Tierärztliche Hochschule Hannover

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Transkript:

Tierärztliche Hochschule Hannover Epidemiologische Untersuchungen zur Verwendung der tierärztlichen Befundung am Schlachthof als tierorientierte Tierschutzkriterien zur Beurteilung der Tiergesundheit und des Tierwohls der Tiere in Schweinemastbeständen INAUGURAL DISSERTATION zur Erlangung des Grades einer Doktorin der Veterinärmedizin - Doctor medicinae veterinariae - ( Dr. med. vet. ) vorgelegt von Stefanie Maria Rieper (geb. Haller) aus Lahr Hannover 2013

Wissenschaftliche Betreuung: Univ.-Prof. Dr. Thomas Blaha Außenstelle für Epidemiologie, Bakum 1. Gutachter: Univ.-Prof. Dr. Thomas Blaha 2. Gutachter: Univ.-Prof. Dr. Lothar Kreienbrock Tag der mündlichen Prüfung: 15.10.2013

Unser Kopf ist rund, damit das Denken die Richtung wechseln kann. (Francis Picabia)

Inhaltsverzeichnis 1 EINLEITUNG... 11 2 LITERATUR... 12 2.1 Rechtliche Rahmenbedingungen der Schlachttier- und Fleischuntersuchung... 12 2.1.1 Das EU-Hygienepaket... 12 2.1.2 Die Verordnung (EG) Nr. 178/2002... 13 2.1.3 Die Verordnung (EG) Nr. 852/2004... 13 2.1.4 Die Verordnung (EG) Nr. 853/2004... 14 2.1.5 Die Verordnung (EG) Nr. 854/2004... 14 2.2 Die Bedeutung der Befunderhebung während der Schlachttier- und Fleischuntersuchung... 16 2.3 Die traditionelle Schlachttier-und Fleischuntersuchung... 17 2.4 Die Erfassung der Schlachtbefunde... 19 2.5 Die risikoorientierte Schlachttier- und Fleischuntersuchung... 21 2.5.1 Einführung der risikoorientierten Schlachttier- und Fleischuntersuchung... 24 2.6 Auswertung von Befunddaten und Rückmeldung an den Herkunftsbetrieb... 25 2.7 Einschätzung der Tiergesundheit, des Tierschutzes und der Lebensmittelsicherheit... 26 2.7.1 Der Herden-Gesundheits-Score... 27 2.7.2 Tierorientierte Tierschutzkriterien... 28 2.8 Begriffsbestimmungen Tierschutz und Wohlbefinden... 29 2.8.1 Die fünf Freiheiten... 29 2.8.2 Wohlbefinden / Animal Welfare... 29 2.8.3 Gesundheit... 30

2.8.4 Schmerzen, Leiden und Schäden... 31 2.8.5 Tiergerechtheit... 32 2.8.6 Die Beurteilung der Tiergerechtheit... 33 2.9 Rechtliche Grundlagen zum Tierschutz... 35 2.9.1 Der Wandel des Tierschutzes in Deutschland... 35 2.9.2 Grundgesetz... 35 2.9.3 Tierschutzgesetz... 36 2.9.4 Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung... 36 2.9.5 Richtlinie 98/58/EG des Rates vom 20. Juli 1998... 37 2.9.6 Richtlinie 2008/120/EG des Rates vom 18. Dezember 2008... 38 2.9.7 Die Tierschutzstrategie der Europäischen Union... 39 2.10 Animal Welfare Quality... 41 2.11 Amtliche Tierschutzkontrollen... 44 2.11.1 Die Verordnung (EG) Nr. 882/2004... 44 2.11.2 Cross Compliance... 44 3 MATERIAL UND METHODEN... 47 3.1 Der Studienschlachthof... 47 3.1.1 Amtliche Veterinäraufsicht... 47 3.1.2 Anlieferung der Mastschweine... 47 3.1.3 Informationen zur Lebensmittelkette... 48 3.2 Schlachttieruntersuchung... 48 3.3 Fleischuntersuchung... 51 3.3.1 Ablauf der Fleischuntersuchung... 51 3.3.2 Erfassung der Organbefunde... 53 3.3.3 Vorläufig und endgültig beschlagnahmte Tiere... 55 3.3.4 Bakteriologische Untersuchung... 55 3.3.5 Erfassung von Teilschäden... 56 3.3.6 Auswertung der Schlachtbefunde... 56 3.3.7 Tierschutzrelevante Befunde der Schlachttieruntersuchung... 56 3.3.8 Untauglichkeitsrate... 57

3.3.9 Teilschädenrate... 57 3.4 Tiergesundheits-/Tierschutz-Index... 58 3.4.1 Formular Erweiterte Befundung... 60 3.5 Betriebsdaten ausgewählter Zulieferbetriebe... 61 3.6 Datenerfassung und Datenanalyse... 61 4 ERGEBNISSE... 62 4.1 Die ausgewählten Mastbetriebe... 62 4.1.1 Erzeugergemeinschaften... 63 4.1.2 Liefergröße und Anzahl der Liefertage... 63 4.1.3 QS-Status... 67 4.1.4 Der Salmonellenstatus... 67 4.2 Ergebnisse der Schlachttieruntersuchung... 69 4.2.1 Gesamtergebnisse... 69 4.2.2 Ergebnisse der einzelnen Zulieferbetriebe... 71 4.3 Ergebnisse der Fleischuntersuchung... 75 4.3.1 Gesamtergebnisse... 75 4.3.2 Ergebnisse der einzelnen Zulieferbetriebe... 78 4.4 Tiergesundheits-/Tierschutz-Index... 87 4.4.1 Schlachttieruntersuchung... 87 4.4.2 Pleuritis... 89 4.4.3 Pneumonie... 90 4.4.4 Pericarditis... 92 4.4.5 Teilschäden... 93 4.4.6 Der Tiergesundheits-/Tierschutz-Index (TTI)... 95 4.4.7 Erweiterte Befundung... 99 4.5 Betriebsleistungsdaten...103 4.5.1 Mastendgewicht...103 4.5.2 Verluste...104 4.5.3 Tageszunahme...106 4.5.4 Futterverwertung...107

4.5.5 Vergleich der Tiergesundheits-/Tierschutz-Indices mit den Betriebsleistungsdaten...109 4.5.6 Vergleich der Befunddaten der einzelnen Erzeugergemeinschaften, der BIO-Betriebe und der Betriebe ohne EZG-Zugehörigkeit...113 5 DISKUSSION...114 5.1 Die ausgewählten Mastbetriebe...114 5.2 Die Schlachttieruntersuchung...115 5.3 Die Fleischuntersuchung...116 5.3.1 Die Erfassung der Organbefunde...116 5.3.2 Vergleich der Organbefunde früherer Publikationen...117 5.3.3 Bewertung der Organbefunde...118 5.4 Tiergesundheits-/Tierschutz-Index...120 5.4.1 Erweiterte Befunderfassung...121 5.5 Betriebsleistungsdaten...124 5.5.1 Vergleich der Tiergesundheits-/Tierschutz-Indices mit den Betriebsleistungsdaten...126 5.5.2 Vorschlag für die Verwendung des Tiergesundheits-/Tierschutz- Index für eine risikoorientierte Überwachung...127 6 SCHLUSSFOLGERUNGEN...129 7 ZUSAMMENFASSUNG...131 8 SUMMARY...134 9 LITERATURÜBERSICHT...136

10 ANHANG...154 10.1 Abkürzungsverzeichnis...154 10.2 Abbildungsverzeichnis...157 10.3 Tabellenverzeichnis...159

11 1 Einleitung Die Erwartungen der Gesellschaft hinsichtlich einer tiergerechten Haltung der Nutztiere, die der Produktion von Lebensmitteln dienen, sind in den letzten Jahren auffallend gestiegen. Bereits im März 2007 wurde eine Eurobarometer-Umfrage zur Einstellung gegenüber dem Tierschutz veröffentlicht, die von der Europäischen Kommission in Auftrag gegeben wurde (EUROPÄISCHE KOMMISSION 2007 a). Diese Erhebung zeigt, dass der Tierschutz bei den EU-Bürgern einen hohen Stellenwert einnimmt. Die Produktion von tierischen Lebensmitteln nach hohen Tierschutzstandards wird von den Verbrauchern in der Regel mit Qualität und gesundheitlicher Unbedenklichkeit assoziiert. Die Verordnung (EG) Nr. 178/2002 fordert außer der kettenorientierten Optimierung der Lebensmittelsicherheit auch die kontinuierliche Verbesserung der Tiergesundheit und des Tierschutzes im Zuge der Prozessoptimierung (ANONYM 2002). Durch diesen Paradigmenwechsel und die hohen Erwartungen der Verbraucher hat die amtstierärztliche Überwachung der Herkunftsbetriebe eines Schlachthofes wesentlich an Bedeutung gewonnen (BLAHA und MEEMKEN 2011). Die Verordnung (EG) Nr. 882/2004 vom 29. April 2004 schreibt regelmäßige risikoorientierte amtliche Kontrollen vor, auch zur Überprüfung des Tierschutzes (ANONYM 2004 d). Durch die Anwendung tierbezogener Tierschutzkriterien, die den tatsächlichen Zustand der Tiere wiedergeben, kann man, zusammen mit der Beurteilung des Haltungssystems, besser einschätzen, ob ein Tierbestand tiergerecht gehalten wird. Diese Indikatoren, am Schlachtband erfasst und im Sinne der Tierschutzqualität aggregiert, können zum Teil am Schreibtisch, das heißt, ohne den Tierbestand in Augenschein zu nehmen, bewertet werden, und lassen eine Einteilung der Betriebe in Tierschutz-Risikoklassen zu. Somit kann die amtliche Überwachung zielgerichtet auf tierschutzauffällige Betriebe konzentriert werden (BLAHA und RICHTER 2011). Die vorliegende Arbeit reiht sich ein in die Bemühungen, tierorientierte Tierschutzkriterien gemäß der Ergebnisse des EU-Forschungsprojektes Animal Welfare Quality (WELFARE QUALITY 2009 b) zu entwickeln und anzuwenden. Es soll ein praktikabler Vorschlag unterbreitet werden, wie die risikoorientierte Tierschutzüberwachung von Tierbeständen durch die zuständige Veterinärbehörde mit den zur Verfügung stehenden Ergebnissen der amtlichen Schlachttier- und Fleischuntersuchung effizienter gestaltet werden kann.

12 2 Literatur 2.1 Rechtliche Rahmenbedingungen der Schlachttier- und Fleischuntersuchung 2.1.1 Das EU-Hygienepaket Das Weißbuch zur Lebensmittelsicherheit der EUROPÄISCHEN KOMMISSION (2000) mit dem darin enthaltenen Vorschlag, einen kohärenten und transparenten Verbund von Regelungen für die Lebensmittelsicherheit zu schaffen, wurde in einer Reihe von EU-Verordnungen, dem sogenannten EU-Hygienepaket, umgesetzt. Das aktuelle Futtermittel- und Lebensmittelrecht der EU, das Hygienepaket wurde am 30. April 2004 verabschiedet und ist am 1. Januar 2006 nach einer 18-monatigen Übergangszeit in Kraft getreten. Da der Erlass der Vorschriften als EU-Verordnungen erfolgte, die in den Mitgliedstaaten unmittelbar gelten, wurde das Futtermittel- und Lebensmittelrecht in der EU fast vollständig harmonisiert. Das Hygienepaket basiert auf einem risikoorientierten, umfassenden und integrierten Ansatz, der die gesamte Lebensmittel- und Futtermittelkette ( from farm to table ) umfasst (HARTIG 2006). Auf der Grundlage der Basisverordnung VO (EG) Nr. 178/2002 (ANONYM 2002) und den für die amtliche Schlachttier- und Fleischuntersuchung von Schweinen relevanten Verordnungen (EG) Nr. 852/2004 (ANONYM 2004 a), 853/2004 (ANONYM 2004 b) und 854/2004 (ANONYM 2004 c) wurde ein neues Lebensmittelsicherheitskonzept erstellt (BLAHA 2008 a).

13 2.1.2 Die Verordnung (EG) Nr. 178/2002 Die Verordnung (EG) Nr. 178/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates zur Festlegung der allgemeinen Grundsätze und Anforderungen des Lebensmittelrechts, zur Errichtung der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit und zur Festlegung von Verfahren zur Lebensmittelsicherheit wurde am 28. Januar 2002 erlassen (ANONYM 2002). Sie enthält allgemeine Grundsätze für Lebensmittel und Futtermittel im Allgemeinen und für die Lebensmittel- und Futtermittelsicherheit im Besonderen auf gemeinschaftlicher und einzelstaatlicher Ebene. Außerdem wird die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit durch diese Verordnung errichtet. Sie gilt für alle Produktions-, Verarbeitungs- und Vertriebsstufen von Lebensmitteln und Futtermitteln, jedoch nicht für die Primärproduktion für den privaten häuslichen Gebrauch. Die in dieser Basis-Verordnung geforderte Prozessoptimierung verlangt eine kontinuierliche Verbesserung der Tiergesundheit und des Tierschutzes, für die sämtliche an der Produktionskette beteiligten Lebensmittelunternehmer nun die primäre Verantwortung tragen (BLAHA und MEEMKEN 2011). 2.1.3 Die Verordnung (EG) Nr. 852/2004 Das Europäische Parlament und der Rat der Europäischen Union erließen am 29. April 2004 die Verordnung (EG) Nr. 852/2004 über Lebensmittelhygiene (ANONYM 2004 a). Die Gewährleistung eines hohen Verbraucherschutzniveaus wird in den Erwägungsgründen der Verordnung als Hauptziel des Lebensmittelrechts genannt. Laut Kapitel I Allgemeine Bestimmungen Artikel I Geltungsbereich enthält diese Verordnung allgemeine Lebensmittelhygienevorschriften. Die Sicherheit der Lebensmittel muss auf allen Stufen der Lebensmittelkette, einschließlich der Primärproduktion, gewährleistet sein, wobei die Hauptverantwortung beim Lebensmittelunternehmer liegt. Alle Produktions-, Verarbeitungs- und Vertriebsstufen und die Ausfuhren fallen in den Geltungsbereich der Verordnung. Artikel 5 Gefahrenanalyse und kritische Kontrollpunkte regelt die Verpflichtung der Lebensmittelunternehmer, Verfahren einzurichten, durchzuführen und

14 aufrechtzuerhalten, die auf den HACCP-Grundsätzen beruhen. Kapitel III beinhaltet Leitlinien für eine gute Verfahrenspraxis. Anhang I Primärproduktion enthält in Teil A Allgemeine Hygienevorschriften für die Primärproduktion und damit zusammenhängende Vorgänge und in Teil B Allgemeine Hygienevorschriften für alle Lebensmittelunternehmer (ausgenommen Unternehmen, für die Anhang I gilt). 2.1.4 Die Verordnung (EG) Nr. 853/2004 In der Verordnung (EG) Nr. 853/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 sind spezifische Hygienevorschriften für Lebensmittel tierischen Ursprungs vorgegeben (ANONYM 2004 b). Die Verordnung bildet die allgemeine Grundlage für die hygienische Herstellung von Lebensmitteln tierischen Ursprungs. Vorschriften wurden erlassen, um mikrobiologische und chemische Gefahren, die von Lebensmitteln tierischen Ursprungs ausgehen können, zu vermeiden. Der Rückverfolgbarkeit von Lebensmitteln wird dabei eine sehr große Bedeutung bei der Gewährleistung der Lebensmittelsicherheit beigemessen. Anhang II enthält Vorschriften für mehrere Erzeugnisse tierischen Ursprungs. Darin regelt Abschnitt I die Identitätskennzeichnung, in Abschnitt II wird der Zweck der HACCP-Verfahren erläutert und Abschnitt III befasst sich mit den Informationen zur Lebensmittelkette. Schlachthofbetreiber müssen für alle Tiere, die in den Schlachthof verbracht worden sind, die Informationen zur Lebensmittelkette einholen, entgegennehmen, prüfen und den Informationen entsprechend handeln. Anhang III Abschnitt I Kapitel I enthält Vorschriften zur Beförderung von lebenden Tieren zum Schlachthof, Kapitel II Vorschriften für Schlachthöfe für als Haustiere gehaltene Huftiere und Kapitel III regelt die Schlachthygiene. 2.1.5 Die Verordnung (EG) Nr. 854/2004 Die Verordnung (EG) Nr. 854/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 enthält die besonderen Verfahrensvorschriften für die amtliche Überwachung von zum menschlichen Verzehr bestimmten Erzeugnissen tierischen Ursprungs (ANONYM 2004 c). In den Erwägungsgründen der Verordnung wird auf die Wichtigkeit der amtlichen Überwachung von Erzeugnissen tierischen Ursprungs für den Schutz der Gesundheit

15 der Bevölkerung, für den Schutz der Tiergesundheit und für das Wohlbefinden der Tiere hingewiesen. Die Art und der Umfang der Überwachung soll risikoorientiert durchgeführt werden. Die Einhaltung der Hygienevorschriften durch die Lebensmittelunternehmer soll amtlich überwacht und die Eigenkontrollen der Unternehmen überprüft werden. In Kapitel I werden Allgemeine Bestimmungen wie der Geltungsbereich und Begriffsbestimmungen erläutert. In Anhang I Frischfleisch werden in Abschnitt I Kapitel I und II die Überprüfungsund Inspektionsaufgaben des amtlichen Tierarztes dargelegt. Die Inspektionsaufgaben beinhalten die Prüfung und Analyse der Informationen zur Lebensmittelkette, die Durchführung der Schlachttieruntersuchung, die Überprüfung des Wohlbefindens der Tiere und die Durchführung der Fleischuntersuchung. Alle Tiere müssen innerhalb von 24 Stunden nach Ankunft im Schlachtbetrieb und innerhalb von 24 Stunden vor der Schlachtung einer Schlachttieruntersuchung durch einen amtlichen Tierarzt unterzogen werden, mit Ausnahme der in Absatz 4 (Notschlachtung) und Absatz 5 (Schlachttieruntersuchung im Herkunftsbetrieb) vorgesehenen Fälle. Dabei liegt das Augenmerk der Schlachttieruntersuchung insbesondere auf der Einhaltung der Tierschutzvorschriften und der Kontrolle, ob sich die Tiere in einem Zustand befinden, der die Gesundheit von Mensch und Tier beeinträchtigen könnte. Um das Wohlbefinden der Tiere zu sichern, muss durch einen amtlichen Tierarzt überprüft werden, ob die Vorschriften über den Schutz von Tieren zum Zeitpunkt der Schlachtung und beim Transport eingehalten werden. Die Fleischuntersuchung der Schlachtkörper und der dazugehörigen Nebenprodukte der Schlachtung soll unmittelbar nach der Schlachtung durchgeführt werden, wobei alle äußeren Oberflächen zu begutachten sind. In Anhang I Abschnitt IV Kapitel IV Buchstabe B Nr. 1 ist das Verfahren der amtlichen Fleischuntersuchung für Hausschweine beschrieben. Wenn Mastschweine seit dem Absetzen in kontrollierter Haltung in integrierten Produktionssystemen gehalten wurden, kann die zuständige Behörde auf der Grundlage epidemiologischer oder anderer Betriebsdaten entscheiden, dass in einigen oder allen Untersuchungsschritten eine Besichtigung der Schlachttierkörper und der Nebenprodukte ausreicht (Anh. I, Abschn. IV, Kap. IV, Buchst. B, Nr. 2). Die Zahl des Beschaupersonals muss der Geschwindigkeit der Schlachtlinie angepasst sein, so dass eine ordnungsgemäße Untersuchung möglich ist. Abschnitt II befasst sich mit den Maßnahmen im Anschluss an die Kontrollen. Dazu gehört die Mitteilung von Untersuchungsbefunden durch den amtlichen Tierarzt, der die Befunde aufzuzeichnen und zu bewerten hat. Im Gegensatz zur herkömmlichen Endproduktkontrolle, besitzt die Verordnung (EG) Nr. 854/2004 laut FRIES (2006) nun Produktionslinien -Charakter. Die amtliche Überwachungsbehörde ist, insbesondere durch diese Verordnung, zur

16 Überwachung und Verbesserung der Tiergesundheit und des Tierschutzes in den Schlachtbetrieben verpflichtet (BLAHA und MEEMKEN 2011). BLAHA und MEEMKEN (2012) fassen die Kernforderungen der EU-Verordnungen folgendermaßen zusammen: Austausch von Lebensmittelketteninformationen Bewertung der Lebensmittelketteninformationen Untersuchung nach dem jeweiligen Risikoprofil der Bestände Steigerung der Lebensmittelsicherheit durch gezielte Untersuchungen Rückmeldung der Befunde an den Landwirt und den Hoftierarzt Optimierung der Tiergesundheit anhand von Befunden Verbesserung des Tierschutzes durch eine optimierte Tiergesundheit 2.2 Die Bedeutung der Befunderhebung während der Schlachttier- und Fleischuntersuchung Durch die quantitative Erfassung der pathologisch-anatomischen Veränderungen an den Schlachtkörpern und den Organen im Rahmen der amtlichen Fleischuntersuchung lässt sich die Gesundheit eines Schweinebestandes messen (AALUND et al. 1976, BLAHA und NEUBRAND 1994, BLAHA und BLAHA 1995, HOISCHEN-TAUBNER et al. 2011 b). Die Schlachtbefunde dienen als objektives Maß für die Krankheiten, die ein Tier in seinem Leben durchgemacht hat (BLAHA und NEUBRAND 1994). AALUND et al. (1976) stellten in ihren Untersuchungen fest, dass die anhand von Schlachtbefunden ermittelte Prävalenz von Lungenveränderungen mit dem Haltungsmanagement und weiteren Faktoren verknüpft ist. Auch BÄCKSTRÖM und BREMER (1978) untersuchten den Einfluss der Umweltfaktoren eines Mastbetriebes auf die Gesundheit der Mastschweine. Sie stellten bei steigender Herdengröße eine höhere Inzidenz von Pleuritiden und Pneumonien fest. In geschlossenen Haltungssystemen mit eigener Ferkelproduktion ergaben die Untersuchungen ein geringeres Auftreten von Lungenentzündungen und bei der Stallbelegung im Rein-Raus-Verfahren zeigte sich eine geringere Inzidenz von Pleuritiden und Pneumonien. MÄHLMANN (1996) prüfte im Rahmen seiner Dissertation den Informationsgehalt von Organbefunden von Schlachtschweinen für epidemiologische Erhebungen über den Gesundheitsstatus von Mastschweinebeständen. Er sieht in der Befunderfassung am Schlachtband, verbunden mit der Rückmeldung der Befunde an den Zulieferbetrieb, ein geeignetes und notwendiges Mittel, um die Tiergesundheit

17 einer Herde zu überwachen. Der Landwirt ist dadurch in der Lage, subklinische gesundheitliche Beeinträchtigungen in seiner Herde zu erkennen und in Zusammenarbeit mit dem Tierarzt Maßnahmen zur Verbesserung einzuleiten. DAHMS et al. (1999) führten 1996 eine Studie an ca. 22000 Schlachtschweinen durch, in der sie messbare Zusammenhänge zwischen den Mastbedingungen und den pathomorphologischen Befunden an den Schlachttierkörpern untersuchten. Ihre Auswertungen zeigten Zusammenhänge zwischen der Bodenbeschaffenheit eines Mastbetriebes und dem Auftreten von Liegebeulen und zwischen dem Feststellen einer fehlenden Desinfektion der Ställe mit der Häufigkeit des Befundes Lungenentzündung. FUNKE (2009) und DE VRIES (2010) kamen in Untersuchungen in der Schweiz zu dem Ergebnis, dass sich ein Zusammenhang zwischen den Schlachtbefunden und dem auf den Herkunftsbetrieben erhobenen Gesundheitszustand, der Betriebscharakteristika und dem Haltungsmanagement feststellen lässt. SCHUMANN (2009) untersuchte, ob sich bei Mastschweinen, die aus unterschiedlichen Managementsystemen stammen, Unterschiede im Ergebnis der amtlichen Fleischuntersuchung zeigen. KÖFER et al. (2001) sehen in der Erfassung krankheitsbedingter Organbefunde ein wichtiges Element bei der Entwicklung von integrierten Qualitätsmanagementsystemen. 2.3 Die traditionelle Schlachttier-und Fleischuntersuchung Die Hauptaufgabe der traditionellen Untersuchung ist es, für kranke Tiere im Rahmen der amtlichen Schlachttieruntersuchung ein Schlachtverbot auszusprechen und sichtbare Mängel in der Fleischuntersuchung zu entfernen, indem Schlachtkörper oder Organe untauglich für den menschlichen Verzehr beurteilt werden. Es handelt sich um eine klassische Endproduktkontrolle die davon abhängig ist, ob die Mängel erkennbar sind. (HATHAWAY und RICHARDS 1993, BLAHA et al. 2007). Die traditionelle Stück-für-Stück-Untersuchung" umfasst die pathomorphologische Untersuchung der Tierkörper und der Organe durch Inspektion, Palpation und Inzision bestimmter Körperteile und Lymphknoten (DAHMS et al. 1999). KLEIN et al. (2009) erstellten eine Übersicht über einen vollständigen Untersuchungsgang bei Hausschweinen, wie er bei der amtlichen Fleischuntersuchung laut VO (EG) Nr. 854/2004 Anhang I Abschnitt IV Kapitel IV Buchstabe B Nummer 1 vorgeschrieben ist (ANONYM 2004 c).

