Anforderungen an den Schallschutz beim Austausch des Bodenbelags in rechtlicher Hinsicht

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Transkript:

Obj100 Anforderungen an den Schallschutz beim Austausch des Bodenbelags in rechtlicher Hinsicht Beispiele aus der Praxis: Verlegen eines Parkettbodens anstelle bisherigen Teppichbelags Änderung des Bodenaufbaus zum Zwecke des Einbaus einer Fußbodenheizung im Zuge von Renovierungen von Eigentumswohnungen Modernisierungsmaßnahmen vermieteter Wohnungen Erwerb einer Eigentumswohnung mit Sanierungsverpflichtung Problem: Welcher Dämmwert ist bei Sanierungen im Bestand geschuldet? Definition Dämmwert: Der Dämmwert ist bauteilsbezogen und bemisst sich am Gesamtaufbau, z.b. der Geschossdecke einschließlich Unterkonstruktion und Belag. In Betracht kommende Rechtsverhältnisse: Werkunternehmer gegenüber Auftraggeber Verkäufer gegenüber Erwerber Eigentümer untereinander Vermieter gegenüber Mieter Eigentümer gegenüber Behörde

Zu beachtende Normen: 633 I BGB (Werkvertrag) Individual-vertragliche Regelungen ergänzende Rechtsprechung z.b. zur Prospekthaftung 14 I, 15 III WEG i.v.m. 1004 I BGB (Wohnungseigentumsrecht) 535 I BGB (Mietvertrag) Rechtsprechung im Überblick: Rechtsprechung zum Werkvertragsrecht Zum Werkvertragsrecht: OLG Frankfurt 1. Baut ein Bauträger ein Kasernengebäude in eine Eigentumswohnanlage mit neuen Balkonen und ausgebautem Dachgeschoss um, so haftet er nicht nur für die ausgeführten Umbauarbeiten, sondern auch für die Altbausubstanz nach den Gewährleistungsregeln des Werkvertragsrechts. 2. Konnte der Erwerber aufgrund des Umfangs der geschuldeten oder erbrachten Umbauleistungen davon ausgehen, dass der Stand der anerkannten Regeln der Technik bezüglich der Luft- und Trittschalldämmung eingehalten wird, so schuldet der Bauträger deren Einhaltung. Urteil vom 07.03.2007, Az.: 15 U 36/06 Zum Architektenrecht: OLG Düsseldorf 1. Der Architekt muss grundsätzlich den heute üblichen Schallschutzstandard seiner Planung für den Umbau und die Sanierung einer Eigentumswohnung zu Grunde legen. 2. Er hat im Rahmen der Grundlagenermittlung mit dem Bauherrn zu erörtern, ob dieser das heutige Schallschutzniveau mit deutlich höheren Planungs- und Herstellungskosten erreichen will oder nicht. Urteil vom 15.07.2010, Az.: 5 U 25/09 Zum Werkvertragsrecht: BGH Kann der Erwerber nach den Umständen erwarten, dass die Wohnung in Bezug auf den Schallschutz üblichen Qualitäts-und Komfortstandards entspricht, muss der Unternehmer, der hiervon vertraglich abweichen will, den Erwerber deutlich hierauf hinweisen und ihn über die Folgen einer solchen Bauweise für die Wohnqualität aufklären. Der Verweis des Unternehmers in der Leistungsbeschreibung auf Schalldämmung nach DIN 4109 genügt hier nicht. Urteil vom 04.06.2009, Az.: VII ZR 54/07

