Projekt: med/pharm Medikationscheck der Problempatientin mit Polypharmazie Dr.Martina Wölfl Mag.Martina Anditsch ahph
Frau 76a, 166cm, 83kg Anamnese: tachykarde Vorhoflimmern Herzinfarkt vor 1 Monat mit Stentsetzung Schmerzen der Wirbelsäule, hoher Blutdruck hoher Cholesterinspiegel, Schlafstörungen Kommt in die Ordination wegen: Schwindel, Müdigkeit, öfters Nasenbluten, rezidvierende Übelkeit Blutbild: Crea 1,4 (egfr 42ml/min) Na: 130mg/dl, K 4,5mg/dl Blutdruck: 90/60, 150/90, 140/85 Puls: 55/min, 66/min, 50/min
Medikation: Rivaroxaban 15mg 1-0-0 T-Ass 100mg 0-1-0 Clopidogrel 1-0-0 Simvastatin 40mg 0-0-1 Arzneimittel gegen Vorhoflimmern Arzneimittel nach Herzinfarkt Arzneimittel gegen hohen LDL Wert Lisinopril HCT 1-0-0 Doxazosin 4mg 1-1-1 Arzneimittel gegen hohen Blutdruck Bisoprolol 5mg 1-0-1 Trazodon 150mg 0-0-0-1 Quetiapin 200mg 0-0-0-1 Citalopram 30mg 1-0-0 Dexibuprofen 400mg 1-1-1 Pantoprazol 40mg 1-0-1 Arzneimittel gegen Angst, Unruhe, Depression, Schlafstörung Schmerzmittel Magenschutz
Optimierte Medikation: Rivaroxaban 15mg 1-0-0 Clopidogrel 1-0-0 Atorvastatin 10mg 1-0-0 Olmesartan/Amlodipin 1-0-0 Pregabalin 50mg 0-0-1 Pantoprazol 20mg 1-0-0 Paracetamol 500mg 1-1-1 Arzneimittel gegen Vorhoflimmern Arzneimittel nach Herzinfarkt Arzneimittel gegen hohen LDL Wert Arzneimittel gegen hohen Blutdruck Arzneimittel gegen Angst, Schmerz, Schlafstörung Magenschutz Schmerzmittel Reduktion der verordneten Arzneimittel von 13 auf 7 Reduktion der Arzneimitteleinnahmen /Tag: von 18 auf 9
Reduktion der verordneten Arzneimittel Reduktion der Dosis /Anpassung an Nierenfunktion Auswahl idealer Kombinationspartner Verhinderung klinisch relevanter Arzneimittelinteraktionen Richtiger Einnahmezeitpunkt Reduktion der Medikationskosten (direkte Kosten) Reduktion indirekter Kosten: Spitalsaufenthalt aufgrund Sturz, Bradykardie innerer Blutung verhindert Adherence Verbesserung Erhöhung der Lebensqualität
Arzneimitteltherapie-assoziierte Probleme Überdosierungen, Nebenwirkungen aufgrund von Interaktionen, falsche Indikation, Nichtberücksichtigung von Nierenschäden allergische Reaktionen,... Morbidität und Mortalität steigen, reduzierter Lebensqualität, gesteigerten Gesundheitsausgaben (PIRMOHAMED et al. 2004, LEENDERTSE et al. 2008, LEENDERTSE et al. 2011).
5-10% der Aufnahmen ins Spital aufgrund von unerwünschter Wirkungen von Arzneimitteln (UAW)* davon etwa 25 %vermeidbar Einsparungspotential durch Verhindern der, als vermeidbar eingeschätzten UAWs in Deutschland: 816 Mio. - 1,3 Milliarden Euro /Jahr* *World Health Organization: WHO Patient Safety Research2009, WHO/IER/PSP/2009. *Stark RG et al.;health care use and costs of adverse drug events emerging from outpatient treatment in Germany: a modelling approach. BMC Health Serv Res 2011;
28% der Aufnahmen auf Intensivstationen sind auf Arzneimittelnebenwirkungen zurückzuführen sind und 70% davon sind zu verhindern (Paval et al 2001) Eine Evaluierung der mit den entsprechenden Diagnosen verknüpften Kosten (diagnosis-related group reimbursement) ergab eine Belastung des Gesundheitssystems in der Höhe von 1300 /Patient (MEIER et al.2015). In einem 600 Betten Spital in den Niederlanden wurden die Kosten für Aufnahmen aufgrund von zu verhindernden Arzneimittelnebenwirkungen mit fast 280.000 in 5 Monaten beziffert. (MAGDELIJNS al;2014)
Pharmazeutischer Check der Medikation (Gillespie et al.2009;a comprehensive pharmacist intervention to reduce morbidity in patients 80years old or older. Arch Intern Med 169(9): 894-900 Gillespie et al. untersuchten an Patienten>80a den Einfluss einer Medikamentenüberprüfung mit anschließender Beratung des Arztes hinsichtlich der besten Arzneistoffe, Dosierungen und des Monitorings. Des Weiteren wurden den Patienten die Therapie erläutert und er nach zwei Monaten wieder kontaktiert. Krankenhauseinweisungen sanken um 16% (Einweisungen in die Notaufnahme um 47% Wiedereinweisungen aufgrund von unerwünschten Arzneimittelwirkungen um 80%). Trotz der durch die Interventionen verursachten Kosten sanken die Gesamtkosten pro Patientum 230 Dollar (170 ).