18 Tab. 1: Untersuchungsgang für Hausschweine (nach KLEIN et al. 2009) Körperregion A P I Hinweise zur Fleischuntersuchung Kopf Rachen Maul Zunge Schlund Unterkiefer-Lnn. x x x Brustfell Bauchfell Zwerchfell Nieren x v Nieren-Lnn. x x x x x x x x v Genitalien x außer Penis, wenn bereits entfernt Nabelgegend x x v Gelenke x x v Gesäuge x bei jungen Tieren Gesäuge-Lnn. x x Inzision nur bei Sauen Speiseröhre x Luftröhre x x Öffnen der Luftröhre und der Hauptluftröhrenäste durch Hauptluftröhrenäste x x Längsschnitt; Quereinschnitt im hinteren Drittel der Lunge durch die Lunge x x x Hauptluftröhrenäste; Anschnitte nicht erforderlich, wenn Lunge vom Verzehr ausgeschlossen wird Lungenwurzel-Lnn. x Mittelfell-Lnn. x Herzbeutel x Längsschnitt zur Öffnung der Kammern und Herz x x Durchtrennung der Scheidewand Leber x x Leber-Lnn. x x Bauchspeicheldrüsen- Lnn. x x Magen-Darm-Trakt x Magengegend-Lnn. x x v Mesenterium Mesenterial-Lnn. x x v x Milz x v Legende: A = Adspektion, P = Palpation, I = Inzision, x = immer erforderlich, v = bei Verdacht erforderlich

19 2.4 Die Erfassung der Schlachtbefunde Um eine einheitliche Befunderfassung für die Vergleichbarkeit von Schlachtbefunden zu ermöglichen, wurde an der Außenstelle für Epidemiologie der Tierärztlichen Hochschule Hannover ein Befundschlüssel für die Erhebung von pathologischanatomischen Organveränderungen beim Schlachtschwein entwickelt (BLAHA 1993). Durch diesen Befundschlüssel lassen sich die erhobenen Befunde systematisieren. Tab. 2: Befundschlüssel für die Erhebung von pathologisch-anatomischen Organveränderungen beim einzelnen Schlachtschwein (nach BLAHA 1993) Veränderung Symbol Ausdehnung Pneumonie geringgradig Pn 1 < 10 % mittelgradig Pn 2 11 30 % hochgradig Pn 3 > 30 % Pleuritis geringgradig Pl 1 < 5-Markstück-groß mittelgradig Pl 2 5-Markstück- bis handflächengroß hochgradig Pl 3 > handflächengroß Pericarditis Pc ja Milkspots geringgradig L 1 Leber ausputzen hochgradig L 2 Leber verwerfen Im Anschluss kann eine Auswertung der erhobenen Befunde mithilfe des Bewertungsschlüssels nach BLAHA (1994) erfolgen. Da die Tierleistung nach BLAHA und BLAHA (1995) durch mittel- und hochgradige Lungenveränderungen stärker negativ beeinflusst wird als durch Pleuritiden und Pericarditiden, werden für die Veränderungen an der Lunge in diesem Bewertungsschlüssel höhere Punktzahlen vergeben.

20 Tab. 3: Bewertungsschlüssel für die Nutzung der Organveränderungshäufigkeit pro Bestand als Indikator der Bestandsgesundheit (nach BLAHA 1994) Pn 2 + Pn 3 Punkte Pl 2 + Pl 3 Punkte Pc Punkte < 1 % 0 < 1 % 0 < 1 % 0 1 10 % 2 1 10 % 1 1 5 % 1 11 30 % 4 11 30 % 2 6 10 % 2 31 55 % 6 31 50 % 3 11 15 % 3 > 50 % 8 > 50 % 4 > 15 % 4 Legende: Pn 2 + Pn 3 = mittel- und hochgradige Lungenveränderungen Pl 2 + Pl 3 = mittel- und hochgradige Pleuritiden Pc = Pericarditis Die durch den Bewertungsschlüssel ermittelten Bestandsgesundheitspunkte eines Schweinebestandes von 0 bis 16 können den Klassen der nachfolgenden Tabelle zugeordnet werden. Somit kann die Tiergesundheit eines Bestandes verbal bewertet werden. Tab. 4: Klassenbildung der Bestandsgesundheitspunkte zur verbalen Bewertung der Tiergesundheit (nach BLAHA und BLAHA 1995) Punktzahl eines Bestandes Tiergesundheit eines Bestandes 0 3 Punkte sehr gut 4 6 Punkte gut 7 9 Punkte mäßig 10 12 Punkte schlecht 13 16 Punkte sehr schlecht HOISCHEN-TAUBNER et al. (2011 a) führten Untersuchungen zur Wiederholbarkeit der Schlachthofbefundung durch. Um die Validität der Schlachtdaten und deren Akzeptanz für die Anwendung in der betrieblichen Schwachstellenanalyse zu verbessern, empfehlen die Autoren, die Varianz der Befundungen kontinuierlich auszuwerten und an die amtlichen Tierärzte und Fachassistenten rückzumelden. Variationen in der Befunderfassung könnten dadurch reduziert werden und es könnten problem- und zielorientierte Schulungen in der Anwendung der Befundkategorien erfolgen. SCHÖNING et al. (2009) entwickelten eine Lernsoftware, in welcher die häufigsten Schlachtbefunde der amtlichen Fleischuntersuchung beim Schwein zusammengefasst und systematisiert wurden. Das System kann sowohl für die

21 elektronische Datenerfassung als auch für die handschriftliche Erfassung der Schlachtbefunde im Schlachtbetrieb herangezogen werden. 2.5 Die risikoorientierte Schlachttier- und Fleischuntersuchung Die traditionelle Fleischuntersuchung wird schon seit längerer Zeit kritisch in Frage gestellt, da jedes Tier unabhängig vom Risiko der bestandsweisen Veränderungshäufigkeiten untersucht wird, die Gefahr der Kreuzkontamination durch Durchtasten und Anschneiden der Lymphknoten gegeben ist und die nicht sichtbaren Risiken der Lebensmittelsicherheit durch die herkömmliche Untersuchung nicht erkennbar sind (SNIDERS et al. 1989, HATHAWAY und RICHARDS 1993, BLAHA et al. 2007). Als weiteren Kritikpunkt führen BLAHA und MEEMKEN (2012) an, dass durch einen unzureichenden Informationsaustausch zwischen den Beteiligten der Lebensmittelkette keine Verbesserung in der Lebensmittelsicherheit erreicht werden kann. In den genannten Aspekten sehen sie die Beweggründe für die Erstellung eines neuen Lebensmittelkonzeptes. Dieses neue Konzept hat das Ziel, durch die risikoorientierten Untersuchungen eine Steigerung der Lebensmittelsicherheit und der Tiergesundheit zu erreichen. Zudem bewirkt das Zunehmen der Tiergesundheit auch eine Verbesserung des Tierschutzes (MEEMKEN et al. 2009, BLAHA und MEEMKEN 2012). Die Verordnung (EG) Nr. 854/2004 ermöglicht in Anhang I Abschnitt IV Kapitel IV eine visuelle Fleischuntersuchung (ANONYM 2004 c). Voraussetzung dafür ist, dass die Mastschweine nach dem Absetzen unter kontrollierten Haltungsbedingungen und in integrierten Produktionssystemen gehalten wurden (LANGKABEL 2009). In der Verordnung (EG) Nr. 1244/2007 sind die Bedingungen, unter denen eine visuelle Fleischuntersuchung erfolgen kann, definiert (ANONYM 2007). HARBERS et al. (1992) führten in den Niederlanden Untersuchungen zur visuellen Fleischuntersuchung durch. Sie verglichen die visuelle mit der traditionellen Fleischuntersuchung und einer erweiterten traditionellen Fleischuntersuchung, bei der pro Schwein mehr Untersuchungszeit zur Verfügung stand. Zwischen der Genauigkeit und der Trefferquote der visuellen und der traditionellen Fleischuntersuchung konnten keine signifikanten Unterschiede für die meisten Befunde festgestellt werden. MOUSING et al. (1997) sprechen sich für eine visuelle Fleischuntersuchung aus, da sie in einer dänischen Studie zu dem Ergebnis kamen, dass sich die Gefahr der Kreuzkontamination bei der Fleischuntersuchung durch den Verzicht auf das Anschneiden, Durchtasten und das manuelle Drehen der Schlachttierkörper

22 erheblich reduzieren lässt. Da für die Durchführung der visuellen Fleischuntersuchung nach Ansicht der Autoren weniger amtliches Beschaupersonal benötigt wird, könnte stattdessen mehr in die Hygieneüberwachung und in Risikobewertungsstrategien investiert werden. Das Wesentliche der risikoorientierten Schlachttier- und Fleischuntersuchung ist jedoch nicht die visuelle Fleischuntersuchung, sondern das Einbeziehen der Informationen aus den der Schlachtung vorgelagerten Produktionsstufen. Nicht die visuellen Untersuchungen, sondern die Lebensmittelketteninformationen", d.h. Informationen zur Fütterung, zur Tiergesundheit, zum Tierarzneimitteleinsatz und zu den vorangegangenen Ergebnissen der Schlachttieruntersuchung, stehen an erster Stelle (BLAHA 2008 b). Es handelt sich um ein stufenübergreifendes System, um eine auf den Prinzipien der Qualitätssicherung basierende Prozesskontrolle und Prozessoptimierung (BLAHA et al. 2007). Risikoorientiert bedeutet, flexibel auf auftretende Gefahren für die Lebensmittelsicherheit zu reagieren (BLAHA 2008 b). Die risikoorientierte Schlachttier- und Fleischuntersuchung ermöglicht eine gezielte Intensivierung der Untersuchung bei Tieren aus schlechten" Beständen. So kann z.b. bei Beständen mit vielen Teilschäden gezielt nach Abszessen gesucht werden (BLAHA und MEEMKEN 2012). Die Einsparung von amtlichem Beschaupersonal an der Schlachtlinie ist kein vorrangiges Ziel der risikoorientierten Schlachttier- und Fleischuntersuchung (MEEMKEN et al. 2009). Die risikoorientierte Fleischuntersuchung dient nicht nur der Verbesserung der Lebensmittelsicherheit und der Tiergesundheit. Sie ist außerdem von großem Nutzen für die Tierschutzüberwachung von Schweinemastbetrieben, indem tierschutzrelevante Schlachtbefunde erfasst, bewertet und an die Herkunftsbetriebe rückgemeldet werden. Durch die Erstellung eines Risikoprofils für einen Schlachtbetrieb, können tierorientierte Tierschutzkriterien für diesen Betrieb festgelegt werden, die im Rahmen der amtlichen Fleischuntersuchung für die einzelnen Zulieferbetriebe erhoben werden können (BLAHA und MEEMKEN 2011). Auf diesem Wege können Bestände, für die ein gehäuftes Auftreten von diesen Befunden registriert wird, durch die zuständige Veterinärbehörde gezielt kontrolliert werden (BLAHA und RICHTER 2011). Um ein effektives, flexibles und nachhaltiges Lebensmittelsicherheitssystem zu erschaffen, muss eine quantitative Risikoeinschätzung erfolgen, da weder die traditionelle noch die visuelle Fleischuntersuchung alleine ausreichend Informationen liefert (BERENDS et al. 1993). Wenn kein ausgiebiger Rückfluss von wichtigen Daten erfolgt, können die Entscheidungen, die bei der Fleischuntersuchung getroffen werden, nur wenig oder überhaupt keinen Einfluss auf die Prozesskontrolle haben. Die Idealsituation wäre, dass ein Fleischuntersuchungssystem dazu geeignet ist, sich an die verschiedenen Umstände in den verschiedenen Regionen Europas

23 anzupassen (BERENDS et al. 1993). SNIJDERS et al. (1989) halten das Sammeln von Informationen und die Rückmeldung von Daten vom Betrieb zum Schlachthaus für unerlässlich und sprechen sich für eine Vorauswahl der Tiere durch den Mäster aus, der die Verantwortung für die gesundheitliche Unbedenklichkeit und für die Qualität trägt. Zu diesem Ergebnis kamen die Autoren im Rahmen einer holländischen Feldstudie, die als Integrierte Qualitätskontrolle" (Integrated Quality Control) bezeichnet wurde. Ziel der IQC-Studie war es, herauszufinden, welche Daten aus dem Erzeugerbetrieb geeignet sein könnten, die Fleischuntersuchung zu verbessern und welche Schlachtbefunde die Fleischuntersuchung aussagekräftiger machen würden. Ein weiteres Ziel war es, dem Erzeuger durch Rückmeldung der Daten die Möglichkeit zu geben, seine Tierhaltung zu verbessern. Um die Verwendbarkeit der Mästerinformationen für die Fleischuntersuchung zu untersuchen, wurden die Lieferpartien von 70 Mastbetrieben von einer Qualitätsinformationskarte zum Schlachtbetrieb begleitet. Auf diesen Karten mussten fünf Fragen zum Gesundheitszustand der Schweine während der Mastperiode, zu den verwendeten Arzneimitteln und zu der Einhaltung von Wartezeiten bei den verwendeten Arzneimitteln beantwortet werden (SNIJDERS et al. 1989, HARBERS et al. 1992). SCHMIDT (2008) untersuchte die Aussagefähigkeit von Lebensmittelketteninformationen aus Schweinemastbetrieben für die risikoorientierte Fleischuntersuchung. Dazu wurden Schlachtschweine auf dem Herkunftsbetrieb klinisch untersucht und die Ergebnisse in einem Formblatt erfasst. Nach der Schlachtung wurden die Behandlungs- und Betriebsdaten den jeweiligen Schlachtbefunden zugeordnet und ausgewertet. WINDHAUS (2008) stellte in einer Studie fest, dass eine Standarderklärung keine ausreichenden Informationen für die Entscheidungsfindung für die risikoorientierte Fleischuntersuchung liefert. Ein risikoorientierter Ansatz erfordert stattdessen die Entwicklung eines Informationssystems mit Angaben zu den tatsächlichen Mortalitätsraten, den erfassten Organbefunden und den verabreichten Arzneimitteln. Hierfür werden verlässliche Daten aus dem Mastdurchgang benötigt, die in Verbindung mit den Befunden der amtlichen Schlachttier- und Fleischuntersuchung ausgewertet werden können. Dabei ist zu beachten, dass die unterschiedlichen Voraussetzungen der einzelnen Schlachtbetriebe standortspezifische Systeme zur Risikobewertung erfordern. Der Landwirt muss als Kettenglied zu einer kettenübergreifenden, durchgängigen Qualitätssicherung beitragen. FRETTLÖH (2012) untersuchte in einer Studie die Möglichkeit, in einem mittelständischen Schlachthof die risikoorientierte Schlachttier- und Fleischuntersuchung einzuführen. HILLER (2012) führte Untersuchungen zur Entwicklung, Erprobung und Bewertung eines Konzeptes für die Einführung einer die Lebensmittelsicherheit verbessernden risikoorientierten Schlachttier- und Fleischuntersuchung durch.

24 2.5.1 Einführung der risikoorientierten Schlachttier- und Fleischuntersuchung Im Januar 2001 wurde mit der Gründung des internationalen Vereins GIQS (Grenzüberschreitende Integrierte Qualitätssicherung) ein deutsch-niederländisches Projekt zur Weiterentwicklung von Qualitäts- und Gesundheitsmanagement- Systemen in der Schweinefleischerzeugung gestartet. Die Arbeitsgruppe 4 hatte die Aufgabe, einen Vorschlag für die Einführung einer risikoorientierten Schlachttierund Fleischuntersuchung zu erarbeiten und den Ansatz für die Verbesserung von Verbraucher- und Tierschutz im Bestand und in der Schlachtung zu nutzen (ANONYM 2012 a). Im Rahmen der Arbeitsgruppe 4 führte SCHRUFF (2004) Untersuchungen zur Entwicklung eines Entscheidungsmodells für die Zulassung von Mastschweinen zur Schlachtung im Rahmen der risikoorientierten Fleischuntersuchung durch. Anhand dieses Entscheidungsmodells können Lebensmittelketteninformationen in einem EDV-System erfasst, strukturiert und mithilfe eines Ampelsystems dargestellt werden. Somit kann eine Risikoeinschätzung der Lieferpartien erfolgen und bei der Entscheidung, ob bei einer Schlachtpartie die traditionelle oder die visuelle Fleischuntersuchung durchgeführt werden soll, behilflich sein. Auf dem von SCHRUFF (2004) entwickelten Entscheidungsmodell aufbauend, untersuchte MEEMKEN (2006) zwei verschiedene Bewertungssysteme für Lebensmittelketteninformationen zur Nutzung im Rahmen der risikoorientierten Schlachttier- und Fleischuntersuchung von Schlachtschweinen. Da weder die Kriterien und Grenzwerte des Bewertungssystems von SCHRUFF (2004) noch die des Entwurfes zur AVV Lebensmittelhygiene (Stand 07.10.2005) für die Zulassung von Schlachtschweinen für die visuelle Fleischuntersuchung für eine befriedigende Risikobewertung von Lieferpartien ausreichten, wurde eine Optimierung der Bewertungskriterien vorgeschlagen. Aus diesem Grund wurde in der Arbeitsgruppe 4 eine Kombination aus der prozentualen Mortalität der Mastgruppe und dem Tierbehandlungsindex, zur Verbesserung der Einschätzung der Tiergesundheit erarbeitet. MEEMKEN (2006) stellte fest, dass es unabdingbar ist, vor der Einführung der risikoorientierten Schlachttier- und Fleischuntersuchung alle an der Datenerhebung Beteiligten einzuweisen und zu schulen. Die Autorin schlägt vor, mit der zuständigen Veterinärbehörde ein standortbezogenes Bewertungssystem auszuarbeiten, welches ständig überprüft und angepasst werden sollte. Eine allgemeingültige Einschätzung der für die Lebensmittelsicherheit in Frage kommenden Risiken ist aufgrund mehrerer Faktoren, wie z.b. dem Vorliegen unterschiedlicher Produktionssysteme, Haltungsbedingungen nicht sinnvoll. Jeder Schlachtbetrieb stellt eine spezifische Schweinefleischproduktionskette dar mit individuell auftretenden Risiken (BLAHA et al. 2007, WINDHAUS 2008).

25 2.6 Auswertung von Befunddaten und Rückmeldung an den Herkunftsbetrieb Werden die Ergebnisse der Schlacht- und Fleischuntersuchung der einzelnen Bestände kumuliert, so bietet sich durch die kontinuierliche Rückmeldung der Befunde an die Landwirte und die betreuenden Tierärzte die Möglichkeit, die Tierhaltung und die Tiergesundheit zu verbessern. Dabei muss der Landwirt über die Möglichkeit verfügen, seine Befunde mit denen der anderen Lieferbetriebe desselben Schlachtbetriebs zu vergleichen, dazu sind z.b. Hitlisten sehr hilfreich (BLAHA et al. 2007, BLAHA 2008 a). Anhand der ermittelten Schlachtbefunde können drei Gruppen gebildet werden (BLAHA et al. 2007, BLAHA 2008 a): - Bestände mit wiederholt unter dem Durchschnitt liegenden Häufigkeiten von Schlachtbefunden - Bestände mit wiederholt um den Durchschnitt liegenden Häufigkeiten von Schlachtbefunden - Bestände mit wiederholt über dem Durchschnitt liegenden Häufigkeiten von Schlachtbefunden. Die nicht nur einmalige, sondern kontinuierliche Identifizierung der schlechtesten Zulieferbetriebe der jeweiligen Schlachtbetriebe führt zu einer stetigen Zunahme der Tiergesundheit und des Tierschutzes. Werden durch diese Vorgehensweise nun die Betriebe mit den höchsten Befundraten identifiziert, so können diese amtlich zum Ergreifen von Verbesserungsmaßnahmen aufgefordert werden. Werden in Folge keine Verbesserungen festgestellt, was man durch das weitere kontinuierliche Erfassen der Befunde nachvollziehen kann, kann eine Überprüfung durch die lokale Veterinärbehörde erfolgen (BLAHA und MEEMKEN 2011). Durch eine kontinuierliche Erfassung der Befunde pro Herkunftsbestand können tagesfertig aktualisierte Benchmarkings erstellt werden, die nach Bedarf für einzelne Schlachtbefunde, Zulieferbetriebe, Mastgruppen, Erzeugergemeinschaften und auch für einen semiquantitativ generalisierten Tierschutzindex Verwendung finden können. Entscheidend für das Funktionieren der Benchmarking-Vorgehensweise ist eine gute Zusammenarbeit zwischen den amtlichen Tierärzten und dem Schlachtunternehmen, eine gute public-private partnership (BLAHA und MEEMKEN 2011). Dieses Vorgehen kann jeweils nur für die Zulieferbetriebe eines Schlachthofes angewendet werden, da jeder Schlachtbetrieb eine eigene Verfahrensweise bei der Erfassung der Schlachtbefunde hat (FÖRSTER 1996, WINDHAUS 2008, BLAHA und MEEMKEN 2011). Auch VOGT (1996) stellte in einer Studie über die Vergleichbarkeit von Organbefunden am Schlachthof fest, dass sich die Ergebnisse verschiedener Schlachtbetriebe unterscheiden. Er sieht die Unterschiede in der

26 individuellen regionalen Bestandsgesundheit des jeweiligen Einzugsgebietes begründet. BÖCKEL (2008) überprüfte, ob sich die Tiergesundheit von Schweinebeständen quantitativ durch die Erfassung der Organbefunde, der angewendeten antimikrobiell wirksamen Substanzen und der Mortalitätsrate des Betriebes und durch die Befragung des Betriebspersonals bestimmen lässt. Sie kam zu dem Ergebnis, dass sich die quantitative Bewertung der Gesundheit als Benchmarkingtool für die tierärztliche Bestandsbetreuung eignet. DICKHAUS (2010) führte Epidemiologische Untersuchungen zur semiquantitativen Kategorisierung der Tiergesundheit in Schweinemastbetrieben durch. Nach mehrmaliger klinischer Untersuchung von 60 Schweinemastgruppen wurden Punktzahlen für die klinische Untersuchung vergeben, die anschließend mit dem Herden-Gesundheits-Score der jeweiligen Gruppe verglichen wurden. 2.7 Einschätzung der Tiergesundheit, des Tierschutzes und der Lebensmittelsicherheit Die Beurteilung der Tiergesundheit eines Schweinebestandes kann durch direkte und indirekte Parameter erfolgen. Die Erfassung der direkten Parameter verlangt jedoch mehrmalige Messungen während der gesamten Mastperiode, die zudem von dem subjektiven Eindruck des Untersuchers abhängig sind (MEEMKEN et al. 2009). Hinzu kommt, dass direkte Parameter, wie z.b. Husten oder Durchfall kaum quantifizierbar, und damit schlecht vergleichbar sind (BLAHA 2008 b). Die indirekten Parameter hingegen können einmalig am Ende der Mastperiode anhand einer semiquantitativen Bestimmung erhoben werden (MEEMKEN et al. 2009). BLAHA (2010 a) unterteilt die zu erfassenden Daten in prospektive und retrospektive. Zu den prospektiven, vorhandenen Daten zählt er die Mortalität (in %) und die Morbidität, wie z.b. den Arzneimittelverbrauch und die Häufigkeit von Erkrankungen. Zu den retrospektiven Daten gehören die erhobenen Befunde der Schlachttieruntersuchung, die amtlichen Beanstandungen und die Organbefunde in der Fleischuntersuchung. Diese Daten lassen sich leicht erfassen. Zur Beurteilung der Tiergesundheit, des Tierschutzes und der Lebensmittelsicherheit eignen sich nach BLAHA et al. (2011) mehrere Messinstrumente: - der Herden-Gesundheits-Index (BLAHA et al. 2006), - die Erfassung tierorientierter Tierschutzkriterien (BLAHA 2010 a) und - die Multiserologie mit Fleischsaft (MEEMKEN et al. 2009).

