BRUSTKREBS. Patientenratgeber zu den AGO-Empfehlungen 2010

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Transkript:

BRUSTKREBS Patientenratgeber zu den AGO-Empfehlungen 2010 erstellt von der Kommission Mamma der Arbeitsgemeinschaft Gynäkologische Onkologie e.v. (AGO) für Patientinnen, Patienten, Angehörige und Interessierte

I Brustkrebs Patientenratgeber zu den AGO-Empfehlungen 2010 Wir bedanken uns bei den folgenden Organisationen, die diesen Ratgeber ermöglicht haben. An erster Stelle bei Susan G. KOMEN Deutschland e.v. und bei Brustkrebs Deutschland e.v., des Weiteren bei mamazone e.v.

II

III Brustkrebs Patientenratgeber zu den AGO-Empfehlungen 2010 erstellt von der Kommission Mamma der Arbeitsgemeinschaft Gynäkologische Onkologie e.v. (AGO) für Patientinnen, Patienten, Angehörige und Interessierte W. Zuckschwerdt Verlag München

IV Patientenratgeber zu den AGO-Empfehlungen Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. Geschützte Warennamen (Warenzeichen) werden nicht immer kenntlich gemacht. Aus dem Fehlen eines solchen Hinweises kann nicht geschlossen werden, dass es sich um einen freien Warennamen handelt. Alle Rechte, insbesondere das Recht zur Vervielfältigung und Verbreitung sowie der Übersetzung, vorbehalten. Kein Teil des Werkes darf in irgendeiner Form (durch Fotokopie, Mikrofilm oder ein anderes Verfahren) ohne schriftliche Genehmigung des Verlages reproduziert werden. 2010 by W. Zuckschwerdt Verlag GmbH, Industriestraße 1, D-82110 Germering/München. Printed in Germany by Kessler Druck + Medien GmbH, Bobingen ISBN 978-3-88603-985-2

Inhalt V Inhalt Vorwort.............................................. 1 Brustkrebserkrankung................................... 3 Antihormonelle Therapie der frühen Brustkrebserkrankung vor den Wechseljahren (prämenopausal)................... 5 Antihormonelle Therapie der frühen Brustkrebserkrankung nach den Wechseljahren (postmenopausal).................. 8 Adjuvante Chemotherapie und Antikörpertherapie............ 10 Diagnose und Behandlung von Patientinnen mit Brustkrebs vor der Operation (primäre/neoadjuvante Therapie).......... 12 Operatives Vorgehen und onkologische Aspekte.............. 15 Plastisch-rekonstruktive Verfahren nach Brustentfernung (Brustaufbau, Wiederherstellung, Rekonstruktion)........... 18 Läsionen mit unsicherem biologischem Potenzial (B3).......... 20 Duktales Carcinoma in situ (DCIS)........................ 22 Strahlentherapie (Radiotherapie).......................... 24 Pathologie........................................... 29 Langzeittoxizität (langfristige Therapie-Nebenwirkungen)....... 30 Brustkrebs in besonderen Situationen Besondere und seltene Erkrankungsformen.................................. 34 Supportive Therapie................................... 36 Brustkrebsnachsorge................................... 37 Früherkennung und Diagnostik........................... 39 Familiäre Brustkrebserkrankung.......................... 40

VI Patientenratgeber zu den AGO-Empfehlungen Wiederauftreten von Krebs am selben Ort (lokaler Rückfall, lokoregionäres Rezidiv).................. 42 Prognosefaktoren und prädiktive Faktoren.................. 45 Antihormonelle Therapie der metastasierten Brustkrebs- erkrankung......................................... 47 Chemotherapie der metastasierten Brustkrebserkrankung....... 49 Metastasierte Brustkrebserkrankung: Therapie unter besonderen Gesichtspunkten................ 51 Knochenmetastasen.................................... 54 Metastasen des zentralen Nervensystems (ZNS) (Gehirn, Rückenmark)................................. 56 Zielgerichtete Therapie.................................. 58 Ernährung, körperliche Aktivität und ergänzende Therapiemaßnahmen................................. 61 Bisphosphonate....................................... 63 Wörterbuch.......................................... 64 Was bedeutet die Tumorklassifikation?..................... 69 Mitglieder der Arbeitsgruppe Mamma der AGO 2010........... 73 Kontakt............................................. 74

Vorwort 1 Vorwort Liebe Patientin, lieber Patient, liebe Angehörige von Betroffenen, unsere Arbeitsgruppe hat die offiziellen Empfehlungen der Arbeitsgemeinschaft Gynäkologische Onkologie e.v. (AGO) zum Brustkrebs erarbeitet und bringt diese jedes Jahr auf den neuesten Stand. Wir wollen es Ihnen ermöglichen, bei der Erörterung von Diagnose und Behandlungsmöglichkeiten von Brustkrebs in den verschiedenen Krankheitssituationen die gleiche Informationsbasis wie Ihr Arzt oder Ihre Ärztin zu haben. Dafür haben wir die AGO-Empfehlungen in eine für Sie verständliche Sprache gebracht. Sie erhalten damit sehr aktuelle Informationen zur Diagnosestellung und Behandlung von Brustkrebs (Mammakarzinom). Die AGO-Kommission Mamma besteht aus deutschen Fachexperten für Brustkrebs, die sich regelmäßig treffen und alle wichtigen Fragestellungen zum Thema Brustkrebs jedes Jahr neu bearbeiten. Die wissenschaftlichen Ergebnisse der aktuellen Studien werden dabei ausführlich diskutiert, aus den Ergebnissen dieser Studien werden Empfehlungen formuliert. Dadurch erhalten alle behandelnden Ärzte eine immer wieder aktualisierte Leitlinie zur Diagnostik und Therapie der Brustkrebserkrankung. Es gibt in jeder Behandlungssituation verschiedene sinnvolle Möglichkeiten ( Therapieschemata ). Grundsätzlich ist die Behandlung innerhalb von klinischen Studien nach Ansicht unserer Arbeitsgruppe sowie auch anderer nationaler und internationaler Experten die beste Möglichkeit einer Behandlung. Deshalb raten wir, falls möglich, zur Teilnahme an Therapiestudien.

2 Patientenratgeber zu den AGO-Empfehlungen Die AGO-Empfehlungen Brustkrebs (Version 2010.1.1) sind in 26 Themenbereiche unterteilt, die einen Überblick über viele Fragen zum Thema Brustkrebs geben. Dieser Patientenratgeber ist ähnlich aufgebaut und soll Ihnen helfen, diagnostische Schritte und Behandlungsmaßnahmen besser zu verstehen. Zu diesem Ratgeber gehört ein Wörterbuch, welches Ihnen die wichtigsten Fachwörter erklärt. Die wichtigsten Themenbereiche betreffen die Fragen, die entstehen, wenn erstmals die Diagnose Brustkrebs (Mammakarzinom) gestellt wird, wenn ein Wiederauftreten am selben Ort eintritt (lokaler Rückfall, Lokalrezidiv) oder wenn zusätzlich andere Organe erkranken (Tochtergeschwulst, Fernmetastase). Unser Patientenratgeber kann auf keinen Fall ein Arztgespräch ersetzen. Im Gegenteil, dieses kleine Büchlein soll Ihnen helfen, Fragen an den Arzt bereits im Vorfeld zu formulieren, die Informationen und die Beratung seitens des Arztes besser zu verstehen kurz als informierte Patientin (oder Patient) aufzutreten. Scheuen Sie sich daher nicht, Ihre behandelnden Ärztinnen oder Ärzte anzusprechen. Für die redaktionelle Hilfe danken wir Frau Manuela Theiler, Halle (Saale). Prof. Dr. med. Christoph Thomssen Prof. Dr. med. Uwe-Jochen Göhring

