Vergasung unterschiedlicher Rohstoffe in einer gestuften Schmelzvergasung, mit nachfolgender Heißgasreinigung und CO- Shift-Katalyse Markus Kleinhappl, M. Rumpl, St. Martini, J. Zeisler Bioenergy 2020+ GmbH, IK biomass gasification Inffeldgasse 21b; A-8010 GRAZ, markus.kleinhappl@bioenergy2020.eu Tel.: +43 (0) 316 873-9204; Fax: +43 (0) 316 873-9202 Einleitung Versorgungs- und Klimaziele für die Jahre 2030 und 2050 geben Anlass genug, über einen Wandel der Versorgungs- und Konversionsstufen im gesamten Energiemarkt (Wärme, Strom, leitungsgebundene Energieträger und auch Kraftstoffe) nachzudenken. Die Vergasungstechnik ermöglicht eine effiziente Kraft-Wärmekopplung auf biogener Rohstoffbasis, das erzeugte Produktgas kann in Prozessen verwendet werden, welche einen gasförmigen Energieträger benötigen. Die Aufbereitung zu einem Synthesegas ermöglicht die Veredelung: durch katalytische Prozesse könne Produkte aus CO und H 2 aufgebaut werden. Sowohl gasförmige (SNG) als auch flüssige Produkte können für chemische und energietechnische Einsatzzwecke erzeugt werden. Um der zukünftigen Nachfrage von Rohstoffen entsprechen zu können, sollten die einsetzbaren Brennstoffe (sog. Feedstock) auf schnellwachsende Biomassen und landwirtschaftliche Nebenprodukte, sowie auf Nebenerzeugnisse der Verarbeitung ausgedehnt werden. Zur Untersuchung dieses Konversionsschrittes hat die Bioenergy2020+ GmbH (vormals Austrian Bioenergy Centre Graz) eine gestufte Vergasungsanlage im Technikumsmaßstab errichtet (technische Daten siehe Beitrag von Velen 2008). Die Vergasung erfolgt mit Schlackebildung bei 1.000-1.100 C Vergasungstemperatur, 2009 wurde der Prozess durch eine Heißgasentschwefelung und CO-Shift-Katalyse erweitert. Das Ziel ist die Darstellung des Konversionsprozesses von alternativen Rohstoffen einschließlich Heißgasreinigung, um ein Produktgas mit einstellbarem Verhältnis von H 2 zu CO zu erzeugen. Durch die gewonnenen Prozessdaten soll eine Prozessgestaltung für unterschiedliche Rohstoffe und in allen Fällen geeignete effiziente Gasaufbereitung gefunden werden, welche abschließend jederzeit ein geeignetes Synthesegas bereitstellen kann. Methodik In der gestuften Vergasungsanlage (Beschreibung siehe Anhang) werden verschiedene Brennstoffe und Brennstoffgemische vergast. Das Rohgas wird vor dem Heißgasfilter, vor der Heißgasentschwefelung und im Bereich des CO-Katalysators beprobt und untersucht. Die Auswirkungen der Brennstoffe auf die Gaszusammensetzung, die erforderliche Vergasungstemperatur und die Konzentration der verschiedenen Verunreinigungen werden untersucht. Der Betrieb der Heißgasreinigung ist auf die Funktion der CO- Shiftreaktion (Hochtemperatur Shift auf Eisen-hämatit) ausgerichtet. Relevante Verunreinigungen für den Betrieb des Katalysators sind: H 2 S, COS, organischer Schwefel (bzw. Gesamt-Restschwefel), Chlorverbindungen und freie HCl. Für die CO-Shift-Reaktion ist der Gehalt an Wasserdampf im Produktgas vor dem Katalysator von Bedeutung. Nebenparameter sind der Teergehalt, sowie Ammoniak. Der Umsatz des Produktgases im Katalysator wird unmittelbar durch die Gasanalyse ermittelt (CO, CO 2 und H 2 - Konzentration ändern sich). Ergebnisse Die Anlage wurde für den Referenzbrennstoff pelletiertes Stroh entwickelt. Das Vergasungsvergasungsverhalten von Miscantus, Schilf, Rapspresskuchen, sowie verschied. Kohlesorten wurde untersucht. Aufgrund der Verbesserung der Anlage und dem Einsatz von technischem Sauerstoff konnte der Stickstoffgehalt im Rohgas weiter reduziert werden. Im Bereich der Pyrolyse konnte ein Stickstoffgehalt von 15% erreicht werden. Der Gehalt an Stickstoff im Produktgas beträgt zwischen 30 und 45%, in