27 2.7.1 Der Herden-Gesundheits-Score Der Herden-Gesundheits-Score (HGS) setzt sich aus vier indirekten Parametern zusammen (BLAHA et al. 2006, MEEMKEN et al. 2009, DICKHAUS 2010): - Mortalität - Mastdauer - Tierbehandlungsindex (TBI) - Schlachtbefunde und amtliche Beanstandungen. Die Mortalitätsrate gibt den prozentualen Anteil der verendeten und euthanasierten Tiere einer Mastgruppe an (MEEMKEN et al. 2009). Durch die Erfassung der Mastdauer in Tagen kann indirekt auf die Tiergesundheit geschlossen werden, denn je kürzer eine Mastperiode verlief, desto gesünder waren die Tiere während der Mast, da sie durch bessere tägliche Zunahmen schneller das Schlachtgewicht erreicht haben (MEEMKEN et al. 2009). Anhand des Tierbehandlungsindex lassen sich sehr hohe Antibiotika-Anwendungen in einem Schweinemastbetrieb erkennen. Somit können indirekt Rückschlüsse auf die Morbidität einer Mastgruppe gezogen werden (BLAHA 2008 b, BLAHA und MEEMKEN 2012), denn der TBI basiert auf der epidemiologischen Annahme, dass Tiere, die oft antibiotisch behandelt werden mussten, weniger gesund waren, als Tiere, die nicht oder nur vereinzelt behandelt werden mussten (BLAHA 2008 b). Der Tierbehandlungsindex lässt sich berechnen, indem man die Anzahl der antibiotisch behandelten Tiere mit der Anzahl der Behandlungstage multipliziert und anschließend durch die Gesamtzahl der Tiere in der Mastgruppe dividiert (BLAHA und MEEMKEN 2012). Da die Leberbefunde nicht mikrobiell zu beeinflussen sind, empfiehlt BÖCKEL (2008), diese nicht mit in die Bewertung einfließen zu lassen, wenn der Tierbehandlungsindex mit den Organbefunden in Zusammenhang gebracht werden soll, da sonst ein falsches Bild der Organgesundheit entstehen könnte. Jeder Einzelkomponente des HGS können Werte von 0 bis 3 zugewiesen werden, somit kann der HGS-Wert zwischen 0 und 12 liegen. Anhand des HGS-Wertes kann dann eine Aussage über die Tiergesundheit getroffen werden, wobei ein niedriger Wert für eine gute Gesundheit, ein hoher Wert für das Vorliegen einer schlechten Tiergesundheit spricht (MEEMKEN et al. 2009).

28 2.7.2 Tierorientierte Tierschutzkriterien Bei der amtlichen Schlachttier- und Fleischuntersuchung lassen sich bestandsbezogene tierschutzrelevante Befunde bei Schlachtschweinen erheben, die zu tierorientierten Tierschutzindikatoren führen (BLAHA und MEEMKEN 2011). Die Erfassung folgender Befunde wurde von den Autoren vorgeschlagen: 1) Prozentuale Befunde eines Herkunftsbestandes fortlaufend kumuliert, die bei der amtlichen Lebendbeschau (Entladerampe) erhoben werden können - Anteil von Tieren mit Lahmheiten (aus dem Bestand oder beim Transport) - Anteil von Tieren mit Verletzungen (aus dem Bestand oder beim Transport) - Anteil von Tieren mit Kreislaufproblemen (Nottötung an der Rampe) - Anteil von Tieren mit schwerwiegenden Anzeichen von Rangkämpfen - Anteil von Tieren mit extremer Untergewichtigkeit - Anteil von hochgradig verschmutzten Tieren 2) Prozentuale Befunde eines Herkunftsbestandes fortlaufend kumuliert, die bei der amtlichen Fleischuntersuchung (Schlacht- und Trimmband) erhoben werden können - Anteil von Schlachtkörpern, die krankheitsbedingt untauglich geworden sind - Anteil von Schlachtkörpern mit krankheitsbedingten Teilschäden - Anteil von Schlachtkörpern mit einer mittel- oder hochgradigen Pneumonie - Anteil von Schlachtkörpern mit einer mittel- oder hochgradigen Pleuritis - Anteil von Schlachtkörpern mit nekrotisierten Schwänzen - Anteil von Schlachtkörpern mit Abszessen - Anteil von Schlachtkörpern mit schwerwiegenden Anzeichen für Rangkämpfe Die Erfassung dieser Befunde kann an jedem Schlachtbetrieb erfolgen. Steht keine computergestützte Erfassung zur Verfügung, lassen sich diese Daten auch per Hand zum Beispiel mit Hilfe von Strichlisten dokumentieren (BLAHA und MEEMKEN 2011). In der Verwendung von tierbezogenen Tierschutzkriterien sehen BLAHA und RICHTER (2011) eine kostenneutrale Effizienzsteigerung der amtlichen risikoorientierten Überwachung, denn mithilfe dieser Indikatoren können Schweinemastbetriebe, die ein erhöhtes Risiko von Tierschutzdefiziten vermuten lassen, identifiziert werden. So kann die amtliche Überwachung zielgerichtet auf verdächtige Bestände konzentriert werden.

29 2.8 Begriffsbestimmungen Tierschutz und Wohlbefinden 2.8.1 Die fünf Freiheiten 1965 veröffentlichte die britische Regierung den Report of the Technical Committee to Enquire into the Welfare of Animals kept under Intensive Livestock Husbandry Systems der nach dem Vorsitzenden des Komitees kurz Brambell Report genannt wurde. Dieser Report beschreibt die fünf Freiheiten über die ein Nutztier verfügen sollte. Es sollte die Möglichkeit haben, aufzustehen, sich hinzulegen, sich zu drehen, sich selbst zu pflegen und seine Gliedmaßen auszustrecken. Diese Freiheiten wurden 1997 von dem Farm Animal Welfare Council folgendermaßen konkretisiert (FARM ANIMAL WELFARE COUNCIL 2009): Frei sein von Hunger und Durst (durch Zugang zu frischem Trinkwasser und gesunder Nahrung), Frei sein von Unbehagen (angemessenes Lebensumfeld mit Unterstand und bequemem Liegeplatz), Frei sein von Schmerzen, Verletzungen und Krankheiten (Verhütung bzw. schnelle Behandlung), Frei sein zum Ausleben normaler Verhaltensweisen (ausreichendes Platzangebot, angemessene Funktionsbereiche und sozialer Kontakt zu Artgenossen), Frei sein von Angst und Leiden (Haltungsbedingungen und Behandlungen, die Leiden vermeiden). Diese Freiheiten beschreiben Idealzustände für einen akzeptablen Tierschutz (FARM ANIMAL WELFARE COUNCIL 2009). Sie bilden die Grundlage der EU-Politik und werden weltweit als Definition des idealen Tierschutzes akzeptiert (EUROPÄISCHE KOMMISSION 2007 b). 2.8.2 Wohlbefinden / Animal Welfare LORZ und METZGER (1999) verstehen unter Wohlbefinden den Zustand körperlicher und seelischer Harmonie des Tieres in sich und mit der Umwelt, das Freisein von Schmerzen und Leiden ist dafür Voraussetzung, reicht alleine aber nicht aus. Kennzeichen des Wohlbefindens sind die Gesundheit und ein normales Verhalten

30 des Tieres (LORZ und METZGER 1999), wobei man unter Normalverhalten diejenigen Verhaltensabläufe versteht, die von der Mehrheit (95 %) der Tiere einer Art, Rasse, Geschlechts- und Altersgruppe unter natürlichen oder naturnahen Haltungsbedingungen gezeigt werden (POLLMANN und TSCHANZ 2006). DÜPJAN et al. (2011) zählen zum Wohlbefinden des Tieres die Vermeidung von negativem Stress und Leiden sowie die Förderung positiver Emotionen. BROOM (1991) definiert welfare als Zustand eines Tieres im Hinblick auf die Bewältigung seiner Umweltbedingungen, denen es ausgesetzt ist. Zu dieser Definition merkt KNIERIM (2002) an, dass zwar das englische welfare dem deutschen Begriff Wohlbefinden nicht genau entspricht, dass jedoch das Wohlbefinden ein wichtiger Anteil des welfare ist. In diesem Sinne definiert KNIERIM (2002) das Wohlbefinden als das Erleben des Ausmaßes der Auseinandersetzungsfähigkeit mit der Umwelt. FRASER (2003) nennt drei Ansätze zur Definition von Animal Welfare. Der Affective States -Ansatz (DUNCAN 1993), sieht die Verstärkung der positiven Gefühle und die Verminderung der negativen Gefühle des Tieres als die wichtigsten Punkte zum Erreichen von Tierwohl. Die Leistungsfähigkeit und Produktivität des Tieres sind der wichtigste Aspekt des Biological Functioning -Ansatzes (MCGLONE 1993). Der Natural Living -Ansatz (KILEY-WORTHINGTON 1989) beschreibt die Wichtigkeit für die Tiere, ihre angeborenen Verhaltensweisen ausleben zu können. Für einen guten Tierschutz ist nicht nur die Gesundheit eines Tieres ausschlaggebend, sondern auch dessen Wohlbefinden (FARM ANIMAL WELFARE COUNCIL 2009). In diesem Sinne wird auch im Codex Veterinarius der Tierärztlichen Vereinigung für Tierschutz e.v. darauf hingewiesen, dass neben der Freiheit von Schmerzen und Leiden auch der in 1 (TSchG) geforderte Anspruch der Tiere auf Wohlbefinden gewährleistet werden muss (BLAHA und STÄHR 2009). DÜPJAN et al. (2011) führten verhaltensphysiologische Studien zur Feststellung des Wohlbefindens von Hausschweinen durch. 2.8.3 Gesundheit Die Gesundheit ist ein Zustand des vollständigen körperlichen, geistigen und sozialen Wohlergehens und nicht nur das Fehlen von Krankheit oder Gebrechen., so definiert die WORLD HEALTH ORGANIZATION (2006) die Gesundheit. Auch für die Tiere wurde diese Definition mittlerweile übernommen, denn das Wohlbefinden und ein möglichst ungestörtes arteigenes Verhalten ist aus der

31 Tiergesundheit nicht mehr wegzudenken (BLAHA 2005). BLAHA (2005) merkt an, das Tiergesundheit (insbesondere das von Herden und Beständen) kein qualitatives Ja-Nein, sondern ein quantitatives Mehr-oder-Weniger- Phänomen ist. Dabei sind die Haltung, die Art der Fütterung, die Betriebsführung und das Auftreten von Infektionen die wichtigsten Faktoren, die die Gesundheit und auch die Leistung von Schweinen zunehmend beeinflussen (WALDMANN 2003). 2.8.4 Schmerzen, Leiden und Schäden Im Jahr 1979 veröffentlichte die International Association for the Study of Pain folgende Definition von Schmerz: Schmerz ist ein unangenehmes Sinnes- und Gefühlserlebnis, das mit aktueller oder potentieller Gewebsschädigung verknüpft ist oder mit Begriffen einer solchen beschrieben wird (INTERNATIONAL ASSOCIATION FOR THE STUDY OF PAIN 2012). Eine unmittelbare Quantifizierung von Schmerzen und Leiden bei Tieren ist naturwissenschaftlich nicht möglich, darum muss eine indirekte Bewertung anhand von Indikatoren aus den Bereichen der Gesundheit, des Verhaltens und der Physiologie erfolgen (HOY 2004). LORZ und METZGER (1999) definieren Leiden als alle vom Begriff des Schmerzes nicht erfassten Beeinträchtigungen im Wohlbefinden, die über Unbehagen hinausgehen und eine nicht unwesentliche Zeitspanne fortdauern. Nach POLLMANN und TSCHANZ (2006) tritt Leiden auf, wenn ein Tier nicht in der Lage ist, mit seinem arttypischen Verhalten seine Bedürfnisse zu befriedigen, seinen Bedarf zu decken und Schäden zu vermeiden. Zeigt ein Tier über eine längere Zeit ein abweichendes Verhalten, weist dieses auf Leiden hin. Weicht der Zustand eines Tieres von seinem gewöhnlichen Zustand zum Schlechteren ab und geht nicht bald vorüber, so bezeichnet man dies nach LORZ und METZGER (1999) als Schaden. Dabei kann es sich um körperliche oder seelische Abweichungen handeln. Gelingt einem Tier die Anpassung an seine Lebensumstände nicht und zieht dies Schmerzen, Leiden und Schäden für das Tier mit sich, so spricht man von tierschutzrelevanten Mängeln (BLAHA und RICHTER 2011).

32 2.8.5 Tiergerechtheit Ob ein Tier in seiner Umwelt keine Schmerzen, Leiden oder Schäden erleiden muss und ob sein Wohlbefinden gesichert ist, wird mit dem Begriff Tiergerechtheit beschrieben (KNIERIM 2002). Tiergerecht sind Haltungsbedingungen nach SUNDRUM (1998) dann, wenn sie den spezifischen Eigenschaften der in ihnen lebenden Tiere Rechnung tragen, indem die körperlichen Funktionen nicht beeinträchtigt, die Anpassungsfähigkeit der Tiere nicht überfordert und essentielle Verhaltensmuster der Tiere nicht so eingeschränkt und verändert werden, daß dadurch Schmerzen, Leiden oder Schäden am Tier entstehen. In der Tierschutzdiskussion wird noch häufig eine artgerechte Haltung der Tiere gefordert (RICHTER 2006).Ein Haltungsverfahren soll jedoch nicht der Art eines Tieres gerecht werden, sondern den Bedürfnissen des jeweiligen Haustiers entsprechen, darum empfiehlt ROJAHN (1984), den Begriff artgerecht zur Beschreibung des Wohlbefindens von Nutztieren in Stallhaltungen zu vermeiden. Auch RICHTER (2006) rät von der Verwendung des Begriffes artgerecht in diesem Zusammenhang ab. ROJAHN (1984) schlägt stattdessen den Gebrauch des Begriffes tiergerechte Haltung vor, der die Haltung, Pflege und Unterbringung von Tieren beschreibt. Die Besatzdichte, die Größe der Mastgruppe, die Beschaffenheit des Bodens, die klimatischen Bedingungen im Stall, die zur Verfügung stehenden Liege- und Fressplätze und die Versorgung sind wichtige Faktoren eines Haltungssystems (IBEN und SAMBRAUS 2002). BLAHA (2010 b) stellt fest, dass in der Gesellschaft häufig noch angenommen wird, dass kleine Tierhaltungen automatisch tiergerechter sind als große Tierhaltungen, auch den traditionellen Tierhaltungsformen wird im Gegensatz zu modernen Mastbetrieben mehr Tierfreundlichkeit zugesprochen (BLAHA und RICHTER 2011). Die Autoren vertreten die Meinung, dass moderne Tierhaltungssysteme bei professioneller Tierbetreuung tiergerechter sind als traditionelle Haltungssysteme. In diesem Sinne hat die Forderung der Basisverordnung VO (EG) 178/2002, tierschutzrelevante Veränderungen beim Nutztier zu erfassen, gezeigt, dass aus vielen alternativen, als tierschutzgerecht angesehenen Haltungen sehr gesunde Tiere stammen, aber aus nicht wenigen solcher Haltungen kommen auch sehr oft schwer erkrankt gewesene Tiere. Dem Faktor Mensch muss beim Tierhaltungsmanagement und bei der Tierbetreuung mehr Wichtigkeit beigemessen werden (BLAHA und MEEMKEN 2009).So kann den Tieren durch eine gute Betreuung in einer weniger tierschutzgerechten Haltung das Leben trotzdem frei von Leiden und Schmerzen ermöglicht werden und umgekehrt kann eine sehr tierschutzgerechte Haltung durch eine unsachgemäße Betreuung Leiden und Schmerzen bei den Tieren verursachen (BLAHA und MEEMKEN 2009, BLAHA und RICHTER 2011).

33 2.8.6 Die Beurteilung der Tiergerechtheit Die Tiergerechtheit einer Haltung wird durch Einschätzen des Risikos, ob ein Tier Wohlbefinden, Schmerzen, Leiden oder Schäden in seiner Umgebung erfährt, beurteilt (KNIERIM 2002), dazu lassen sich negative und positive Indikatoren heranziehen (KNIERIM 1998). Anhand des Tierverhaltens und der Mortalitäts-, Gesundheits- und Leistungsdaten kann die Tiergerechtheit entsprechend dem von TSCHANZ (1986) entwickelten Bedarfsdeckungs- und Schadenvermeidungskonzept eingeschätzt werden (HOY 2004). Dieses Konzept von TSCHANZ (1986) beinhaltet, dass jedes Tier in der Lage sein soll, sich so zu verhalten, dass es Stoffe, Reize und Strukturen seiner Umgebung nutzen kann oder falls diese schädlich sind sich ihnen auch fernhalten kann. TROXLER (2007) sieht in der Bewertung des Tierverhaltens den wichtigsten Aspekt zur Beurteilung eines Haltungssystems. In einem Haltungssystem, welches im Prinzip akzeptabel ist, in dem jedoch keine kompetente, gewissenhafte Betreuung der Tiere stattfindet, kann das Wohlbefinden der Tiere nicht ausreichend sichergestellt werden. Darum ist der Umgang mit den Tieren und die Schulung und Überwachung des richtigen Umgangs von großer Wichtigkeit (FARM ANIMAL WELFARE COUNCIL 2009). In diesem Sinne merkt BLAHA (2010 a) an, dass bei der Einschätzung der Tiergerechtheit unbedingt die Betreuung der Tiere mitberücksichtigt werden muss. Der Maßstab für die Bewertung der Tiergerechtheit ist letztendlich, wie es dem Tier selbst ergeht und wie sein tatsächlicher Zustand ist (KNIERIM 2002, BLAHA und RICHTER 2011). BROOM (1991) und KNIERIM (2002) weisen darauf hin, dass es sich bei dem Einschätzen der Tiergerechtheit nur um ein Vergleichen handelt, ohne eine Aussage darüber treffen zu können, was akzeptabel ist. BARTUSSEK (1995) entwickelte in Österreich den TGI 35-L für Mastschweine um die Tiergerechtheit eines Haltungssystems einzuschätzen und vergleichbar zu machen. Zur Ermittlung des TGI in diesem Bewertungssystem werden für die fünf Kriterien Bewegungsmöglichkeit, Sozialkontakt, Bodenbeschaffenheit, Klima und Betreuungsintensität Punkte vergeben und zu einer Gesamtpunktzahl von maximal 35, der TGI-Zahl addiert. Die ursprüngliche TGI-Fassung wurde durch eine Arbeitsgruppe, der der Autor angehörte, und aus der 1991 die Gesellschaft für ökologische Tierhaltung (GÖT) hervorging, weiterentwickelt. Der Tiergerechtheits-Index wurde durch eine differenziertere Begutachtung und Bewertung der einzelnen Kriterien ergänzt, so dass nun zwei TGI-35-Versionen existieren, eine Kurzfassung für Rinder und Schweine und, eine Langfassung für Rinder, Kälber, Schweine und Legehennen (BARTUSSEK 1997).

34 Die GÖT veröffentlichte 1994 den TGI 200/1994 (SUNDRUM et al. 1994), eine veränderte Version des Tiergerechtheitsindex für Rinder, Kälber, Schweine und Legehennen. Bei diesem TGI sind die Bewertungsbereiche vorwiegend ethologischhygienisch ausgerichtet, im Gegensatz zu dem verfahrens- und bautechnischen Schwerpunkt des TGI 35. Der Arbeitsausschuss Tierhaltung und Tierschutz der Deutschen Gesellschaft für Züchtungskunde erstellte ein Konzept der Kritischen Kontrollpunkte, um die Tiergerechtheit von Haltungsverfahren zu messen (VON BORELL et al. 2002). Dieses enthält objektiv messbare Kriterien und Grenzwerte für die Bereiche Tierschutz, Tiergesundheit und Management. Anstelle der ausschließlichen Bewertung der Haltungsbedingungen, dem sogenannten Zollstocktierschutz geht die Entwicklung hin zu einem tierorientierten Tierschutz (BLAHA und MEEMKEN 2009, BLAHA 2010 a). Der haltungssystemorientierte", input-messende Tierschutz wandelt sich zu einem outputmessenden bzw. einem tierorientierten Tierschutz, bei dem die Beurteilung des tatsächlichen Zustandes und der Lebensqualität der Tiere im Mittelpunkt steht. BLAHA (2010 a) beschreibt die Output-Messung als eine vom Haltungssystem unabhängige Erfassung von Parametern der Tiergesundheit und des Tierverhaltens, um nicht nur den zu erwartenden, sondern auch den tatsächlichen Grad des Tierwohlergehens abschätzen zu können.

35 2.9 Rechtliche Grundlagen zum Tierschutz 2.9.1 Der Wandel des Tierschutzes in Deutschland Der Tierschutz in Deutschland wandelt sich nach LUY (2005) von einem pathozentrischen über ein anthropozentrisches Konzept hin zu einem ethischen Tierschutz. Zwischen 1872 und 1933 wurde bestraft, wer nach 360 Nr. 13 des Reichsstrafgesetzbuchs durch das Quälen oder Misshandeln von Tieren öffentlich Ärgernis erregte (LUY 2005, SAMBRAUS 2008). Da bei diesem Konzept das menschliche Interesse beim Schutz von Tieren im Mittelpunkt steht, bezeichnet LUY (2005) es als anthropozentrisch. Mit dem Reichstierschutzgesetz, dass 1933 in Kraft trat, wandelte sich das Konzept in einen pathozentrischen Tierschutz. Das Tier sollte um seiner selbst willen geschützt werden. Dieses Gesetz schützte nur das Wohlbefinden des Tieres, nicht sein Leben (LUY 2005). Der Aspekt der angemessenen Tierhaltung wurde noch nicht erwähnt (SAMBRAUS 2008). Mit dem ersten bundesdeutschen Tierschutzgesetz von 1972 kam der Wechsel zum ethischentierschutz. Das Verbot, Tiere zu töten, wenn kein aus gesellschaftlicher Sicht rechtfertigender Grund dafür vorliegt, selbst wenn es absolut leidensfrei geschehen würde, drückt diesen Wandel aus(luy 2005). 2.9.2 Grundgesetz Am 26. Juli 2002 wurde in der Vollversammlung des Bundestages beschlossen, den Tierschutz als Staatsziel im Grundgesetz zu verankern (ANONYM 2012 b). Der betreffende Artikel 20 a lautet: Der Staat schützt auch in Verantwortung für die künftigen Generationen die natürlichen Lebensgrundlagen und die Tiere im Rahmen der verfassungsmäßigen Ordnung durch die Gesetzgebung und nach Maßgabe von Gesetz und Recht durch die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung. Dass der Tierschutz als Staatsziel in die Verfassung aufgenommen wurde, ist laut BLAHA und MEEMKEN (2009) das Resultat der häufigen gesellschaftlichen Debatten über die Frage, wie Nutztiere, die der Lebensmittelgewinnung dienen, gehalten werden.