Brustkrebserkrankung 3 Brustkrebserkrankung Definition verschiedener Situationen Frühe Brustkrebserkrankung Erstmals wird die Diagnose Brustkrebs gestellt. Im Allgemeinen ist die Erkrankung auf die Brust und die Achselhöhle selbst beschränkt. Im Körper lassen sich keine Tochtergeschwülste (Metastasen) nachweisen = M0-Situation. Lokaler Rückfall, lokales Rezidiv An der Brust selbst, am Brustkorb oder im Bereich der Achselhöhle tritt die Erkrankung erneut auf. Diese Situation bedeutet demnach einen Krankheitsrückfall am Ort der Ersterkrankung. Metastasierte Brustkrebserkrankung Im Körper werden Tochtergeschwülste (Metastasen) nachgewiesen. Am häufigsten betrifft dies die Lunge, die Leber oder die Knochen. Auch die Haut oder das Gehirn sind mögliche Auftrittsorte. Dies wird als M1-Situation bezeichnet.

4 Patientenratgeber zu den AGO-Empfehlungen Adjuvante Therapie Eine adjuvante (unterstützende) Therapie wird in der Situation einer frühen Brustkrebserkrankung nach vollständiger Entfernung des Tumors durchgeführt. Sie soll möglicherweise im Körper bereits vorhandene einzelne Tumorzellen entfernen, um so eine definitive Heilung zu erzielen. Es besteht eine M0-Situation. Es wurden keine Fernmetastasen (Tochtergeschwülste) nachgewiesen. Die adjuvante Therapie verbessert die Chance auf tatsächliche Heilung. Palliative Therapie Im Körper wurden Tochtergeschwülste (Metastasen) nachgewiesen. Es besteht eine M1-Situation. Die Therapie wird nun gezielt zur Behandlung dieser Metastasen eingesetzt. Die Maßnahmen dienen zur Verbesserung der Situation. In vielen Fällen ist nun keine Heilung mehr möglich. Die Behandlungen helfen aber, Beschwerden zu lindern oder die Lebensqualität zu erhöhen.

Antihormonelle Therapie der frühen Brustkrebserkrankung vor den Wechseljahren 5 Antihormonelle Therapie der frühen Brustkrebserkrankung vor den Wechseljahren (prämenopausal) Hormonrezeptorstatus Beim Hormonrezeptorstatus handelt es sich um eine biologische Eigenschaft der Krebszellen. Dieser wird durch eine Analyse des Tumorgewebes festgestellt. Es geht dabei um die Frage der Hormonabhängigkeit der Brustkrebszellen. Die Zelle hat sozusagen ein Schloss, in das der Hormonschlüssel passt. Die körpereigenen weiblichen Geschlechtshormone (Östrogen, Progesteron) sind solche Schlüssel. Sie passen in das Schloss und können so das Wachstum der Zelle stimulieren. Eine antihormonelle (= endokrine) Therapie ist möglich, wenn der Tumor hormonrezeptorpositiv ist. Ein Antihormon kann dann das Schloss besetzen. Es verdrängt sozusagen das eigentliche Hormon vom Rezeptor. Dadurch wird die Zelle blockiert. Menopausenstatus Der Menopausenstatus beschreibt den Lebensabschnitt der Frau vor oder nach den Wechseljahren. Liegt die letzte Regelblutung mehr als 1 Jahr zurück, so befindet sich die Frau in den Wechseljahren. Es werden dann keine weiblichen Hormone mehr produziert: postmenopausale Situation = nach den Wechseljahren. Wenn die Eierstöcke noch weibliche Geschlechtshormone produzieren, spricht man von der prämenopausalen Situation = vor den Wechseljahren. Die Art der antihormonellen Therapie ist abhängig davon, ob die Patientin präoder postmenopausal ist. Ob eine Frau prä- oder postmenopausal ist, wird bei vorhandener Gebärmutter durch Regelblutungen angezeigt oder durch eine Analyse des Hormonstatus im Blut geklärt.

6 Patientenratgeber zu den AGO-Empfehlungen (Chemo-)Hormontherapie Die adjuvante (unterstützende) Standardtherapie bei prämenopausalen Frauen mit hormonrezeptorpositivem Tumor ist die antihormonelle Therapie. Die Entscheidung, ob zusätzlich eine Chemotherapie erfolgt, ist abhängig vom individuellen Risiko für einen Krankheitsrückfall (z.b. bei einem Tumor über 2 cm Größe, bei dem Nachweis von Tumorzellen in den Achsellymphknoten, bei sehr schneller Teilungsrate der Krebszellen). Die antihormonelle Therapie beginnt nach dem Ende der Chemotherapie. Antihormonelle Therapie Die antihormonelle Therapie besteht in einer Hemmung der Wirkung der weiblichen Geschlechtshormone. Dies erfolgt durch eine tägliche Tabletteneinnahme des Antihormons Tamoxifen für 5 Jahre, gegebenenfalls kombiniert mit der Ausschaltung der Eierstockfunktion. Die Ausschaltung der Eierstockfunktion erfolgt durch Medikamente (sogenannte GnRH-Analoga für 2 5 Jahre), durch Bestrahlung oder durch die operative Entfernung der Eierstöcke. Die Einnahme von Aro matasehemmertabletten, kombiniert mit der Ausschaltung der Eierstockfunktion, wird derzeit nicht empfohlen. Auf keinen Fall dürfen Aromatasehemmer ohne Ausschaltung der Eierstockfunktion gegeben werden. Merke Aromatasehemmer dürfen vor den Wechseljahren nicht ohne Ausschalten der Eierstöcke gegeben werden.

Antihormonelle Therapie der frühen Brustkrebserkrankung vor den Wechseljahren 7 Therapie mit Bisphosphonaten Untersuchungen zeigen, dass das Risiko eines Krankheitsrückfalls durch die Gabe eines Bisphosphonats gesenkt werden kann. Bisphosphonate sind Medikamente, welche in erster Linie zur Vorbeugung und Behandlung der Osteoporose (Knochenbrüchigkeit) eingesetzt werden. Störung der Eierstockfunktion durch Chemotherapie Durch eine Chemotherapie kann die Funktionsfähigkeit der Eierstöcke gestört werden, sodass die Wechseljahre früher eintreten. Das kann die Fähigkeit beeinträchtigen, Kinder zu bekommen. Dieser Effekt ist eher selten; ob er eintritt, kann allerdings nicht vorausgesagt werden. Schutz der Eierstöcke bei Chemotherapie Wird mehr als 2 Wochen vor der Chemotherapie mit einer GnRH-Analoga-Behandlung begonnen, ist eine Störung der Eierstockfunktion möglicherweise seltener. Es ist aber nicht ausgeschlossen, dass GnRH-Analoga die Wirkung der Chemotherapie abschwächen (sowohl bei hormonrezeptorpositiven als auch bei hormonrezeptornegativen Tumoren). Daher wird bei Patientinnen mit Brustkrebs von dem Einsatz eines Eierstockschutzes eher abgeraten. Junge Frauen mit Kinderwunsch sollten eine Beratung über Möglichkeiten bekommen, wie die Fähigkeit, schwanger zu werden, erhalten werden kann.

