Grundlagen und einfache Berechnungsverfahren Igo Etrich Club Austria LOLH, 2010-09-11 1 / 47
Der Referent Karrierebeginn 1978 Studium LRT/Flugzeugbau Uni Stuttgart / FH Aachen Akaflieg Stuttgart / FVA The Lancair Company (Lancair Certified Aircraft) 2001/02 Impulse Aircraft 2004 & 2005 XtremeAir 2006 seit 2009: Statiker bei Diamond Aircraft 2 / 47
Ziel des heutigen Seminars Lastenrechnung: Grundlage für den Festigkeitsnachweis Kombination aus Flugmechanik, Aerodynamik und Technischer Mechanik Überblick über die Vorsstellung einfacher Berechnungsmethoden für Handrechnung oder Tabellenkalkulation Berechnung eines Beispiellastfalls für ein fiktives Flugzeug Einflussparameter 3 / 47
Festigkeitsnachweis: Stellung der Lastenrechnung Entwurf Betriebsgrenzen Rechnung Versuch Zulassung 4 / 47
Bauvorschrift CS-VLA EASA CS-VLA als Grundlage der Lastenrechnung CS-VLA herausgegeben von der EASA European Aviation Safety Agency Very Light Aeroplanes (750kg, 45kts, 2 Sitze) Kapitel C Structures: Anforderungen an Lasten und Festigkeit, zugleich Rechenanleitung Durch CS-VLA vorgegebene Belastungen bei allen zulässigen Massen und Massenverteilungen Appendix A: Simplified structural design criteria AMC (Book 2), auch in CS-23 (ausführlicher) 5 / 47
Übersicht positive und negative Lastvielfache Fluggeschwindigkeiten Böen Ruderbetätigung Landeklappen Motorlasten Fahrwerkslasten 6 / 47
EC-1 Leermasse m leer 500 kg Min. Flugmasse m min 585 kg Max. Flugmasse m min 730 kg Flügelmasse m Fl 35 kg Flügelfläche S 10, 2 m 2 Spannweite b 10 m Flügelstreckung Λ 9.8 HLW-Fläche S H 2, 0 m 2 Max. Auftriebsbeiwert (clean) c A,max 1, 5 Max. Auftriebsbeiwert (dirty) c A,max,L 2, 2 Min. Auftriebsbeiwert (clean) c A,min 1, 1 Wirkfaktor HLW 1 ε α 0, 7 Max. Horizontalflug- V H 230 km/h geschwindigkeit 63, 9 m/s 7 / 47
bildet Fluggeschwindigkeiten (v) und Lastvielfache (n) ab gibt so den Auslegungsbereich des Flugzeugs wieder Grenzen des s sind Grundlage für 8 / 47
Lastvielfaches Verhältnis zwischen Flugzeuggewicht und aerodynamischem Auftrieb Auftriebskraft nach oben: positives Lastvielfaches Unbeschleunigter Horizontalflug: n=1 Schwerelosigkeit: n=0 CS-VLA 321 (a) 9 / 47
Böenlasten 1 Durchflug durch Luft mit sich ändernder Vertikalgeschwindigkeit Erhöhung des Anstellwinkels Zusätzlicher Auftrieb horizontale Böen werden bei SLW- und Landeklappenlastfällen betrachtet 10 / 47
Böenlasten 2 Böenform: 1-cos U = U de 2 ( 1 cos( 2πS ) 25C ) Ursprung: Messungen der NACA Charakterisierung durch folgende Parameter: vertikale Böengeschwindigkeit Länge der Böe Anzunehmende Böen 333: U de = ±15, 24m/s bei v C U de = ±7, 62m/s bei v D 11 / 47
Design Cruising Speed v C Mindestwert: v C 2.4 Mg/S Einschränkung: v C muss nicht größer sein als 0.9 v H Für das : 730kg 9,81 V C,min = 2, 4 m s 2 = 63, 6 m 10,2m 2 s V C 0, 9 V H = 0, 9 63, 9 m s = 57, 5 m s gewählt: V C = 60 m s 12 / 47
