Art. 24 BGFA, Art. 27 Abs. 2 BGFA. Anforderungen an die von Anwältinnen und Anwälten aus Mitgliedstaaten der EU/EFTA geführten Fachanwaltstitel.



Ähnliche Dokumente
Zuständiges Gericht oder Verwaltungsbehörde. Kantonale, öffentliche Liste gemäss Art. 28 BGFA

gestützt auf 9, 10 Abs. 2 und 19 Abs. 2 des kantonalen Anwaltsgesetzes vom 29. Mai 2002, 2

Newsletter Immobilienrecht Nr. 10 September 2012

D i e n s t e D r i t t e r a u f We b s i t e s

Anhang V zur Weiterbildungsordnung SSO

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS. vom. 17. Oktober in der Patentnichtigkeitssache

RECHT AKTUELL. GKS-Rechtsanwalt Florian Hupperts informiert über aktuelle Probleme aus dem Beamten- und Disziplinarrecht

I. Verfahren bei der Handelsregistereintragung A. Sitzverlegung an einen bestimmten Ort in der Schweiz (Art. 4 Abs. 1 des BRB) vom 12.

Az. StO 1/03. Leitsatz:

(Text von Bedeutung für den EWR)

e-book Rechtsanwaltskanzlei Knoop

Reglement Mediator SAV / Mediatorin SAV

DOWNLOAD. Wortfeld Recht. Fachausdrücke des Alltags verstehen und anwenden. Jens Eggert. Downloadauszug aus dem Originaltitel:

Offenlegung von Abschlussunterlagen. I. Größenklassen und Offenlegungspflichten


Erfahrungen mit Hartz IV- Empfängern

Muster für den Antrag auf Durchführung eines Gütestellenverfahrens

Bitte beantworten Sie die nachfolgenden Verständnisfragen. Was bedeutet Mediation für Sie?

Made in Germany Referent: Rechtsanwalt Andreas Kammholz Geschäftsführer des TÜV Markenverbunds

Leitsätze: Hinweis: Der Beklagte lehnte die Gewährung von BAföG ab.

Gleichwertigkeitsanerkennung nach Art. 119b AVIV

DNotI. Fax - Abfrage. GrEStG 1 Abs. 3 Anteilsvereinigung bei Treuhandverhältnissen. I. Sachverhalt:

Teilrevision des Einführungsgesetzes zum Bundesgesetz über die Freizügigkeit der Anwältinnen und Anwälte (EG BGFA)

Jugendschutzgesetz (JuSchG) Die Besonderheit der "erziehungsbeauftragten" Person am Beispiel Diskotheken- und Gaststättenbesuch

Lineargleichungssysteme: Additions-/ Subtraktionsverfahren

IPR: Internationales Gesellschaftsrecht, Geltung der Sitztheorie im Verhältnis zu Nicht EG Mitgliedstaaten ("Trabrennbahn")

Lösung Fall 8 Anspruch des L auf Lieferung von Panini á 2,-

Nicht selten legen Kollegen während des Prozesses Ihr Mandat nieder. Dennoch bleiben sie einstweilen Zustellempfänger.

Geografische Herkunftsangaben

Website-Abmahnungen wegen Datenschutzverstößen Eine Renaissance?

Was meinen die Leute eigentlich mit: Grexit?

ÜBER DIE ANWENDUNG DER GRUNDSÄTZE DER SUBSIDIARITÄT UND DER VERHÄLTNISMÄSSIGKEIT

Professionelle Seminare im Bereich MS-Office

PUBLIC LIMITE DE RAT DER EUROPÄISCHEN UNION. Brüssel, den 4. Mai 2007 (25.05) (OR. en) 8935/1/07 REV 1. Interinstitutionelles Dossier: 2005/0261(COD)

Fachanwalt für Erb-, Steuerund Versicherungsrecht. Erblasser

FÖDERALE PARLAMENTSWAHLEN VOM... WAHLVOLLMACHT (*)

Im Folgenden werden einige typische Fallkonstellationen beschrieben, in denen das Gesetz den Betroffenen in der GKV hilft:

Brandenburgisches Oberlandesgericht. Beschluss

DURCHFÜHRUNGSBESCHLUSS DER KOMMISSION

auf Frauen und Männer in gleicher Weise bezogen. 1 Alle maskulinen Bezeichnungen von Personen und Funktionsträgern in dieser Satzung sind

Was ist Sozial-Raum-Orientierung?