8 Patientenratgeber zu den AGO-Empfehlungen Antihormonelle Therapie der frühen Brustkrebserkrankung nach den Wechseljahren (postmenopausal) Die antihormonelle Behandlung ist eine der Säulen der Brustkrebstherapie. Die Wahrscheinlichkeit innerhalb der nächsten 15 Jahre einen Krankheitsrückfall zu erleiden oder an der Erkrankung zu versterben, wird allein durch die antihormonelle Therapie um etwa ein Drittel gesenkt. Vor der antihormonellen Therapie ist immer abzuklären: Quantitative Untersuchung des Tumorgewebes auf Hormonrezeptoren (Ist ein Rezeptor vorhanden?) Sichere Beurteilung, ob sich die Patientin vor, in oder nach den Wechseljahren befindet: Der Menstruationszyklus wird genau analysiert (Wechseljahre = länger als 1 Jahr ohne Menstruation). Bestimmung der weiblichen Geschlechtshormone vor der antihormonellen Therapie (FSH, 17-beta-Östradiol). Empfohlen werden, in Abhängigkeit vom persönlichen Rückfallrisiko, folgende Medikamente und Therapieschemata bei Erstdiagnose: Sequenztherapie: Therapiebeginn mit Tamoxifen (20 mg) über 2 Jahre, anschließend (wenn kein Krankheitsrückfall) Wechsel zu einem Aromatasehemmer (Anastrozol oder Exemestan oder Letrozol) für 3 Jahre. Umgekehrte Sequenz : Therapiebeginn mit einem Aromatasehemmer (Letrozol) über 2 Jahre, anschließend Wechsel auf Tamoxifen (20 mg) für weitere 3 Jahre. Aromatasehemmer (Anastrozol oder Exemestan oder Letrozol) für 5 Jahre. Tamoxifen (20 mg) für 5 Jahre.

Antihormonelle Therapie der frühen Brustkrebserkrankung nach den Wechseljahren 9 Erweiterte Therapie Alle Patientinnen, die bereits 5 Jahre Tamoxifen eingenommen haben, haben die Möglichkeit, die sogenannte erweiterte Therapie mit einem Aromatasehemmer zu erhalten. Aromatasehemmer senken bei allen Patientinnen die Gefahr des Krankheitsrückfalls. Aromatasehemmer verbessern bei Patientinnen mit initial tumorbefallenen Lymphknoten das Gesamtüberleben. Merke Die zugelassenen Aromatasehemmer können in der erweiterten adjuvanten Situation auch nach einer therapiefreien Zeit im Anschluss an eine fünfjährige Tamoxifentherapie eingesetzt werden. Was ist zu beachten? Folgende Nebenwirkungen sind möglich: Tamoxifen Wechseljahresbeschwerden (z. B. Hitzewallungen) Thrombosen und Embolien erhöhtes Risiko für Gebärmutterschleimhautkrebs Verschlechterung der Sehkraft Aromatasehemmstoffe Wechseljahresbeschwerden (z. B. Hitzewallungen) Gelenk- und Muskelschmerzen verstärkter Knochenschwund (Osteoporose) mit erhöhtem Knochenbruchrisiko Merke Das Nebenwirkungsprofil sollte mit dem behandelnden Arzt besprochen werden. Vor und während der Therapie mit Aromatasehemmern wird die Messung der Knochendichte durch eine radiologische Untersuchung (z.b. DXA-Scan) empfohlen.

10 Patientenratgeber zu den AGO-Empfehlungen Adjuvante Chemotherapie und Antikörpertherapie Adjuvante (unterstützende) Chemotherapie Die adjuvante Chemotherapie sollte in der Regel Medikamente aus der Gruppe der Anthrazykline (Epirubicin oder Adriamycin) und zunehmend auch aus der Gruppe der Taxane enthalten. Bei Patientinnen mit tumorbefallenen Lymphknoten in der Achselhöhle sollte zusätzlich ein Medikament aus der Gruppe der Taxane (Paclitaxel oder Docetaxel) eingesetzt werden. Bei Patientinnen ohne Befall der Lymphknoten in der Achselhöhle ist der zusätzliche Nutzen von Taxanen nicht abschließend geklärt, der Einsatz wird jedoch ebenfalls in Risikofällen empfohlen. Der Stellenwert von Therapien mit Taxanen ohne Anthrazykline ist noch nicht abschließend geklärt, kann aber in Einzelfällen sinnvoll sein. Hierzu wird eine Behandlung in Studien besonders empfohlen. Die Therapie nach dem CMF-Schema ist besser als keine Chemotherapie. Adjuvante Antikörpertherapie Nur HER2-positive Patientinnen können von einer adjuvanten Antikörpertherapie mit Trastuzumab (Handelsname Herceptin ) profitieren (Details siehe unten). Die Behandlung mit Trastuzumab in der adjuvanten Situation wird nach verschiedenen Protokollen über ein Jahr durchgeführt: entweder im Anschluss an eine Chemotherapie oder zeitgleich mit einem Teil der Chemotherapie Es gibt keine Daten für einen Nutzen von Trastuzumab in der adjuvanten Situation ohne den Einsatz einer Chemotherapie.

Adjuvante Chemotherapie und Antikörpertherapie 11 Die Herzfunktion sollte regelmäßig mittels Ultraschall (Echokardiographie) vor und während der Therapie mit Trastuzumab untersucht werden, da die Möglichkeit einer schädigenden Wirkungen auf das Herz besteht. Testung von HER2 Beim HER2-Rezeptor handelt es sich um eine Eigenschaft der Krebszelle. In etwa 20 % aller Brustkrebsfälle ist der HER2-Rezeptor stark vermehrt vorhanden (überexprimiert). Dies ist mit einem aggressiveren Tumorwachstum vergesellschaftet. Die HER2-Testung erfolgt durch den Pathologen mittels der sogenannten immunhistochemischen Untersuchung (IHC) des Tumorgewebes. Außerdem steht die Insitu-Hybridisierung (sogenannter FISH-Test oder CISH) zur Verfügung. Nur bei einem dreifach positiven immunhistochemischen Ergebnis, bzw. bei positivem FISH-Test, ist die Therapie gegen HER2 sinnvoll. Vor einer Therapie mit Trastuzumab (Herceptin ) oder anderen Therapien gegen HER2 wie Lapatinib (Tyverb ) muss getestet werden, ob HER2 vermehrt vorhanden ist. Adjuvante Therapie mit neuen Substanzen Lapatinib: Der Einsatz von Lapatinib, einem sogenannten small molecule, ist in der adjuvanten Therapie von Brustkrebs derzeit nur in klinischen Studien möglich. Avastin: Der Einsatz des Antikörpers, der gegen die Blutgefäßeinsprossung eingesetzt werden kann, ist derzeit in der adjuvanten Therapie nur in klinischen Studien möglich. Merke Wir empfehlen die adjuvante Behandlung (adjuvante Therapie), wenn immer möglich, im Rahmen von klinischen Studien!

12 Patientenratgeber zu den AGO-Empfehlungen Diagnose und Behandlung von Patientinnen mit Brustkrebs vor der Operation (primäre/neoadjuvante Therapie) Was ist eine neoadjuvante (primäre) Therapie? Durchführung einer medikamentösen (systemischen) Behandlung vor, anstatt nach der Tumoroperation. Dadurch werden einerseits, wie bei der nachgeschalteten (sog. adjuvanten) Therapie, möglicherweise gestreute Tumorzellen im gesamten Körper erreicht; andererseits auch eine Rückbildung der Brustkrebserkrankung vor Ort. Deutliche Verkleinerungen des Tumors werden in 80 90 %, eine vollständige Rückbildung in 20 40 % der Fälle erzielt. Warum wird eine medikamentöse Therapie neoadjuvant (vor der Operation) durchgeführt? Um den Tumor in der Brust zu verkleinern und so eine Erhaltung der Brust häufiger und besser zu ermöglichen. Um häufiger die Entfernung des Wächterlymphknotens zu ermöglichen anstelle einer vollständigen operativen Entfernung sämtlicher Lymphknoten aus der Achselhöhle (Studienteilnahme erforderlich). Um das Ansprechen auf die medikamentöse Therapie direkt zu messen und um hieraus gegebenenfalls Konsequenzen für die weitere Therapieplanung zu ziehen. Um verstreute Tumorzellen im Körper zu vernichten und so eine langfristige Heilung zu erzielen.