Design Dive Speed v D 1. v D 1.25 V C 2. bei Verwendung des Mindestwerts für v C : v D 1.40 V C,min Für das : V D 1, 25 V C = 1, 25 60, 0 m s = 75, 0 m s V D 1, 40 V C,min = 1, 40 63, 6 m s = 89, 0 m s gewählt: V D = 75, 0 m s 13 / 47
Böenlastvielfache 1 CS-VLA 341 mit und Auftriebsanstieg: Gust Load Factors n gust = 1 ± 1 2 ρ 0 v c A.α K g U de M g S K g = 0, 88 µ g 5, 3 + µ g µ g = 2 M S ρ l µ c A.α c A.α = 2πΛ Λ 2 + 4 + 2 = 5.13 14 / 47
Böenlastvielfache 2 Böenlastvielfache für verschiedene Massen und Flughöhen: h = 0m h = 4000m ρ = 1, 225 kg ρ = 0, 81914 kg m 3 m 3 m = 730kg n C+ = 3, 92 n C+ = 4, 11 n C = 1, 92 n C = 2, 11 m = 585kg n C+ = 4, 47 n C+ = 4, 76 n C = 2, 47 n C = 2, 76 ρ 0 = ρ(0m) = 1, 2250 kg m 3 ρ(3000m) = 0, 90913 kg m 3 ρ(4000m) = 0, 81914 kg m 3 15 / 47
Böenenvelope 16 / 47
Böenenvelope 16 / 47
Böenenvelope 16 / 47
Bedeutung der Böenenvelope auch starke Böen abgedeckt bis v C v C findet Eingang ins Flughandbuch als v NO Gelber Bereich des Fahrtmessers von v NO bis v NE v NE 0, 9 v D 17 / 47
Manöverlastfälle Manöver sind vom Piloten verursacht. Dazu zählen Fluggeschwindigkeiten Lastvielfache (z.b. Abfangbögen, Steilkurven) Ruderbetätigung 18 / 47
Manöverenvelope Begrenzt die Kombinationen aus Lastvielfachem und Fluggeschwindigkeit, innerhalb derer sich der Pilot bewegen darf positives Lastvielfaches n pos = 3, 8 bis v D negatives Lastvielfaches n neg = 1, 52 bei v C negatives Lastvielfaches linear abnehmend bis n = 0 bei v D 19 / 47
Manöverenvelope 1 20 / 47
Manöverenvelope 1 20 / 47
Stallparabel Mindestfluggeschwindigkeit abhängig vom Lastvielfachen oder: maximal erreichbares Lastvielfaches in Abhängigkeit von der Geschwindigkeit: n = ρ 0 c A,max S 2 m g v 2 Es müssen nur erreichbare Kombinationen aus v und n nachgewiesen werden. 21 / 47
Manöverenvelope 2 22 / 47
Manöverenvelope 2 22 / 47
Betätigungslastfälle Betätigung der Ruder bei vorgegebenen Maximalgeschwindigkeiten Höhenruder: plötzlicher Vollausschlag bei Manövergeschwindigkeit v A 1/3 des Vollausschlags bei v D Seitenruder: plötzlicher Vollausschlag und Schiebeflugzustände bei v A Querruder: plötzlicher Vollausschlag bei v A bei v C und v D Ausschlag zum Erreichen der gleichen Rollrate wie bei v A und Vollausschlag 23 / 47
Manövergeschwindigkeit CS-VLA 335 (c): v A V S n oder: Schnittpunkt von Stallparabel und Auslegungslastvielfachem Für das : V S = 2 mmax g ρ 0 c A,max S = 2 730kg 9,81 m s 2 1,225 kg m 3 1,5 10,2m2 V A = V S n = 27, 6 m s 3.8 = 53, 8 m s = 27, 6 m s 24 / 47
Manöverenvelope 3 25 / 47
Pause Kurze Pause 26 / 47
Schnittlasten Flügel Berechnung der auf den Flügel wirkenden Kräfte: Aerodynamische Kräfte und Trägheitslasten Beispielhafte Berechnung der Belastung eines Flügel in einem (möglicherweise) dimensionierenden Lastfall Bestimmung der Schnittkräfte entlang des Flügels als Basis für die Strukturdimensionierung 27 / 47