Ablehnung der Verfahrenseröffnung im Fall Thomas Hübner gegen Landesvorstand Sachsen-Anhalt

Die außerordentliche Revision wird gemäß 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen ( 510 Abs 3 ZPO).

Vorschlag für eine DURCHFÜHRUNGSVERORDNUNG DES RATES

B e s c h l u s s B e g r ü n d u n g :

Kann K von V die Übertragung des Eigentums am Grundstück verlangen?

Gesetz zum Schutz der Berufsbezeichnungen "Ingenieurin" und "Ingenieur" (Ingenieurgesetz - IngG)

das usa team Ziegenberger Weg Ober-Mörlen Tel Fax: mail: lohoff@dasusateam.de web:

BUNDESRECHTSANWALTSKAMMER IHR ANWALT FÜR ERBRECHT

Christina Klein. Wie Sie Ihre Ideen schützen können. interna Ihr persönlicher Experte

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS. vom. 17. April in dem Rechtsstreit

Landesarbeitsgericht Nürnberg BESCHLUSS

Reformbedarf im UWG: Zur Umsetzung der UGP-Richtlinie. 10 Jahre UGP-Richtlinie: Erfahrungen und Perspektiven

Europäischer Fonds für Regionale Entwicklung: EFRE im Bundes-Land Brandenburg vom Jahr 2014 bis für das Jahr 2020 in Leichter Sprache

Die Post hat eine Umfrage gemacht

Nicht über uns ohne uns

Die Industrie- und Handelskammer arbeitet dafür, dass Menschen überall mit machen können

Erläuterungen zur Untervergabe von Instandhaltungsfunktionen

Fachanwältin für Familienrecht. Mietverhältnis

BESCHLUSS DES GEMEINSAMEN EWR-AUSSCHUSSES Nr. 15/2001 vom 28. Februar zur Änderung des Anhangs IX (Finanzdienstleistungen) des EWR-Abkommens

Lösungsstichworte zu den Handelsregister-Fällen. Zu Fall 1: Anspruch des K gegen V auf Lieferung des Safts ( 433 I BGB)

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS. vom. 15. März in der Zwangsverwaltungssache

Merkblatt des Vorprüfungsausschusses "Fachanwalt für Sozialrecht" der Rechtsanwaltskammer Köln

FRAGE 39. Gründe, aus denen die Rechte von Patentinhabern beschränkt werden können

Befristung Inkrafttreten des TzBfG BeschFG Abs. 1; TzBfG 14 Abs. 2 Satz 1 und 2

Dieser Ablauf soll eine Hilfe für die tägliche Arbeit mit der SMS Bestätigung im Millennium darstellen.

SÄCHSISCHES OBERVERWALTUNGSGERICHT. Beschluss

Merk blatt. Zusätzliche Angaben für Versicherungsvermittler und -berater erforderlich:

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS IX Z A 16/14. vom. 18. September in dem Rechtsstreit

Informationen für Enteignungsbetroffene

Schriftliche Opfererklärung und Rederecht

Inhalt. Einführung in das Gesellschaftsrecht

Patientenmobilität an der schweizerischen Grenze

Einleitende Bemerkungen

Addendum zum Standard ech-0108 Unternehmens- Idendtifikationsregister

Der Vollstreckungsbescheid. 12 Fragen und Antworten

Hinweise zum Ausfüllen der Zeiterfassung

Um sich zu registrieren, öffnen Sie die Internetseite und wählen Sie dort rechts oben

Die neue Aufgabe von der Monitoring-Stelle. Das ist die Monitoring-Stelle:

Der Auskunftsanspruch des Pflichtteilsberechtigten. Wenn ein Pflichtteilsanspruch besteht, muss dieser auch durchgesetzt werden können.