optimalen Fällen unter 40%. Die Beheizung der Schlackekammer erfordert bei der Versuchsanlage noch immer einen anteilig hohen Einsatz von stöchiometrisch verbranntem Erdgas (1-2,5 m³/h). Es wird ein primäres Verhältnis CO/H 2 von etwa eins erreicht, die nachfolgende Umsetzung im CO-Shiftkatalysator kann durch die Temperatur und den Wasserdampfgehalt sehr effektiv gesteuert werden. Durch die Verwendung von festen Additiven werden im Heißgasfilter neben Staub und Aerosolen auch reaktive Chlor und Schwefelverbindungen abgeschieden. Nach dem Heißgasfilter werden Staubgehalte zwischen 5 und 30 mg/nm³ erreicht. Die Entschweflung von Rohgasgehalten von 300-650 mg/nm³ (H 2 S) kann mit den eingesetzten Adsorbentien bis in den Bereich von 1-10 mg/nm³ geführt werden. Für einen längeren Betrieb des Eisen-Shiftkatalysators wird diese von Südchemie als ausreichend angegeben. Zur Regeneration des Adsorptionsmaterials werden Verfahren entwickelt. Die Abscheidung von Chlorkomponenten wird auf einem speziellen Adsorbens verfolgt, und entfernt den Schlupf aus dem Heißgasfilter. Der Umsatz des Kohlenmonoxidanteils kann in den zwei Katalysatorstufen getrennt beobachtet werden: bei Ausgangsgehalten von 20-30% CO im Rohgas können nach der ersten Stufe 5-8% CO Gehalt und nach der zweiten Stufe 0,5-1,5% ermittelt werden. Die Betriebsweise der Konversion in einer Hitze d.h., dass das Produktgas bis zur CO- Shift nicht über eine kalte Gasreinigung geführt wird kann mit der Versuchsanordnung untersucht werden. Zur Steuerung von Umsatz und Effizienz ist die Fahrweise mit und ohne Wasserdampfzusatz vor der ersten Katalysatorenstufe möglich. Spätestens nach der ersten Stufe ist ein geringer Wasserdampfzusatz für höhere CO-Umsätze erforderlich. Zur Beurteilung der Standfestigkeit werden die Gasbedingungen (Spurenstoffe) und die Oberflächenbedingungen des Katalysators bei den Versuchsserien überwacht. Ausgewählte Versuchsergebnisse sind in der Beilage enthalten. 2
Zusatzinformationen: Prozessbeschreibung und Versuchsergebnisse Die Vergasungsanlage ist für einen Brennstoffdurchsatz von 20-30 kg/h gebaut. Technische Daten befinden sich im Beitrag von Velen 2008, seither wurden maßgebliche Verbesserungen in der Ausstattung und Prozessführung erreicht. Der Brennstoff wird durch ein Schleusensystem in die Pyrolyseschnecke eingetragen und dann bei einer Temperatur von bis zu 600 C pyrolysiert. 0,600 0,500 0,400 0,300 0,200 0,100 8,058 2 8,311 1 9,000 8,000 7,000 5,000 3,000 Heizwert Hu [] aus Analysekomponenten errechnet 1,000 14.10.2009; Strohpellets 20.08.2009, Strohpellets Abbildung 1: Beispiel Gaszusammensetzung PYROLYSEGAS (Stroh) Die Gasanalyse des Pyrolysegases enthält natürlich nicht den reformierungsfähigen Teeranteil, sondern nur die trockenen Gaszusammensetzung. Die gasförmigen und festen Produkte werden in den Vergasungsreaktor geführt, wobei die Pyrolysegase bereits beim Eintritt mit Sauerstoff teiloxidiert werden. Der Koks wird mit diesen Gasen im