36 2.9.3 Tierschutzgesetz Am 24. Juli 1972 wurde das heute in Deutschland geltende Tierschutzgesetz verkündet und am 18. Juni 2006 neugefasst. Es erfuhr mehrere Änderungen, zuletzt am 9. Dezember 2010 (ANONYM 2006). Der Grundsatz des Tierschutzgesetzes wird in 1 erläutert: Zweck dieses Gesetzes ist es, aus der Verantwortung des Menschen für das Tier als Mitgeschöpf dessen Leben und Wohlbefinden zu schützen. Die Kernaussage des Tierschutzgesetzes lautet: Niemand darf einem Tier ohne vernünftigen Grund Schmerzen, Leiden oder Schäden zufügen. Das Tierschutzgesetz ist in dreizehn Abschnitte unterteilt. Der 2 des zweiten Abschnittes befasst sich mit der Ernährung, Pflege und verhaltensgerechten Unterbringung von Tieren. BLAHA (2011) bezeichnet das Tierschutzgesetz als eines der besten der Welt, weist jedoch darauf hin, dass trotzdem viele Tierschutzdefizite bestehen. Das Verhaltensrepertoire der Tiere wird nicht berücksichtigt und hinsichtlich des Tierwohls ist das Tierschutzgesetz zu sehr auslegbar. Er schlägt eine Änderung des Tierschutzgesetzes in ein Tierwohlgesetz vor, in dem den ressourcenorientierten Kriterien tierorientierte Kriterien zugeordnet werden müssen (BLAHA 2012). 2.9.4 Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung Die Verordnung zum Schutz landwirtschaftlicher Nutztiere und anderer zur Erzeugung tierischer Produkte gehaltener Tiere bei ihrer Haltung (Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung) vom 25. Oktober 2001 erfuhr am 22. August 2006 eine Neufassung und wurde zuletzt am 1. Oktober 2009 geändert (ANONYM 2001). Sie dient der Umsetzung mehrerer Richtlinien wie z.b. der Richtlinie 98/58/EG des Rates vom 20. Juli 1998 über den Schutz landwirtschaftlicher Nutztiere und der Richtlinie 91/630/EWG des Rates vom 19. November 1991 über Mindestanforderungen für den Schutz von Schweinen. Diese Verordnung bezieht sich auf das Halten von Nutztieren zu Erwerbszwecken, wobei z.b. die vorübergehende Unterbringung von Tieren während Ausstellungen ausgenommen ist. In Abschnitt 1 enthält sie allgemeine Anforderungen an die Haltungseinrichtungen, an die Überwachung und an die Fütterung und Pflege.

37 Die Haltungseinrichtungen müssen so beschaffen sein, dass eine Verletzung oder sonstige Gesundheitsgefährdung der Tiere so sicher wie möglich ausgeschlossen wird. Den Tieren muss ausreichend Schutz vor widrigen Witterungseinflüssen geboten werden. Durch die Fütterungs- und Tränkeinrichtungen müssen jedem Tier Zugang zu ausreichender Menge an Futter und Wasser ermöglicht werden. Verunreinigungen des Futters und des Wassers, sowie Auseinandersetzungen zwischen den Tieren müssen auf ein Mindestmaß begrenzt werden. In den Abschnitten 2 bis 6 wird auf das Halten von Kälbern, Legehennen, Masthühnern, Schweinen und Pelztieren im Einzelnen eingegangen. Für die Schweine, die in die fünf Kategorien eingeteilt wurden, - Saugferkel - Absatzferkel - Jungsauen und Sauen - Zuchtläufer und Mastschweine - Eber sind in Abschnitt 5 jeweils spezielle Anforderungen an die Haltung festgelegt. 2.9.5 Richtlinie 98/58/EG des Rates vom 20. Juli 1998 über den Schutz landwirtschaftlicher Nutztiere Bei der Richtlinie 98/58/EG des Rates vom 20. Juli 1998 handelt es sich um ein Europäisches Übereinkommen zum Schutz von Tieren in landwirtschaftlichen Tierhaltungen, das von allen Mitgliedsstaaten ratifiziert wurde (ANONYM 1998). In dieser Richtlinie sind Mindestnormen für den Schutz landwirtschaftlicher Nutztiere festgelegt. Im Anhang befinden sich allgemeine Vorschriften zur Haltung landwirtschaftlicher Nutztiere, unter anderem über - das Personal für die Tierpflege - die Kontrolle der Tiere - die geeignete Beleuchtung - die ordnungsgemäße Versorgung kranker oder verletzter Tiere - die Aufzeichnung über alle medizinischen Behandlungen und über die bei jeder Kontrolle vorgefundenen toten Tiere - die Bewegungsfreiheit - das Material von Unterkünften - die Luftzirkulation, den Staubgehalt der Luft, die Temperatur, die relative Luftfeuchtigkeit und die Gaskonzentration - die Inspektion von automatischen oder mechanischen Anlagen und Geräten - das Füttern und Tränken.

38 2.9.6 Richtlinie 2008/120/EG des Rates vom 18. Dezember 2008 über Mindestanforderungen für den Schutz von Schweinen Die Richtlinie 2008/120/EG legt auf EU-Ebene die Mindestanforderungen für den Schutz von Schweinen fest, die zum Zweck der Aufzucht und Mast gehalten werden (ANONYM 2008). Sie hebt die Richtlinie 91/630/EWG auf. Die den Mitgliedsstaaten angehörigen Betriebe müssen laut Artikel 3, den in der Richtlinie genannten Anforderungen bezüglich zur Verfügung stehender benutzbarer Bodenfläche und der Spaltenweite und Auftrittsbreite bei Betonspaltenböden genügen. Die Mitgliedstaaten können laut Artikel 12 in ihrem Gebiet unter Beachtung der allgemeinen Vorschriften des EG-Vertrags strengere Bestimmungen für den Schutz von Schweinen beibehalten oder zur Anwendung bringen, als sie in dieser Richtlinie vorgesehen sind. In Anhang I, Kapitel I Allgemeine Bedingungen werden zusätzlich zur Richtlinie 98/58/EG des Rates vom 20. Juli 1998 über den Schutz landwirtschaftlicher Nutztiere geltende Anforderungen genannt. Es handelt sich, unter anderem, um Angaben bezüglich - des Geräuschpegels, - der Lichtstärke, - der Beschaffenheit des Liegebereiches - der Fütterung. - des Abschleifens oder Abkneifens der Eckzähne - des Kupierens eines Teils des Schwanzes - der Kastration der männlichen Schweine. In Anhang I Kapitel II sind besondere Bestimmungen für verschiedene Schweinekategorien angegeben. Für die Kategorie Absetzferkel und Mastschweine/Zuchtläufer sind hier Bestimmungen zur Gruppenhaltung festgelegt.

39 2.9.7 Die Tierschutzstrategie der Europäischen Union 2.9.7.1 Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union In Artikel 13 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union ist festgelegt, dass die Union und die Mitgliedstaaten den Erfordernissen des Wohlergehens der Tiere als fühlende Wesen in vollem Umfang Rechnung zu tragen haben (ANONYM 2010). Somit erhält der Tierschutz auf EU-Ebene einen neuen Stellenwert, dem die gleiche Bedeutung wie z.b. dem Gesundheitsschutz und der Gewährleistung des Verbraucherschutzes beigemessen wird (JAEGER 2011). 2.9.7.2 Aktionsplan der EU für den Schutz und das Wohlbefinden von Tieren 2006-2010 Am 23.01.2006 wurde von der EUROPÄISCHEN KOMMISSION (2006) die Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament und den Rat über einen Aktionsplan der Gemeinschaft für den Schutz und das Wohlbefinden von Tieren verabschiedet. Dieser Aktionsplan der Gemeinschaft diente der Darlegung der Tierschutzinitiativen für den Zeitraum 2006 bis 2010. Folgende Ziele wurden festgelegt: 1. Eine gezieltere Ausrichtung der Gemeinschaftspolitiken im Bereich Schutz und Wohlbefinden von Tieren 2. Bemühen um hohe Tierschutznormen in der EU und auf internationaler Ebene 3. bessere Koordinierung bestehender Ressourcen und Identifizierung künftiger Erfordernisse 4. Unterstützung künftiger Forschungstrends im Bereich Tierschutz und Alternativmethoden zu Tierversuchen 5. Gewährleistung einer konsequenteren und koordinierten Einbeziehung der Tierschutzfrage in gemeinschaftliche Politikbereiche

40 Um diese Ziele zu erreichen, wurden fünf Hauptaktionsbereiche bestimmt: 1. Verbesserung bestehender Mindestnormen für den Schutz und das Wohlbefinden von Tieren mit Berücksichtigung der neuesten wissenschaftlichen Erkenntnisse. Auch die Festlegung spezifischer Mindestnormen für Tierarten oder Fragen, für die es derzeit keine Regelung in der EU gibt, wird in Betracht gezogen. 2. Prioritäre Förderung einer politisch orientierten Zukunftsforschung auf dem Gebiet des Schutzes und Wohlbefindens von Tieren, wie z.b. der Entwicklung neuer Methoden zum Ersatz von Tierversuchen. 3. Einheitliche Tierschutzindikatoren sollen eingeführt werden, um angewandte Tierschutznormen in Mindestnormen oder höhere Normen einstufen zu können. Hierdurch soll die Entwicklung und Anwendung tierschutzgerechterer Produktions- und Zuchtmethoden auf Gemeinschafts- und Weltebene gefördert werden. In diesem Zuge soll die Möglichkeit einer in der ganzen EU gültigen Etikettierungsregelung untersucht werden. 4. Bessere Information von Tierhaltern, Tierbetreuern und der allgemeinen Öffentlichkeit über die geltenden Tierschutznormen und ein stärkeres Einbeziehen bei der Förderung des Schutzes und Wohlbefindens von Tieren 5. Unterstützung internationaler Tierschutzinitiativen Im Aktionsplan werden 28 geplante spezifische Aktionen im Bereich Schutz und Wohlbefinden von Tieren angeführt, wie z.b. - der Vorlage eines Berichts an den Rat und das Europäische Parlament über die Durchführung der Richtlinie 98/58/EG über den Schutz landwirtschaftlicher Nutztiere, - der Schaffung eines Rechtsinstrumentes zur Validierung von Haltungssystemen, die höhere als die geltenden Tierschutzmaßstäbe anwenden. 2.9.7.3 EU-Strategie für den Schutz und das Wohlergehen von Tieren 2012-2015 Am 15.02.2012 wurde von der EUROPÄISCHEN KOMMISSION (2012 c) die korrigierte Version der Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat und den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss über die Strategie der Europäischen Union für den Schutz und das Wohlergehen von Tieren 2012 2015 verabschiedet. In dieser Mitteilung werden die geplanten EU- Maßnahmen der nächsten vier Jahre vorgestellt, die mithilfe der gewonnenen

41 Erkenntnisse des Aktionsplanes 2006 2010 erstellt wurden. Diese Strategie schafft die Grundlagen für eine Verbesserung der Tierschutzstandards in allen Ländern der Europäischen Union und steht unter dem Leitgedanken Jeder trägt Verantwortung (EUROPÄISCHE KOMMISSION 2012 b). Zur Mitteilung über die EU-Tierschutz-Strategie 2012-2015 wurde am 19.01.2012 durch die Kommissionsdienststellen eine Begleitunterlage herausgegeben. Diese Arbeitsunterlage enthält eine Zusammenfassung der Folgenabschätzung (EUROPÄISCHE KOMMISSION 2012 a). Als Ziele der Tierschutzstrategie werden eine verbesserte Durchsetzung der EU-Rechtsvorschriften, das Herbeiführen eines fairen Wettbewerbs für EU-Unternehmer, die Verbesserung des den Tierschutz betreffenden Kenntnisstandes, die Sensibilisierung der EU-Unternehmer und die Verbesserung der tierartübergreifenden Kohärenz des Tierschutzes genannt. Im Anhang der Mitteilung werden 20 geplante Maßnahmen genannt, wie z.b. das Erstellen von EU-Leitlinien zum Schutz von Schweinen und das Durchführen einer Studie über die Bildungsmaßnahmen zum Tierschutz und über die Informationsaktivitäten, die sich an die breite Öffentlichkeit und die Verbraucher richten. 2.10 Animal Welfare Quality Das Welfare Quality -Projekt wurde im Rahmen der europäischen Tierschutzstrategie durchgeführt und hatte die Entwicklung zuverlässiger Systeme zur Beurteilung des Tierschutzes auf landwirtschaftlichen Betrieben zum Ziel (WELFARE QUALITY 2007). Die Finanzierung dieses vierjährigen Forschungsprojektes erfolgte durch die Europäische Union. In zwei Teilprojekten wurden die Grundsätze für den Schutz des Wohlergehens landwirtschaftlicher Nutztiere erarbeitet. Aufgabe des ersten Projektes war es, die Meinung und das Verhalten von Verbrauchern, Landwirten und des Handels in Bezug auf den Tierschutz zu untersuchen. Im Rahmen dieser Untersuchung zeigte sich, dass für europäische Bürger das Wohlergehen von Nutztieren von sehr großer Bedeutung für die Nahrungsqualität ist (WELFARE QUALITY 2007). BOCK und VAN HUIK (2007) untersuchten die Einstellung und das Verhalten europäischer Schweinemäster in Bezug auf das Wohlbefinden der Tiere. Die Ergebnisse sechs nationaler Studien wurden herangezogen, bei der rund 360 Schweinemäster aus Frankreich, Italien, Großbritannien, Schweden, Norwegen und den Niederlanden befragt wurden.

42 DEIMEL et al. (2011) ermittelten anhand einer Clusteranalyse, dass 29 % der von ihnen befragten deutschen Schweinemäster als Teilnehmer an dem Animal Welfare- Programm in Frage kämen. Um das Wohlbefinden von Rindern, Schweinen und Geflügel messen zu können, wurde im Rahmen des zweiten Teilprojektes von Welfare Quality ein Beurteilungssystem entwickelt (WELFARE QUALITY 2007). Dazu wurde für Milchkühe, Mastrinder, Mastkälber, Sauen, Mastschweine, Legehennen und Broiler eine standardisierte Methode entworfen, die in über 700 Betrieben in neun europäischen Ländern getestet wurde. KNIERIM (2011) setzt ein valides, zuverlässiges und praxisgerechtes Beurteilungssystem der Tiergerechtheit auf landwirtschaftlichen Betrieben, das gleichzeitig die Anliegen der Bürger adressiert zur Festsetzung von Bewertungsparametern im Tierschutz voraus. Um die Messungen unabhängig der sehr unterschiedlichen Haltungstechniken der Nutztiere, sowohl im Herkunftsbetrieb als auch im Schlachtbetrieb durchführen zu können, wurden überwiegend tierbezogene Messgrößen verwendet. Außerdem wurden auch Kriterien der Haltungstechnik und des Managements hinzugezogen, wie zum Beispiel das Zählen von zugänglichen Tränkestellen (WELFARE QUALITY 2009 a). Das Welfare-Quality -Projekt wählte einen output-basierten Ansatz, das heißt, die Sicht eines Tieres und sein Wohlergehen in der Umgebung, in der es lebt, wird in den Fokus gestellt (ZESSIN 2011). Um das Wohlbefinden von Tieren zu bewerten, hält es BROOM (1991) für notwendig, das beeinträchtigte Wohlbefinden des Tieres direkt zu messen und wissenschaftliche Studien über die Bedürfnisse von Tieren heranzuziehen. Diesem Anspruch nach einer ganzheitliche Betrachtung des Tierschutzes wird das EU-Projekt Welfare Quality gerecht (DEIMEL et al. 2011). Die Aussagekraft, die Wiederholbarkeit und die Durchführbarkeit unter Praxisbedingungen war ein wichtiges Kriterium bei der Entwicklung geeigneter Messgrößen. Folgende vier Grundsätze werden von Welfare Quality gefordert: 1. Gute Tierhaltung 2. Gute Fütterung 3. Gute Gesundheit 4. Artgemäßes Verhalten

43 Im Rahmen dieser Grundsätze wurden zwölf Kriterien für die Welfare Quality - Beurteilungssysteme entwickelt (WELFARE QUALITY 2007) 1. Tiere sollen nicht längere Zeit unter Hunger leiden, 2. Tiere sollen nicht längere Zeit unter Durst leiden, 3. Tiere sollen bequem ruhen können, 4. Tiere sollen ihre Körpertemperatur in einem verträglichen Bereich halten können, 5. Tiere sollen genügend Platz haben, um sich frei bewegen zu können. 6. Tiere sollen frei von körperlichen Schäden sein, 7. Tiere sollen frei von Krankheiten sein, 8. Tiere sollen nicht unter Schmerzen durch unsachgemäße Betreuung, Schlachtung oder durch Eingriffe (wie Kastration, oder Enthornung) leiden, 9. Tiere sollen in der Lage sein, normales, nicht schädliches Sozialverhalten auszuüben, 10. Tiere sollen in der Lage sein, andere normale Verhaltensweisen auszuüben, d. h., sie sollen artspezifisches natürliches Verhalten, z. B. Futtersuchverhalten, zeigen können. 11. Tiere sollen in allen Situationen gut behandelt werden, 12. Negative Emotionen wie Furcht, Erschöpfung, Frustration oder Apathie sollen vermieden werden. Die Beurteilung des Wohlergehens in einem Betrieb wird in drei Stufen durchgeführt. Anfangs werden 30 bis 50 Messgrößen erhoben, die tierbezogen sind oder die Haltung oder das Management betreffen. Anschließend werden diese Messgrößen den zwölf Tierschutzkriterien zugeordnet, diese wiederum den vier Prinzipien des Tierschutzes (WELFARE QUALITY 2009 b). Anhand der Gesamtbeurteilung werden die Betriebe in vier Kategorien eingestuft: hervorragend, überdurchschnittlich, akzeptabel und nicht klassifiziert". Die Systeme zur Beurteilung des Wohlbefindens von Nutztieren können von den Produzenten zur Überwachung ihrer Betriebe und zur Ursachenfindung bei beeinträchtigtem Wohlbefinden der Tiere genutzt werden (ZESSIN 2011).

44 2.11 Amtliche Tierschutzkontrollen 2.11.1 Die Verordnung (EG) Nr. 882/2004 Die Verordnung (EG) Nr. 882/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 über amtliche Kontrollen zur Überprüfung der Einhaltung des Lebensmittel- und Futtermittelrechts sowie der Bestimmungen über Tiergesundheit und Tierschutz bildet die europarechtliche Grundlage für tierschutzrechtliche Kontrollen im landwirtschaftlichen Raum (ANONYM 2004 d). Darin werden die Verpflichtungen natürlicher und juristischer Personen in Bezug auf Tiergesundheit und Tierschutz sowie die Aufgaben der zuständigen Behörden festgelegt (HOPP 2012). Artikel 3 der Verordnung befasst sich mit den allgemeinen Verpflichtungen hinsichtlich der Organisation amtlicher Kontrollen. Amtliche Kontrollen sollen regelmäßig, auf Risikobasis und mit angemessener Häufigkeit durchgeführt werden, damit die Ziele der Verordnung erreicht werden. Um in allen Bundesländern ein einheitliches Vorgehen bei den risikoorientierten amtlichen Tierschutzkontrollen zu ermöglichen, hat eine bundesweite Arbeitsgruppe ein Handbuch zur Tierschutzüberwachung in Nutztierhaltungen Stand 25.10.2010" erstellt (BLAHA und RICHTER 2011, HOPP 2012). 2.11.2 Cross Compliance Die Europäische Union setzt im Bereich des Umweltschutzes, bei der Lebensmittelund Futtermittelsicherheit, bei der Tiergesundheit und beim Tierschutz im internationalen Vergleich hohe Standards. Landwirtschaftlichen Betrieben der Mitgliedstaaten entstehen dadurch im Vergleich zu den Konkurrenten anderer Länder höhere Produktionskosten. Direktzahlungen aus dem EU-Agrarhaushalt sollen unter anderem einen Ausgleich für diese höheren Ausgaben schaffen (BMELV 2013). Seit 2005 ist der Erhalt dieser Direktzahlungen an die Einhaltung von Vorschriften in den Bereichen Umwelt, Lebensmittel- und Futtermittelsicherheit, Tiergesundheit und Tierschutz gebunden (MELUR 2013). Diese Bindung der EU-Agrarzahlungen an die Verpflichtungen wird Cross- Compliance" genannt (BMELV 2013). Landwirte, die qualitativ hochwertige Lebensmittel erzeugen, haben einen erheblichen wirtschaftlichen Nutzen durch diese Zahlungen (PFLUG und

45 MANSFELD 2009). Cross Compliance lässt sich wörtlich in Überkreuz-Verpflichtung übersetzen. Es handelt sich um anderweitige Verpflichtungen, die die normalen Verpflichtungen im Rahmen der Betriebsprämien kreuzen und bei Nichteinhaltung zu einer Kürzung der Direktzahlungen führen können (MELUR 2013). Cross Compliance trägt zu einer Förderung der nachhaltigen Landwirtschaft bei (EUROPÄISCHE KOMMISSION 2013). Rechtsgrundlage bilden folgende Verordnungen: - Die Verordnung (EG) Nr. 73/2009 des Rates vom 19. Januar 2009 mit gemeinsamen Regeln für Direktzahlungen im Rahmen der gemeinsamen Agrarpolitik (ANONYM 2009 a) - und die Verordnung (EG) Nr. 1122/2009 der Kommission vom 30. November 2009 mit Durchführungsbestimmungen zur Verordnung (EG) Nr. 73/2009 des Rates hinsichtlich der Einhaltung anderweitiger Verpflichtungen (ANONYM 2009 b). Alle Betriebe, die Direktzahlungen erhalten, unterliegen den Cross-Compliance- Verpflichtungen (BMELV 2013). Die Cross-Compliance-Regelungen umfassen insgesamt 18 europäische Richtlinien und Verordnungen in den Bereichen Umwelt, Kennzeichnung und Registrierung von Tieren, Gesundheit, Tierseuchenbekämpfung und Tierschutz (BMELV 2013). Sie wurden von 2005 bis 2007 in drei Stufen eingeführt. Am 1. Januar 2005 wurden unter anderem Regelungen und Vorschriften zur Tierkennzeichnung eingeführt. Ab dem 1. Januar 2006 wurden die Mindestanforderungen auf weitere Bereiche, zum Beispiel den Bereich der Tiergesundheit, ausgedehnt. Am 1. Januar 2007 wurden die Vorschriften durch Regelungen zum Tierschutz ergänzt (MELUR 2013). Im Bereich Tierschutz leiten sich die Cross-Compliance-Verpflichtungen aus den drei EG-Richtlinien ab, den grundlegenden Vorgaben zum Schutz landwirtschaftlicher Nutztiere und den spezifischen Vorgaben für den Schutz von Kälbern und Schweinen. Zahlungsempfänger, die Schweine zum Zwecke der Aufzucht und/oder der Mast halten, müssen die Regelungen über den Schutz landwirtschaftlicher Nutztiere und zusätzlich die Regelungen über Mindestanforderungen für den Schutz von Schweinen einhalten (LANDWIRTSCHAFTSKAMMER NORDRHEIN-WESTFALEN 2012). Das Tierschutzgesetz und die Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung, durch die in Deutschland das EG-Recht in nationales Recht umgesetzt wird, sind nur für die Cross Compliance relevant, sofern sie die Vorgaben des EG-Rechts umsetzen, d.h. im Umkehrschluss, dass die Cross-Compliance-Regelungen nicht automatisch den

46 Anforderungen des nationalen Fachrechts genügen (LANDWIRTSCHAFTSKAMMER NORDRHEIN-WESTFALEN 2012). Eine Arbeitsgruppe aus Vertretern des Bundesministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz und der Bundesländer erstellte bundesweit abgestimmte Prüfberichte und einen Prüferleitfaden mit Bewertungsmatrix zur Durchführung der Cross-Compliance-Kontrollen (KUHN et al. 2008). Die Einhaltung der Auflagen wird durch die fachlich zuständigen Behörden vor Ort, z.b. durch das Veterinäramt durchgeführt. Die Kontrollen erfolgen zum einen stichprobenartig bei einem Prozent der Direktzahlungsempfänger, zum anderen werden einzelne Betriebe bei konkretem Anlass kontrolliert (BMELV 2013). JAEGER und PFEIFFER (2010) fordern einen intensiveren tierschutzrechtlichen Vollzug mithilfe der Bindung an das Cross Compliance-System. Bei der Feststellung von Verstößen werden die Direktzahlungen je nach Schwere, Ausmaß und Dauer gekürzt (BMELV 2013). Somit kann ein Verstoß gegen das Tierschutzrecht über die Cross-Compliance- Relevanz zu hohen wirtschaftlichen Verlusten führen (JAEGER u. PFEIFFER 2010). PAAR (2009) sieht in den Cross-Compliance-Kontrollen ein "neues und effektives Instrument zur Umsetzung des Tierschutzrechts in der Nutztierhaltung".