Überblick Rechtsprechung Werkvertragsrecht Ohne anderweitige vertragliche Regelung bei Eingriffen in die Bausubstanz grundsätzlich aktueller Standard = erhöhter Schallschutz (DIN 4109 Beiblatt 2) geschuldet Keine Haftung des Werkunternehmers bei ausreichend erteilten Hinweisen oder abweichender vertraglicher Regelung Keine Haftung des Architekten bei ausreichender Erörterung Hinweispflicht des Auftragnehmers auf mögliche Änderungen des Dämmwerts auch bei bloßem Austausch des Bodenbelags??? Rechtsprechung zum Mietrecht Zum Mietrecht: BGH Ein Mieter kann ohne besondere vertragliche Regelung nicht erwarten, dass seine Wohnung einen Schallschutz aufweist, der über die Einhaltung der zur Zeit der Errichtung des Gebäudes geltenden DIN-Vorschriften hinausgeht. Az. VIII ZR 85/09 Rechtsprechung zum WEG-Recht (Verhältnis der Eigentümer untereinander) Zum WEG-Recht: OLG Frankfurt Werden Jahrzehnte nach der Errichtung eines Bauwerkes Veränderungen des Oberbodenbelags durch den einzelnen Wohnungseigentümer vorgenommen, sind für den Trittschallschutz die DIN-Normen maßgebend, die bei Vornahme der Umbauarbeiten gelten. Beschluss vom 28.06.2004, Az. 20 W 95/01 Zum WEG-Recht: OLG München 1. Der maximal zulässige Trittschall in Wohnungseigentumsanlagen kann nicht ausschließlich der einschlägigen DIN 4109 entnommen werden. Die zulässigen Werte sind vielmehr unter Berücksichtigung des besonderen Gepräges des betroffenen Gebäudes für den Einzelfall zu ermitteln. 2. Waren die bei Errichtung des Wohngebäudes erreichten und prägenden Trittschallwerte erheblich besser als nach der damals geltenden DIN, so bildet auch die im Zeitpunkt der nachteiligen Veränderung des Bodenbelags gültige DIN nicht die maximale Obergrenze, bis zu der eine Trittschalldämmung verlangt werden kann.

Beschluss vom 09.01.2008, Az.: 34 Wx 114/07 Zum WEG-Recht OLG Saarbrücken: Der schallschutztechnische Standard einer Wohnanlage wird durch den bei Begründung des Wohnungseigentums bestehenden Zustand bestimmt. Beschluss vom 10.04.2006, Az. 5 W 253/05-76 Zum WEG-Recht OLG Brandenburg: Der beeinträchtigte Wohnungseigentümer kann vom Störer im Rahmen der Mindestanforderungen der geltenden Schallschutznorm grundsätzlich Maßnahme verlangen, die ein dem Zustand vor der Veränderung entsprechendes Schallschutzniveau gewährleisten. Der Wohnungseigentümer darf zumindest auf die Fortdauer des tatsächlich vorgeprägten Schallschutzniveaus, den Ausstattungsstandard der Anlage im Zeitpunkt der Begründung von Wohnungseigentum vertrauen. Urteil vom 20.05.2010, Az.: 5 Wx 20/09 Zusammenfassend OLG München: Gebäudespezifische Kriterien maßgeblich - vertraglich vereinbartes Schallschutzniveau bei Begründung der Gemeinschaft - hilfsweise vorgeprägtes Schallschutzniveau durch Bestand Aktuelle DIN-Vorschrift weder Ober- noch Untergrenze Zusammenfassend OLG Frankfurt aktuelle DIN-Vorschrift, soweit technisch machbar Verpflichtung zur Verwendung eines bestimmten Bodenbelags zumutbar, wenn nur mit diesem der Normwert erzielt werden kann Zusammenfassend OLG Brandenburg Prägung maßgeblich aktuelle DIN stellt Untergrenze Zusammenfassend OLG Saarbrücken Generell nur Gebäudeprägung maßgeblich DIN 4109 unbeachtlich

Allgemeine Kriterien nach der Rechtsprechung Vertragliche Bestimmung des Schallschutzniveaus maßgeblich Gebäudeprägung hilfsweise bestimmend Keine Schutzwürdigkeit bei mangelhafter Ausführung Rechtsprechung uneinheitlich, inwieweit DIN 4109 jeweils als Ober- und/oder Untergrenze gilt