Fachübergreifende Modulprüfung Europäische und internationale Grundlagen des Rechts. 21. April 2015

Checkliste «Datenbekanntgabe»

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL. 6. Oktober 2010 Ermel, Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle. in dem Rechtsstreit

Wie funktioniert ein Mieterhöhungsverlangen?

Wichtig ist die Originalsatzung. Nur was in der Originalsatzung steht, gilt. Denn nur die Originalsatzung wurde vom Gericht geprüft.

BSV Software Support Mobile Portal (SMP) Stand

.htaccess HOWTO. zum Schutz von Dateien und Verzeichnissen mittels Passwortabfrage

Welche Bereiche gibt es auf der Internetseite vom Bundes-Aufsichtsamt für Flugsicherung?

Verordnung über die Eignungsprüfung für die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft

Landes-Arbeits-Gemeinschaft Gemeinsam Leben Gemeinsam Lernen Rheinland-Pfalz e.v.

Eigenerklärung des Bewerbers zu Gründen, die gemäß 6 EG Abs. 4 VOL/A zwingend zum Ausschluss von der Teilnahme am Vergabeverfahren führen

HANDLUNGSHINWEISE DES AUSSCHUSSES STEUERRECHT

Häufig gestellte Fragen zum Thema Migration

Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag

Partitionieren in Vista und Windows 7/8

Deutschland-Check Nr. 35

Anleitung öffentlicher Zugang einrichten

Bundesgesetz über Beiträge an die Aufwendungen der Kantone für Stipendien und Studiendarlehen

Die Umsetzung der Richtlinie gegen unlautere Geschäftspraktiken in Deutschland. Dr. Birte Timm-Wagner, LL.M. Bundesministerium der Justiz

Transkript:

Art. 24 BGFA, Art. 27 Abs. 2 BGFA. Anforderungen an die von Anwältinnen und Anwälten aus Mitgliedstaaten der EU/EFTA geführten Fachanwaltstitel. Art. 24 BGFA fordert, dass die dienstleistungserbringenden Anwältinnen und Anwälte ihre ursprüngliche Berufsbezeichnung in der Amtssprache ihres Herkunftsstaats verwenden, unter Angabe der Berufsorganisation, deren Zuständigkeit sie unterliegen, oder des Gerichts, bei dem sie nach den Vorschriften dieses Staats zugelassen sind. Eine Spezialisierung als Fachanwalt/Fachanwältin ist vom Inhalt her ebenfalls als Berufsbezeichnung im Sinne von Art. 24 BGFA zu qualifizieren. Damit ist auch bei einer Spezialausbildung ein Vermerk auf die Herkunftsbezeichnung anzubringen. Zu prüfen war der von einer deutschen Rechtsanwältin geführte Titel "Fachanwältin für Familienrecht". Aus den Erwägungen: "4.3.2. Grundlagen des BGFA zur Titelführung / Titelverwendung 4.3.2.1. Die Aufsichtskommission hat sich bereits in mehreren Disziplinarverfahren mit Fragestellungen befassen müssen, welche das Auftreten eines Anwalts und hier vorab die Titelwahl bzw. die Titelverwendung und / oder die Anpreisung spezieller Fähigkeiten betrafen. 4.3.2.2. So hat die Aufsichtskommission mit Beschluss vom 6. November 2008 (publiziert in: ZR 108/2009 Nr. 24) etwa das nicht den tatsächlichen Gegebenheiten entsprechende Anführen des Zusatzes 'Eingetragen im Anwaltsregister' disziplinarrechtlich beurteilt. Die unkorrekte Verwendung des Hinweises 'Lehrbeauftragter an der Universität' wurde sodann im Beschluss vom 3. April 2008 sanktioniert (dazu: Georg Pfister, Aus der Praxis der Aufsichtskommission über die Anwältinnen und Anwälte des Kantons Zürich zu Art. 12 BGFA, in: SJZ 105/2009 Nr. 12 S. 285 ff., S. 292 bei Fn 45). In einem Beschluss vom 5. Oktober 2006 (dazu: Georg Pfister, a.a.o., S. 292 bei Fn 46) ging es um die Verwendung der Firmenbezeichnung 'Advokatur und Notariat'. Die fehlende bzw. nicht einlässliche Konkretisierung der geografischen Positionierung der entsprechenden notariellen Tätigkeit führte zu einer Disziplinierung. In einem etwas älteren Entscheid vom 4. März 2004 ging es um die unberechtigte Verwendung eines Doktortitels durch einen Anwalt; auch dies wurde sanktioniert. Was die Zulässigkeit der Bezeichnung

