Fachseminar «Fenster und Aussentüren» Im Rahmen der Hausbau- und Energiemesse in Bern Schallschutzfenster und Schallschutztüren Was ist sinnvoll und möglich? Freitag, 27. November 2015 Ubald Häring - Geschäftsführer des VST Verband Schweizerischer Türenbranche - Technischer Leiter Fenstertechnik beim SZFF Schweizerische Zentrale Fenster und Fassaden 1
Schallschutz im Wandel der Zeit 2
Schallschutz Ein aktuelles Bedürfnis Auslöser: Verdichtetes Bauen Stockwerkeigentum erfährt grosse Nachfrage Reiheneinfamilienhäuser erhöhtes Verkehrsaufkommen Strasse, Luft, Schiene Zentrumnahes Wohnen Belastung am Arbeitsplatz Stress als Gesellschaftskrankheit 3
Anforderungen an das Fenster Schallschutz Der Schallschutz Ruhe und Behaglichkeit 4
Bedeutender Faktor bei Wohnungssuche 5
Eidg. Erlasse und Norm SIA 181 Schallschutz im Hochbau Bundesgesetz über den Umweltschutz (USG) Art. 21 Schallschutz bei neuen Gebäuden 1 Wer ein Gebäude erstellen will, das dem längeren Aufenthalt von Personen dienen soll, muss einen angemessenen baulichen Schutz gegen Aussen- und Innenlärm sowie gegen Erschütterungen vorsehen. 2 Der Bundesrat bestimmt durch Verordnung den Mindestschutz Lärmschutzverordnung (LSV) Art. 32 Anforderungen 1 Der Bauherr eines neuen Gebäudes sorgt dafür, dass der Schallschutz bei Aussenbauteilen und Trennbauteilen lärmempfindlicher Räume sowie bei Treppen und haustechnischen Anlagen den anerkannten Regeln der Baukunde entspricht. Mindestanforderungen nach der SIA-Norm 181... Art 34 Baugesuch, Art 35 Kontrollen Norm SIA 181 Schallschutz im Hochbau 62 6
Schallarten nach Normen SIA 181, ISO 140 + ISO 717 Externe Quellen Luftschall abgestrahlter Körperschall Grafik aus ACOUSTICS Interne Quellen Luftschall Trittschall Geräusche haustechnischer Anlagen und fester Einrichtungen Tieffrequente Immissionen nachts aus Disco und Produktionsbetrieb abgestrahlter Körperschall aus Industrie und Gewerbe Raumakustik in Unterrichtsräumen und Sporthallen (Soll-Nachhallzeit) 7
Begriffe gem. SN EN ISO Normen Rw R w C Ctr bewertetes Schalldämm Mass eines Bauteils im Labor gemessen bewertetes Schalldämm Mass eines Elementes am Bau gemessen spektraler Anpassungswert Innenanwendung (Korrekturwert für unterschiedliche Frequenzen) spektraler Anpassungswert Aussenanwendung (Korrekturwert für unterschiedliche Frequenzen) R w + C Schalldämmwert eines Elementes am Bau gemessen R w + Ctr inkl. Schallnebenwege und Korrektur für Hörempfindung 8 Folie 8
SIA 181 Spektrum-Anpassungswerte Je nach Werkstoffart, werden die verschiedenen Frequenzen des Schalls unterschiedlich gedämmt. Die Werkstoffe bedürfen unterschiedlicher Anpassungswerte, je nach Verwendungszweck. Spectrum C Innenlärm Wohngeräusche, Stimmen Schienenverkehr Beispiel Trennwand: Spectrum C tr Aussenlärm Verkehrslärm Rw 46 Innenlärm Rw+C 44 db o.nw. R w R w+c Bau C -2 Aussenlärm Rw+Ctr 38 db o.nw. Ctr -8 R w+ctr Bau Rw 46 Innenlärm Rw+C 44 db o.nw. R w R w+c Bau C -2 Aussenlärm Rw+Ctr 38 db o.nw. Ctr -8 R w+ctr Bau 65 9
Anforderungen an das Fenster Schallschutz Für ein optimales Schallschutzfenster sind folgende Kriterien wichtig: Die Dichtheit des Fensters Das passende Schallschutzglas Für die Anforderung benötigte Einbaudetails - Schallübertragung durch Befestigung Bauanschluss Beschattung Aussenfassade 10
