Elternzeitverlangen ist nichtig. Es ist darauf zu achten, dass dem Mitarbeiter in derartigen Fällen die geltend gemachte Elternzeit nicht vom Arbeitgeber bestätigt wird. Sollte das nichtige Elternzeitverlangen bestätigt werden, könnte es treuwidrig sein, wenn der Arbeitgeber sich zu einem späteren Zeitpunkt auf die Unwirksamkeit des Elternzeitverlangens wegen der Nichteinhaltung der Schriftform berufen möchte. Dr. Marco Wenderoth, Frankfurt am Main

2. ENTGELTFORTZAHLUNG: DER ARBEITNEHMER MUSS BEGINN UND ENDE EINER ARBEITSUNFÄHIGKEIT NACHWEISEN Die Darlegungs- und Beweislast des Arbeitnehmers für die Anspruchsvoraussetzungen des 3 Abs. 1 S. 1 EFZG umfasst neben der Tatsache der Arbeitsunfähigkeit auch deren Beginn und Ende. BAG, Urteil vom 25. Mai 2016 5 AZR 318/15 Die Parteien stritten über Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall. Der Kläger war bis zum 20.10.2013 sechs Wochen wegen eines lumbalen Facettensyndroms arbeitsunfähig krankgeschrieben. Kurz vor Ende der attestierten Arbeitsunfähigkeit suchte der Kläger erneut seinen Arzt auf, auch wegen Schulterschmerzen. Am 21.10.2013 attestierte der Arzt eine Arbeitsunfähigkeit wegen Schulterschmerzen und stellte eine Erstbescheinigung aus. Die Arbeitgeberin leistete ab dem 21.10.2013 keine Entgeltfortzahlung mehr, weil der Kläger bereits vor dem 21.10.2013 wegen der Schulterverletzung arbeitsunfähig erkrankt sei, so dass ihre Pflicht zur Entgeltfortzahlung wegen des Grundsatzes der Einheit des Verhinderungsfalls beendet sei. Der Kläger machte geltend, dass er aufgrund einer neuen Krankheit arbeitsunfähig gewesen sei. Das BAG entschied im Sinne der Arbeitgeberin. Werde der Arbeitnehmer nach wiederhergestellter Arbeitsfähigkeit erneut krankheitsbedingt arbeitsunfähig, entstehe zwar grundsätzlich ein neuer Anspruch auf Entgeltfortzahlung nach 3 Abs. 1 S. 1 EFZG. Dies gelte jedoch nur, wenn die erste krankheitsbedingte Arbeitsverhinderung bereits in dem Zeitpunkt beendet war, in dem die weitere Erkrankung zu einer erneuten Arbeitsverhinderung führt, da sonst eine Einheit des Verhinderungsfalls gegeben sei, für die nur einmal Entgeltfortzahlung zu leisten sei. Zwischen den Parteien blieb streitig, ob der Kläger bereits vor dem 21.10.2013 jedenfalls auch wegen der Schulterschmerzen arbeitsunfähig erkrankt war. Das BAG entschied, dass der Arbeitnehmer das Risiko zu tragen habe, nicht (mehr) feststellen zu können, ob Arbeitsunfähigkeit infolge einer bestimmten Krankheit erst ab dem vom behandelnden Arzt attestierten Zeitpunkt bestanden hat oder schon während einer unmittelbar vorangehenden sechswöchigen Arbeitsunfähigkeit aufgrund einer anderen Krankheit eingetreten ist. Der Arbeitnehmer sei für die Anspruchsvoraussetzungen des 3 Abs. 1 S. 1 EFZG nicht nur für die Tatsache der Arbeitsunfähigkeit als solche beweispflichtig, sondern auch für deren Beginn und Ende. Dafür steht ihm das Zeugnis des behandelnden Arztes zur Verfügung. PRAXISTIPP: Bringt der Arbeitgeber gewichtige Indizien dafür vor, dass die erneute Arbeitsunfähigkeit auf einer Krankheit beruht, die bereits vor dem attestierten Beginn der Arbeitsunfähigkeit bestanden hat, und zu einer Krankheit, wegen derer der Arbeitnehmer bereits durchgehend sechs Wochen arbeitsunfähig war, hinzugetreten ist, muss der Arbeitnehmer für den Entgeltfortzahlungsanspruch den von ihm behaupteten Beginn der "neuen" krankheitsbedingten Arbeitsverhinderung beweisen. Dr. Heike Alps, LL.M. (Chuo Universität, Japan), Berlin