Diagnose und Behandlung vor der Operation 13 Wem wird die neoadjuvante Durchführung der Chemotherapie empfohlen? Patientinnen, bei denen die gleiche medikamentöse Therapie auch nach der Operation durchgeführt werden würde. Insbesondere Patientinnen mit großem Tumor, der nicht operierbar wäre oder eine Brustentfernung notwendig machen würde, entzündlichem (inflammatorischem) Brustkrebs, Nachweis von befallenen Lymphknoten, Vorliegen spezieller biologischer Eigenschaften. Wie wird eine neoadjuvante Chemotherapie durchgeführt? 1. Sicherung der Brustkrebsdiagnose durch eine feingewebliche Untersuchung. 2. Vor Beginn und während der Therapie Dokumentation der Lage und Größe des Brusttumors (Foto mit Anzeichnen auf der Haut, Ultraschall). 3. Durchführung der Chemotherapie über 18 24 Wochen mit einem Anthrazyklin und einem Taxan (bei HER2-positiver Erkrankung gleichzeitige Behandlung mit Trastuzumab). 4. Planung des operativen Vorgehens entsprechend der am Ende der Therapie nachweisbaren Tumorausdehnung. 5. Operation nach Normalisierung des Blutbildes und Rückbildung relevanter Nebenwirkungen.

14 Patientenratgeber zu den AGO-Empfehlungen Wann muss die Brust auch nach neoadjuvanter Therapie entfernt werden? Bei inflammatorischem (entzündlichem) Brustkrebs. Wenn im Bereich der Haut oder der Brustwandmuskulatur noch Tumorreste nachweisbar sind. Wenn noch mehrere Tumorherde in mehreren Anteilen der Brust nachweisbar sind. Wenn bei der Mammographie noch Mikroverkalkungen in mehreren Anteilen der Brust nachweisbar sind. Wenn eine Strahlentherapie der verbliebenen Brust nicht möglich ist. Neoadjuvante Behandlung mit einer antihormonellen Therapie Eine neoadjuvante Behandlung mit einer antihormonellen Therapie kann bei einer Patientin nach den Wechseljahren mit hormonrezeptorpositivem Brustkrebs erwogen werden, weil sie nicht operiert werden kann oder weil sie keine Chemotherapie erhalten kann bzw. will. Vor einer eventuellen Operation sollte die Behandlung mit einem Aromatasehemmer für mindestens drei Monate durchgeführt werden.

Operatives Vorgehen und onkologische Aspekte 15 Operatives Vorgehen und onkologische Aspekte Untersuchungen vor der Operation Vor jeder Operation sollen durchgeführt werden: eine Tastuntersuchung beider Brüste und Lymphabflusswege Mammographie, Brustultraschall Entnahme einer Gewebeprobe mittels Nadel in örtlicher Betäubung In Einzelfällen kann durchgeführt werden: Kernspintomographie der Brust (MRT) Fernmetastasensuche, d. h. Untersuchung von Lunge, Leber, Knochen ist nur bei Patientinnen mit hohem Risiko für Fernmetastasen erforderlich (z. B. Tumoren > 5 cm, Lymphknotenbefall). Brusterhaltung/Entfernung der Brustdrüse Die brusterhaltende Operation (BET) stellt heute die Standardoperation dar, ist für das Überleben so sicher wie die Entfernung der Brustdrüse, nicht tastbare Befunde werden vor der Operation mit einem Draht markiert.

16 Patientenratgeber zu den AGO-Empfehlungen Eine Entfernung der Brustdrüse (Mastektomie) ist heute noch erforderlich bei mehreren Tumorherden in der Brust; trotz mehr als 3 erforderlichen Nachresektionen wurde der Tumor nicht im Gesunden entfernt; bei entzündlichem Brustkrebs/ausgedehntem Hautbefall. Wenn die Entfernung der Brustdrüse erforderlich ist kann in der gleichen Operation ein Wiederaufbau unter Erhaltung der Haut der Brust und eventuell auch der Brustwarze erfolgen, kann der Drüsenkörper durch körpereigenes Gewebe und/oder Prothesen ersetzt werden; ist das Risiko eines Krankheitsrückfalls nach einer Wiederaufbau-Operation unter Erhaltung der Haut der Brust und eventuell auch der Brustwarze vergleichbar mit dem Risiko nach einer klassischen Entfernung der Brustdrüse. Achselhöhle (Axilla) Die Entfernung des ersten vom Tumor erreichten Lymphknotens in der Achselhöhle (Wächter- oder auch Sentinel-Lymphknoten) ist bei Frauen ohne klinischen Befall (Tastbefund, Ultraschall) möglich, ist so sicher wie die Entfernung aller Lymphknoten, macht aber weniger Beschwerden, ist bei großen Vor-Operationen an der Brust nicht möglich. 1. Bei Nichtbefall werden keine weiteren Lymphknoten entfernt. 2. Ergibt die Untersuchung während oder nach der Operation einen Tumorbefall des Wächterlymphknotens, so werden insgesamt 10 Lymphknoten entfernt.

Operatives Vorgehen und onkologische Aspekte 17 Die vollständige Entfernung der Lymphknoten ( 10) ist erforderlich: bei klinischem Lymphknoten-Befall (z. B. tastbare Lymphknoten) bei entzündlichem Brustkrebsleiden Eine Entfernung der Lymphknoten ist in Einzelfällen nicht erforderlich: z. B. DCIS* < 5 cm z. B. prognostisch günstige Tumoren z. B. ältere Patienten Um den Wächterlymphknoten zu finden, ist es notwendig, diesen mit Farbe und noch besser mit einer geringen Menge Radioaktivität (durch die Nuklearmediziner) zu markieren. * DCIS duktales Carcinoma in situ (Brustkrebsvorstufe, die in den Milchgängen entstanden ist und noch keine Invasion zeigt)

18 Patientenratgeber zu den AGO-Empfehlungen Plastisch-rekonstruktive Verfahren nach Brustentfernung (Brustaufbau, Wiederherstellung, Rekonstruktion) Grundlagen Die Rekonstruktion verschlechtert nicht die Heilungsrate. Die Rekonstruktion behindert nicht die Nachsorge. Mit Silikon-Gel gefüllte Implantate verursachen keinen Krebs und verursachen keine inneren Erkrankungen oder Allergien. Eine Bestrahlung vor oder nach der Rekonstruktion kann das kosmetische Ergebnis verschlechtern. Es gibt keine ideale Rekonstruktion für jede Patientin, alle Operationsverfahren haben Vor- und Nachteile. Operative Verfahren zur Wiederherstellung der weiblichen Brust (Rekonstruktion ein- oder beidseitig) Sofortrekonstruktion: Während einer Operation zuerst Brustentfernung, anschließend sofort Brustwiederaufbau. Spätere Rekonstruktion: In der ersten Operation Brustentfernung, anschließend medikamentöse und/oder Strahlenbehandlung, danach in einer zweiten Operation Brustwiederaufbau.