Der Schalldämmwert von Fenstern wird durch mehrere Einflussfaktoren bestimmt: Fenstersystem Scheibenaufbau Gasfüllung Scheibengewicht Fugendurchlässigkeit Montage 11 11
Scheibenaufbau Der Scheibenaufbau (Anzahl und Dicke der Scheiben), sowie der Scheibenzwischenraum beeinflusst die Schalldämmung. In der Regel ist der Aufbau einer Schallschutz- Isolierglasscheibe asymmetrisch (dicke/dünne Scheibe), wobei die Einbauposition der dickeren Scheibe für die Funktion des Schallschutzes unerheblich ist. Jedoch sollte sich aus statischen und optischen Gründen (höhere Belastbarkeit und verzerrungsfreie Aussenansicht der Fassade bei Klimaschwankungen) die dickere Scheibe aussen befinden. Je unterschiedlicher die Scheiben in der Dicke sind, desto höher ist in der Regel auch der Schalldämmwert. 12 12
Scheibenaufbau Die Schalldämmung wird unmittelbar vom Scheibenzwischenraum beeinflusst. Je grösser der Abstand der Scheiben, desto höher ist auch der Schalldämmwert, da die Hohlraumresonanz zu tieferen Frequenzen hin verschoben wird. Allerdings verschlechtern sich bei höheren Scheibenzwischenräumen auch die Wärmedämmeigenschaften des Fensters. 13 13
Gasfüllung Durch den Einsatz von Gasfüllungen anstelle herkömmlicher Luft im Scheibenzwischenraum wird die Schalldämmung positiv beeinflusst. Zur Verbesserung der Funktionen im Wärme- und Schallschutzbereich wird modernes Isolierglas mit unterschiedlichen Gasfüllungen ausgestattet. So ist es möglich, dass moderne Isoliergläser U-Werte bis zu 0,5 W/m²K oder Schalldämm-Werte bis zu Rw = 52 db erreichen. Die Schalldämmung hängt vom Aufbau des Isolierglases, von der Schallgeschwindigkeit der Füllgase und von deren Mischungsverhältnis ab. 14 14
Scheibengewicht Je höher das Scheibengewicht, desto höher ist auch die Schalldämmung, aber desto schlechter werden auch die Wärmedämmeigenschaften des jeweiligen Glases. Das erhöhte Gewicht macht es erforderlich, dass besonders auf die Stabilität der Rahmen und Beschläge geachtet werden muss. 15 15
Einbausituationen: Nicht jede Einbausituation erfüllt alle Schallschutzanforderungen Vor Planungsbeginn ist die Eignung zu prüfen Allfällige Massnahmen von Beginn weg einplanen Nachträgliche Schallschutzmassnahmen können teuer und aufwendig sein 16
Einbaudetail SZFF Infobroschüre 41.01 Schallschutz 2016 Der Schallschutz ist ein breites Gebiet, beleuchtet wird in dieser Broschüre das Teilgebiet des Luftschallschutzes für Fenster und Fassaden. Schweizerische Zentrale Fenster und Fassaden Centrale Suisse Fenêtres et Façades Riedstrasse 14 Postfach 213 CH-8953 Dietikon Tel +41 (0)44 742 24 34 Fax +41 (0)44 741 55 53 info@szff.ch www.szff.ch 17
Objektbeispiele und praktische Hinweise: Typische Einbausituationen: Fenstermontage in Rohbauleibung: Anforderungen R w < 32 Anforderungen 32 < R w < 35 Anforderungen 35 < R w < 40 Anforderungen 40 < R w < 44 Anforderungen 44 < R w Problemlos erreichbar mind. Beidseitige Fuge erf. z.b. einseitig Schwerfolie z.b. einseitig Schwerfolie. nur in Sonderkonstruktion, Fugenaufbau vorgängig Prüfen (!) 18