PINCER Studie Avery et al;lancet 2012 70.000 Risikopatientinnen von 70 praktischen Ärzten analysiert: Risikofaktoren für das Auftreten von Komplikationen waren vor allem hohes Alter, Organschäden und die Verabreichung von mehr als 5 Arzneimittel höchste Patientensicherheit durch kombinierte Unterstützung der verordnenden Ärzte durch Computer Programme und zusätzliche pharmazeutischen Beratung Kosten-Effektivitätsanalyse: trotz Investionen in personelle Ressourcen, eindeutiges Einsparungspotential Kosten-Utility Analyse: Gewinn an quality-adjusted life-years durch Verhinderung von schweren Nebenwirkungen
Med/pharm Check von Problempatientinnen mit Polypharmazie Zusammenarbeit zwischen einer niedergelassenen Internistin und einer Klinischen Pharmazeutin in der Ordination: Ziel: Vermeidung von Interaktionen, Nebenwirkungen, Polymorphismen aufgrund der Einnahme einer Multimedikation Linderung von Beschwerden Vorbeugung körperlicher Schäden (z.b. Niereninsuffizienz, Elektrolytstörungen).
Durchführung: Zeitraum: 1/2014-1/2015 alle 14 Tage 3h Patientin wird eingangs von niedergelassener Internistin der Klinischen Pharmazeutin vorgestellt. Beratungsgespräch zwischen Patientin und Klinischer Pharmazeutin mit Analyse der aktuellen Medikation. Die Beratungsdauer lag im Durchschnitt bei 30-40 Minuten pro Patientin. Am Ende des Beratungsgespräches erfolgt gemeinsam(ärztin-apothekerin- Patientin) die Besprechung einer möglichen Anpassung der Medikation Nach ca 4-6 Wochen Kontrolltermin zur Überprüfung des Therapieerfolgs
Ergebnisse: Bei allen Patienten ( n=184) wurde die Therapie durch Reduktion von mindestens einem Medikament verändert. Im Durchschnitt wurde die Anzahl der verschriebenen Medikamente um 2,84 Medikamente/Patient reduziert: Bei 56% der Patienten konnte eine Reduktion um 3 oder mehr Medikamente erzielt werden. Zur Optimierung der Therapie wurden insgesamt 42 Medikamente neu verordnet.
Projekt: med/pharm Medikationscheck Reduktion der Arzneimittel: 524 bei 184 Patienten 50 45 40 35 30 25 20 15 10 5 0 1 2 3 4 5 6 7 Anzahl der Patienten
Ergebnisse: Häufigste reduzierte Medikamente: Gichttherapeutika,,Anticholinergika, Schmerzmittel, Magenschutz, Venenmittel Häufigste Fragestellungen: Optimierung der Diabetestherapie, Schmerztherapie, Vereinfachung der Blutdrucktherapie, Reduktion von Psychopharmaka Evaluierung nach einem Monat: 95% der Patienten sahen in Medikamentenumstellung eine Verbesserung.
Nutzen Zusammenarbeit Ärztin/Apothekerin Für die Patientin: geringere Kosten für Rezepte, weniger Nebenwirkungen, Complianceverbesserung Für die Ärztin: bessere Verordnungsergebnisse insbesondere bei fachübergreifender Medikation. Für die Sozialversicherungsträger: geringere Medikamentenkosten, weniger Krankenstände, Wegfall von Behandlungskosten, die Nebenwirkungen bekämpfen. Für das Gesundheitssystem: weniger Spitalsaufenthalte, weniger Gesundheitsausgaben, gesündere und zufriedenere Bürgerinnen.
Vision klinische Pharmazie