47 3 Material und Methoden 3.1 Der Studienschlachthof Für diese Untersuchung wurden tierschutzrelevante Schlachtbefunde ausgewertet, die in einem norddeutschen Schlachtbetrieb im Rahmen der amtlichen Schlachttierund Fleischuntersuchung in der Zeit vom 01.03.2009 bis zum 28.02.2011 erfasst wurden. Der Studienschlachthof verfügt über eine BIO-Zertifizierung, eine Markenfleisch- und eine IFS-Zertifizierung (International Food Standard). Es handelt sich um einen reinen Schlachtbetrieb, in dem keine Feinzerlegung stattfindet. In den Jahren 2009 und 2010 wurden jeweils rund 450.000 Schweine mit einer Stundenkapazität von bis zu 300 Schweinen pro Stunde geschlachtet. 3.1.1 Amtliche Veterinäraufsicht Das zuständige Veterinäramt des Kreises unterhält ein Fleischhygieneamt in den Räumen des Schlachtbetriebes. Im Untersuchungszeitraum fand außer der Neueinstellung eines amtlichen Fachassistenten kein Wechsel in der personellen Besetzung der amtlichen Fleischuntersuchung statt. 3.1.2 Anlieferung der Mastschweine Die Anlieferung der Mastschweine zum Schlachthof erfolgte durch verschiedene Transportunternehmen. Der Schlachtbetrieb selbst nutzte keinen eigenen Fuhrpark für diesen Zweck. Eine Erzeugergemeinschaft sowie einige kleinere Betriebe lieferten die Mastschweine mit eigenen Fahrzeugen an. Am Vorabend des jeweiligen Schlachttages wurden ca. 500 Schweine unter der Aufsicht eines am Studienschlachthof tätigen amtlichen Tierarztes in den Wartestall verbracht. Die anderen Schlachtschweine wurden im Laufe des Morgens angeliefert und ebenfalls unter amtlicher Aufsicht abgeladen.

48 3.1.3 Informationen zur Lebensmittelkette Dem Schlachthofbetreiber müssen die Informationen zur Lebensmittelkette gemäß der Verordnung (EG) Nr. 853/2004 nicht später als 24 Stunden im Voraus vorliegen (ANONYM 2004 b). Die Europäische Kommission hat jedoch mit der Verordnung (EG) Nr. 1161/2009 vom 30.11.2009 eine Möglichkeit geschaffen, die Informationen zur Lebensmittelkette mit den Schlachttieren an den Schlachtbetrieb zu liefern (ANONYM 2009 c). Dem Studienschlachthof wurde eine entsprechende Genehmigung des zuständigen Veterinäramtes erteilt. Dem Schlachtbetrieb wurden schon bei der Anmeldung zur Schlachtung die Stückzahl, die Vieh-Verkehrs-Verordnungs-Nummer (VVVO-Nr.) und die Ferkelherkunft des jeweiligen Zulieferbetriebes gemeldet. Anhand der VVVO-Nr. wurde dann der QS-Status und der Salmonellen-Status mithilfe der zentralen Salmonellen-Datenbank Qualiproof (QUALITYPE GMBH 2013) ermittelt, die zur Verwaltung des Salmonellen-Monitorings zur Verfügung steht. Am jeweiligen Schlachttag wurden die zur Schlachtung gelieferten Schweine durch einen Mitarbeiter des Schlachtbetriebes erfasst. Die Lieferpapiere wurden auf alle für die Schlachtung und die Vermarktung relevanten Daten und auf das Vorhandensein der Informationen zur Lebensmittelkette geprüft. Kontrolliert wurde außerdem, ob die gelieferte Stückzahl eines Betriebes mit der angemeldeten Stückzahl übereinstimmte. 3.2 Schlachttieruntersuchung Der am Studienschlachthof diensthabende amtliche Tierarzt kontrollierte im Rahmen der Schlachttieruntersuchung ebenfalls die Vollständigkeit der Lieferpapiere. Diese umfassten Angaben zur Stückzahl, VVVO-Nr., Betriebskennzahl, Lade- und Transportzeit, Spediteur, Name und Anschrift des liefernden Landwirtes, Informationen zur Lebensmittelkette, sowie eine Erklärung, dass innerhalb der letzten 42 Tage keine Tetrazykline in der Schlachtgruppe eingesetzt wurden. Die Schlachttieruntersuchung und die Nämlichkeitskontrolle (Vergleich Betriebskennzeichen Lieferpapier, Schlagstempel auf dem Schwein) erfolgten durch den diensthabenden amtlichen Tierarzt während des Abladens.

49 Für jede Lieferpartie wurde ein Formular Rückmeldung an den Herkunftsbetrieb ausgefüllt. In diesem Formular wurden folgende Auffälligkeiten vermerkt: - Gliedmassenerkrankungen, wie Lahmheit, Gelenksentzündung oder Liegebeulen - Abszess(e) - Schwanzläsionen, Schwanzbeißen - Kreislaufbelastung - Bissverletzungen und Schlagstriemen - Festliegen, Ausgrätschen - Nabelbruch - Starke Verschmutzung der Tiere - Darmvorfall - Dyspnoe, Husten - Kümmerer - Sonstige Auffälligkeiten Weiterhin wurde festgehalten, ob Tiere tot angeliefert wurden, im Stall verendet sind oder ob die Schlachtung eines Tieres verboten wurde. Hierbei wurde zusätzlich die Ohrmarke, das geschätzte Lebendgewicht und im Falle eines Schlachtverbotes der Befund (z.b. multiple Abszesse) notiert. Die Aufzeichnungen bei der Schlachttieruntersuchung erfolgten handschriftlich. Eine Ausfertigung wurde den Abrechnungen des Schlachtbetriebes beigefügt und den Landwirten direkt bzw. über ihre Erzeugergemeinschaft zugeleitet. Wurden Schlachttiere während der Fleischuntersuchung vorläufig oder endgültig beschlagnahmt, wurde dies durch den diensthabenden amtlichen Tierarzt ebenfalls in diesem Formular vermerkt. Da die Organbefunde und die Teilschäden auf den Abrechnungen des Schlachtbetriebes aufgeführt wurden, wurden diese nicht in der Rückmeldung an die Herkunftsbetriebe dokumentiert.

50 Abb. 1: Formular Rückmeldung an den Herkunftsbetrieb

51 3.3 Fleischuntersuchung 3.3.1 Ablauf der Fleischuntersuchung Die amtliche Fleischuntersuchung gemäß der VO (EG) Nr. 854/2004 (ANONYM 2004 c) erfolgte am Schlachtband an den Schlachttierhälften nach dem Herauslösen der Flomen und der Entfernung des Rückenmarks. Während des gesamten Untersuchungszeitraumes wurde ausschließlich die traditionelle Fleischuntersuchung durchgeführt. Nach dem Anbringen der laufenden Schlachtnummer mithilfe eines Zahlenstempels (von montags bis freitags fortlaufend) folgte die Entnahme der Trichinenprobe aus dem Zwerchfellpfeiler durch eine Hilfskraft oder einen amtlichen Fachassistenten. Danach führten drei Personen, davon mindestens einer der am Studienschlachthof tätigen amtlichen Tierärzte, die Fleischuntersuchung am Schlachttierkörper durch. Gleichzeitig wurden die Organe, die parallel zum Schlachttierkörper am Innereienband liefen, von zwei amtlichen Fachassistenten untersucht. Ein amtlicher Fachassistent brachte nach der Endkontrolle den Genusstauglichkeitsstempel auf die tauglichen Schlachttierkörperhälften auf. In Abbildung 2 ist der Ablauf der Schweineschlachtung und der amtlichen Fleischuntersuchung im Studienschlachthof skizziert.

Abb. 2: Dienstposten Schlachtpersonal (blaue Pfeile), Dienstposten Beschaupersonal (gelbe Pfeile) Stand 2009 52

53 3.3.2 Erfassung der Organbefunde Während des Untersuchungszeitraumes standen am Schlachtband keine Terminals zur Eingabe der Organbefunde zur Verfügung. Aus diesem Grund wurde die Befundung nach dem QS-Leitfaden Schlachtung / Zerlegung in vereinfachter Form angewandt (QS 2013). Tab. 5: QS-Leitfaden Schlachtung / Zerlegung (nach QS 2013) 2. Organbefundung 2.1. Beurteilung und Erfassung der Veränderungen Organ Veränderungen Art der Erfassung Lunge bis zu 10 % verändert ohne besonderen Befund (o. b. B.) 10 % bis 30 % verändert 1 über 30 % verändert 2 bis zu 10 % verändert o. b. B. Brustfell 10 % bis 30 % verändert 1 über 30 % verändert 2 Herzbeutel Leber Schlachtkörper Magen nicht verändert o. b. B. verändert ja nicht verändert o. b. B. mindestens ein Milkspot ja nicht verändert o. b. B. Abszess(e) ja nicht überfüllter Magen o. b. B. überfüllter Magen ja

54 Folgender Zahlencode fand Verwendung und wurde mit einem lebensmitteltauglichen Fleischbeschaustift auf einer Tierkörperhälfte des betreffenden Schweines vermerkt. Tab. 6: Verwendeter Zahlencode in der Fleischuntersuchung zur Erfassung der Organveränderungen Organ Veränderungen Art der Erfassung Tierkörper Abszess(e) 1 Brustfell Mittel- bis hochgradig verändert 2 Lunge Mittel- bis hochgradig verändert 3 Herzbeutel Verändert 4 Mägen Überfüllter Magen 5 Leber Mindestens ein Milkspot 6 Auf eine Unterteilung der Lungen- und Brustfellveränderungen in mittel- und hochgradig wurde verzichtet. Geringgradige Lungen- und Brustfellveränderungen wurden nicht erfasst. Dieser aufgeschriebene Zahlencode wurde an der Waage durch den amtlichen Verwieger in die EDV eingepflegt, sodass die erhobenen Befunddaten zusammen mit der Abrechnung für den Landwirt erstellt wurden.

55 3.3.3 Vorläufig und endgültig beschlagnahmte Tiere Vorläufig beschlagnahmte Tiere wurden durch einen roten Aufkleber gekennzeichnet, nach der Waage ausgeschleust und in den Kühlraum des Fleischhygieneamtes verbracht. Am folgenden Tag wurden weitere Untersuchungen (wie z.b. ph-messung) durchgeführt und endgültig über die Genusstauglichkeit entschieden. Die während der Fleischuntersuchung untauglich beurteilten Schlachttiere oder Schlachttierhälften wurden vorerst handschriftlich mit einem Dreieck versehen und unmittelbar nach dem Aufbringen des amtlichen Untauglichkeitsstempels verworfen. Über beide Vorgänge wurde ein Protokoll geführt. Dazu wurden die Schlachtnummer und der Befund des Tieres auf einer Liste durch den Tierarzt festgehalten. Die Organe und Nebenprodukte dieser Tiere wurden verworfen. Folgende Diagnosen (gemäß VO (EG) 854/2004 Anhang 1 Abschnitt II Kapitel V Entscheidungen bezüglich Fleisch) führten während des Untersuchungszeitraumes zur Entscheidung untauglich beurteilt : - Starke Abmagerung - Polyarthritis - Multiple Abszesse - Kontamination durch Eiter, Darminhalt oder sonstige Verunreinigungen - Anomalien der Konsistenz - Unzureichende Ausblutung - Organoleptische Anomalien, wie z.b. starke Geruchs- oder Farbabweichung - Feststellung einer Bakteriämie nach Durchführung einer bakteriologischen Untersuchung - Allgemeinerkrankung - Rotlauf 3.3.4 Bakteriologische Untersuchung Wurde eine bakteriologische Untersuchung angeordnet, so wurden die Proben unmittelbar während der Schlachtung entnommen und einzeln in Plastikbeutel verpackt, die Schlachtnummer und der Grund der Beschlagnahmung wurden vermerkt, außerdem wurden zusätzlich die direkt vor- und nachfolgenden Schweine vorläufig beschlagnahmt, da im Falle eines positiven Befundes die jeweils angrenzenden Schlachttierhälften auch verworfen wurden. Die beschlagnahmten Schlachttierkörper blieben bis zum Erhalt der Untersuchungsergebnisse im Kühlraum des Fleischhygieneamtes.

56 3.3.5 Erfassung von Teilschäden Wurden bei der Fleischuntersuchung Teilschäden festgestellt, wie z.b. einzelne Abszesse oder Blutergüsse, wurden diese sofort am Schlachtband entfernt. An der Waage wurden durch den amtlichen Verwieger sämtliche Beanstandungen dokumentiert, unter Verwendung nachstehend aufgeführter Einteilung: kleiner Abschnitt (bis handflächengroß) größerer Abschnitt ein Schlachtkörperviertel verworfen eine Schlachtkörperhälfte verworfen Mit der Abrechnung durch den Schlachtbetrieb wurden den Landwirten diese Befunde zusammen mit den Organbefunden mitgeteilt. Große Teilschäden wurden zusätzlich mit der Angabe der Schlachtnummer, des Beschlagnahmegrundes und der ungefähren Größe des Abschnittes (z.b. ein Vorderviertel Abszess ) auf einer Liste durch einen amtlichen Tierarzt handschriftlich festgehalten. 3.3.6 Auswertung der Schlachtbefunde Die erhobenen Schlachtbefunde wurden betriebsweise zusammengefasst. Die Häufigkeit folgender Kriterien wurde berechnet: - Die tierschutzrelevanten Befunde der Schlachttieruntersuchung - Die Untauglichkeitsrate - Die Organbefunde Brustfell-, Lungen-, Herzbeutel- und Leberveränderungen, - Die Teilschädenrate 3.3.7 Tierschutzrelevante Befunde der Schlachttieruntersuchung Zur Erstellung der Rate der tierschutzrelevanten Befunde der Schlachttieruntersuchung dienten die Befunde, die auf den Formularen Rückmeldung an den Herkunftsbetrieb vermerkt wurden und die Aufzeichnungen über tot angelieferte oder im Wartestall verendete Tiere und über Tiere, die aufgrund eines Schlachtverbotes getötet und verworfen wurden. Diese Rate wurde aus der Gesamtzahl der angelieferten Schlachttiere der einzelnen Mastbetriebe berechnet.

57 3.3.8 Untauglichkeitsrate Die Untauglichkeitsrate der einzelnen Lieferbetriebe im Studienschlachthof wurde in einer Voruntersuchung ermittelt. Sie war mit einem Mittelwert von 0,19 % und einem Median von 0,16 % (Werte von 0,0 % bis 1,07 %) sehr gering, und wurde aus diesem Grund nicht für die Erstellung eines Index verwendet. Diese Rate der untersuchten Mastbetriebe beinhaltete nicht die durch ausgeprägten Geschlechtsgeruch untauglich beurteilten Tiere. Die Befunde Abszess(e), Arthritis und Rückenmuskelnekrose bei den vorläufig oder endgültig untauglich beurteilten Schlachttieren wurden jedoch zu den Teilschäden des jeweiligen Lieferbetriebes hinzu gerechnet, soweit diese noch nicht bei den Teilschäden vermerkt waren. 3.3.9 Teilschädenrate Zur Ermittlung der Teilschädenrate wurden folgende Befunde betriebsweise zusammengefasst: - die durch den amtlichen Verwieger dokumentierten verworfenen Schlachtkörperviertel und Schlachtkörperhälften - die durch das Beschaupersonal mit dem Fleischbeschaustift vermerkten und ebenfalls durch die Verwieger eingepflegten Abszesse - die von dem Beschaupersonal handschriftlich notierten großen Teilschäden - die handschriftlich notierten Befunde Abszess(e), Arthritis und Rückenmuskelnekrose der vorläufig und endgültig untauglich beurteilten Schlachttiere Die als kleine und größere Abschnitte dokumentierten Teilschäden wurden bei der Berechnung der Rate nicht berücksichtigt, da bei diesen anhand der zur Verfügung stehenden Daten nicht ersichtlich war, ob es sich jeweils um tierschutzrelevante oder schlachtbedingte Teilschäden handelte. Nach der Zusammenfassung dieser Befunde, wurde geprüft, welche Tiere doppelt erfasst wurden, z.b. durch den Verwieger und durch das Beschaupersonal.

58 3.4 Tiergesundheits-/Tierschutz-Index Um die Tiergesundheit und das Tierwohl von Tieren in Schweinemastbeständen zu beurteilen, wurde im Rahmen dieser Arbeit, in starker Anlehnung an den Bewertungsschlüssel für die Nutzung der Organveränderungshäufigkeit pro Bestand als Indikator der Bestandsgesundheit nach BLAHA (1994), ein Tiergesundheits-Tierschutz-Index (TTI) entwickelt. Zur Erstellung des Index wurden, wie auch bei dem Organbefundindex die mittel- bis hochgradigen Veränderungen am Brustfell, die mittel- bis hochgradigen Veränderungen an der Lunge und die Pericarditiden herangezogen. Zusätzlich wurden bei dem TTI die tierschutzrelevanten Befunde der Schlachttieruntersuchung und die erfassten Teilschäden mit berücksichtigt. Für die Häufigkeitsraten der einzelnen Befunde wurden pro Zulieferbetrieb Indexpunkte vergeben, die zu einem Gesamtwert, dem TTI, addiert wurden. Für die Kriterien Brustfell-, Lungen- und Herzbeutelveränderungen wurden Punkte von 0 bis 3 vergeben. Da die erfassten Teilschäden und die Befunde aus der Schlachttieruntersuchung eine hohe Tierschutzrelevanz besitzen, wurden diese Kriterien doppelt gewichtet, es wurden 0 bis 6 Punkte vergeben. Durch die Definition des TTI wurde eine Spreizung der einzelnen Indexwerte und des TTI über den gesamten Wertebereich voreingestellt, so dass eine ausreichende Variabilität der TTI-Messungen erzeugt werden konnte. Um im Rahmen dieser Untersuchung diese Verteilung der Werte zu erhalten, wurden die einzelnen Häufigkeitsraten der 129 Zulieferbetriebe in aufsteigender Größe geordnet. Dann wurden für jede Häufigkeitsrate drei Cut-Off-Werte gesetzt, um die einzelnen Betriebe in vier Kategorien einteilen zu können. Der erste Cut-Off-Wert wurde so gewählt, dass circa 15 % der Zulieferbetriebe mit den geringsten Häufigkeitsraten (rund 20 Betriebe) in die erste Kategorie gelangten. Der zweite Cut-Off-Wert orientierte sich an dem Median-Wert der entsprechenden Häufigkeitsrate, der dritte Grenzwert wurde wiederum so gesetzt, dass circa 15 % der Betriebe in die Kategorie mit den höchsten Befunden eingeordnet werden konnte. Tabelle 7 zeigt die gewählten Grenzwerte und die entsprechenden Indexpunkte. Den 129 untersuchten Schweinemastbetrieben wurden dann, den Häufigkeitsraten entsprechend, die Indexpunkte vergeben. Diese wurden anschließend pro Zulieferbetrieb zum Tiergesundheits-/Tierschutz-Index addiert. Ein Bestand konnte zwischen null und 21 Gesamtpunkte erreichen, wobei null Punkte für einen besonders niedrige Häufigkeit von Schlachtbefunden spricht und 21 Punkte für ein sehr hohes Vorkommen von Schlachtbefunden.

59 Tab. 7: Index zur Einschätzung der Tiergesundheit und des Tierschutzstatus Punktevergabe Schlachttieruntersuchung und Teilschäden Kriterium 0 Punkte 2 Punkte 4 Punkte 6 Punkte Schlachttier- Untersuchung 0,6 % >0,6 0,9 % >0,9 1,6 % >1,6 % Teilschäden 0,3 % >0,3 0,6 % >0,6 1,0 % >1,0 % Punktevergabe Organbefunde Kriterium 0 Punkte 1 Punkt 2 Punkte 3 Punkte Brustfellveränderungen 1,0 % >1,0 3,0 % >3,0 7,0 % >7,0 % Lungenveränderungen 0,8 % >0,8 1,8 % >1,8 4,3 % >4,3 % Herzbeutel- Veränderungen 0,6 % >0,6 1,3 % >1,3 2,6 % >2,6 % Anhand der Gesamtpunkte der einzelnen Lieferbetriebe konnte nun eine Einschätzung bezüglich der Tiergesundheit und des Tierschutzstatus erfolgen. In Anlehnung an die Klassenbildung der Bestandsgesundheitspunkte zur verbalen Bewertung der Tiergesundheit (BLAHA und BLAHA 1995) erfolgte anschließend eine Einteilung der Betriebe in vier Klassen: 0-4 Punkte: sehr geringe Häufigkeit von Befunden 5-10 Punkte: geringe Häufigkeit von Befunden 11-15 Punkte: mittlere Häufigkeit von Befunden 16-21 Punkte: hohe Häufigkeit von Befunden.

60 3.4.1 Formular Erweiterte Befundung Über einen Zeitraum von zwölf Monaten wurde eine zusätzliche erweiterte Befunderfassung durch das amtliche Beschaupersonal durchgeführt, um die Teilschäden besser differenzieren zu können und um weitere tierschutzrelevante Parameter zu erheben. Dazu wurde ein Formular Erweiterte Befundung in der amtlichen Fleischuntersuchung am Schlachtband verwendet. In dieses Formular trugen die diensthabenden amtlichen Tierärzte während der Fleischuntersuchung handschriftlich die Schlachtnummern der Tiere ein, die eine oder mehrere der in Abbildung 3 genannten Auffälligkeiten aufwiesen. Ein Mitarbeiter des Schlachtbetriebs ordnete die Schlachtnummern nach der Schlachtung den einzelnen Lieferpartien und somit den Herkunftsbeständen zu. Schlachtdatum: Kümmerer Hautveränderung Schwanzspitzenläsionen Bluterguss Verletzung, Narben Gelenkerkrankungen Bissspuren, Schlagstriemen Liegebeulen Abszess Sonstiges: Abb. 3: Formular Erweiterte Befundung

61 3.5 Betriebsdaten ausgewählter Zulieferbetriebe Im Rahmen der vorliegenden Untersuchung wurde der Tiergesundheits-/Tierschutz- Index auf Zusammenhänge mit den Betriebsleistungsdaten der jeweiligen Zulieferbetriebe untersucht. Von 40 der 129 Schweinemastbetriebe standen folgende Betriebsdaten für das Wirtschaftsjahr 2009/2010 zur Verfügung: - das Mastendgewicht - die Verlustrate - die Futterverwertung, die angibt, wie viel Kilogramm Futter für ein Kilogramm Zuwachs durchschnittlich benötigt wird - die tägliche Zunahme Die Betriebsdaten stammten von den insgesamt gemästeten Mastschweinen eines Betriebes, die jedoch nicht alle (aus unterschiedlichen Gründen, z.b. Markenfleischprogramm) an diesen Schlachtbetrieb geliefert wurden. Diese Daten wurden über den Schlachtbetrieb von drei Erzeugergemeinschaften zur Verfügung gestellt. Um die Zusammenhänge des TTI mit den Betriebsleistungsdaten überprüfen zu können, wurde für diese 40 Betriebe zusätzlich der Tiergesundheits-/Tierschutz- Index für den Zeitraum des Wirtschaftsjahres 2009/2010 berechnet. Die Zusammenhänge wurden durch die Berechnung der jeweiligen Rangkorrelationskoeffizienten nach Spearman untersucht. 3.6 Datenerfassung und Datenanalyse Die handschriftlich geführten Aufzeichnungen der Schlachttieruntersuchung und der Fleischuntersuchung wurden in Excel -Tabellen betriebsweise eingepflegt und zusammengeführt. Die Daten der Organbefundung und der Teilschäden, sowie die Betriebsdaten wurden vom Schlachtbetrieb in Form von Open-Office-Calc -Tabellen zur Verfügung gestellt. Sie wurden den Excel -Tabellen betriebsweise hinzugefügt. Die statistische Berechnung der erfassten Daten erfolgte im Verfahren der beschreibenden Statistik. Die Ergebnisse wurden mit Streu-, Balken- und Kreisdiagrammen und mit Boxplots graphisch dargestellt.