Objektbeispiele und praktische Hinweise: Typische Einbausituationen: Fenstermontage aussen Aufgesetzt: Anforderungen R w < 32 Anforderungen 32 < R w < 35 Anforderungen 35 < R w < 40 Anforderungen 40 < R w < 44 Anforderungen 44 < R w Problemlos erreichbar Problemlos erreichbar z.b. einseitig elastische Fuge z.b. beidseitige el. Fuge z.b. Spezial Schalldämmmaterialien (Schalldämmschaum, Schalldämmatten) 19
Objektbeispiele und praktische Hinweise: Typische Einbausituationen: Fensterstoss: Anforderungen R w < 32 Anforderungen 32 < R w < 35 Anforderungen 35 < R w < 40 Anforderungen 40 < R w < 44 Anforderungen 44 < R w Problemlos erreichbar Flächengewicht mind. 25 kg/m2 Flächengewicht mind. 32 kg/m2 plus einseitig Schwerfolie beidseitig Schwerfolie mind. 120mm Konstruktionstiefe erf. 20
Objektbeispiele und praktische Hinweise: Typische Einbausituationen: Trennwandanschluss (Flankenübertragung): Anforderungen R LW < 35 Anforderungen 35 < R LW < 40 Anforderungen 40 < R LW < 44 Anforderungen 44 < R LW Problemlos erreichbar Pfostenteilung prüfen Pfostenteilung erforderlich Schallgedämmte Elementtrennung erforderlich 21
Einbaudetail 22
Einbaudetail Beispiel 23
Einbaudetail Beispiel Beispiel für schalltechnisch optimierte Montage Hebe-Schiebe-Türe (HST) 24
Sanierung von Fenstern in bestehenden Gebäuden Neue Schallschutzfenster können mittels Neubaurahmen oder mittels Wechselrahmen eingebaut werden. Bei einem Neubaurahmen wird das alte Fenster vollständig ausgebaut, bei einem Wechselrahmen wird hingegen das neue Fenster auf den alten, noch funktionstüchtigen Fensterrahmen angeschlagen. 25
Sanierung von Fenstern in bestehenden Gebäuden System Neubaurahmen Vorteile: Gesamte Fensterkonstruktion neu Garantieleistungen über gesamtes Fenster Schalldämmvermögen und Wärmeschutz den heutigen Anforderungen entsprechend Öffnungsart anpassbar Nachteile: Kostenintensive Sanierung Beeinträchtigung der Wohnnutzung während Einbau Entsorgung der alten Fenster Event. anderes Erscheinungsbild (Sprossen zwischen der Isolierverglasung, evtl. aufgeklipste Sprossen) 26
Sanierung von Fenstern in bestehenden Gebäuden System Wechselrahmen Vorteile: Verglasung sowie Flügel- und Fensterrahmen neu Garantieleistungen über neue Fensterelemente Schalldämmvermögen und Wärmeschutz den heutigen Anforderungen entsprechend Unzweckmässige Flügel können entfernt oder ersetzt werden Nachteile: Bestehende Fensterrahmen müssen als Unterkonstruktion funktionstüchtig sein (genügende Schalldämmung?) Fugen zwischen bestehendem Fensterrahmen und Bauwerk müssen dicht sein Evtl. Dichtigkeitsprobleme zwischen bestehendem Rahmen und Wechselrahmen Grössere Konstruktionsstärke durch Rahmenaufdopplung (längere Wetterschenkel, event. Raumseitige Anpassungen erforderlich) Event. kleineres Fensterlicht 27
Sanierung von Fenstern in bestehenden Gebäuden System mit Ersatzverglasung bzw. Zusatz- oder Ersatzscheibe Theoretisch kann das Schalldämmvermögen bestehender Fenster nachträglich mit dem Ersatz der bestehenden, schalltechnisch ungenügenden Verglasung Vorteile: Evtl. kostengünstiger als Fensterersatz Nur Entsorgung von Verglasung / Scheibe(n) Sprossenteilung kann evtl. beibehalten werden. Nachteile: Schalldämmvermögen der sanierten Fensterkonstruktion ungewiss (Messungen erforderlich) Garantien werden kaum gewährt Wärmedämmvermögen wird in der Regel nur wenig verbessert Risiko betreffend Kondensat zwischen den Scheiben Evtl. zusätzliche Massnahmen an den Falzdichtungen erforderlich 28
