Der große Patientenratgeber Osteoporose

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Transkript:

Der große Patientenratgeber Osteoporose Frühzeitig vorbeugen, richtig diagnostizieren, erfolgreich behandeln von Reiner Bartl erweitert Der große Patientenratgeber Osteoporose Bartl schnell und portofrei erhältlich bei beck-shop.de DIE FACHBUCHHANDLUNG W. Zuckschwerdt 2012 Verlag C.H. Beck im Internet: www.beck.de ISBN 978 3 86371 075 0 Inhaltsverzeichnis: Der große Patientenratgeber Osteoporose Bartl

... besser verstehen 1 Osteoporose... besser verstehen Woher kommt der Begriff Osteoporose? Ist Osteoporose eine neue Krankheit? Osteoporose wird in den letzten Jahren immer häufiger diagnostiziert, sie ist aber keine neu entdeckte Erkrankung, keine Modekrankheit. Osteoporose existiert, seit es Menschen auf Erden gibt. Bereits 3000 Jahre vor Christus klagte der betagte König David, Regent von Israel, dass im Alter seine Kräfte und Knochen schwinden. Altägyptische Mumien haben bereits Zeichen von Osteoarthritis wie von Osteoporose erkennen lassen. Sir Astley Cooper (1767 1841), ein Chirurg in London, soll erstmals den Begriff Osteoporose eingeführt haben. Die Gebrüder Grimm (1786 1863) haben in ihrem Märchen Hänsel und Gretel am Beispiel der Hexe sehr plastisch und einprägsam das Krankheitsbild der postmenopausalen Osteoporose beschrieben: die Hexe ist weiblich, alt, zusammengesunken bucklig, zahnlos, schmerzgeplagt und böse. Osteo ist ein Begriff aus dem Griechischen und bedeutet Knochen und Porose kann mit Durchlässigkeit übersetzt werden. Osteoporose ist also eine Krankheit mit porösem Knochen oder einfach gesagt mit zu wenig Knochen. 1994 definierten Experten der WHO Osteoporose auf der Basis der Knochendichtemessung (DXA-Methode). In den letzten 10 Jahren wurde aber erkannt, dass die Knochendichte nicht allein, sondern nur in Zusammenschau mit den Risikofaktoren und dem Risiko eines Knochenbruchs (Frakturrisiko) entscheidend ist.

2 Osteoporose Wie wird heute Osteoporose definiert? Was bedeutet manifeste Osteoporose? Und was versteht der Arzt unter Osteopenie? Die von den meisten Experten akzeptierte Osteoporosedefinition lautet heute: Die Osteoporose ist eine systemische Skeletterkrankung, die durch eine niedrige Knochenmasse und eine Verschlechterung der Mikroarchitektur des Knochengewebes charakterisiert ist, mit der Folge vermehrter Knochenbrüchigkeit (2001). Dreidimensionale Darstellung der Spongiosa in den Wirbelkörpern, links Osteoporose mit Zerstörung des spongiösen Netzwerks, rechts normale Knochenarchitektur. Der Zusammenhang von Knochendichte und Frakturrisiko wurde inzwischen durch eine Reihe von prospektiven Studien belegt. Gemäß der Weltgesundheitsorganisation (WHO) wird die messtechnische Osteoporose der Frau daher nach den Ergebnissen der Knochendichtemessung festgelegt (1994): Eine Osteoporose liegt vor, wenn die Knochenmineraldichte um 2,5 Standardabweichungen (SD) unter dem statistischen Mittelwert gesunder prämenopausaler Frauen liegt (= T-Score). Gemessen wird mittels der DXA-Methode an der Lendenwirbelsäule (L2 L4) und/oder Hüfte (Gesamtareal oder Schenkelhals). Wenn an zwei Stellen gemessen wird, entscheidet der niedrigere Wert.