- 2 - 'Rechtsanwälte und Notare' betrifft, so hat sich die Aufsichtskommission dazu am 5. Februar 2009 vernehmen lassen (publiziert in: ZR 108/2009 Nr. 21). 4.3.2.3. In der anwaltlichen Spezialliteratur findet sich etwa auch ein Hinweis auf einen Entscheid einer deutschen Aufsichtsbehörde, welche den Zusatz 'Associates' im Briefkopf einer deutschen Anwaltskanzlei als täuschend qualifizierte, weil dieser Hinweis eine Internationalität suggeriere, welche im konkreten Fall nicht vorgelegen sei (zitiert bei: Walter Fellmann, a.a.o., Art. 12. N 115 Fn 421). Der Website der Rechtsanwaltskammer Köln (http://www.rak-koeln.de/index.- php?index=659) lässt sich ein Entscheid des Deutschen Landesgerichtes München vom 9. Februar 2010 entnehmen, welche einem Rechtsanwalt, welcher kein Fachanwalt für Erbrecht war, verwehrte, sich als 'Spezialist für Erbrecht' zu bezeichnen. 4.3.2.4. In einem kürzlich gefällten Entscheid der Aufsichtskommission vom 4. Februar 2010 ging es um die Thematik der Führung des Titels 'Fachanwalt Erbrecht', und zwar für einen Anwalt, der nicht alle Teile des Ausbildungsganges zum 'Fachanwalt SAV (Erbrecht)' absolviert hatte. Diese Thematik wurde vor allem unter dem Aspekt der fehlenden Zulässigkeit einer entsprechenden Feststellungsklage behandelt. Dabei hielt die Aufsichtskommission unter anderem Folgendes fest: Angesichts dieser Vorgaben erscheint durchaus möglich, dass die unberechtigte Verwendung des vollständigen Titels 'Fachanwalt SAV Erbrecht' zu einer Disziplinierung des Trägers führen könnte; jedenfalls erfüllt der Gesuchsteller die entsprechenden Voraussetzungen vorliegend auch nach seinen eigenen Angaben nicht. Zwar steht - auch nach dem Standpunkt des Gesuchstellers - nicht die Verwendung dieser vollständigen Bezeichnung zur Diskussion; aber auch die vom Gesuchsteller begehrte (reduzierte) Titelwahl und entsprechende Titelverwendung könnte allenfalls Gegenstand eines Disziplinarverfahrens bilden, erstens, weil die angeführten Titel massgebliche Elemente der geschützten Titelbezeichnung beinhalten, und zweitens, weil sich angesichts der in Frage stehenden Titel Fragen der Unterscheidbarkeit und Verwechselbarkeit stellen könnten. Die vom Gesuchsteller anbegehrten Titelwahlen und die angestrebten Titelverwendungen könnten jedenfalls in den Anwendungsbereich von Art. 12 lit. d BGFA fallen. 4.3.2.5. Alle diese Verstösse bzw. Verhalten wurden primär unter dem Aspekt von Art. 12 lit. d BGFA, sekundär unter der Norm von Art. 12 lit. a BGFA, geprüft.