3. AGG-HOPPING LOHNT SICH NICHT KEINE ENTSCHÄDIGUNG FÜR SCHEINBEWERBER Wenn es einem Stellenbewerber überhaupt nicht um den Job geht, sondern nur um die Entschädigung, dann werden keine Ansprüche gegenüber dem potenziellen Arbeitgeber ausgelöst. EuGH, Urteil vom 28. Juli 2016 C - 423/15 Der EuGH hat damit auf Vorlage des Bundesarbeitsgerichts (8 AZR 848/13) eine seit Einführung des AGG bestehende Rechtsfrage geklärt. In dem zugrunde liegenden Fall hatte sich ein 36jähriger Jurist, der seit Jahren als selbständiger Anwalt tätig war, bei einer Versicherung auf eine Trainee-Stelle für Hochschulabsolventen der Fachrichtung Jura beworben. Gefordert waren laut Anzeige u.a. ein sehr guter Hochschulabschluss, der nicht länger als ein Jahr zurück liegt oder innerhalb der nächsten Monate erfolgt, sowie qualifizierte, berufsorientierte Praxiserfahrung. Der Bewerber erfüllte die Anforderungen nicht, u.a. hatte er nur die Noten befriedigend und ausreichend in den beiden Staatsexamen vorzuweisen, dafür betonte er nicht gefordert - aber seine vielfältigen Führungserfahrungen. Nachdem er eine automatisierte Ablehnung erhalten hatte, forderte er außergerichtlich 14.000,00 EUR Entschädigung wegen Altersdiskriminierung. Die daraufhin erfolgte Einladung zu einem Vorstellungsgespräch lehnte der Bewerber ohne Begründung ab und schlug vor, nach Erfüllung des von ihm geltend gemachten Entschädigungsanspruches dann sehr rasch über meine Zukunft bei der Versicherung zu sprechen. Das BAG erkannte, dass sich der Jurist nicht ernsthaft auf die ausgeschriebene Stelle bewerben wollte, sondern seine Ablehnung provozierte, weil seine Bewerbung den Anforderungen völlig zuwiderlaufe, er die Einladung zu einem Vorstellungsgespräch ablehnte, und wegen der Betonung seiner Führungsqualitäten allenfalls auf eine andere Stelle bei der Versicherung abziele. Der Kläger habe nur für die Geldansprüche den Bewerberstatus angestrebt. Bezogen auf die ausgeschriebene Stelle sei dies eine Scheinbewerbung. Das BAG legte dem EuGH die Frage vor, ob ein solcher Bewerber noch als Bewerber im Sinne der Europäischen Richtlinien gelte und Zugang zur Beschäftigung oder abhängiger Erwerbstätigkeit suche. Das deutsche AGG wäre dann richtlinienkonform auszulegen. Der EuGH bestätigte die Auffassung, dass ein Scheinbewerber, der nicht die Stelle, sondern nur die Ablehnung und dann Entschädigung wolle, keine Entschädigungsansprüche habe; unklar bleibt, ob schon der Tatbestand nicht erfüllt ist oder Rechtsmissbrauch angenommen wird. PRAXISTIPP: Auch wenn das Ergebnis für Arbeitgeber gut ist, so bleibt die Rechtsunsicherheit, wann genau von einem nicht ernsthaften Scheinbewerber auszugehen ist. Dies hat der EuGH nicht entschieden, sondern den nationalen Gerichten überlassen. Es wird hier bei Einzelfallentscheidungen bleiben. Dr. Alexandra Henkel MM, Berlin

4. KEIN UNFALLSCHUTZ IM HOME-OFFICE Ein Sturz auf dem Weg vom Arbeitsraum in der Privatwohnung in die Küche stellt keinen Arbeitsunfall dar, den die vom Arbeitgeber abgeschlossene Unfallversicherung tragen müsste. BSG, Urteil vom 05. Juli 2016 B2U 5/15R (bislang nur Pressemitteilung) Eine Arbeitnehmerin hatte mit ihrem Arbeitgeber vereinbart, dass sie ihre Arbeitsleistung an einem in ihrer Privatwohnung eingerichteten Telearbeitsplatz erbringen darf. Als sie von ihrem Arbeitsraum in die Küche ging, um sich Wasser zu holen, rutschte sie auf der Treppe aus und verletzte sich. Da die Unfallkasse das Vorliegen eines Arbeitsunfalls ablehnte, klagte sie auf Anerkennung des Arbeitsunfalls. Das Sozialgericht wies die Klage ab, das Landessozialgericht sprach sie zu, wurde jedoch vom Bundessozialgericht wieder aufgehoben. Das BSG lehnte einen Arbeitsunfall ab, weil sich der Unfall nicht auf einem Betriebsweg ereignet habe, sondern im persönlichen Lebensbereich. Der Weg sei nicht zurückgelegt worden, um eine versicherte Beschäftigung auszuüben, sondern um Wasser zum Trinken zu holen, was eine sogenannte eigenwirtschaftliche Tätigkeit und deswegen nicht versichert gewesen sei. Zwar verlagere sich bei Vereinbarung von Arbeit im Home-Office die Arbeitsleistung in den häuslichen Bereich. Dies nehme der Wohnung jedoch nicht den Charakter der privaten, nicht versicherten Lebenssphäre. Deren Risiken habe der Arbeitnehmer selbst zu verantworten. Dies sei auch sachgerecht, weil das vom häuslichen Lebensbereich ausgehende Unfallrisiko von der Unfallversicherung praktisch nicht kontrollierbar sei und ihr deswegen auch nicht zugerechnet werden dürfe. PRAXISTIPP: Sie sollten Mitarbeiter, mit denen Sie ein Home-Office vereinbart haben, darauf hinweisen, dass die betriebliche Unfallversicherung hier wahrscheinlich nicht greift. Die Mitarbeiter sollten zur Vermeidung von Versicherungslücken daher eine private Unfallversicherung abschließen. Christine Libor, Düsseldorf