... besser verstehen 3 Diese messtechnische Definition kann auf Männer ab dem 50. Lebensjahr übertragen werden. Sind bereits eine oder mehrere Frakturen als Folge der Osteoporose aufgetreten, spricht man und nur dann von einer manifesten Osteoporose. Betroffen sind vor allem Unterarm, Wirbelkörper und Oberschenkel. Osteopenie beschreibt einen geringer ausgeprägten, messtechnisch definierten Knochenschwund, jedoch noch ohne Zerstörung der Knochenstruktur. Sie kann die Vorstufe einer sich entwickelnden Osteoporose sein und ist daher kontrollbedürftig. Eine Osteopenie ist nicht medikamentös zu behandeln (Ausnahme bei zugrunde liegender Kortisongabe). Gibt es auch einen altersbedingten Muskelschwund? Was versteht man unter dem Begriff Sarkopenie? Genauso wie der Knochen macht auch die Muskulatur im Alter eine ganze Reihe typischer Veränderungen durch. Wir verlieren an Muskelmasse, an Muskelkraft und die Zusammensetzung der Muskeln verändert sich: wir lagern Fett ein. Die Altersmedizin hat für diesen Schwund an Muskelmasse den Begriff Sarkopenie geprägt und ihn zusammen mit dem altersassoziierten Knochenschwund als Kernproblem des Alterns erkannt. Diese genetisch gesteuerten Veränderungen, Osteopenie und Sarkope nie, laufen individuell unterschiedlich schnell ab und können durch gezieltes Training verlangsamt und verbessert werden. Während der Knochenschwund auch medikamentös gestoppt werden kann, ist der Muskelschwund bisher nicht mit Medikamenten zu verbessern und stellt eine der wichtigsten Ursachen für die Neigung zu stürzen und Knochenbrüche dar. Wie häufig ist die Osteoporose und wird sie auch ernst genommen? Insgesamt sind ungefähr 10 % unserer Bevölkerung betroffen. Unterschiedliche Häufigkeiten in den Ländern beruhen auf genetischen und soziokulturellen Unterschieden sowie auf der jeweiligen mittleren Lebenserwartung der Bevölkerung. In Deutschland sind jede dritte Frau über 50 Jahre und jeder fünfte Mann über 60 Jahre davon betroffen. Osteoporose ist in Deutschland immer noch eine unterdiagnostizierte und untertherapierte Krankheit. Es wird geschätzt, dass von ca. 8 Millionen Osteoporosepatienten nur 1,5 Millionen diagnostiziert und 1 Million behandelt werden. Die Osteoporose führt in Deutschland zu über 300 000 Frakturen jährlich, davon ca. 160 000 Wirbel-

4 Osteoporose körper- und Oberschenkelfrakturen. Es werden zwar 90 % der Osteoporosepatienten großzügig mit Schmerzmitteln (Analgetika) versorgt, aber nur 10 % erhalten eine leitliniengerechte Therapie. Hinzu kommt, dass etwa die Hälfte der Patienten die Therapie bereits nach einem Jahr wieder abbricht, obwohl die empfohlene Therapiedauer mindestens 3 5 Jahre beträgt (schlechte Compliance). Der praktizierte Standard der Osteoporosetherapie in Deutschland ist derzeit, dass Patienten mit Osteoporose ohne vorbestehende Wirbelfrakturen entweder gar nicht oder nur mit Kalzium und Vitamin D behandelt werden. Gibt es Rassenunterschiede bei der Häufigkeit der Osteoporose? Das häufige Auftreten von Osteoporose in den westlichen Industrieländern liegt vor allem an der hohen Lebenserwartung (Frauen 81, Männer 77 Jahre). Schwarzafrikaner haben eine deutlich erhöhte maximale Knochendichte und damit weniger oft Osteoporose gegenüber den Europäern und Asiaten. Neben genetischen Faktoren spielen unterschiedliche Essgewohnheiten und soziokulturelle Unterschiede (Lebensstil, Arbeit, Freizeit) eine Rolle. Wie teuer kommt die Osteoporose unserem Gesundheitssystem und dem einzelnen Patienten? Kann diese Knochenkrankheit auch lebensgefährlich werden? Die enormen sozialen und ökonomischen Auswirkungen der Osteoporose werden in erster Linie durch die Frakturen verursacht. So sind auf diese Komplikationen jährlich mehr Krankenhaustage zurückzuführen als beispielsweise auf Diabetes mellitus, Herzinfarkt und Brustkrebs zusammen. Man schätzt, dass jede 2. Frau einmal in ihrem Leben eine durch Knochenschwund bedingte Fraktur erleidet. Weltweit verursacht die Osteoporose etwa 2 Millionen Oberschenkelbrüche jährlich. Berechnen wir 10 000 bis 25 000 Euro pro Operation und Rehabilitation in Deutschland, so werden uns die immensen Kosten dieser Erkrankung für die Gesellschaft bewusst: jährlich etwa 3 Milliarden Euro in der Bundesrepublik allein für die Behandlung von Schenkelhalsfrakturen. Osteoporosebedingte Frakturen sind aber auch lebensbedrohlich: Nahezu ein Viertel der älteren Patienten mit Oberschenkelbruch sterben innerhalb eines Jahres nach dem Bruch und die Hälfte der Patienten ist später pflegebedürftig und/oder sozial isoliert, mit enormen Kosten für die Angehörigen. Es versterben folglich über 30 000 ältere Menschen an den Folgen hüftnaher Frakturen.