Plastisch-rekonstruktive Verfahren nach Brustentfernung 19 Die Operationsmethode hängt ab von: Art des Tumors gesundheitlichen und körperlichen Voraussetzungen der Patientin bisher erhaltener oder geplanter Behandlung Wunsch und Vorstellungen der Patientin 1. Rekonstruktion mit körperfremdem Material Implantat Expander Dauer-Expander 2. Rekonstruktion mit körpereigenem Gewebe Gestielter Lappen: Haut- und Fettgewebe vom Rücken oder dem Bauch werden mit einem sie versorgenden Blutgefäß und begleitender Muskulatur verpflanzt. Freier Lappen: Haut- und Fettgewebe vom Bauch oder Gesäß werden mit dem sie versorgenden Blutgefäß an ein Blutgefäß des Brustkorbs angenäht. 3. Kombination von 1. und 2. 4. Rekonstruktion des Warzenhofes und der Brustwarze Durch Tätowierung der eigenen Haut und/oder Verpflanzung eines Teil von der anderen Brust.

20 Patientenratgeber zu den AGO-Empfehlungen Läsionen mit unsicherem biologischem Potenzial (B3) Grundlagen Kleine bildgebungsgesteuerte Gewebeproben (Stanzbiopsie oder Vakuumbiopsie) werden im pathologischen Bericht in 5 sogenannte B-Klassen eingeteilt. B1 = nicht verwertbar oder ausschließlich normales Gewebe B2 = gutartig B3 = gutartig, aber mit unsicherem biologischem Potenzial B4 = verdächtig auf Bösartigkeit B5 = bösartig Unter den B3-Befunden (Läsionen mit unsicherem biologischem Potenzial) finden sich verschiedene Gewebeveränderungen. Besonders zu beachten sind: flache epitheliale Atypie (FEA) atypische duktale Hyperplasie (ADH) lobuläre intraepitheliale Neoplasie (LIN) FEA (flache epitheliale Atypie) Tritt häufig mit Mikrokalk auf. Eine operative Entfernung ist nur notwendig, wenn der Kalk nicht komplett entfernt wurde. Nach einer Stanzbiopsie kann hierfür auch eine röntgengesteuerte Vakuumbiopsie durchgeführt werden. (Die Gewebeproben der Vakuumbiopsie sind etwas größer als bei der Stanzbiopsie.) Wird die FEA nach einer Brustoperation im Geweberand festgestellt, ist keine weitere Operation notwendig, wenn der Mikrokalk komplett entfernt wurde. Frauen nach Diagnose einer FEA haben für die Zukunft kein erhöhtes Brustkrebsrisiko.

Läsionen mit unsicherem biologischem Potenzial (B3) 21 LIN (lobuläre intraepitheliale Neoplasie) Wird eine LIN in der Stanzbiopsie nachgewiesen, ist eine operative Entfernung notwendig. Wird die LIN nach einer Brustoperation (offene Gewebeentnahme) im Geweberand nachgewiesen, ist ein weiterer Eingriff nur notwendig, wenn in der Bildgebung noch eine Auffälligkeit verblieben ist. Wird die LIN im Rahmen einer Brustoperation bei zusätzlichem Befund von Krebs oder DCIS nachgewiesen, auch wenn diese am Geweberand liegt, ist keine weitere Brustoperation notwendig. ADH (atypische duktale Hyperplasie) Wird eine ADH in der Stanz- oder Vakuumbiopsie nachgewiesen, ist eine operative Entfernung notwendig. Wird eine ADH nach Brustoperation im Geweberand nachgewiesen, ist bei zusätzlichem Befund von Krebs oder DCIS kein weiterer operativer Eingriff nötig. Besonderheiten bei ADH und LIN Frauen mit ADH und LIN haben ein erhöhtes Brustkrebsrisiko. ADH: 4- bis 10-fach erhöhtes Risiko nach 10 Jahren LIN: 7-fach erhöhtes Risiko nach 10 Jahren Empfehlungen zur Früherkennung für Frauen im Alter von 50 bis 69 Jahren FEA: Teilnahme am Mammographie-Screening alle zwei Jahre LIN: kurative Mammographie einmal im Jahr ADH: kurative Mammographie einmal im Jahr Frauen mit LIN und ADH kann nach ausführlicher Information und Aufklärung eine präventive Medikamentenbehandlung mit Antihormonen oder eine Studienteilnahme angeboten werden. Der Vorteil einer präventiven Medikamentenbehandlung ist jedoch stark abhängig vom Risikostatus, Lebensalter und vorbestehenden Risikofaktoren für Nebenwirkungen (u. a. durch bestehende andere Erkrankungen).

22 Patientenratgeber zu den AGO-Empfehlungen Duktales Carcinoma in situ (DCIS) Allgemeine Grundsätze Das DCIS ist keine Krebserkrankung, sondern eine Vorstufe der Brustkrebsentstehung eine lokale Erkrankung und sollte primär im lokalen Ansatz behandelt werden Die Festlegung der Therapie erfolgt interdisziplinär (Radiologie, Operateur, Pathologie, Strahlentherapie). Nebenwirkungen der Therapie, Einflüsse auf die Rezidivhäufigkeit und der minimale Einfluss auf die Überlebenswahrscheinlichkeit müssen mit der Patientin besprochen werden. Operative Therapie Die brusterhaltende Therapie (BET = in der Regel: Operation plus lokale Bestrahlung) bietet für die meisten Patientinnen eine ausreichende lokale Kontrolle und Sicherheit. Bei großer Ausdehnung sollte eine Entfernung der Brust erfolgen. Die Entfernung der Achsellymphknoten ist in der Regel nicht notwendig. Bei großem DCIS ( 5 cm) ist die Untersuchung der Wächterlymphknoten (Sentinel-Lymphknoten) sinnvoll, besonders, wenn eine Brustentfernung durchgeführt werden musste. Wichtigster Faktor für die Rückfallhäufigkeit ist der DCIS-freie Absetzungsrand. Das DCIS muss vollständig entfernt sein. Bei zu geringem Sicherheitsabstand ( 2 mm) sollte eine Nachresektion erfolgen.

Duktales Carcinoma in situ (DCIS) 23 Strahlentherapie Nach brusterhaltender Operation wird in der Regel die postoperative Bestrahlung empfohlen. Eine postoperative Bestrahlungsbehandlung nach BET senkt das Risiko für das Wiederauftreten eines DCIS oder eines Brustkrebses. Bisher konnte keine Verbesserung des Überlebens/Gesamtüberlebens nach Strahlentherapie eines DCIS gezeigt werden. Der Erfolg einer Strahlentherapie hängt von individuellen Faktoren wie Alter der Patientin, Ausdehnung des Tumors, Grading, operativem Vorgehen und postoperativer Tumorfreiheit ab. Nebenwirkungen und Vor- bzw. Nachteile einer Strahlentherapie müssen mit der Patientin ausführlich besprochen werden. Postoperative medikamentöse Behandlung Bei hormonsensiblem (rezeptorpositivem) DCIS ist eine medikamentöse Behandlung nach der Operation sinnvoll. Tamoxifen senkt die Wahrscheinlichkeit des Wiederauftretens eines DCIS oder eines Brustkrebses. Wenn möglich, sollten Patientinnen in dieser Behandlungssituation an klinischen Studien teilnehmen.