Schnittkräfte Kräfte am Schnitt: Querkraft und Biegemoment Querkraft: Auftrieb außerhalb des Schnitts Biegemoment: Auftrieb mal Hebelarm Torsion: aus Aerodynamik und Trägheit Für die Strukturdimensionierung müssen die Schnittkräfte an jedem Schnitt entlang des Bauteils bekannt sein 28 / 47
Äußere und innere Kräfte Äußere: Aerodynamische Kräfte, d.h. Auftriebsverteilung Innere: Trägheitskräfte aus Eigenmasse mal Beschleunigung Zwei Verteilungen 29 / 47
Streckenlast Auftriebs- und Massenverteilung: Summe daraus: Streckenlast aus der dann Q und M aufintegriert werden 30 / 47
Diskretisierung Trick, um die Berechnung zu vereinfachen: Unterteilung des Bauteils in kleine Stücke Berechnung eines für das jeweilige Stück gültigen Wertes der Verteilungen Berechnung von Summen statt Integralen 31 / 47
Auftriebsverteilung Einfaches Verfahren nach Schrenk Mittelwert zwischen tatsächlichem Grundriss und flächengleicher Ellipse skalierbar für jeweiligen Auftrieb Klappen- und Ruderausschläge durch entsprechende Zusatzverteilung abgebildet l Schrenk (y) = 1 2 l(y) + 4 S ( ) 2 y 2 π b 1 b 32 / 47
Beispielflügel 33 / 47
Diskretisierte Massenverteilung 34 / 47
Diskretisierte Auftriebsverteilung da i = ρ 2 v 2 S i c A = ρ 2 v 2 l i dy c A = n m g li dy S 35 / 47
Gesamtverteilung Summe aus Auftriebs- und Trägheitskräfteverteilung Auftrieb: größe Schnittlasten Trägheitskräfte: wirken dem entgegen, reduzieren Schnittlasten Kritischer Fall: hoher Auftrieb, geringe Trägheitskräfte maximale Flugzeugmasse leichter Flügel, schwerer Rumpf großes Lastvielfaches Böenlastfall bei v C mit m mzf q i = da i + n dm i g 36 / 47
Gesamtverteilung 37 / 47
Querkraftverlauf Summierung der Einzelkräfte von außen nach innen Querkraftverlauf i Q i = k=n q k 38 / 47
Querkraftverlauf 39 / 47
Biegemomentenverlauf Summierung der Einzelkräfte mal jeweiligem Hebelarm von außen nach innen Biegemomentenverlauf M i = Für Tabellenkalkulation: i q k (y k y i ) k=n M i = M i+1 + Q i+1 (y i+1 y i ) = M i+1 + Q i+1 dy 40 / 47
Biegemomentenverlauf 41 / 47
Plausibilitätscheck Q: ( 1 2 730kg 35kg) 3.92 9.81 m s 2 = 12, 69kN M: 12, 69kN 0, 42 5m = 26, 65kNm 42 / 47
Diskretisierte Auftriebsverteilung Auftriebsschwerpunkt weiter außen als bei elliptischer Verteilung 43 / 47
Auswirkung Flügeltank 44 / 47
Schnittlasten ausreichend für Holmdimensionierung 45 / 47
Einflussparameter Parameter, die sich auf Q und M auswirken: Flügelmasse: Entlastung z.b. durch Sprit im Flügel Spannweite: größerer Hebelarm größeres Biegemoment Spannweite: Streckung, Auftriebsanstieg, Böenlastvielfache Winglets: erhöhen die Streckung Flächenbelastung: höhere Böenlastvielfache, aber geringere design airspeeds Zuspitzung: verlagert Auftriebsschwerpunkt nach innen 46 / 47
Literatur CS-VLA, EASA 2003 Technische Mechanik Voit-Nitschmann:, IFB, Uni Stuttgart Reimerdes, Kämpchen/Kruse, Eichner: Auslegung und Struktur von Leichtflugzeugen, ilb, RWTH Aachen 47 / 47