62 4 Ergebnisse Über einen Zeitraum von zwei Jahren (01.03.2009 28.02.2011) wurden in einem norddeutschen Schlachtbetrieb tierschutzrelevante Schlachtbefunde der amtlichen Schlachttier- und Fleischuntersuchung von 129 Schweinemastbetrieben erfasst und ausgewertet. Für 40 der 129 untersuchten Zulieferbetriebe standen außerdem Betriebsleistungsdaten für das Wirtschaftsjahr 2009/2010 (01.07.2009 30.06.2010) zur Verfügung. 4.1 Die ausgewählten Mastbetriebe Es wurden die Mastbetriebe zur Untersuchung herangezogen, die im Jahr 2009 mindestens 1.000 Schlachtschweine an den Schlachtbetrieb lieferten und über den gesamten Untersuchungszeitraum eine vergleichbare Liefergröße beibehielten. 129 Schweinemastbetriebe erfüllten diese Kriterien. Somit gelangten insgesamt 649.923 zur Schlachtung zugelassene Schweine (das entspricht 72,08 % der insgesamt 901.615 im Untersuchungszeitraum geschlachteten Tiere) in die Untersuchung. Diese wurden in 6.699 Schlachtpartien angeliefert. Einige Betriebsleiter verwenden für ihre Ställe aufgrund unterschiedlicher Standorte zwei oder mehrere Betriebskennzeichen, für diese Untersuchung wurden jedoch nur Lieferpartien mit identischer Betriebskennzahl als Betrieb zusammengefasst. Zur Einhaltung des Datenschutzes wurden die untersuchten Betriebe durch eine Kennnummer anonymisiert.

63 4.1.1 Erzeugergemeinschaften Rund 85 % der untersuchten Tiere wurden durch zwei Erzeugergemeinschaften angeliefert (EZG 1: ca. 37 %, EZG 2: ca. 48 %).Darüber hinaus lieferte eine regional tätige Erzeugergemeinschaft ca. 11 % der Schlachtschweine. Rund 2,5 % (5 Zulieferbetriebe) wurden durch eine BIO-Erzeugergemeinschaft und rund 1,5 % durch kleinere Erzeugergemeinschaften oder Betriebe ohne EZG-Zugehörigkeit angeliefert. In Abbildung 4 wird die Zugehörigkeit der untersuchten Schlachtschweine zu den entsprechenden Erzeugergemeinschaften dargestellt. 2,5 1,5 11,0 48,0 37,0 EZG 1 EZG 2 EZG 3, regional BIO-Betriebe Sonstige Abb. 4: EZG-Zugehörigkeit (in %) 4.1.2 Liefergröße und Anzahl der Liefertage Über den gesamten Untersuchungszeitraum lieferten die einzelnen Mastbetriebe zwischen 1.670 bis 15.410 Schweine, die zur Schlachtung zugelassen wurden. Die Spannweite betrug 13.740. Der arithmetische Mittelwert der Gesamtliefermenge lag bei 5.038,16 und der Median bei 4.121. Das untere Quartil betrug 2.815, das obere Quartil 6.897 bei einem Interquartilsabstand von 4.082. Die Standardabweichung wies einen Wert von 2.786,15 auf.

64 Tabelle 8 zeigt die statistischen Kenngrößen der Liefergröße der einzelnen Schweinemastbetriebe über den gesamten Untersuchungszeitraum von zwei Jahren. In der Abbildung 5 wird Lage und Streuung der Liefergröße im Boxplot dargestellt, wobei die große Spannweite zwischen der geringsten und der größten Liefermenge deutlich wird. Tab. 8: Liefergröße der einzelnen Schweinemastbetriebe über den gesamten Untersuchungszeitraum Mittelwert 5.038,16 Minimum 1.670 Unteres Quartil 2.815 Median 4.121 Oberes Quartil 6.897 Maximum 15.410 Spannweite 13.740 Interquartilsabstand 4.082 Standardabweichung 2.786,15 Liefergröße 18000 16000 14000 12000 10000 8000 6000 4000 2000 0 Abb. 5: Lage und Streuung der Liefergröße über den gesamten Untersuchungszeitraum

65 Die Mastschweine der einzelnen Zulieferbetriebe wurden in 6.699 Schlachtpartien angeliefert. Die Liefergröße pro Schlachtpartie lag zwischen 6 und 386 Schweinen bei einer Spannweite von 362. Der Mittelwert betrug 97,02 und der Median 89. Das untere Quartil betrug 54, das obere Quartil 130 bei einem Interquartilsabstand von 76. Die Standardabweichung wies einen Wert von 55,26 auf. Tabelle 9 zeigt die statistischen Kenngrößen der Liefergröße pro Schlachtpartie. Abbildung 6 zeigt in der Darstellung der Lage und Streuung der Daten eine sehr große Spannweite, die auch bei der Liefergröße über den gesamten Untersuchungszeitraum festgestellt wurde. Tab. 9: Liefergröße der einzelnen Schlachtpartien Mittelwert 97,02 Minimum 6 Unteres Quartil 54 Median 89 Oberes Quartil 130 Maximum 386 Spannweite 362 Interquartilsabstand 76 Standardabweichung 55,26 400 350 Liefergröße pro Schlachtpartie 300 250 200 150 100 50 0 Abb. 6: Lage und Streuung der Liefergröße der einzelnen Schlachtpartien

66 Die Anzahl der Liefertage pro Zulieferbetrieb lag zwischen 16 und 120 bei einer Spannweite von 104. Der Mittelwert betrug 51,93 und der Median 49. Das untere Quartil betrug 34, das obere Quartil 66 bei einem Interquartilsabstand von 32. Die Standardabweichung wies einen Wert von 22,94 auf. Tabelle 10 fasst die statistischen Kenngrößen der Anzahl der Liefertage zusammen und Abb.7 zeigt die Lage und die Streuung dieser Daten. Tab. 10: Anzahl der Liefertage pro Zulieferbetrieb Mittelwert 51,93 Minimum 16 Unteres Quartil 34 Median 49 Oberes Quartil 66 Maximum 120 Spannweite 104 Interquartilsabstand 32 Standardabweichung 22,94 140 Liefertage pro Zulieferbetrieb 120 100 80 60 40 20 0 Abb. 7: Lage und Streuung der Liefertage pro Zulieferbetrieb

67 4.1.3 QS-Status 122 Mastbetriebe waren während des Untersuchungszeitraums an das QS-System angeschlossen. Zwei konventionelle Mastbetriebe und die fünf BIO-Betriebe nahmen nicht am QS-System teil. 4.1.4 Der Salmonellenstatus Die 122 Mastbetriebe, die dem QS-System angeschlossen waren, nahmen an dem QS-Salmonellen-Monitoring teil, wobei durch einen vorgegebenen Stichproben- Schlüssel der QS-Salmonellen-Datenbank die Beprobung geregelt wurde. Auch die zwei konventionellen Mastbetriebe, die nicht am QS-System teilnahmen, wurden im Schlachtbetrieb beprobt, um zukünftig die QS-Anforderungen zu erfüllen. Die 5 Bio- Betriebe waren durch Sonderregelungen der Länder Brandenburg, Mecklenburg- Vorpommern und Schleswig-Holstein von der Teilnahme am Salmonellen-Monitoring befreit. Ein Mitarbeiter des Schlachtbetriebes entnahm Muskelproben aus dem Zwerchfellpfeiler der Mastschweine der entsprechenden Schlachtpartien nach dem vorgeschriebenen Beprobungsplan. Die Einstufung der Mastbetriebe erfolgte nach dem Auswertungsschema des QS- Leitfadens Salmonellenmonitoring und -reduzierungsprogramm (QS 2012). Tab. 11: Auswertungsschema: Salmonellenrisiko eines Bestandes (Quelle: QS 2012) Salmonellenrisiko Kategorie Positive Befunde in der Stichprobe in % Niedrig I 20 Mittel II > 20 und 40 Hoch III > 40

68 Da die Einstufung der 122 QS-Betriebe in die Salmonellen-Kategorien quartalsweise erfolgte, waren einige Betriebe während des gesamten Untersuchungszeitraumes auch unterschiedlichen Kategorien zugeordnet. 97 Betriebe waren im letzten Quartal 2010 in die Salmonellen-Kategorie I, 24 Betriebe in die Kategorie II und ein Betrieb in die Kategorie III eingestuft. Abbildung 8 zeigt die Einstufung der 129 Mastbetriebe in die einzelnen Kategorien. 1 7 Einstufung in Kategorie I 24 Einstufung in Kategorie II Einstufung in Kategorie III 97 Keine Einstufung in eine Kategorie Abb. 8: Salmonellenstatus (Anzahl der Betriebe)

69 4.2 Ergebnisse der Schlachttieruntersuchung 4.2.1 Gesamtergebnisse Von den 650.335 angelieferten Mastschweinen aus den ausgewählten Zulieferbetrieben wurden für 6.982 tierschutzrelevante Befunde während der Schlachttieruntersuchung erfasst. Dies entspricht 1,07 % der Tiere. Davon wurden 412 Tiere nicht geschlachtet, da sie tot angeliefert wurden, im Wartestall verendet sind oder weil ein Schlachtverbot ausgesprochen wurde. Dies entspricht 0,06 % der angelieferten Tiere. Für 6.570 der geschlachteten Tiere wurden ein oder mehrere Befunde in der Schlachttieruntersuchung erhoben (1,01 % der angelieferten Schweine). In Tabelle 12 ist die Anzahl der Schweine dargestellt, die nicht zur Schlachtung zugelassen wurden und deren prozentualer Anteil an den insgesamt gelieferten Schweinen. Tabelle 13 zeigt die erhobenen Befunde der amtlichen Schlachttieruntersuchung, die insgesamt bei den 129 untersuchten Zulieferbetrieben festgestellt wurden. Schwanzläsionen wurden bei 2.484 Schweinen (0,38 %) und damit am häufigsten registriert, am zweithäufigsten wurden Lahmheiten und Paresen festgestellt (1.334 Schweine, 0,21 %). Bei 1.168 Schweinen (0,18 %) wurden Bissverletzungen erfasst. Die Befunde Hautveränderung, Konjunktivitis und Othämatom wurden am seltensten registriert und nahmen gemeinsam einen geringen Anteil von 0,01 % an den insgesamt erfassten Befunden in der Lebendtieruntersuchung ein. Tab. 12: Anzahl nicht zur Schlachtung zugelassener Mastschweine Insgesamt nicht zur Schlachtung zugelassen Anzahl der Schweine Prozentualer Anteil an den insgesamt gelieferten Schweinen 412 0,06 Tot angeliefert 254 0,04 Im Wartestall verendet 99 0,02 Schlachtung verboten 59 0,01

70 Tab. 13: Anzahl erhobener Befunde in der Schlachttieruntersuchung Anzahl Prozentualer Anteil an den insgesamt gelieferten Schweinen Tiere mit ein oder mehreren Befunden in der Schlachttieruntersuchung 6570 1,01 Schwanzläsionen 2484 0,38 Lahmheiten, Paresen 1334 0,21 Bissverletzungen 1168 0,18 Nabel-, Leistenbrüche 493 0,08 Abszesse, Umfangsvermehrungen 261 0,04 Kreislaufbelastungen 239 0,04 Dyspnoe, Husten 143 0,02 Gelenkerkrankungen, Liegebeulen 110 0,02 Kümmerer 86 0,01 Verletzungen, Narben 75 0,01 Festliegen, Ausgrätschen 60 0,01 Darmprolaps 53 0,01 Störung des Allgemeinbefindens 43 0,01 Hautveränderungen 22 Konjunktivitis 18 0,01 Othämatome 12 Weiterhin wurde bei 11.023 Schweinen vermerkt, dass diese verschmutzt angeliefert wurden. Dies entspricht 1,69 % der angelieferten Tiere.

71 4.2.2 Ergebnisse der einzelnen Zulieferbetriebe Die erfassten Befunde der Schlachttieruntersuchung der einzelnen Zulieferbetriebe wurden fortlaufend über einen Zeitraum von zwei Jahren kumuliert 4.2.2.1 Auswertung aller Schlachttieruntersuchungsbefunde pro Zulieferbetrieb Die Häufigkeitsrate aller tierschutzrelevanten Befunde der einzelnen Zulieferbetriebe in der amtlichen Schlachttieruntersuchung reichte von 0,09 % bis 3,94 % bei einer Spannweite von 3,85. Der Mittelwert betrug 1,10 % und der Median 0,94 %. Das untere Quartil lag bei 0,67 %, das obere Quartil bei 1,31 % bei einem Interquartilsabstand von 0,65. Die Standardabweichung betrug 0,69. In der Tabelle 14 sind die statistischen Kenngrößen der Befunde der Schlachttieruntersuchung zusammengefasst, Abbildung 9 zeigt die Lage und Streuung der Häufigkeitsrate. Tab. 14: Statistische Kenndaten der Häufigkeit von Befunden bei der Schlachttieruntersuchung der einzelnen Zulieferbetriebe Mittelwert 1,10 Minimum 0,09 Unteres Quartil 0,67 Median 0,94 Oberes Quartil 1,31 Maximum 3,94 Spannweite 3,85 Interquartilsabstand 0,65 Standardabweichung 0,69

72 Häufigkeitsrate "Schlachttieruntersuchung" in % 4,5 4 3,5 3 2,5 2 1,5 1 0,5 0 Abb. 9: Lage und Streuung der Häufigkeitsrate von Befunden bei der Schlachttieruntersuchung

73 4.2.2.2 Auswertung der einzelnen Schlachttieruntersuchungsbefunde pro Zulieferbetrieb In Tabelle 15 sind die statistischen Kenngrößen der Häufigkeit der einzelnen Schlachtverbote aufgeführt. Der Anteil an Schweinen, für die keine Schlachterlaubnis erteilt wurde, ist sehr gering. Für die Schlachtschweine von 23 Zulieferbetrieben wurde gar kein Schlachtverbot erteilt. Tabelle 16 zeigt die statistischen Kenngrößen der Befunde der einzelnen Zulieferbetriebe, die während der amtlichen Schlachttieruntersuchung erhoben wurden. Die arithmetischen Mittelwerte für drei Befunde sind so gering, dass sie in Tabelle 16 durch die gekürzte Darstellung jeweils als 0,00 % angegeben werden. Der Mittelwert für erfasste Hautveränderungen beträgt jedoch 0,004 %, für den Befund Konjunktivitis 0,002 % und für den Befund gestörtes Allgemeinbefinden 0,001 %. Tab. 15: Statistische Kenndaten der Häufigkeit der einzelnen Schlachtverbote pro Zulieferbetrieb Tot angelieferte Tiere Im Stall verendete Tiere Schlachtung verboten wegen Erkrankung Mittelwert 0,04 0,02 0,01 Minimum 0,00 0,00 0,00 Unteres Quartil 0,00 0,00 0,00 Median 0,03 0,00 0,00 Oberes Quartil 0,05 0,03 0,00 Maximum 0,26 0,11 0,18 Spannweite 0,26 0,11 0,18 Interquartilsabstand 0,05 0,03 0,00 Standardabweichung 0,05 0,02 0,02

74 Tab. 16: Statistische Kenndaten der Häufigkeit der einzelnen Befunde bei der Schlachttieruntersuchung pro Zulieferbetrieb Standardabweichung Interquartilsabstand Spannweite Maximum Oberes Quartil Median Unteres Quartil Minimum Mittelwert Schwanzläsion 0,39 0,00 0,10 0,26 0,50 2,04 2,04 0,40 0,42 Lahmheit, Parese 0,20 0,00 0,12 0,19 0,26 0,72 0,72 0,14 0,11 Bissverletzung 0,19 0,00 0,00 0,00 0,24 2,25 2,25 0,24 0,36 Nabelbruch 0,09 0,00 0,02 0,05 0,12 0,73 0,73 0,10 0,11 Abszess 0,04 0,00 0,01 0,03 0,06 0,24 0,24 0,05 0,04 Kreislaufbelastung 0,03 0,00 0,00 0,02 0,05 0,27 0,27 0,05 0,05 Gelenkerkrankung, Liegebeulen 0,02 0,00 0,00 0,00 0,03 0,13 0,13 0,03 0,02 Dyspnoe, Husten 0,02 0,00 0,00 0,00 0,03 0,23 0,23 0,03 0,04 Festliegen, Ausgrätschen 0,01 0,00 0,00 0,00 0,02 0,09 0,09 0,02 0,02 Mastdarmprolaps 0,01 0,00 0,00 0,00 0,00 0,09 0,09 0,00 0,02 Kümmerer 0,01 0,00 0,00 0,00 0,00 0,28 0,28 0,00 0,04 gestörtes 0,01 0,00 0,00 0,00 0,01 0,07 0,07 0,01 0,01 Allgemeinbefinden Verletzung, Narben 0,01 0,00 0,00 0,00 0,02 0,11 0,11 0,02 0,02 Hautveränderung 0,00 0,00 0,00 0,00 0,00 0,48 0,48 0,00 0,04 Othämatom 0,00 0,00 0,00 0,00 0,00 0,04 0,04 0,00 0,01 Konjunktivitis 0,00 0,00 0,00 0,00 0,00 0,25 0,25 0,00 0,02 Verschmutzung 1,65 0,00 0,00 0,42 1,89 12,43 12,43 1,89 2,69

75 4.3 Ergebnisse der Fleischuntersuchung 4.3.1 Gesamtergebnisse Bei der amtlichen Fleischuntersuchung von 649.923 Tieren (= 650.335 angelieferte Tiere minus der 412 nicht zur Schlachtung zugelassenen Tiere) wurden folgende Organbefunde erfasst: - Für 27.934 Schlachtschweine wurden mittel- bis hochgradige Veränderungen am Brustfell registriert, das entspricht 4,30 % der insgesamt untersuchten Schweine. Dieser Befund wurde am zweithäufigsten erhoben. - Für 17.812 Schlachtschweine wurden mittel- bis hochgradige Veränderungen an der Lunge registriert, das entspricht 2,74 % der insgesamt untersuchten Schweine. - Für 10.218 Schlachtschweine wurden Veränderungen am Herzbeutel registriert, das entspricht 1,57 % der insgesamt untersuchten Schweine. - Für 41.283 Schlachtschweine wurden durch Parasitenknoten entstandene Veränderungen an der Leber registriert, das entspricht 6,35 % der insgesamt untersuchten Schweine. Dieser Befund wurde am häufigsten erhoben. - Für 4.028 Schlachtschweine wurden Abszesse und große Teilschäden, die nicht durch die Schlachtung verursacht wurden, registriert, das entspricht 0,62 % der insgesamt untersuchten Schweine. - Bei 583.332 Schlachtschweinen wurden keine mittel- und hochgradigen Veränderungen am Brustfell oder an der Lunge, keine Veränderungen am Herzbeutel und keine Milk spots an der Leber registriert, das entspricht 89,75 % der insgesamt untersuchten Schweine.

76 Tabelle 17 zeigt die Anzahl und die prozentuale Häufigkeit der erfassten Befunde Pleuritis, Pneumonie, Pericarditis, Milk spots und Teilschäden der insgesamt untersuchten Schlachtschweine. Zudem sind die Anzahl und die Häufigkeit der Fälle angegeben, bei denen kein Befund registriert wurde. Tab. 17: Organbefunde aller untersuchten Schlachtschweine Befund Anzahl der Befunde Anteil an den insgesamt untersuchten Schweinen Pleuritis, mittel- bis 27.934 4,30 % hochgradig Pneumonie, mittel- bis 17.812 2,74 % hochgradig Pericarditis 10.218 1,57 % Milk spots 41.283 6,35 % Teilschäden 4.028 0,62 % Ohne Befund 583.332 89,75 % In Abbildung 10 ist die prozentuale Häufigkeit der einzelnen Organbefunde bei allen untersuchten Schlachtschweinen in einem Säulendiagramm dargestellt, wobei die Leberveränderungen durch Parasitenknoten als häufigster Befund und die Teilschäden als seltenster Befund erkennbar sind. 7,00 6,35 Anteil an den insgesamt untersuchten Schweinen in % 6,00 5,00 4,00 3,00 2,00 1,00 0,00 4,30 Pleuritis 2,74 1,57 0,62 Pneumonie Pericarditis Milk spots Teilschäden Abb. 10: Häufigkeit der einzelnen Organbefunde in % bei allen untersuchten Schlachtschweinen

77 4.3.1.1 Auftreten eines oder mehrerer Schlachtbefunde(s) Die folgende Tabelle 18 zeigt, in welcher Anzahl und prozentualen Häufigkeit die Befunde Pleuritis, Pneumonie, Pericarditis und Milk spots einzeln und gemeinsam bei allen untersuchten Schlachtschweinen aufgetreten sind. Tab. 18: Häufigkeit des einzelnen und gemeinsamen Auftretens der Befunde Pleuritis, Pneumonie, Pericarditis und Milk spots der insgesamt untersuchten Schlachtschweine Erhobene(r) Befund(e) Anzahl der erhobenen Befunde % der insgesamt untersuchten Schlachtschweine Nur Pleuritis 8641 1,33 Nur Pneumonie 2418 0,37 Nur Pericarditis 770 0,12 Nur Milk spots 33050 5,09 Pleuritis und Pneumonie 5312 0,82 Pleuritis und Pericarditis 3026 0,47 Pneumonie und Pericarditis 254 0,04 Pleuritis und Milk spots 2948 0,45 Pneumonie und Milk spots 1517 0,23 Perikarditis und Milk spots 344 0,05 Pleuritis, Pneumonie und Pericarditis Pleuritis, Pneumonie und Milk spots Pneumonie, Perikarditis und Milk spots Pleuritis, Pneumonie, Perikarditis und Milk spots 2400 0,37 2487 0,38 304 0,05 3120 0,48

78 4.3.2 Ergebnisse der einzelnen Zulieferbetriebe Die folgenden Box plots und Tabellen mit den statistischen Kenndaten zeigen die Ergebnisse der amtlichen Fleischuntersuchung der einzelnen Zulieferbetriebe. 4.3.2.1 Pleuritis Der Befund Pleuritis wurde erfasst, wenn mittel- bis hochgradige Veränderungen am Brustfell eines Schlachtschweines festgestellt wurden. Die Häufigkeitsrate des Befundes Pleuritis der einzelnen Zulieferbetriebe reichte von 0,11 % bis 16,86 % bei einer Spannweite von 16,75. Der Mittelwert betrug 4,08 % und der Median 2,83 %. Das untere Quartil lag bei 1,54 %, das obere Quartil bei 6,07 %, dies ergab einen Interquartilsabstand von 4,53. Die Standardabweichung betrug 3,49. Diese statistischen Kenndaten wurden in Tabelle 19 zusammengefasst, in Abbildung 11 wurden die Lage und die Streuung der Häufigkeitsrate dieses Befundes anhand eines Boxplots dargestellt. Tab. 19: Statistische Kenndaten der Häufigkeitsrate des Befundes Pleuritis Mittelwert 4,08 Minimum 0,11 Unteres Quartil 1,54 Median 2,83 Oberes Quartil 6,07 Maximum 16,86 Spannweite 16,75 Interquartilsabstand 4,53 Standardabweichung 3,49

79 18 Häufigkeitsrate "Pleuritis" in % 16 14 12 10 8 6 4 2 0 Abb. 11: Lage und Streuung der Häufigkeitsrate des Befundes Pleuritis 4.3.2.2 Pneumonie Der Befund Pneumonie wurde erfasst, wenn mittel- bis hochgradige Veränderungen an der Lunge eines Schlachtschweines festgestellt wurden. Die Häufigkeitsrate des Befundes Pneumonie der einzelnen Zulieferbetriebe reichte von 0,16 % bis 11,74 % bei einer Spannweite von 11,58. Der Mittelwert betrug 2,62 % und der Median 1,82 %. Das untere Quartil lag bei 1,10 %, das obere Quartil bei 3,89 %, dies ergab einen Interquartilsabstand von 2,79. Die Standardabweichung betrug 2,20. Diese statistischen Kenndaten wurden in Tabelle 20 zusammengefasst, in Abbildung 12 wurden die Lage und die Streuung der Häufigkeitsrate dieses Befundes anhand eines Boxplots dargestellt.