... besser verstehen 5 Wie kann man sich die Entstehung einer Osteoporose vorstellen? Was versteht man unter einem Knochenkonto? Die Knochenmasse kann mit einem Bankkonto verglichen werden. Die Kontohöhe hängt von den Einzahlungen und den Ausgaben über die Jahre ab. Zahlreiche tägliche Einzahlungen in das Knochenkonto in Form von Kalzium und anderen Mineralien bestimmen die Knochenmasse, also die Gesamtmenge an Knochen im Skelett, etwa 10 kg. Die Knochendichte beschreibt, wie dicht dieses Gewebe gepackt ist. Die Knochenstärke beschreibt die Belastbarkeit des Knochens und wird gebildet von Knochenmasse, Knochenqualität und Knochendichte. Einzahlungen in das Knochenkonto werden von bestimmten Knochenzellen, den Osteoblasten, Auszahlungen von knochenabbauenden Zellen, den Osteoklasten umgesetzt. Das Knochenkonto erreicht seinen höchsten Wert im jungen Erwachsenenalter (maximale Knochenmasse) und fällt dann kontinuierlich über die Jahre ab (negative Kontoentwicklung). Knochenmasse (in Prozent) 100 75 50 25 0 0 Frakturschwelle Menopause Frauen Männer 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100 Alter (in Jahren) Altersabhängiger Verlauf der Knochenmasse bei Männern und Frauen. Wird in jungen Jahren zu wenig eingezahlt und/oder wird in den Folgejahren kontinuierlich zu viel ausgegeben, dann wird das Konto überzogen, es entwickelt sich die Osteopenie und schließlich die klinisch manifeste Osteoporose mit Knochenbrüchen als Komplikation.

6 Osteoporose Dieser Vergleich mit einem Konto zeigt auch, wie bedeutend die Einzahlungen in jungen Jahren sind und dass die Osteoporose eigentlich eine Lebensgeschichte ist. Osteoporose ist eine pädiatrische Erkrankung mit geriatrischen Komplikationen, wie ein englischer Arzt treffend beschrieben hat. Welche Aufgaben hat unser Skelett zu erfüllen? Das menschliche Skelett etwa aus 220 einzelnen Knochen bestehend macht etwa 15 % des Körpergewichts aus. Es setzt sich zusammen aus 29 Schädelknochen 28 32 Knochen der Wirbelsäule 25 Knochen des Brustkorbs 4 Schultergürtelknochen 2 Hüftbeinen 6 Knöchelchen der Ohren 60 62 Knochen der oberen und 60 Knochen der unteren Extremitäten Als Organ ist unser Skelett ein Multifunktionstalent und hat vier wesentliche Aufgaben zu erfüllen: 1. Stütz- und Fortbewegungsfunktion: Ohne dieses Gerüst könnten wir uns gegen die Gravitationskraft nicht behaupten und wären wie eine Amöbe eine unförmige Masse. Für Kontraktion und Bewegung brauchen die Muskeln das Skelett als Ansatzstelle und Hebel. Insofern bildet das Skelett zusammen mit den Gelenken, Sehnen, Bändern und Muskeln eine funktionelle Einheit: den Bewegungsapparat. 2. Schutzfunktion: Das Skelett gibt uns auch Schutz vor äußeren Einwirkungen. So schützen die Rippen Herz und Lunge, der Schädel unser Gehirn vor Verletzungen. 3. Knochen-Knochenmark-System: Das Knochengewebe ist mit dem blutbildenden System viel enger verknüpft als bisher angenommen. Beide Funktionssysteme Blutbildung und Skelett haben eine gemeinsame Hülle, gemeinsame Vorläuferzellen und ein gemeinsames hochspezialisiertes Gefäßsystem mit einer hohen Durchblutungsrate. 4. Mineraldepotfunktion: Der Knochen ist die größte Mineralbank unseres Körpers: 99 % des gesamten Kalziums, 85 % des Phosphats und 50 % des Magnesiums sind im Knochen gespeichert. Ungefähr 1 1,5 kg Kalzium sind als Hydroxylapatit im Knochen eingebaut. Die mineralisierte