- 3-4.3.3. Grundlagen für Anwältinnen und Anwälte aus Mitgliedstaaten der EU/EFTA 4.3.3.1. Staatsangehörige der EU- und EFTA-Staaten, die berechtigt sind, in ihrem Herkunftsstaat den Anwaltsberuf unter den im Anhang zum BGFA angeführten Berufsbezeichnungen zu führen, können gemäss Art. 27 BGFA in der Schweiz ständig Parteien vor Gerichtsbehörden vertreten, unter der Voraussetzung, dass sie sich bei der Aufsichtsbehörde des Kantons, in dem sie ihre Geschäftsadresse besitzen, in einer öffentlichen Liste (nicht zu verwechseln mit dem kantonalen Anwaltsregister) im Sinne eines besonderen Verzeichnisses haben eintragen lassen (Art. 28 Abs. 1 BGFA; sogen. 'Liste 28'). 4.3.3.2. Die Beschuldigte ist deutsche Rechtsanwältin. Sie ist seit 1. März 2007 in dieser 'öffentlichen Liste' eingetragen. Die von der Beschuldigten gewählte ständige Tätigkeit in der Schweiz ist eine Form der zulässigen Berufsausübung für ausländische Anwälte (Botschaft zum Bundesgesetz über die Freizügigkeit der Anwältinnen und Anwälte [Anwaltsgesetz, BGFA] vom 28. April 1999, BBl 1999 S. 6013 ff., S. 6065 ff.; vgl. dazu: Urteil des Bundesgerichts 2A.536/2003 vom 9. August 2004, Erw. 3.2 [= SJZ 100 / 2004 S. 569 ff.]; Hans Nater / Michael Tuchschmid, Die internationale Freizügigkeit nach dem Bundesgesetz über die Freizügigkeit der Anwältinnen und Anwälte, in: Bilaterale Verträge I / II Schweiz EU, Zürich-Basel-Genf 2007, S. 303-325). 4.3.3.3. Gemäss Verweisung in Art. 27 Abs. 2 BGFA gelten für diese europäischen Anwältinnen und Anwälte jedoch die weiteren Bestimmungen des vierten Abschnitts des BGFA, somit die Art. 23-25 BGFA (Hans Nater / Michael Tuchschmid, a.a.o., S. 320). 4.3.3.4. Art. 24 BGFA fordert, dass die dienstleistungserbringenden Anwältinnen und Anwälte ihre ursprüngliche Berufsbezeichnung in der Amtssprache ihres Herkunftsstaats verwenden, unter Angabe der Berufsorganisation, deren Zuständigkeit sie unterliegen, oder des Gerichts, bei dem sie nach den Vorschriften dieses Staats zugelassen sind. Grundlage dafür bilden verschiedene Richtlinien der EU (je mit Verweisungen: Urteil des Bundesgerichts 2A.536/2003 vom 9. August

- 4-2004, Erw. 3.1 [= SJZ 100 / 2004 S. 569 ff.]; Hans Nater / Michael Tuchschmid, a.a.o., S. 309 Rz 14 ff.). 4.3.3.5. Klar ist, dass alle diese Hinweise auf die Zuständigkeit / Herkunft überall dort anzubringen sind, wo die Berufsbezeichnung vom Anwalt verwendet wird, also in Eingaben, auf Schriftstücken jeglicher Art, in Firmenbroschüren, auf Visitenkarten, im Internet etc. 4.3.3.6. Illustrativ ist dazu vorab der Entscheid des Gerichtshofes der Europäischen Union in der Rechtssache C-168/98 in Sachen Grossherzogtum Luxemburg gegen Europäisches Parlament und Rat der Europäischen Union vom 7. November 2000 (abrufbar auf: www.curia.europa.eu/). Der Gerichtshof musste sich hier unter anderem mit der Frage auseinandersetzen, ob die Zulassung von ausländischen Anwälten nicht zu einer nicht gerechtfertigten Ungleichbehandlung von Inländern führe. Der Gerichtshof zog hier (unter anderem) in Betracht: Rz 28: Ausserdem hat nach Artikel 4 Absatz 1 der Richtlinie 98/5 der in einem Mitgliedstaat unter seiner ursprünglichen Berufsbezeichnung tätige Rechtsanwalt diese Berufsbezeichnung zu führen; die Bezeichnung 'muss verständlich und so formuliert sein, dass keine Verwechslung mit der Berufsbezeichnung des Aufnahmestaats möglich ist'. Rz 34: So hat nach Artikel 4 der unter seiner ursprünglichen Berufsbezeichnung tätige zuwandernde Rechtsanwalt diese Berufsbezeichnung zu führen, damit der Verbraucher erfährt, dass der Anwalt, dem er die Wahrnehmung seiner Interessen anvertraut, seine Qualifikation nicht im Aufnahmestaat erworben hat und dass sich seine ursprüngliche Ausbildung nicht unbedingt auf das nationale Recht dieses Staates erstreckte. Damit dokumentiert (auch) dieser Entscheid sehr deutlich das Erfordernis einer korrekten Berufsbezeichnung bzw. zeigt die Schutzgedanken, welche dahinter stehen. 4.3.3.7. Zweck der Bestimmung von Art. 24 BGFA ist, dass durch die Verwendung der ursprünglichen Berufsbezeichnung in der Amtssprache des jeweiligen Herkunftsstaats und durch die Angabe der ausländischen Berufsorganisation bzw. des ausländischen Zulassungsgerichts sichergestellt wird, dass die Rechtsuchenden ohne Weiteres erkennen können, dass diese Kategorie von Anwältinnen und