80 Tab. 20: Statistische Kenndaten der Häufigkeitsrate des Befundes Pneumonie Mittelwert 2,62 Minimum 0,16 Unteres Quartil 1,10 Median 1,82 Oberes Quartil 3,89 Maximum 11,74 Spannweite 11,58 Interquartilsabstand 2,79 Standardabweichung 2,20 Häufigkeitsrate "Pneumonie" in % 14,00 12,00 10,00 8,00 6,00 4,00 2,00 0,00 Abb. 12: Lage und Streuung des Befundes Pneumonie

81 4.3.2.3 Pericarditis Der Befund Pericarditis wurde erfasst, wenn Veränderungen am Herzbeutel eines Schlachtschweines festgestellt wurden. Die Häufigkeitsrate des Befundes Pericarditis der einzelnen Zulieferbetriebe reichte von 0,11 % bis 5,56 % bei einer Spannweite von 5,45. Der Mittelwert betrug 1,62 % und der Median 1,37 %. Das untere Quartil lag bei 0,86 %, das obere Quartil bei 2,09 %, dies ergab einen Interquartilsabstand von 1,23. Die Standardabweichung betrug 1,07. Diese statistischen Kenndaten wurden in Tabelle 21 zusammengefasst, in Abbildung 13 wurden die Lage und die Streuung der Häufigkeitsrate dieses Befundes anhand eines Boxplots dargestellt. Tab. 21: Statistische Kenndaten der Häufigkeitsrate des Befundes Pericarditis Mittelwert 1,62 Minimum 0,11 Unteres Quartil 0,86 Median 1,37 Oberes Quartil 2,09 Maximum 5,56 Spannweite 5,45 Interquartilsabstand 1,23 Standardabweichung 1,07

82 6 Häufigkeitsrate "Pericarditis" in % 5 4 3 2 1 0 Abb. 13: Lage und Streuung des Befundes Pericarditis 4.3.2.4 Milk spots Der Befund Milk spots wurde erfasst, wenn parasitär verursachte Veränderungen an der Leber eines Schlachtschweines festgestellt wurden. Die Häufigkeitsrate des Befundes Milk spots der einzelnen Zulieferbetriebe reichte von 0,27 % bis 64,64 % bei einer Spannweite von 64,37. Der Mittelwert betrug 8,10 % und der Median 2,59 %. Das untere Quartil lag bei 1,25 %, das obere Quartil bei 9,75 %, dies ergab einen Interquartilsabstand von 8,50. Die Standardabweichung betrug 12,60. Diese statistischen Kenndaten wurden in Tabelle 22 zusammengefasst. In Abbildung 14 wurden die Lage und die Streuung der Häufigkeitsrate dieses Befundes anhand eines Boxplots dargestellt, auffallend dabei ist die erhebliche Whisker -Länge zum größten Datenwert hin.

83 Tab. 22: Statistische Kenndaten der Häufigkeitsrate des Befundes Milk spots Mittelwert 8,10 Minimum 0,27 Unteres Quartil 1,25 Median 2,59 Oberes Quartil 9,75 Maximum 64,64 Spannweite 64,37 Interquartilsabstand 8,50 Standardabweichung 12,60 70 Häufigkeitsrate "Milk spots" in % 60 50 40 30 20 10 0 Abb. 14: Lage und Streuung der Häufigkeitsrate des Befundes Milk spots

84 4.3.2.5 Teilschäden Der Befund Teilschäden wurde erfasst, wenn Abszesse oder große Teilschäden bei einem Schlachtschwein festgestellt wurden. Die Häufigkeitsrate des Befundes Teilschäden der einzelnen Zulieferbetriebe reichte von 0,11 % bis 1,75 % bei einer Spannweite von 1,64. Der Mittelwert betrug 0,63 % und der Median 0,57 %. Das untere Quartil lag bei 0,33 %, das obere Quartil bei 0,85 %, dies ergab einen Interquartilsabstand von 0,53. Die Standardabweichung betrug 0,35. Diese statistischen Kenndaten wurden in Tabelle 23 zusammengefasst, in Abbildung 15 wurden die Lage und die Streuung der Häufigkeitsrate dieses Befundes anhand eines Boxplots dargestellt. Tab. 23: Statistische Kenndaten der Häufigkeitsrate des Befundes Teilschäden Mittelwert 0,63 Minimum 0,11 Unteres Quartil 0,33 Median 0,57 Oberes Quartil 0,85 Maximum 1,75 Spannweite 1,64 Interquartilsabstand 0,53 Standardabweichung 0,35

85 2 Häufigkeitsrate "Teilschäden" in % 1,8 1,6 1,4 1,2 1 0,8 0,6 0,4 0,2 0 Abb. 15: Lage und Streuung der Häufigkeitsrate des Befundes Teilschäden 4.3.2.6 Ohne Befund Die Häufigkeitsrate ohne Befund wurde erfasst, indem die Anzahl der untersuchten Schlachtschweine pro Zulieferbetrieb addiert wurde, bei denen keine Veränderungen am Brustfell, an der Lunge, am Herzbeutel und keine Milk spots der Leber festgestellt wurden. Die Häufigkeitsrate ohne Befund reichte von 78,21 % bis 99,60 % bei einer Spannweite von 21,40. Der Mittelwert betrug 94,52 % und der Median 95,96 %. Das untere Quartil lag bei 92,44 %, das obere Quartil bei 97,59 %, dies ergab einen Interquartilsabstand von 5,15. Die Standardabweichung betrug 4,13. Diese statistischen Kenndaten wurden in Tabelle 24 zusammengefasst. In Abbildung 16 wurden die Lage und die Streuung der Häufigkeitsrate ohne Befund anhand eines Boxplots dargestellt.

86 Tab. 24: Statistische Kenndaten der Häufigkeitsrate ohne Befund Mittelwert 94,52 Minimum 78,21 Unteres Quartil 92,44 Median 95,96 Oberes Quartil 97,59 Maximum 99,60 Spannweite 21,40 Interquartilsabstand 5,15 Oberes Quartil 4,13 Häuftigkeitsrate "Ohne Befund" in % 105 100 95 90 85 80 75 Abb. 16: Lage und Streuung der Häufigkeitsrate ohne Befund

87 4.4 Tiergesundheits-/Tierschutz-Index Die Tabellen 25 bis 29 zeigen die Kategorisierung der jeweiligen Häufigkeitsrate, die Punkteverteilung und die Anzahl der Zulieferbetriebe, die der jeweiligen Kategorie zugeordnet wurden. Die Anzahl der Zulieferbetriebe pro Kategorie für die jeweiligen Befundhäufigkeiten ist in den Abbildungen 17 bis 21 graphisch dargestellt. 4.4.1 Schlachttieruntersuchung Tabelle 25 zeigt die Kategorisierung der Häufigkeitsraten der Gesamtbefunde aus der Schlachttieruntersuchung in vier Klassen. Durch die Auswahl der Grenzwerte wurden 23 Zulieferbetriebe in die Klasse mit den geringsten Befunden ( 0,6 %) eingeordnet. 38 Betriebe, deren Häufigkeitsraten zwischen > 0,6 und 0,9 % lagen, waren der zweiten Klasse zugeordnet, 46 Betriebe, deren Häufigkeitsraten im Bereich > 0,9 1,6 % lagen, wurden der dritten Klasse zugeordnet. 22 Betriebe wurden der Klasse mit den höchsten Befunden zugeordnet (>1,6 %). Die Zuteilung der Punkte für die einzelnen Klassen, von null Punkten für die Klasse mit den geringsten Befunden bis sechs Punkten für die Klasse mit der höchsten Befundrate, ist in der Tabelle 25 dargestellt. In Abbildung 17 wird die erreichte Spreizung der Betriebe im Säulendiagramm dargestellt.

88 Tab. 25: Kategorisierung der Häufigkeitsraten der Gesamtbefunde aus der Schlachttieruntersuchung Schlachttieruntersuchung Punkte Anzahl der Zulieferbetriebe 0,6 % 0 23 >0,6 0,9 % 2 38 >0,9 1,6 % 4 46 >1,6 % 6 22 Anzahl der Zulieferbetriebe 50 45 40 35 30 25 20 15 10 5 0 23 38 46 22 1 2 3 4 Punkte für die Befunde aus der Schlachttieruntersuchung Abb. 17: Anzahl der Zulieferbetriebe pro Kategorie der Häufigkeitsraten der Befunde aus der Schlachttieruntersuchung

89 4.4.2 Pleuritis Tabelle 26 zeigt die Kategorisierung der Häufigkeitsraten der mittel- bis hochgradigen Brustfellveränderungen in vier Klassen. Durch die Auswahl der Grenzwerte wurden 16 Zulieferbetriebe in die Klasse mit den geringsten Befunden ( 1,0 %) eingeordnet. 50 Betriebe, deren Häufigkeitsraten zwischen > 1,0 und 3,0 % lagen, waren der zweiten Klasse zugeordnet, 41 Betriebe, deren Häufigkeitsraten im Bereich > 3,0 7,0 % lagen, wurden der dritten Klasse zugeordnet. 22 Betriebe wurden der Klasse mit den höchsten Befunden zugeordnet (> 7,0 %). Die Zuteilung der Punkte für die einzelnen Klassen, von null Punkten für die Klasse mit den geringsten Befunden bis drei Punkten für die Klasse mit der höchsten Befundrate, ist in der Tabelle 26 dargestellt. In Abbildung 18 wird die erreichte Spreizung der Betriebe im Säulendiagramm dargestellt. Tab. 26: Kategorisierung der Häufigkeitsraten des Befundes Pleuritis Pleuritis Punkte Anzahl der Zulieferbetriebe 1,0 % 0 16 >1,0 3,0 % 1 50 >3,0 7,0 % 2 41 >7,0 % 3 22

90 60 Anzahl der Zulieferbetriebe 50 40 30 20 10 16 50 41 22 0 0 1 2 3 Punkte für den Befund "Pleuritis" Abb. 18: Anzahl der Zulieferbetriebe pro Kategorie der Häufigkeitsraten des Befundes Pleuritis 4.4.3 Pneumonie Tabelle 27 zeigt die Kategorisierung der Häufigkeitsraten der mittel- bis hochgradigen Lungenveränderungen in vier Klassen. Durch die Auswahl der Grenzwerte wurden 19 Zulieferbetriebe in die Klasse mit den geringsten Befunden ( 0,8 %) eingeordnet. 44 Betriebe, deren Häufigkeitsraten zwischen > 0,8 und 1,8 % lagen, waren der zweiten Klasse zugeordnet, 43 Betriebe, deren Häufigkeitsraten im Bereich > 1,8 4,3 % lagen, wurden der dritten Klasse zugeordnet. 23 Betriebe wurden der Klasse mit den höchsten Befunden zugeordnet (> 4,3%). Die Zuteilung der Punkte für die einzelnen Klassen, von null Punkten für die Klasse mit den geringsten Befunden bis drei Punkten für die Klasse mit der höchsten Befundrate, ist in der Tabelle 27 dargestellt. In Abbildung 19 wird die erreichte Spreizung der Betriebe im Säulendiagramm dargestellt.

91 Tab. 27: Kategorisierung der Häufigkeitsraten des Befundes Pneumonie Pneumonie Punkte Anzahl der Zulieferbetriebe 0,8 % 0 19 >0,8 1,8 % 1 44 >1,8 4,3 % 2 43 >4,3 % 3 23 50 44 43 Anzahl der Zulieferbetriebe 40 30 20 10 19 23 0 0 1 2 3 Punkte für den Befund "Pneumonie" Abb. 19: Anzahl der Zulieferbetriebe pro Kategorie der Häufigkeitsraten des Befundes Pneumonie

92 4.4.4 Pericarditis Tabelle 28 zeigt die Kategorisierung der Häufigkeitsraten der Pericarditiden in vier Klassen. Durch die Auswahl der Grenzwerte wurden 20 Zulieferbetriebe in die Klasse mit den geringsten Befunden 0,6 %) eingeordnet. 40 Betriebe, deren Häufigkeitsraten zwischen > 0,6 und 1,3 % lagen, waren der zweiten Klasse zugeordnet, 47 Betriebe, deren Häufigkeitsraten im Bereich > 1,3 2,6 % lagen, wurden der dritten Klasse zugeordnet. 22 Betriebe wurden der Klasse mit den höchsten Befunden (> 2,6 %) zugeordnet. Die Zuteilung der Punkte für die einzelnen Klassen, von null Punkten für die Klasse mit den geringsten Befunden bis 3 Punkten für die Klasse mit der höchsten Befundrate, ist in der Tabelle 28 dargestellt. In Abbildung 20 wird die erreichte Spreizung der Betriebe im Säulendiagramm dargestellt. Tab. 28: Kategorisierung der Häufigkeitsraten des Befundes Pericarditis Pericarditis Punkte Anzahl der Zulieferbetriebe 0,6 % 0 20 >0,6 1,3 % 1 40 >1,3 2,6 % 2 47 >2,6 % 3 22

93 Anzahl der Zulieferbetriebe 50 40 30 20 10 0 47 40 20 22 0 1 2 3 Punkte für den Befund "Pericarditis" Abb. 20: Anzahl der Zulieferbetriebe pro Kategorie der Häufigkeitsraten des Befundes Pericarditis 4.4.5 Teilschäden Tabelle 29 zeigt die Kategorisierung der Häufigkeitsraten der Teilschäden in vier Klassen. Durch die Auswahl der Grenzwerte wurden 25 Zulieferbetriebe in die Klasse mit den geringsten Befunden ( 0,3 %) eingeordnet. 48 Betriebe, deren Häufigkeitsraten zwischen > 0,3 und 0,6 % lagen, waren der zweiten Klasse zugeordnet, 36 Betriebe, deren Häufigkeitsraten im Bereich > 0,6 1,0 % lagen, wurden der dritten Klasse zugeordnet. 20 Betriebe wurden der Klasse mit den höchsten Befunden (> 1,0 %) zugeordnet. Die Zuteilung der Punkte für die einzelnen Klassen, von null Punkten für die Klasse mit den geringsten Befunden bis sechs Punkten für die Klasse mit der höchsten Befundrate, ist in der Tabelle 29 dargestellt. In Abbildung 21 wird die erreichte Spreizung der Betriebe im Säulendiagramm dargestellt.

94 Tab. 29: Kategorisierung der Häufigkeitsraten des Befundes Teilschäden Teilschäden Punkte Anzahl der Zulieferbetriebe 0,3 0 25 >0,3 0,6 % 2 48 >0,6 1,0 % 4 36 >1,0 % 6 20 60 Anzahl der Zulieferbetriebe 50 40 30 20 10 25 48 36 20 0 1 2 3 4 Punkte für den Befund "Teilschäden" Abb. 21: Anzahl der Zulieferbetriebe pro Kategorie der Häufigkeitsraten des Befundes Teilschäden.

95 4.4.6 Der Tiergesundheits-/Tierschutz-Index (TTI) Die vergebenen Punkte der einzelnen Schlachtbefunde wurden pro Zulieferbetrieb zu einem Index zur Einschätzung der Tiergesundheit und des Tierschutzstatus, dem Tiergesundheits-/Tierschutz-Index eines Zulieferbetriebes summiert. Durch die gewählten Cut-Off-Werte der einzelnen Parameter wurde eine Spreizung der Indexwerte über den gesamten Wertebereich (Null bis 21 Punkte) erreicht. Tabelle 30 zeigt, wie viele der einzelnen Zulieferbetriebe dem jeweiligen TTI von 0 bis 21 zugeordnet sind. Abbildung 22, in der die Anzahl der Zulieferbetriebe pro Tiergesundheits-/Tierschutz- Index in einem Säulendiagramm dargestellt ist, veranschaulicht die erzielte Spreizung der Indexwerte. Tab. 30: Tiergesundheits-/Tierschutz-Index der einzelnen Zulieferbetriebe TTI 0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 Anzahl Betriebe 2 0 2 2 7 5 7 11 8 6 10 14 15 8 6 11 5 3 4 2 0 1 Anzahl der Zulieferbetriebe 16 14 12 10 8 6 4 2 0 14 15 11 11 10 8 8 7 7 6 6 5 5 4 3 2 2 2 2 1 0 0 0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 TTI Abb. 22: Verteilung der Tiergesundheits-/Tierschutz-Indices der einzelnen Zulieferbetriebe

96 Nach der Berechnung der einzelnen Tiergesundheits-/Tierschutz-Indices wurde eine Einteilung der 129 Schweinemastbetriebe in 4 Bewertungsklassen vorgenommen. Dreizehn Betriebe, die null bis vier Gesamtpunkte erreichten, wurden in die Klasse, der Betriebe mit einer sehr geringen Häufigkeit von Schlachtbefunden eingeteilt. 47 Betriebe mit einer Gesamtzahl von fünf bis zehn Punkten gelangten in die Klasse mit geringer Häufigkeit von Schlachtbefunden. 54 Betriebe mit einem TTI von elf bis fünfzehn Punkten wurden in der Klasse mit mittlerer Häufigkeit von Schachtbefunden eingeordnet. 15 Betriebe wiesen zwischen sechzehn und einundzwanzig Punkten auf und wurden der Klasse mit hoher Häufigkeit von Schlachtbefunden zugewiesen. In Tabelle 31 sind die Kategorisierung und die Einteilung der 129 Schweinemastbetriebe zusammenfassend dargestellt, diese Einteilung ist in Abbildung 23 im Säulendiagramm veranschaulicht. Tab. 31: Kategorisierung der Tiergesundheits-/Tierschutz-Indices und Einteilung der einzelnen Zulieferbetriebe in die 4 Bewertungsklassen Gesamtpunkte Bewertung Anzahl der Betriebe 0 4 5 10 11 15 16 21 Sehr geringe Häufigkeit von Schlachtbefunden Geringe Häufigkeit von Schlachtbefunden Mittlere Häufigkeit von Schlachtbefunden Hohe Häufigkeit von Schlachtbefunden 13 47 54 15

97 60 54 Anzahl der Zulieferbetriebe 50 40 30 20 10 13 47 15 0 0-4 Punkte 5-10 Punkte 11-15 Punkte 16-21 Punkte Abb. 23: Einteilung der Zulieferbetriebe in die 4 Bewertungsklassen Von den 129 in die Untersuchung einbezogenen Schweinemastbetrieben zeigten zwei Betriebe den kleinstmöglichen Indexwert (null Punkte) und ein Betrieb den höchstmöglichen Wert (21 Punkte), so dass eine Spannweite über den gesamten Wertebereich erreicht wurde (21 Punkte). Das untere Quartil des Tiergesundheits-/Tierschutz-Index lag bei 7, das obere Quartil bei 13 Punkten bei einem Interquartilsabstand von 6 Punkten. Der arithmetische Mittelwert betrug 10,46, der Median 11 Punkte. Die Standardabweichung wies einen Wert von 4,34 auf. Tabelle 32 zeigt zusammenfassend die statistischen Streugrößen des Tiergesundheits-/Tierschutz-Index. In Abbildung 24 ist die Lage und Streuung des TTI im Boxplot dargestellt.

98 Tab. 32: Statistische Kenndaten des Tiergesundheits-/Tierschutzindex Mittelwert 10,46 Minimum 0,00 Unteres Quartil 7,00 Median 11,00 Oberes Quartil 13,00 Maximum 21,00 Spannweite 21,00 Interquartilsabstand 6,00 Standardabweichung 4,34 Tiergesundheits-/Tierschutz-Index 24 19 14 9 4-1 Abb. 24: Lage und Streuung des Tiergesundheits-/Tierschutz-Index

99 4.4.7 Erweiterte Befundung 4.4.7.1 Gesamtergebnisse In der Zeit vom 01.03.2010 bis zum 28.02.2011 wurden vom Beschaupersonal zusätzlich tierschutzrelevante Schlachtbefunde handschriftlich auf einer Liste erfasst. Von den 318.050 in dieser Zeit untersuchten Tieren (= 318210 angelieferte Tiere minus der 160 nicht zur Schlachtung zugelassenen Tiere) wurden für 8.091 zusätzlich ein oder mehrere tierschutzrelevante Befunde registriert, das entspricht 2,54 % der untersuchten Schweine. Für 309.959 (97,46 %) Schweine wurden während der Fleischuntersuchung keine zusätzlichen tierschutzrelevanten Befunde registriert. Tabelle 33 zeigt, welche einzelnen tierschutzrelevanten Befunde bei der erweiterten Befundung bei den 129 untersuchten Schweinemastbetrieben insgesamt erfasst wurden. Am häufigsten wurden Abszesse registriert, bei 2.284 Schweinen (0,72 % der insgesamt untersuchten Tiere) wurden diese festgestellt. Am zweithäufigsten wurden Gelenkerkrankungen erfasst (1,204 Schweine, 038 %). Tab. 33: Anzahl erfasster tierschutzrelevanter Befunde Befund Anzahl erfasster Befunde Anteil (in %) an den insgesamt gelieferten Tieren Abszess(e) 2.284 0,72 Gelenkerkrankung(en) 1.204 0,38 Hautveränderung 1.019 0,32 Bissspuren, Schlagstriemen 967 0,30 Schwanzspitzenläsion 834 0,26 Verletzungen, Narben 808 0,25 Bluterguss 641 0,20 Liegebeulen 557 0,18 Kümmerer 116 0,04

100 In Abbildung 25 ist die Häufigkeit des Auftretens der einzelnen tierschutzrelevanten Befunde in einem Balkendiagramm dargestellt. Kümmerer Liegebeulen Bluterguss Verletzungen, Narben Schwanzspitzenläsion Bissspuren, Hautveränderung Gelenkerkrankung(en) Abszess(e) 116 557 641 808 834 967 1.019 1.204 2.284 0 500 1000 1500 2000 2500 Anzahl der Befunde Abb. 25: Anzahl erweiterter tierschutzrelevanter Schlachtbefunde aller untersuchten Zulieferbetriebe 4.4.7.2 Erweiterte tierschutzrelevante Schlachtbefunde der einzelnen Zulieferbetriebe Die Häufigkeitsrate aller tierschutzrelevanten Befunde der einzelnen Zulieferbetriebe reichte von 0,69 % bis zu 6,34 % bei einer Spannweite von 5,65. Das untere Quartil betrug 1,91 %, das obere Quartil 3,43 % bei einem Interquartilsabstand von 1,52 %. Der arithmetische Mittelwert lag bei 2,67, der Median bei 2,63. Die Standardabweichung wies einen Wert von 1,09 auf. Diese statistischen Kenndaten wurden in Tabelle 34 zusammengefasst, in Abbildung 26 wurden die Lage und die Streuung der Häufigkeitsrate dieses Befundes anhand eines Boxplots dargestellt. Tabelle 35 zeigt die statistischen Kenndaten der Häufigkeitsrate der tierschutzrelevanten Befunde der einzelnen Zulieferbetriebe.

101 Tab. 34: Statistische Kenndaten der Häufigkeitsrate von erweiterten tierschutzrelevanten Befunden Mittelwert 2,67 Minimum 0,69 Unteres Quartil 1,91 Median 2,63 Oberes Quartil 3,43 Maximum 6,34 Spannweite 5,65 Interquartilsabstand 1,52 Standardabweichung 1,09 7 Häufigkeitsrate "Erweiterte Befunde" in % 6 5 4 3 2 1 0 Abb. 26: Lage und Streuung der Häufigkeitsrate von allen erweiterten tierschutzrelevanten Befunden der einzelnen Zulieferbetriebe

102 Tab. 35: Statistische Kenndaten der Häufigkeitsrate der einzelnen erweiterten tierschutzrelevanten Befunde Standardabweichung Interquartilsabstand Spannweite Maximum Oberes Quartil Median Unteres Quartil Minimum Mittelwert Befunde Abszesse 0,75 0,00 0,40 0,72 1,01 2,06 2,06 0,61 0,44 Gelenkerkrankungen Hautveränderungen Bissspuren, Schlagspuren Schwanzläsionen Verletzungen, Narben 0,39 0,00 0,21 0,34 0,49 2,03 2,03 0,28 0,26 0,35 0,00 0,09 0,24 0,50 1,51 1,51 0,41 0,34 0,35 0,00 0,08 0,25 0,48 2,12 2,12 0,40 0,35 0,28 0,00 0,07 0,14 0,43 1,23 1,23 0,36 0,30 0,26 0,00 0,13 0,23 0,35 0,89 0,89 0,22 0,18 Liegebeulen 0,17 0,00 0,08 0,15 0,22 0,89 0,89 0,14 0,14 Blutergüsse 0,21 0,00 0,12 0,19 0,29 0,73 0,73 0,17 0,15 Kümmerer 0,04 0,00 0,00 0,00 0,06 0,77 0,77 0,06 0,09

103 4.5 Betriebsleistungsdaten Im Folgenden sind die statistischen Kenngrößen der Betriebsleistungsdaten Mastendgewicht, Verlustrate im Betrieb, Tageszunahme und Futterverwertung von 40 Schweinemastbetrieben zusammenfassend dargestellt. 4.5.1 Mastendgewicht Das durchschnittliche Mastendgewicht pro Tier der 40 Mastbetriebe reichte von 118,40 kg bis 128,10 kg bei einer Spannweite von 9,70 kg. Der Mittelwert betrug 122,38 kg und der Median 122,00 kg. Das untere Quartil lag bei 120,95 kg, das obere Quartil bei 123,93 kg bei einem Interquartilsabstand von 2,98 kg. Die Standardabweichung wies einen Wert von 2,05 auf. In Tabelle 36 sind die statistischen Kenngrößen zusammenfassend dargestellt, Abbildung 27 zeigt die Lage und Streuung des Merkmals Mastendgewicht der 40 Zulieferbetriebe. Tab. 36: Statistische Kenndaten des Merkmals Mastendgewicht Mittelwert 122,38 Minimum 118,40 Unteres Quartil 120,95 Median 122,00 Oberes Quartil 123,93 Maximum 128,10 Spannweite 9,70 Interquartilsabstand 2,98 Standardabweichung 2,05

104 130,00 128,00 Mastendgewicht (in kg) 126,00 124,00 122,00 120,00 118,00 Abb. 27: Lage und Streuung des Merkmals Mastendgewicht (in kg) der einzelnen Zulieferbetriebe (n = 40) 4.5.2 Verluste Die Verlustrate in den 40 Schweinemastbetrieben reichte von 0,70 % bis 5,70 % bei einer Spannweite von 5,00. Der Mittelwert betrug 2,57 und der Median 2,50 %. Das untere Quartil lag bei 1,78 %, das obere Quartil bei 3,40 % bei einem Interquartilsabstand von 1,63 %. Die Standardabweichung wies einen Wert von 1,13 auf. In Tabelle 37 sind die statistischen Kenngrößen zusammenfassend dargestellt, Abbildung 28 zeigt die Lage und Streuung des Merkmals Verluste der 40 Zulieferbetriebe.