24 Patientenratgeber zu den AGO-Empfehlungen Strahlentherapie (Radiotherapie) Die Strahlentherapie ist neben der Operation und der medikamentösen Therapie (Chemotherapie, Antihormonbehandlung, Antikörpertherapie) eine äußerst wirksame und häufig eingesetzte Behandlungsform gegen die Krebserkrankung. Die Bestrahlungsbehandlung wird im medizinischen Sprachgebrauch als Radiotherapie bezeichnet. Für die Mehrheit der Patientinnen mit Brustkrebs ist eine Bestrahlungsbehandlung nach einer Brustoperation oder bei einem Tumorbefall von Knochen oder anderen Organen erforderlich. Selten wird sie als alleinige lokale Behandlung eingesetzt, z.b. wenn eine Operation nicht sinnvoll ist. Die Bestrahlungsbehandlung ist wie jede Operation auch eine örtliche Therapie, sie ist also nur dort im Körper wirksam, wo bestrahlt wird. Heutzutage gelingt es, die Strahlen gezielt und unter größtmöglicher Schonung von gesundem Gewebe gegen Tumorzellen einzusetzen. Dabei zerstören die Strahlen das Erbgut der Zellen und blockieren so deren Fähigkeit, sich zu teilen. Hierbei wird ausgenutzt, dass Tumorzellen gegenüber gesunden Zellen weit weniger in der Lage sind, sich von der Strahlenwirkung zu erholen. Die Folge: sie sterben ab. Wann wird eine Bestrahlungsbehandlung durchgeführt? Wenn eine Heilung der Brustkrebserkrankung erreicht werden soll: Eine Strahlentherapie unterstützt das Ergebnis einer vorangegangenen Tumoroperation. Sie trägt somit zur Heilung der Krebserkrankung durch die Vernichtung möglicherweise noch im Operationsgebiet verbliebener Tumorzellen bei (= kurative Therapie).

Strahlentherapie (Radiotherapie) 25 Wenn Symptome durch ein Fortschreiten der Erkrankung, z. B. Knochenschmerzen oder Beschwerden, bestehen: Bei Patientinnen mit Brustkrebs, bei denen Tumorzellen in andere Organe verschleppt worden sind (Bildung von Tochtergeschwülsten = Metastasen), kann eine örtliche Bestrahlungsbehandlung krankheitsbedingte Schmerzen oder Krankheitssymptome wirksam bekämpfen, z. B. bei schmerzhaften Knochenmetastasen, bei drohenden Knochenbrüchen, Nerveneinklemmungen oder -funktionsausfällen. Die Bestrahlungsbehandlung wird dann zur Linderung und Beseitigung dieser Symptome eingesetzt (= palliative Therapie). Adjuvante (unterstützende) Strahlentherapie nach Brustentfernung (Postmastektomie-Radiotherapie PMRT ) In jedem Fall bei örtlich weit ausgedehnten Tumoren T3N+ und T4N0 oder N0 (pt3 pn+, pt4 pn0 oder pt4 pn+) bei vorhandenem Tumorrest nach Operation und fehlender Möglichkeit weiterer operativer Behandlung (kein R0-Status), bei ausgedehntem Befall benachbarter Lymphknoten (mehr als 3 befallene axilläre Lymphknoten; pn2a), bei erheblicher Tumorausdehnung vor einer neoadjuvanten medikamentösen Therapie mit Lymphknotenbefall, unabhängig vom Ergebnis der Chemo- und operativen Therapie. Nicht zwingend nötig, aber immer individuell zu diskutieren, bei Befall von 1 bis 3 axillären benachbarten Lymphknoten.

26 Patientenratgeber zu den AGO-Empfehlungen Adjuvante (unterstützende) Strahlentherapie nach brusterhaltender Operation (BET-Konzept) In jedem Fall gleichmäßige (= homogene) Bestrahlungsbehandlung der verbliebenen Brust nach operativer Tumorentfernung, bei aggressivem (= invasivem) Tumor unter Einschluss der darunterliegenden Brustwand. Nicht zwingend nötig, aber immer individuell zu diskutieren Zusätzliche, auf den Tumorbereich begrenzte Aufsättigungs-Bestrahlung (= Boost- Bestrahlung) zur örtlichen Erhöhung der Dosis und somit erhöhter örtlicher Tumorkontrolle. Dieser Effekt ist altersabhängig und nützt jüngeren Patientinnen mehr als älteren. Experimentell Teilbrust-Bestrahlung (= partial breast irradiation); hierzu liegen jedoch noch keine ausreichenden Langzeitdaten vor. Strahlentherapie der Achselhöhle In jedem Fall bei klinisch eindeutigem Tumorbefall der Lymphknoten in der Achsel und fehlenden Möglichkeiten einer (weiteren) operativen Entfernung, bei verbliebenen Tumorresten in der Achselhöhle nach der Operation, bei Nachweis von Tumorzellen im Wächterlymphknoten und wenn dabei auf eine Achselhöhlen-Operation verzichtet wurde.

Strahlentherapie (Radiotherapie) 27 In keinem Fall bei tumorfreiem Wächterlymphknoten (= Sentinel-Lymphknoten). Strahlentherapie der Lymphstationen am Schlüsselbein (supra-/infraklavikulärer Lymphabfluss) In jedem Fall bei klinisch nachgewiesenem Befall dieser Lymphknotenstationen, bei klinisch eindeutigem Tumorbefall der Lymphknoten in der Tiefe der Achselhöhle (sogenannter Apex axillae, Level III). Nicht zwingend nötig, aber immer individuell zu diskutieren bei klinisch nachgewiesenem Befall von Lymphknoten in der Achselhöhle und wenn diese deshalb bestrahlt wird, bei Befall von Achsel-Lymphknoten und Verzicht auf eine (weitere) operative Entfernung von Lymphknoten in der Achselhöhle. Strahlentherapie der Lymphstationen am Brustbein (Mammaria-interna-Lymphabfluss) Nicht empfohlen wird die Bestrahlungsbehandlung der Lymphabflusswege neben dem Brustbein aufgrund der Nähe zum Herzen und der unvermeidbaren Mitbestrahlung von Herz- und Lungenanteilen. Ein Nutzen wird derzeit in einigen, noch nicht abgeschlossenen klinischen Studien untersucht. Eine Teilnahme an diesen wird empfohlen.

28 Patientenratgeber zu den AGO-Empfehlungen Eine Bestrahlungstherapie ist jedoch individuell zu diskutieren bei klinisch nachgewiesenem Befall von Lymphknoten in dieser Region (> pn1b (sn!), N2b, N3b; pn1c-pn3c), bei Befall benachbarter Lymphknoten (N3b, N2a). Trastuzumab in Kombination mit gleichzeitiger (simultaner) Radiotherapie Nicht zwingend nötig, aber immer individuell zu diskutieren Eine Bestrahlung und die gleichzeitige Therapie mit Trastuzumab (Antikörpertherapie) scheint unbedenklich. Bei Bestrahlung der Lymphabflussregion neben dem Brustbein sollte wegen der unvermeidbaren Mitbestrahlung von Herzanteilen auf eine parallele Antikörpertherapie verzichtet werden (bzw. muss dieser Aspekt besonders beachtet werden, d. h. gezielte Kontrollen und Überwachung empfohlen).

Pathologie 29 Pathologie Der Pathologiebefund Jedes operativ entfernte Gewebe wird mikroskopisch untersucht und darüber wird ein Pathologiebefund erstellt. Der Pathologiebefund dient dazu, die richtige Behandlung festzulegen. Die Lektüre des Pathologiebefundes kann verwirrend und angstmachend sein und enthält viele medizinische Begriffe. Ihr behandelnder Arzt/Ärztin kann Ihnen den Befund erklären. Nach Abschluss der Behandlung dauert es mehrere Tage, bis die Befunde vollständig sind. Erst wenn der Pathologiebefund vollständig vorliegt, kann die weitere Therapie geplant werden. Fragen, die der Pathologiebefund beantwortet Wie groß ist der Tumor? Konnte der Tumor vollständig und weit genug im Gesunden entfernt werden? Ist der Tumor invasiv, nichtinvasiv oder beides? Wie aggressiv ist der Tumor? Hat der Tumor Anschluss an das Gefäßsystem gefunden und besteht die Möglichkeit, dass Tumorzellen in andere Organe gelangt sind? Sind Lymphknoten befallen? Wenn ja, wie viele? Haben die Tumorzellen den Östrogenrezeptor und sind sie deshalb durch Hormon hemmende Medikamente blockierbar? Ist das Krebsgen HER2 aktiv? Wenn ja, kann eine Antikörpertherapie durchgeführt werden.