Vergasungsreaktor bis auf eine flüssige Schlacke vergast. Die Temperatur wird durch die Zugabe von Wasserdampf moderiert. Damit der Wasserdampfgehalt in der Reaktionsathmospäre maximiert werden kann wird überhitzter Wasserdampf bereits gegen Ende der Pyrolyse zugeführt. Bei Vergasungstemperatur zwischen 900 und 1.000 C wird je nach Eigenschaften des Brennstoffes ein geeigneter Schlackefluss erreicht. Die Schlacke tritt in eine seitlich angebrachte Kammer aus, und wird dort noch während des Versuches durch eine getrennte Beheizung im glasartig schmelzflüssigen Zustand gehalten (1.250 C). 3
Additivzusatz Produktgasnachbehandlun Brennstoff Heissdampf Techn. HT-Filter Entschw e- Dosierschnec Pyrolyse Pyrolysega s Shift Koks Reaktor Produktga Prozessweg Probenweg Apparat Ausgangs- /Endprodukt Abschnitt 1 Chlorabscheidung & Abschnitt 2 Shift CO: Abschnitt 3 Shift CO: Abbildung 2: Fließschema der Vergasungsanlage mit Heißgasreinigung (oben) und CO-Shiftkatalysator (Gasreaktor mit Entschwefelung; unten) 4
0,900 1 0,800 Shiftkonvertierung CO2-Abtrennung 0,700 9,662 1 0,600 0,500 0,400 0,300 3,425 Elimination des Schlackekammeranteils (Erdgas verbrannt) 4,809 4,893 7,337 5,612 8,000 2 0,200 0,100 Versuch f Versuch; excl. Schlacke Versuch tr Versuch; excl. Schlacke 90% Konv. 5% Rest CO2 Abbildung 3: Strategische Entwicklung der Gaszusammensetzung: Vergasung, CO- Shift und CO 2 -Abtrennung Bei Brennstoffen mit hoher Ascheflusstemperatur werden Mischungen mit Stroh als Flussmittel verwendet. Die Temperaturen im Vergasungsreaktor sind durch unterschiedliche Faktoren in einem gewissen Bereich einstellbar. Ein geeignet hoher Wasserdampfgehalt ermöglicht geringe Methangehalte (stets unter 3%v), wobei aufgrund der gewählten Verweilzeit und Prozesstemperatur der Teergehalt unter 500 mg/nm³ gehalten werden kann (gravimetrischer Teergehalt). Zur genauen Klassifikation der Teerprodukte werden auch Analysen mit GC-Technik durchgeführt. 0,90 0,80 0,70 0,60 0,50 0,40 0,30 0,20 0,10 5,349 4,661 Wasserdampfgehalte. 0,199 kg/nm³ tr 5,074 8,659 7,885 8,333 1 9,000 8,000 7,000 5,000 3,000 1,000 2 0,00 14.10.2009; 2.12.2009; Steinkohle 30.09.2009; Stroh Stroh+Rapskuchen Ölkohle 10.09.2009; normiert 2.12.2009; Steinkohle; normiert 30.09.2009; Stroh Ölkohle; normiert Abbildung 4: Beispiel Gaszusammensetzungen PRODUKTGAS für verschied. Brennstoffe 5
Durchschnittlich 50-80m³/h Produktgas werden erzeugt, wovon zwischen 5 und 15m³/h nach einem Strahlungskühler in einen Heißgasfilter gesaugt werden. Dieser Filter arbeitet bei 600-700 C und wird mit Stickstoffimpulsen abgereinigt. Nach der Abreinigung werden feste pulverförmige Additive in das Rohgas eingeblasen, um auf dem Filter eine chemisch reaktive Filterhilfsschicht aufzubringen. Reaktive Chlor- und Schwefelkomponenten können damit bereits in einem gewissen Umfang abgeschieden werden. Das Reingas hat bis auf die unvollständige Abtrennung von Salznebeln einen geringen Reststaubgehalt und wird in einen Gasreaktor weitergeleitet. Dieser Apparat beinhaltet eine zweistufige Gasnachreinigung mit festen Adsorbentien, sowie unmittelbar folgend einen Shiftkatalysator. In der Gasnachreinigung werden in einer Lage von speziell beschichtetem Granulat freie Salzsäure und teilweise vorliegende Alkalichloride gebunden. Das Materialsystem besteht aus imprägnierten Tongranulaten