Sanierung von Fenstern in bestehenden Gebäuden System mit Nachbesserungen an den Beschlägen, Dichtungen, etc. Erfahrungen zeigen, dass alleine mit einer Nachbesserung der Beschläge und der Dichtungen die geforderten Schalldämmwerte kaum zu erreichen sind. Das bestehende Fenster (Rahmen und Verglasung) müsste schalltechnisch genügen, jedoch Mängel im Bereich der Beschläge und Dichtungen (Anpressdruck) aufweisen, was jedoch eher selten zutrifft. 29
Türe und Schallschutz 30 30
Von Einzelwerten zum Gesamtwert der Trennfläche Geforderter Gesamtwert gemäss Tabelle SIA 181 zb: 57 db Abschlusswand zb: 65 db = + Geltungsbereich Die gemäss SIA-Tabelle geforderten Werte entsprechen generell immer dem Gesamtwert der Trennfläche und nicht deren Einzel-Teilwerten Praxishinweis Mit einer Verbesserung der Abschlusswand lässt sich in der Regel effizienter einen besseren Wert erzielen als durch den Einbau eines hochschalldämmenden Tür- oder Fensterelementes. 31
SIA 181 Sonderregelung für spezielle Zugänge Geltungsbereich Anforderung R w + C 37 db für Türen und Verglasungen Gilt auch dort, wo erhöhte Anforderungen verlangt sind Türen zwischen einer Nutzungseinheit (zb. Wohnung) und dem Treppenhaus, dem Lift oder einem Korridor. Voraussetzung: gleichartige Nutzung der getrennten Nutzungseinheiten 32
Vorschrift: Mindestanforderung an Lauben & Hauseingangstüren R w + Ctr = 32 db Nicht zu verwechseln mit Anforderung an Wohnungsabschlusstüren R w + C = mind. 37 db Dieser Wert kann vom Planer individuell erhöht werden! 33 33
SIA 181 Anforderungen an Innentüren Innerhalb einer Nutzungseinheit bestehen keine Anforderungen Neu: in der SIA 181 werden Empfehlungen abgeben bezüglich der Anforderungen an Innentüren 34
Richtwerte Innentüren innerhalb einer Nutzungseinheit Empfehlung SIA181 Beispiel Schlafen zu Wohnen : Empfehlung Trennbauteil 40dB Empfehlung aus Praxis Praxisempfehlung Türelement Praxisempfehlung Tür-Rohling 22-25dB Beachtung der Flankenverluste 35
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Tür- Schalldämmung im Labor / am Bau Luftschall-Messung im Labor: Beispiel: Rw = 37 db Türblatt rundum beidseitig gedichtet Luftschall-Messung im Labor: Beispiel: Rw = 32 db Tür komplett, Zarge beidseitig gedichtet - 2 bis 5 db Luftschall-Messung am Bau: Beispiel: R w ca. 27 db Tür komplett, bauüblich gedichtet - 2 bis 5 db Quelle: Baumgartner H. / Kurz R.: mangelhafter Schallschutz in Gebäuden 38 38
Anforderungen Für Türen innerhalb der gleichen Nutzungseinheit lassen sich aus den Empfehlungen folgende Richtwerte ableiten: Falls keine besonderen Anforderungen gestellt werden, kommen üblicherweise innerhalb der gleichen Nutzungseinheit Türen mit Schalldämmwerten von ca. 25 db zum Einsatz. 39
Vorgehen bei ungenügender Luftschalldämmung 40
Vorgehen bei ungenügender Luftschalldämmung 41
Wir wünschen Ihnen viel Erfolg bei der Umsetzung guter Ideen und hoffen, dass wir etwas dazu beitragen konnten. Danke für Ihre Aufmerksamkeit 42