30 Patientenratgeber zu den AGO-Empfehlungen Langzeittoxizität (langfristige Therapie-Nebenwirkungen) Bei jeder Therapie kann es zu Nebenwirkungen kommen. Wir unterscheiden zwischen akuten und später auftretenden Nebenwirkungen. Jedes Medikament hat ein eigenes Nebenwirkungs-Spektrum. Ihre Ärztin/Ihr Arzt wird dies mit Ihnen absprechen. Beobachten Sie bitte selbst Veränderungen und schildern Sie diese Ihrer Ärztin/Ihrem Arzt. Akute Nebenwirkungen durch Chemotherapie Blutbild- änderung Übelkeit/ Erbrechen Haar- verlust Mund- schleimhaut Herz- schaden Nieren- schaden Leber- schaden Cyclophosphamid ++ ++ +++ + ++ 1 ++ 1 Methotrexat ++ + + ++ + 2 ++ 1 + 5-Fluorouracil ++ ++ ++ + 2 Carboplatin ++ ++ + ++ Cisplatin (+) +++ +++ Capecitabin + + + Gemcitabin ++ + + + Epi-/Doxorubicin ++ ++ +++ ++ + Pegliposomales Doxorubicin ++ ++ + +++ (+) Liposomales Doxorubicin ++ ++ + ++ (+) Mitoxantron ++ ++ +++ ++ + Paclitaxel ++ + +++ + nab-paclitaxel + + +++ + Docetaxel ++ + +++ ++ Vinorelbin ++ (+) + Lapatinib (+) (+) + 1 bei hohen Dosen, 2 Angina pectoris (Herzschmerzen)

Langzeittoxizität (langfristige Therapie-Nebenwirkungen) 31 Allergien Blasen- schaden Nerven- schaden Haut- schaden Durchfall Hand-/Fuß- Syndrom Sonstiges Cyclophosphamid + + 3 + 4 + SIADH 9 Methotrexat + + ++ 5-Fluorouracil + ++ ++ 5 Carboplatin Cisplatin +++ Capecitabin ++ ++ Gemcitabin grippeähnliche Symptome, Ödeme Epi-/Doxorubicin + Paravasat Liposomales Doxorubicin + + Pegliposomales Doxorubicin + +++ Mitoxantron ++ 140 mg/m 2 Paclitaxel +++ 6 ++ 7 + Muskelschmerzen nab-paclitaxel + ++ ++ Muskelschmerzen Docetaxel ++ + ++ 8 + Muskelschmerzen, Ödeme Vinorelbin ++ Thromboseneigung Lapatinib ++ ++ 3 Blutungen der Blase; 4 akute Hirnhautentzündung; 5 verlängerte Infusion; 6 allergischer Schock (sehr selten); 7 periphere Polyneuropathie; 8 abhängig von Gesamtdosis (> 400 mg/m 2 ); 9 Schwartz-Bartter-Syndrom Nebenwirkungsprofil endokrine Therapie (antihormonelle Therapie) Tamoxifen (und ähnliche Medikamente) Wechseljahresbeschwerden (Hitzewallungen, Schweißneigung), Blutungen aus der Gebärmutter, Veränderungen der Gebärmutterschleimhaut, Venenthrombosen, Embolien, Verschlechterung der Sehkraft

32 Patientenratgeber zu den AGO-Empfehlungen Aromatasehemmer Osteoporose, Knochenbrüche, Muskel-/Knochenschmerzen, Wechseljahresbeschwerden GnRH-Agonisten (Ausschaltung der Eierstockfunktion durch ein Medikament, welches in das Unterhautgewebe oder einen Muskel gespritzt wird) Osteoporose, Knochenbrüche, Hitzewallungen Nebenwirkungsprofil Trastuzumab, Lapatinib, Bevacizumab, Bisphosphonat Trastuzumab (Herceptin ) Allergie bei erster Anwendung; Herzproblematiken Lapatinib (Tyverb ) Durchfall, Hautausschlag, Müdigkeit Bevacizumab (Avastin ) Blutdruckerhöhung, Blutungen, Müdigkeit Bisphosphonate (Substanzen zum Stärken der Knochen) Nierenfunktions-Einschränkung, Kieferknochen-Schwund (optimaler Zahnstatus ratsam), Magen-Darm-Nebenwirkungen Herz-Nebenwirkungen Bei der Gabe von Anthrazyklinen (Epirubicin/Doxorubicin) werden Grenzdosen eingehalten, unter denen Probleme weniger wahrscheinlich sind. Gesamtdosis Epirubicin: max. 1000 mg/m 2 Doxorubicin: max. 500 mg/m 2 Verkapseltes Doxorubicin (lipsomales) hat weniger Herz-Nebenwirkungen.

Langzeittoxizität (langfristige Therapie-Nebenwirkungen) 33 Bei bestimmten Situationen sind Herz-Probleme eher zu erwarten: höheres Alter, höheres Körpergewicht, Bluthochdruck, hohe Blutfette, Herz-Vorerkrankungen, hoher Blutzucker (Diabetes). Die Herzfunktion wird in diesen Fällen kontinuierlich bei Ihnen überwacht werden (EKG, Herz-Ultraschall, Labor...). Zweitkrebs-Entstehung Das Auftreten von neuen Krebsformen nach der Therapie eines Brustkrebses ist ein äußerst seltenes Ereignis. Bei bestimmten Therapieformen könnte das Risiko für Leukämien ( Blutkrebs ) leicht erhöht sein (0,2 0,4 %). Dieses Risiko besteht aber erst frühestens nach 10 15 Jahren. Ebenso können Strahlentherapien dieses Risiko im Laufe eines Lebens diskret erhöhen. Unter einer Tamoxifen-Therapie ist das Risiko für einen Gebärmutterkörperkrebs etwas erhöht. Entscheidung für eine Therapie Sie werden entsprechend aufgeklärt und überwacht. Insgesamt wird Ihr Risiko individuell ermittelt. In aller Regel wird die Therapie in einem Tumorboard interdisziplinär (mit allen beteiligten Ärzten) besprochen. Die neuesten Daten sollten dabei einfließen. Bitte hinterfragen Sie dies ruhig. Für jede Therapieentscheidung werden die Vorteile mit den Nachteilen verglichen. Eine unterstützende (adjuvante) Therapie wird Ihnen nur dann ausdrücklich empfohlen, wenn Sie einen klaren Vorteil im Vergleich zu den möglichen Nebenwirkungen haben.