und wurde selbst entwickelt. Diese Prozeßstufe wird bei 400-500 C betrieben. Die Reduktion des Schwefelgehaltes im Rohgas, repräsentiert besonders durch Schwefelwasserstoff, wird durch eine zweite Lage von Adsorbentien bewerkstelligt. An Metalloxiden wird der Schwefelwasserstoff durch chemische Reaktionen gebunden (Sulfidbildung). Durch die Wahl der Füllmengen, bzw. die Schüttungsdicken kann eine sehr weitreichende Entschwefelung erreicht werden, ein Durchbruch durch die Schüttungen würde i.a. einen mehrtägigen Betrieb erfordern. I. A. werden mehrere Versuche ohne Regeneration bzw. Wechsel durchgeführt. Zwischen den einzelnen Prozessstufen sind geeignete Probenahmeöffnungen vorgesehen, um während des Betriebes aus dem Produktgas Bestimmungen der Spurenstoffe durchzuführen. Für die CO-Shiftreaktion wird ein pelletierter Katalysator aus kupfer- und chromhältigem Eisen-hämatit verwendet (Hochtemperatur zwischen 250 und 450 C). Dieser ist in zwei Lagen auf einem Trägerrost eingesetzt. Das Material wird durch Südchemie für kommerziellen Shiftanlagen nach Reformern und für die Öldruckvergasung produziert. Für die Durchführung der CO-Shiftreaktion kann der Gehalt an Wasserdampf durch die Zugabe von Wasserdampf eingestellt werden: der Umsatz von CO wird sowohl durch die Starttemperatur des Produktgases vor dem ersten Katalysator, aber auch vom Wasserdampfgehalt beeinflusst. Die Temperatur bedingt durch die Gleichgewichtslage eine Umsatzgrenze nachdem das Temperaturmaximum bei der Reaktion erreicht wurde (schwach exotherme Reaktion). Dazu wird die Starttemperatur vor dem ersten Katalysator durch Beimischung von Sattdampf auf 350-400 C eingestellt. Weiters bewirkt der Wasserdampfgehalt im Rohgas eine Begrenzung aufgrund einer Aktivitätsbeschränkung. Ein Mindestgehalt ist erforderlich, um bei den vorhandenen Teergehalten eine Verkokung zu vermeiden. 6
0,90 0,80 5,349 0,70 0,60 0,50 0,40 0,30 0,20 4,167 3,969 3,435 3,406 5,000 3,000 1,000 2 0,10 0,00 14.10.2009; Stroh+Rapskuchen Nach Shift 1 Nach Shift 2 Nach Shift 1 Nach Shift 2 Abbildung 5: Beispiel Gaszusammensetzungen PRODUKTGAS bei Shiftreaktion, gemessen. Abschließend wird das Gas durch einen Nachkühler dem Gebläse zugeführt, welches das Produktgas über eine Messblende wieder in den Hauptgasstrom zurück fördert. Die Menge des Produktgases, welches über diese Produktgasnachbehandlung geführt wird ist einstellbar und beeinflusst nicht den Vergasungsprozess. Der Umsatz des CO wird durch mehrere Probenahmeöffnungen verfolgt, in dem Gas der Gasanalyse zugeführt wird. Durch ein geeignetes Bilanzierungsprogramm werden aus dem Gasfluss, dem zugeführten Wasserdampf und den Gasanalysedaten der Umsatz des CO aus dem Produktgas bilanziert. Die Energiebilanz wird durch chemisch-thermodynamische Stoffwerte abgebildet. 0,40 alle Gaszusammensetzungen trocken; Wassergehalt auf feucht bezogen 700 Modellgas Schmelzvergasung GRAZ; 12.08.2009 0,35 650 0,30 600 0,25 0,20 0,15 2 Wasserdampfanteil [%v/100 tr] Endtemperatur [ C] 550 500 450 Reaktionsendtemperatur [ C] 0,10 400 0,05 350 0,00 300 0,00 0,10 0,20 0,30 0,40 0,50 0,60 0,70 0,80 0,90 1,00 Konversionsrate CO molenbezogen Abbildung 6: Veränderung der Gaszusammensetzungen PRODUKTGAS durch Shiftreaktion, Konversionsrate (errechnet adiabat); Starttemperatur 340 C, Beispieldaten 12.08.2009 7