5. Noch gewusst? Welche Fehler Sie bei der Abmahnung vermeiden sollten Hat ein Mitarbeiter mehrere Pflichtverstöße begangen, empfiehlt es sich, wegen jedes einzelnen Pflichtverstoßes eine eigene Abmahnung anzufertigen. Dies aus folgendem Grund: Nehmen Sie mehrere Abmahnungsgründe in einem Abmahnungsschreiben auf und stellt sich später heraus, dass wegen eines von Ihnen in der Abmahnung aufgeführten Grundes keine Abmahnung gerechtfertigt war (z.b. weil der Arbeitnehmer seine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung wegen schwerer Erkrankung nicht rechtzeitig vorlegen konnte), wird die gesamte Abmahnung unwirksam, auch wenn das andere in der Abmahnung genannte Fehlverhalten durchaus hätte wirksam abgemahnt werden können. Wenn Sie jedes Fehlverhalten in einer eigenen Abmahnung abmahnen, gehen Sie nicht das Risiko ein, dass ein anderer, unwirksamer Abmahnungsgrund den wirksamen auch mit unwirksam werden lässt. Wollen Sie den Arbeitnehmer nicht schriftlich abmahnen (was sich aus Beweisgründen aber empfiehlt), genügt für eine Abmahnung, wenn Sie sie mündlich gegenüber dem Arbeitnehmer erklären. Die mündliche Abmahnung muss selbstverständlich, ebenso wie die schriftliche Abmahnung, den im letzten Newsletter beschriebenen Inhalt haben (gerügtes Verhalten mit Datum, Uhrzeit, Hinweis, wie sich Arbeitnehmer künftig richtig verhalten soll und Androhung von Konsequenzen). Sie sollten, wenn Sie mündlich abmahnen, möglichst einen weiteren Zeugen für das Gespräch hinzuziehen. Ferner sollten Sie zu Beweiszwecken für eine etwaige spätere, streitige Auseinandersetzung einen schriftlichen Aktenvermerk anfertigen, in dem die besprochenen Einzelheiten der Abmahnung mit dem benannten notwendigen Inhalt aufgenommen werden. Lesen Sie in der nächsten Ausgabe: Was Sie in Bezug auf Überstunden beachten sollten. Amelie Bernardi, Frankfurt am Main

ANSPRECHPARTNER TELEFON E-MAIL BERLIN Monika Birnbaum MM Wirtschaftsmediatorin, Fachanwältin für Arbeitsrecht Dr. Alexandra Henkel MM Wirtschaftsmediatorin, Fachanwältin für Arbeitsrecht Dr. Heike Alps Rechtsanwältin +49 30 88 59 27 39 birnbaum@fps-law.de +49 30 88 59 27 39 henkel@fps-law.de +49 30 88 59 27 39 alps@fps-law.de DÜSSELDORF Christine Libor Fachanwältin für Urheber- und Medienrecht Tobias Törnig Rechtsanwalt +49 211 30 20 15 0 libor@fps-law.de +49 211 30 20 15 0 toernig@fps-law.de FRANKFURT AM MAIN Volker Serth Fachanwalt für Arbeitsrecht Amelie Bernardi Fachanwältin für Arbeitsrecht Dr. Marco Wenderoth Fachanwalt für Arbeitsrecht Benjamin Onnis Fachanwalt für Arbeitsrecht Dr. Hans-Peter Müller Rechtsanwalt +49 69 95 95 70 serth@fps-law.de +49 69 95 95 70 bernardi@fps-law.de +49 69 95 95 70 wenderoth@fps-law.de +49 69 95 95 70 onnis@fps-law.de +49 69 95 95 70 hpmueller@fps-law.de

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