34 Patientenratgeber zu den AGO-Empfehlungen Brustkrebs in besonderen Situationen Besondere und seltene Erkrankungsformen Phylloide Tumoren und (Angio-)Sarkome Phylloide Tumoren können gut oder bösartig sein. Im Vordergrund steht die lokale Ausbreitung, daher ist die Operation mit gesundem Rand wichtig. (Angio)sarkome sind sehr aggressive Tumorformen. Eine Operation muss mit breitem gesundem Saum erfolgen. Chemotherapien sind wenig erprobt und erfolgreich. Brustkrebs der jungen Frau (jünger als 35 Jahre) Brustkrebs bei jungen Frauen ist aggressiver. Eine Chemotherapie ist bei allen jungen Frauen angezeigt und hier auch besonders wirkungsvoll. Eine antihormonelle Therapie und Antikörpertherapie kommen zusätzlich zum Einsatz. Operation wie bei anderen Frauen. Eine Bestrahlung der Brustwand sollte großzügig eingesetzt werden, vor allem in fortgeschritteneren Stadien. Brustkrebs während der Schwangerschaft Ein Schwangerschaftsabbruch verbessert die Prognose nicht. Die Prognose ist bei Therapiebeginn ohne Zeitverlust nicht schlechter. Auch während der Schwangerschaft muss/kann behandelt werden.

Brustkrebs in besonderen Situationen 35 Die Operation erfolgt auch während der Schwangerschaft. Keine Bestrahlung während der Schwangerschaft, sondern danach. Chemotherapie kann während der Schwangerschaft durchgeführt werden (nicht mit allen Medikamenten). Antihormonelle Therapie und Antikörpertherapie (Trastuzumab) erst nach der Entbindung. Zwischen Chemotherapie und Entbindung sollten mindestens 2 3 Wochen liegen. Wenn nach der Entbindung eine weitere sogenannte systemische Therapie nötig ist, muss abgestillt werden. Eine Schwangerschaft nach einer Brustkrebserkrankung verschlechtert die Prognose nicht. Die ältere Patientin (älter als 70 Jahre) Spezielle Voruntersuchung für ältere Menschen. Der behandelnde Arzt muss alle Begleitmedikamente und weitere Erkrankungen kennen. Die Therapie kann bei rüstigen älteren Patientinnen wie bei den jüngeren Patientinnen durchgeführt werden. Bei gebrechlichen älteren Patientinnen sollten die Vor- und Nachteile einer Therapie genau besprochen werden (Nutzen-Risiko-Analyse). Der Mann mit Brustkrebs 1 % aller Brustkrebserkrankungen betreffen Männer. Männer sind zum Zeitpunkt der Erkrankung im Durchschnitt älter. Therapie erfolgt in Anlehnung an die Therapie der Frauen. Operation: Brustentfernung wird bevorzugt. Chemotherapie wie bei Frauen. Antihormonelle Therapie: Tamoxifen bevorzugt. Trastuzumab (Antikörpertherapie bei positivem HER2-Status) wahrscheinlich sinnvoll, aber nicht eindeutig belegt.

36 Patientenratgeber zu den AGO-Empfehlungen Supportive Therapie Zusätzliche Medikamente zur Vermeidung der Nebenwirkungen der Krebstherapie = supportive Therapie Diese Empfehlungen gelten als wissenschaftlich gesichert. Blutarmut und die dadurch verursachte Leistungsminderung können behandelt werden mit Blut und Blutkomponenten (Bluttransfusionen) oder mit Faktoren, die die Blutbildung im Knochenmark anregen (Erythropoese stimulierende Faktoren = ESF). Möglicherweise verringern die ESF jedoch den Nutzen einer Chemotherapie. Das Fehlen von weißen Blutkörperchen kann zu häufigeren und langfristigen Entzündungen führen (z. B. Lungenentzündung, Weichteilentzündung, ). Neben dem Einsatz von antibiotischen Therapien kommen auch Faktoren zum Einsatz, die die Ausschüttung von weißen Blutkörperchen aus dem Knochenmark beschleunigen. Es existieren eine Reihe von Medikamenten, die in bestimmten Situationen die Nebenwirkungen einer Strahlen- und Chemotherapie (z. B. Schädigung des Herzmuskels) verringern bzw. vermindern können. Gegen Übelkeit und Erbrechen, die durch die Chemotherapie verursacht werden können, gibt es ebenfalls eine Reihe von Medikamenten, die vor, während und nach der Chemotherapie dies vermindern oder verhindern können.

Brustkrebsnachsorge 37 Brustkrebsnachsorge Inhalte der Nachsorge Die Nachsorge dient der Erkennung des Wiederauftretens der Erkrankung im Bereich der betroffenen Brust und der Gegenseite, die heilbar sind, der Erkennung von Zweitkarzinomen (Gebärmutter, Eierstöcke), der Kontrolle der medikamentösen Nachbehandlung, sowie Behandlung derer Nebenwirkungen, der Beratung (familiäre Belastung und Genetik, Alternativmedizin, Vorbeugung, Verhütung, Hormone etc.). Es gibt derzeit keinen wissenschaftlichen Beweis, dass die Durchführung von apparativer Diagnostik außerhalb der unten empfohlenen Untersuchungen das Überleben von Patientinnen nach Brustkrebs verlängert. Routine-Nachsorgeuntersuchungen Empfohlene Untersuchungen: Krankengeschichte und Erfragen von Beschwerden körperliche Untersuchung (Selbst-)Untersuchung der Brust Mammographie gegebenenfalls Kernspintomographie der Brust (Magnetresonanz) gynäkologische Untersuchung

38 Patientenratgeber zu den AGO-Empfehlungen Nicht empfohlene Routine-Untersuchungen (außer im Rahmen klinischer Studien): Routine-Blutuntersuchungen (inklusive Tumormarker) Ultraschall der Leber Skelettszintigraphie Röntgenuntersuchung der Leber Computertomographien Bestimmung isolierter Tumorzellen in Blut und Knochenmark Positronenemissionstomographie (PET) Ganzkörper-Kernspintomographie Ablauf der Nachsorge Empfehlungen für Betroffene ohne Beschwerden (entsprechend den amerikanischen (ASCO) Leitlinien 2006) Klinische Untersuchung Nachsorge* Früherkennung Jahr nach Operation 1 2 3 4 >6 Anamnese, klinische Untersuchung, Beratung alle 3 Monate alle 6 Monate alle 12 Monate Selbstuntersuchung monatlich Bildgebende Diagnostik nur bei Beschwerden oder Verdacht auf Rückfall Mammographie BET alle 6 ( 12) Monate alle 12 Monate MRM** alle 12 Monate * weitere Nachsorgeuntersuchungen, solange adjuvante (unterstützende) Therapie ** Mastektomie

Früherkennung und Diagnostik 39 Früherkennung und Diagnostik Früherkennung Die Mammographie zur Früherkennung von Brustkrebs wird Frauen ohne Beschwerden und Symptome in der Altersgruppe 50 69 Jahren im Mammographie- Screening-Programm alle 2 Jahre empfohlen. Die Ultraschalluntersuchung ist als alleinige Methode zur Früherkennung von Brustkrebs nicht geeignet. Die Ultraschalluntersuchung wird empfohlen bei Frauen mit hohem Risiko, bei Frauen, bei denen in der Mammographie dichtes Drüsengewebe vorliegt, bei Frauen mit auffälligen Befunden in der Mammographie. Früherkennung und Diagnostik Bei Symptomen und Beschwerden empfohlen: ärztliche klinische Untersuchung Mammographie Ultraschalluntersuchung Die MRT-Untersuchung ist eine fakultative Zusatzuntersuchung. Die Sicherung der Diagnose erfolgt durch eine kleine Gewebeprobe (sogenannte Stanz- beziehungsweise Vakuumbiopsie). Die Größenausdehnung des Brusttumors und die Festlegung des Behandlungskonzepts werden durch die ärztliche Untersuchung, Bildgebung (Mammographie, Ultraschall, evtl. MRT) und das Ergebnis der Gewebeprobe bestimmt.