- 5 - Anwälten ihre beruflichen Qualifikationen nicht in der Schweiz erworben hat und dass es sich nicht um einen in der Schweiz zugelassenen Anwalt handelt, der in einem kantonalen Register eingetragen ist (Hans Nater / Michael Tuchschmid, a.a.o., S. 320; Adrian Staehelin, Daniel Staehelin, Pascal Grolimund, Zivilprozessrecht, Zürich-Basel-Genf 2008, S. 565 Rz 62, Rz 64; Dominique Dreyer, in: Fellmann/Zindel, Kommentar zum Anwaltsgesetz, Zürich 2005, Art. 24 N 1). Auch dient die Beibehaltung der ausländischen Berufsbezeichnung als Entscheidungshilfe, ob der betreffende Anwalt mit nachgewiesenen Kenntnissen einer ausländischen Rechtsordnung allenfalls auch mit Rechtsfragen zum schweizerischen Recht beauftragt werden sollte (Andreas Kellerhals / Tobias Baumgartner, in: Fellmann/Zindel, Kommentar zum Anwaltsgesetz, Zürich 2005, Art. 27 N 4). Ziel der Präzisierung der Berufsbezeichnung ist deshalb - zusammenfassend - die Verhinderung einer Verwechslungsgefahr (so bereits: Botschaft zum Bundesgesetz über die Freizügigkeit der Anwältinnen und Anwälte [Anwaltsgesetz, BGFA] vom 28. April 1999, BBl 1999 S. 6013 ff., S. 6066; Hans Nater / Michael Tuchschmid, a.a.o., S. 320) und die Schaffung einer klaren und transparenten Situation, primär im Sinne und Interesse des rechtsuchenden Publikums, aber auch einer geordneten Rechtspflege. 4.3.4. Würdigung Nachfolgend ist die Titelführung der Beschuldigten genauer zu beleuchten und zu prüfen. 4.3.4.1. In ihrem Briefpapier macht die Beschuldigte beim Titel 'Rechtsanwältin' einerseits einen Hinweis (Fussnote) auf die Liste 28 (Fn 1: 'Eingetragen bei dem Obergericht Zürich gem. Art. 28 BGFA'), anderseits einen Hinweis auf ihre Mitgliedschaft in der Rechtsanwaltskammer X (Fn 2). Beim Titel 'Fachanwältin für Familienrecht' fehlt aber jeglicher Hinweis. 4.3.4.2. Was die Verweisungen im Briefpapier mittels Fussnoten beim Titel 'Rechtsanwältin' betrifft, so entspricht die von der Beschuldigten im Briefpapier gewählte Lösung heute üblicher und weit verbreiteter Handhabung.

