Rücktritt vom Versuch ( 24)

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Gliederung. Einleitung

Transkript:

Rücktritt vom Versuch ( 24) I. Vorprüfung II. Tatbestandsmäßigkeit 1. Subjektiver Unrechtstatbestand a) Tatbestandsvorsatz b) (ggf) besondere Absichten etc 2. Objektiver Unrechtstatbestand a) Unmittelbares Ansetzen ( 22) b) (ggf) besondere Tätermerkmale III. Rechtswidrigkeit IV. Schuld V. Rücktritt vom Versuch ( 24)

Rücktritt vom Versuch ( 24) Dogmatische Einordnung des 24: persönlicher Strafaufhebungsgrund => Nur der Zurücktretende bleibt straflos! => Prüfung nach der Schuld.

Rücktritt vom Versuch ( 24) Grund der Straflosigkeit: 1. Kriminalpolitische Theorie Opferschutz 2. Verdienstlichkeitstheorie Belohnung 3. Strafzwecktheorie

Ausschluss des Rücktritts: - (zurechenbarer) Eintritt des Taterfolgs - Fehlgeschlagener Versuch (hm) => Wenn Täter nach seiner Vorstellung den tatbestandlichen Erfolg mit den verfügbaren Mitteln nicht oder nur nach relevanter (zeitlicher) Zäsur erreichen kann.

Fehlschlag (P) Beurteilungsperspektive bei mehraktigem Geschehen Bsp: (1) Täter versucht vergeblich, sein Opfer mit einer Flasche zu erschlagen, was sich wegen Beengtheit des Tatorts (Kleinwagen) als unmöglich darstellt, geht (2) zum Würgen über und (3) lässt dann davon (freiwillig) ab (BGHSt 10, 129). => Gesamtbetrachtung (Erschlagen & Erwürgen) oder Einzelakt (fehlgeschlagenes Erschlagen)?

Rücktrittsvoraussetzungen -> unbeendeter Versuch => (freiwillige) Aufgabe der weiteren Ausführung der Tat oder Situation: Täter hat noch nicht alles getan, was nach seiner Auffassung zur Herbeiführung des tb-lichen Erfolges erforderlich ist. -> beendeter Versuch => (freiwillige) Verhinderung der Vollendung der Tat Situation: Täter hat alles getan, was nach seiner Vorstellung für die Erfolgsherbeiführung erforderlich ist.

Beendeter oder unbeendeter Versuch? (P) Beurteilungsperspektive Bsp: (1) T plant, sein Opfer durch einen Messerstich in den Nacken zu töten. (2) Wider Erwarten führt der Stich nicht einmal zu einer lebensgefährlichen Verletzung. (3) T unternimmt nichts mehr und O entfernt sich (nach BGHSt 35, 90). => Tatplanhorizont (Tötung durch einen Messerstich) oder Rücktrittshorizont (Verzicht auf möglichen zweiten Stich)?

Rücktritt vom beendeten Versuch ( 24 I S. 1 Alt. 2) => es muss die Vollendung verhindert werden (-) grdsl auch dann, wenn Zufall oder Eingreifen Dritter die Verhinderungsbemühungen zunichte macht; Str, ob (hm) jedes Anstoßen einer für das Ausbleiben der Vollendung jedenfalls (mit)ursächlichen Kausalkette genügt oder ob die (aus Tätersicht) optimale Erfolgsverhinderungsmöglichkeit gewählt werden muss.

Rücktritt vom unbeendeten Versuch ( 24 I S. 1 Alt. 1) => es muss die Ausführung der Tat aufgegeben werden (P) Denkzettel (BGHSt 39, 221): T sticht O ein Messer mit bedingtem Tötungsvorsatz in den Bauch, um O einen Denkzettel zu verpassen und entfernt sich in der Vorstellung, O nicht lebensgefährlich verletzt zu haben. => Rücktritt nach 24 I (-), da außertatbestandliches Handlungsziel verwirklicht wurde, oder so BGH aao (+) durch bloßes Nichtweiterzustechen, da entscheidend allein tatbestandliche Erfolge (u nicht die erfolgreiche Verabreichung eines Denkzettels).

Rücktritt vom unbeendeten Versuch ( 24 I S. 1 Alt. 1) => es muss die Ausführung der Tat aufgegeben werden (P) Denkzettel (BGHSt 39, 221) (P) Objektiv beendeter Versuch - Erfolgseintritt (P) Muss die Tat endgültig aufgegeben werden? Bsp: T hat sich entschlossen, in die Gartenlaube des O einzubrechen. Als er gerade dabei ist, sein Brecheisen am Scharnier der Tür anzusetzen, fällt ihm ein, dass in wenigen Minuten eine Fernsehsendung kommt, die er ungern verpassen möchte. T beschließt daraufhin, den Einbruch in der folgenden Nacht durchzuführen. => Aufgabe im Ganzen und endgültig o Aufgabe der konkreten Ausführungshandlung o (vermittelnde Auffassung) Abstandnahme von der durch Tatobjekt, Tatsituation u Tatziel konkretisierten Tat.

Rücktritt vom unbeendeten Versuch ( 24 I S. 1 Alt. 1) => es muss die Ausführung der Tat aufgegeben werden (P) Denkzettel (BGHSt 39, 221) (P) Objektiv beendeter Versuch - Erfolgseintritt (P) Muss die Tat endgültig aufgegeben werden? (P) Korrektur des Rücktrittshorizonts (BGHSt 36, 224): T sticht O ein Messer mehrmals in den Oberkörper und äußert Jetzt bist Du alle. O erwidert Ich lebe noch und läuft davon. => Nach BGH aao steht eine kurze irrige Vorstellung eines beendeten Versuchs dem Rücktritt nach 24 I S 1 Alt 1 nicht entgegen.

Rücktritt vom unbeendeten Versuch ( 24 I S. 1 Alt. 1) => es muss die Ausführung der Tat aufgegeben werden (P) Denkzettel (BGHSt 39, 221) (P) Objektiv beendeter Versuch - Erfolgseintritt (P) Muss die Tat endgültig aufgegeben werden? (P) Korrektur des Rücktrittshorizonts (BGHSt 36, 224) (P) Rücktritt vom untauglichen o (unerkannt) fehlgeschlagenen Versuch => 24 I S. 2

Rücktritt bei mehreren Beteiligten ( 24 II) => Verschärfung der Rücktrittsvoraussetzungen wg erhöhter Gefährlichkeit! => (Rücktritt des Haupttäters bei Anstiftung/Beihilfe nach 24 I u Rücktritt des Teilnehmers nach 24 II!) Rücktrittsvoraussetzungen: - Verhinderung der Tat ( 24 II S. 1) - Aufgabe der Tat bei freiwilligem u ernsthaftem Bemühen der Vollendungsverhinderung ( 24 II S. 2), wenn (a) (bspw bei untaugl Versuch) die Tat ohne Zutun o (b) unabhängig von früherem Tatbeitrag begangen wird.

Freiwilligkeit als gemeinsame Rücktrittsvoraussetzung Bsp BGHSt 35, 184: T verzichtet auf Tötung des (bereits schwer verletzten) Freundes seiner Ex-Ehefrau, um stattdessen diese zu töten. Weiteres klassisches Bsp BGHSt 9, 148: T einer versuchten Vergewaltigung lässt von Opfer ab, da dieses ihn überraschend (er)kennt. => (1) hm: Freiwilligkeit (+) bei autonomer Motivation (-) bei heteronomen Gründen (2) aa: Freiwilligkeit (+), wenn der Täter unter straftheoretischer Perspektive nicht bestraft werden muss