- 6 - Diese Darstellung bei der Berufsbezeichnung 'Rechtsanwältin' kann disziplinarrechtlich somit nicht beanstandet werden. 4.3.4.3. Dagegen präsentiert sich die Situation betreffend den gänzlich unterlassenen Hinweis der Beschuldigten zu ihrem Titel 'Fachanwältin für Familienrecht' anders. Einleitend bestehen - zur Klarstellung - keinerlei Zweifel daran, dass die Beschuldigte diesen Titel 'Fachanwältin für Familienrecht', wie die Website der Rechtsanwaltskammer X anführt, zu Recht führt. Es ist aber ein deutscher Titel, dessen Grundlage sich in einer deutschen Fachanwaltsordnung (FAO) findet. Diese Spezialisierung der Beschuldigten als Fachanwältin, neben ihrer sonstigen generellen Berufsausübung als Rechtsanwältin, ist vom Inhalt her ebenfalls als Berufsbezeichnung im Sinne von Art. 24 BGFA zu qualifizieren. Daran ändert auch nichts, dass die Erlangung dieser Spezialauszeichnung eine sonstige Tätigkeit und Berechtigung als Rechtsanwältin erfordert. Deshalb ist, soweit ein solcher Fachanwalts-Titel von einem europäischen Anwalt aufgeführt wird, wie vorliegend, auch hier die Verweisung auf die Herkunft dieser Berufsbezeichnung ebenso zwingend erforderlich wie beim allgemeinen Titel 'Rechtsanwalt'. Jedenfalls genügt die Verweisung beim Titel 'Rechtsanwältin' hier nicht, wird doch nicht automatisch auch ein Konnex zu diesem Titel gezogen. Entsprechend muss auch bei diesem von der Beschuldigten angeführten und verwendeten Titel das rechtsuchende Publikum wissen, dass die Beschuldigte über einen Titel verfügt, welcher nicht in der Schweiz erworben wurde und welcher nicht Spezialkenntnisse im Schweizer Recht beweist. Auch hier gelten die gleichen Grund- und Schutzgedanken. Da viele Länder die Spezialisierung als Fachanwalt eingeführt haben, wäre hier - vor allem im Interesse des rechtsuchenden Publikums - primär die länderspezifische Grundlage dieser Spezialausbildung hervorzuheben; dies gilt umso mehr, als die Bezeichnung 'Fachanwalt SAV', wie dargetan, in der Schweiz geschützt ist und deshalb die Gefahr einer Verwechslung und Irreführung besteht.

- 7 - Die Beschuldigte hätte deshalb - zusammenfassend - auch bei ihrer Spezialausbildung einen Vermerk auf die Herkunftsbezeichnung anbringen müssen, wobei wohl einzig, wie dargestellt, eine länderspezifische Präzisierung, wie beispielsweise 'Deutsche Fachanwältin für Familienrecht' oder 'Fachanwältin für Familienrecht gemäss deutscher Fachanwaltsordnung', den Anforderungen an eine gehörige Erläuterung genügen dürfte. Verweisungen mittels Fussnoten wären auch hier als zulässig zu erachten. 4.3.4.4. Selbst ohne die Grundlage von Art. 24 BGFA, welche, wie dargetan, bei der Berufsbezeichnung klare Herkunftsangaben fordert, müsste vorliegend schon die blosse Anführung des Titels 'Fachanwältin für Familienrecht' durch die Beschuldigte als nicht korrekt erachtet werden, da damit eine unklare bzw. unzulässige Nähe zum geschützten schweizerischen Titel 'Fachanwalt SAV (Familienrecht)' geschaffen wird und dadurch eine erhebliche Irreführungsgefahr besteht. Dies gilt umso mehr, als die Beschuldigte, was ihre Website offen legt, auch Mitglied im Zürcher Anwaltsverband (ZAV) und in verschiedenen ZAV-Fachgruppen (wie ZAV-Fachgruppe Familienrecht) ist, was für das Publikum nahe legen könnte, sie verfüge - was die Titelbezeichnung 'Fachanwältin für Familienrecht' betrifft - wohl über einen schweizerischen Titel, insbesondere auch deshalb, weil sich hier - im Gegensatz zum Titel 'Rechtsanwältin' - keinerlei weitere Vermerke auf irgendwelche deutsche Grundlagen finden." Beschluss der Aufsichtskommission über die Anwältinnen und Anwälte vom 26. August 2010