105 Tab. 37: Statistische Kenndaten des Merkmals Verluste Mittelwert 2,57 Minimum 0,70 Unteres Quartil 1,78 Median 2,50 Oberes Quartil 3,40 Maximum 5,70 Spannweite 5,00 Interquartilsabstand 1,63 Standardabweichung 1,13 6,00 5,00 Verluste (in %) 4,00 3,00 2,00 1,00 0,00 Abb. 28: Lage und Streuung des Merkmals Verluste (in %) der einzelnen Zulieferbetriebe (n = 40)

106 4.5.3 Tageszunahme Die durchschnittliche Tageszunahme der 40 Schweinemastbetriebe reichte von 626 g bis 1028 g bei einer Spannweite von 402. Der Mittelwert betrug 807,03 und der Median 791 g. Das untere Quartil lag bei 776 g, das obere Quartil bei 853 g bei einem Interquartilsabstand von 77. Die Standardabweichung wies einen Wert von 73,49 auf. In Tabelle 38 sind die statistischen Kenngrößen zusammenfassend dargestellt, Abbildung 29 zeigt die Lage und Streuung des Merkmals Tageszunahme der 40 Zulieferbetriebe. Tab. 38: Statistische Kenndaten des Merkmals Tageszunahme Mittelwert 807,03 Minimum 626,00 Unteres Quartil 776,00 Median 791,00 Oberes Quartil 853,00 Maximum 1028,00 Spannweite 402,00 Interquartilsabstand 77,00 Standardabweichung 73,49

107 1100,00 1050,00 1000,00 Tageszunahme (in g) 950,00 900,00 850,00 800,00 750,00 700,00 650,00 600,00 Abb. 29: Lage und Streuung des Merkmals Tageszunahme (in g) der einzelnen Zulieferbetriebe (n = 40) 4.5.4 Futterverwertung Der Betrieb mit der besten Futterverwertung musste im Durchschnitt 2,43 kg Futter für ein Kilogramm Lebendzuwachs aufwenden, der Betrieb mit der schlechtesten Futterverwertung 3,32 kg, dies ergab eine Spannweite von 0,89. Das untere Quartil betrug 1 zu 2,72, das obere Quartil 1 zu 2,92 kg bei einem Interquartilsabstand von 0,20. Der arithmetische Mittelwert für die Futterverwertung lag bei 1 zu 2,83 kg, der Median betrug 1 zu 2,82 kg. Die Standardabweichung wies einen Wert von 0,18 auf. In Tabelle 39 sind die statistischen Kenngrößen zusammenfassend dargestellt, Abbildung 30 zeigt die Lage und Streuung des Merkmals Futterverwertung der 40 Zulieferbetriebe.

108 Tab. 39: Statistische Kenndaten des Merkmals Futterverwertung Mittelwert 2,83 Minimum 2,43 Unteres Quartil 2,72 Median 2,82 Oberes Quartil 2,92 Maximum 3,32 Spannweite 0,89 Interquartilsabstand 0,20 Standardabweichung 0,18 3,50 3,30 Futterverwertung (1:) 3,10 2,90 2,70 2,50 2,30 Abb. 30: Lage und Streuung des Merkmals Futterverwertung (1:) der einzelnen Zulieferbetriebe (n = 40)

109 4.5.5 Vergleich der Tiergesundheits-/Tierschutz-Indices mit den Betriebsleistungsdaten Im Rahmen dieser Studie wurde unter anderem geprüft, in wie weit man durch die Betrachtung der Leistungsparameter tierschutzrelevante Aussagen machen kann. Dazu wurde der Zusammenhang zwischen den Tiergesundheits-/Tierschutz-Indices und den Betriebsleistungsdaten von 40 Schweinemastbetrieben berechnet. Diese Berechnung wurde mithilfe des Rangkorrelationskoeffizienten nach Spearman durchgeführt. 4.5.5.1 Vergleich der Tiergesundheits-/Tierschutz-Indices mit dem Merkmal Mastendgewicht Der Rangkorrelationskoeffizient nach Spearman für den Zusammenhang zwischen den Tiergesundheits-/Tierschutz-Indices und dem Merkmal Mastendgewicht ergab den Wert 0,17. Die Korrelation zwischen den Indexpunkten und den Werten des durchschnittlichen Mastendgewichts der einzelnen Schweinemastbetriebe war sehr schwach ausgeprägt. In Abbildung 31, in der der Zusammenhang der Rangwerte der Tiergesundheits-/Tierschutz-Indices mit den Rangwerten des Merkmals Mastendgewicht im Streudiagramm dargestellt wurde, wird dieses Ergebnis deutlich. 45 Rang "Mastendgewicht" 40 35 30 25 20 15 10 5 0 0 10 20 30 40 50 Rang TTI Abb. 31: Streudiagramm zur Darstellung des Zusammenhangs zwischen den Rängen des Tiergesundheits-/Tierschutz-Index und des Merkmals Mastendgewicht

110 4.5.5.2 Vergleich der Tiergesundheits-/Tierschutz-Indices mit dem Merkmal Verluste Der Rangkorrelationskoeffizient nach Spearman für den Zusammenhang zwischen den Tiergesundheits-/Tierschutz-Indices und dem Merkmal Verluste ergab den Wert -0,29. Diese negative Korrelation zwischen den Indexpunkten und der Verlustrate in den einzelnen Schweinemastbetrieben war sehr schwach ausgeprägt. Abbildung 32 zeigt den sehr geringen Zusammenhang der Rangwerte der Tiergesundheits-/Tierschutz-Indices mit den Rangwerten des Merkmals Verlustrate im Streudiagramm. 45 40 35 Rang "Verluste" 30 25 20 15 10 5 0 0 10 20 30 40 50 Rang TTI Abb. 32: Streudiagramm zur Darstellung des Zusammenhangs zwischen den Rängen des Tiergesundheits-/Tierschutz-Index und des Merkmals Verluste

111 4.5.5.3 Vergleich der Tiergesundheits-/Tierschutz-Indices mit dem Merkmal Tägliche Zunahme Der Rangkorrelationskoeffizient nach Spearman für den Zusammenhang zwischen den Tiergesundheits-/Tierschutz-Indices und dem Merkmal Tägliche Zunahme ergab den Wert 0,30. Auch diese Korrelation zwischen den Indexpunkten und der durchschnittlichen täglichen Zunahme in den einzelnen Schweinemastbetrieben war sehr schwach ausgeprägt. Abbildung 33 zeigt den geringen Zusammenhang der Rangwerte der Tiergesundheits-/Tierschutz-Indices mit den Rangwerten des Merkmals Tägliche Zunahme im Streudiagramm. 45 40 Rang Tägliche Zunahme 35 30 25 20 15 10 5 0 0 10 20 30 40 50 Rang TTI Abb. 33: Streudiagramm zur Darstellung des Zusammenhangs zwischen den Rängen des Tiergesundheits-/Tierschutz-Index und des Merkmals Tägliche Zunahme

112 4.5.5.4 Vergleich der Tiergesundheits-/Tierschutz-Indices mit dem Merkmal Futterverwertung Der Rangkorrelationskoeffizient nach Spearman für den Zusammenhang zwischen den Tiergesundheits-/Tierschutz-Indices und dem Merkmal Futterverwertung ergab den Wert -0,12. Der Zusammenhang war auch bei diesem Parameter sehr schwach ausgeprägt. Dies zeigt auch das Streudiagramm in Abbildung 34. 45 40 Rang Futterverwertung 35 30 25 20 15 10 5 0 0 10 20 30 40 50 Rang TTI Abb. 34: Streudiagramm zur Darstellung des Zusammenhangs zwischen den Rängen des Tiergesundheits-/Tierschutz-Index und des Merkmals Futterverwertung

113 4.5.6 Vergleich der Befunddaten der einzelnen Erzeugergemeinschaften, der BIO-Betriebe und der Betriebe ohne EZG-Zugehörigkeit Tabelle 40 zeigt die Anzahl geschlachteter Tiere, das durchschnittliche Schlachtgewicht und die Häufigkeitsraten der Schlachtbefunde der einzelnen Erzeugergemeinschaften und der Betriebe ohne EZG-Zugehörigkeit für den gesamten Untersuchungszeitraum im Vergleich. In der letzten Zeile der Tabelle 40 ist die Häufigkeitsrate der erweiterten Schlachtbefunde, die während der zweiten Hälfte des Untersuchungszeitraumes erfasst wurden, für die einzelnen Erzeugergemeinschaften und die Betriebe ohne EZG-Zugehörigkeit dargestellt. Tab. 40: Vergleich der Ergebnisse der einzelnen Erzeugergemeinschaften, der BIO- Betriebe und der Betriebe ohne EZG-Zugehörigkeit EZG 1 EZG 2 EZG 3, regional BIO- Betriebe Sonstige Gesamtergebnis Anzahl Betriebe 43 67 10 5 4 129 Anzahl gesamt geschlachtet 239.948 313.248 71.662 16.630 8.435 649.923 Durchschnittliches Schlachtgewicht 96,85 96,41 96,43 96,97 95,69 96,58 in kg Pleuritis in % 4,23 3,70 6,95 4,83 5,03 4,30 Pneumonie in % 2,53 2,55 4,16 3,11 2,76 2,74 Perikarditis in % 1,42 1,57 1,92 1,80 2,35 1,57 Milk spots in % 3,93 5,19 7,11 58,89 8,37 6,35 Schlachttieruntersuchung in % 0,95 1,21 0,96 0,90 0,84 1,07 Teilschäden in % 0,55 0,64 0,72 0,73 0,59 0,62 Tiergesundheits-/Tierschutz- Index Erweiterte Schlachtbefunde in % 9,14 11,01 12,40 11,40 10,60 10,25 2,04 2,92 2,69 2,16 2,35 2,54

114 5 Diskussion Die Verordnung (EG) Nr. 882/2004 vom 29. April 2004 schreibt regelmäßige risikoorientierte amtliche Kontrollen zur Überprüfung des Tierschutzes vor (ANONYM 2004 d). Das Ziel dieser Untersuchung war es, aus den zur Verfügung stehenden Schlachtbefunden ein Hilfsmittel zu erstellen, das für die Auswahl tierschutzauffälliger Betriebe im Rahmen der risikoorientierten Tierschutzüberwachung herangezogen werden kann. Das Hauptaugenmerk lag dabei auf der Erfassung und Auswertung von tierorientierten Tierschutzkriterien (BLAHA und MEEMKEN 2011). In starker Anlehnung an den Organbefundindex von BLAHA (1994) wurde ein Tiergesundheits-/Tierschutz-Index entwickelt, mit dessen Hilfe man ohne erheblichen Aufwand im Schlachtbetrieb Daten produzieren kann, die eine zusätzliche Information zum Zustand der Tiergesundheit und zum Tierwohl in Schweinemastbeständen liefern. 5.1 Die ausgewählten Mastbetriebe Für diese Untersuchung standen die Ergebnisse der amtlichen Schlachttier- und Fleischuntersuchung aller im Untersuchungszeitraum geschlachteten Mastschweine (901.615 Tiere) eines norddeutschen Schlachtbetriebes zur Verfügung. Da einige Mäster jedoch entweder sehr kleine Lieferpartien oder sehr unregelmäßig lieferten, wurden nur die Ergebnisse von Mastbetrieben einbezogen, die im Jahr 2009 mindestens 1000 Tiere lieferten und eine vergleichbare Liefergröße beibehielten. 129 Betriebe entsprachen diesen Kriterien und die Ergebnisse von 649.923 Tieren wurden ausgewertet. Da die Befunddaten sämtlicher Betriebe zur Verfügung standen, stellte sich nicht das Problem, dass sich nur Betriebe mit geringen Befundhäufigkeiten zur Teilnahme bereit erklärten. Über einen Zeitraum von zwei Jahren wurden die Befunde der Schlachttier- und Fleischuntersuchung retrospektiv erfasst und auf die einzelnen Herkunftsbetriebe kumuliert. Um die Daten, die in den Schweinebeständen und in den Schlachtbetrieben erhoben werden, auszuwerten, können verschiedene Untersuchungseinheiten gewählt werden (DAHMS 2004). In dieser Studie wurden jeweils die im Untersuchungszeitraum geschlachteten Tiere eines Herkunftsbetriebes zu einer Untersuchungseinheit zusammengefasst. Von 40 der 129 Mastbetriebe aus drei Erzeugergemeinschaften waren die

115 Betriebsleistungsdaten für das Wirtschaftsjahr 2009/2010 bekannt. Somit konnten die Kenndaten der Schweinemast dieser 40 Betriebe auf Zusammenhänge mit den Befundhäufigkeiten untersucht werden. 5.2 Die Schlachttieruntersuchung Die amtliche Schlachttieruntersuchung wurde durch die diensthabenden amtlichen Tierärzte durchgeführt, jedes Schwein wurde beim Entladen an der Rampe in der Bewegung begutachtet. SCHULZE-SCHLEITHOFF (2012) vergleicht die Anlieferung an den Schlachtbetrieb mit einem Nadelöhr, durch das jedes Schlachttier hindurch muss, und dem amtlichen Tierarzt dadurch die Möglichkeit bietet, tierschutzrelevante Befunde eines einzelnen Tieres zu erfassen und damit Rückschlüsse auf den Herkunftsbetrieb zu ziehen. FÖRSTER (1996) erprobte im Rahmen ihrer Dissertation ein Datenerfassungssystem bei der Anlieferung von Schweinen am Schlachthof, um die Erhebung und die Nutzung von Befunden in der amtlichen Schlachttieruntersuchung zu verbessern. Hierzu schlägt sie die Verwendung von drei Erfassungsformularen vor, um über die übliche Befunderfassung der amtlichen Schlachttieruntersuchung hinaus auch tierschutzrelevante Informationen, wie z.b. den Belastungszustand der Tiere, zu dokumentieren. Der erste Erfassungsbogen dient der Dokumentation von Anlieferungsdaten durch den Rampenmeister. In das zweite Formular werden die Befunde der amtlichen Schlachttieruntersuchung durch den amtlichen Tierarzt eingetragen. Der dritte Erfassungsbogen ist ebenfalls durch den amtlichen Tierarzt auszufüllen und dient der Erhebung tierschutzrelevanter Kriterien. Auch für den Studienschlachthof wäre die Verwendung eines auf die auftretenden Häufigkeiten des Betriebes abgestimmten Formulars denkbar, das durch den jeweils diensthabenden Tierarzt direkt an der Entladerampe ausgefüllt werden könnte. Im Untersuchungszeitraum wurden 412 Tiere (0,06 % der 650.335 angelieferten Schweine) nicht zur Schlachtung zugelassen, da diese entweder auf dem Transport oder im Wartestall verendet sind, oder ein Schlachtverbot erteilt wurde, z.b. aufgrund von hohem Fieber oder bei Vorliegen multipler Abszesse. Der häufigste Grund war das Verenden auf dem Transport (254 Tiere, 0,04 %), 99 Tiere (0,02 %) verendeten im Wartestall und bei 59 (0,01 %) wurde die Tötung angeordnet. FÖRSTER (1996) erfasste die Daten von 10.325 Schweinen. Dabei sind 0,13 % der Tiere auf dem Transport verendet und für 0,02 % (2 Tiere) wurde ein Schlachtverbot aufgrund einer Kreislaufinsuffizienz ausgesprochen. In der vorliegenden Studie wurden für 6.570 weitere Tiere (1,01 %) ein oder mehrere Befunde in der Schlachttieruntersuchung erhoben. Dabei wurde der Befund

116 Schwanzläsionen bei 2.484 Tieren (0,38 %) und damit am häufigsten vermerkt. Der zweithäufigste erfasste Befund war Lahmheiten, Paresen bei 1.334 Tieren (0, 21 %), als dritthäufigster Befund wurden Bissverletzungen bei 1168 Schweinen (0,18 %) dokumentiert. In einer Studie von SCHRUFF (2004) wurden im Rahmen des Projektes Grenzüberschreitende Integrierte Qualitätssicherungssysteme in der Schweinefleischproduktion ebenfalls die Befunde der Schlachttieruntersuchung erfasst und ausgewertet. Ein Liefermanagementindex wurde entwickelt, um die Zuverlässigkeit eines Herkunftsbetriebes bezüglich des Liefermanagements einzuschätzen und um eine Entscheidung zu treffen, ob eine Lieferpartie der visuellen, der traditionellen oder der gezielt erweiterten Fleischuntersuchung unterzogen werden sollte. Die in dieser Untersuchung ausgewerteten Befunde in der amtlichen Schlachttieruntersuchung wurden im Hinblick auf die Aussagekraft über den Tierschutzstatus eines Herkunftsbetriebes untersucht. Bei den 129 untersuchten Mastbetrieben ließen sich bei der Anlieferung deutliche Unterschiede in der Befundhäufigkeit feststellen, der Lieferbetrieb mit den wenigsten tierschutzrelevanten Befunden wies eine Häufigkeitsrate von 0,09 % auf, der Betrieb mit den meisten Befunden eine Rate von 3,94 %. Diese Spannweite (3,85) spricht für die Berücksichtigung dieser Befunde bei der Erstellung eines Index zur Beurteilung der Tiergesundheit und des Tierwohls in Verbindung mit den Befunden der Fleischuntersuchung. 5.3 Die Fleischuntersuchung 5.3.1 Die Erfassung der Organbefunde Nach FRENZEL et al. (2007) sind EDV-gestützte Systeme Voraussetzung für ein sinnvolles Erfassen und Bewerten der Schlachtbefunde, BLAHA und MEEMKEN (2011) dagegen halten sowohl die computergestützte als auch die handschriftliche Erfassung für möglich. Die Befunddokumentation gestaltete sich in dem Studienschlachthof durch das Fehlen von Eingabeterminals zwar zeitaufwendiger, war jedoch technisch durchführbar.

117 5.3.2 Vergleich der Organbefunde früherer Publikationen Die Ergebnisse vorangegangener Publikationen zeigen sehr unterschiedliche Häufigkeitsraten der einzelnen Organbefunde der amtlichen Fleischuntersuchung. Die Studie, die 1996 von MÄHLMANN an zwei Schlachthöfen mit 62.728 Schweinen durchgeführt wurde, ergab eine durchschnittliche Häufigkeitsrate für das Auftreten von mittel- bis hochgradigen Pneumonien von 20,5 %. Mittel- bis hochgradige Pleuritiden wurden bei 6,5 %, Pericarditiden bei 6,6 % und Milk spots bei 26,5 % der Schlachtschweine dokumentiert. JENSEN (1996) wertete die Schlachtbefunde von 11.382 Schlachtschweinen aus. Bei 25,8 % der Tiere wurden keine Befunde an der Lunge, am Herzbeutel, an der Leber und an der Pleura festgestellt. Für 48,8 % wurde der Befund Pneumonie erhoben, für 4,9 % der Befund Pleuritis, für 7,5 % der Befund Perikarditis und bei 19,3 % der Tiere wurde die Leber beanstandet oder verworfen. Die Studie von VOGT (1996) an vier Schlachthöfen mit insgesamt 19.417 geschlachteten Schweinen ergab eine Häufigkeitsrate für Pneumonien von 49 % und von 23,2 % für beanstandete Lebern. Die Untersuchung von BOSTELMANN (2000) umfasste die Befunde von 584.778 Schweinen. Veränderungen an der Lunge wurden bei 50,4 % der Tiere festgestellt, 5,3 % wiesen eine hochgradige Pneumonie auf. Pleuritis, die ab handflächengroßen Veränderungen erfasst wurde, trat bei 4,9 % der Tiere auf, ebenso bei 4,9 % wurde das Auftreten einer Pericarditis erfasst. 16,1 % der Lebern wurden wegen Milk spots beanstandet. Für 30,7 % der Tiere wurde kein Befund am Geschlinge erfasst. KÖFER et al. (2001) fanden in österreichischen Studien bei der Auswertung der Schlachtbefunde von 66.033 Schweinen bei 45,6 % der Lebern Milk spots. Dabei lagen bei 33,3 % Lebern mehr als drei Milk spots vor, bei 12,3 % Lebern wurden ein bis drei Milk spots erfasst. Insgesamt wiesen 56,3 % der Lungen Veränderungen auf, bei 26,2 % der Schlachtschweine traten geringgradige, bei 23,2 % mittelgradige und bei 6,9 % hochgradige Lungenveränderungen auf. Bei 6,8 % der Herzbeutel wurden Veränderungen festgestellt. Am Geschlingeband wurde bei 22,6 % der Tiere eine chronische Pleuritis erfasst, am Tierkörperband bei 22,7 %. Bei 0,5 % der Tiere trat eine Arthritis oder eine Polyarthritis auf. Bei der Untersuchung von 82.236 Schlachtschweinen stellte BÖCKEL (2008) bei 12,9 % der Tiere Veränderungen im Bereich der Lunge, der Pleura, des Perikards und der Leber fest. Pneumonie trat bei 1,4 % auf, Pleuritis bei 0,5 %, Perikarditis bei 3,4 % und Leberveränderungen bei 7,7 %. SCHUMANN (2009) wertete die Schlachtbefunde von 910.003 Mastschweinen, die während eines Jahres an einen nordwestdeutschen Schlachtbetrieb geliefert wurden, aus. Für 16,8 % der Tiere wurden Befunde erhoben. Der Befund Leber verwurmt wurde bei 6,67 % der Tiere festgestellt, Brustfell verwachsen bei 3,67 %, Herzbeutel verwachsen bei 3,2 %. Bei 0,95 % der Schlachttierkörper wurden Abszesse dokumentiert, bei 0,87 % Gelenksveränderungen.

118 5.3.3 Bewertung der Organbefunde In dieser Untersuchung wurden für 4,3 % der untersuchten Schweine mittel- bis hochgradige Veränderungen der Pleura registriert, die Häufigkeitsrate für den erfassten Befund mittel- bis hochgradige Pneumonie betrug 2,74 %. Die Ergebnisse für die erfassten Veränderungen an der Lunge variieren in den vorhergehenden Publikationen sehr stark. In dieser Untersuchung wurde bei 1,57 % der untersuchten Schweine Veränderungen am Herzbeutel erfasst. Dieses Ergebnis liegt deutlich unter den Werten vorhergehender Studien. In der Studie von BÖCKEL (2008) sind Milk spots der Leber die häufigste zu beanstandende Organveränderung. Dies trifft auch in dieser Untersuchung zu. Für 6,35 % der insgesamt untersuchten Schweine wurden während der Fleischuntersuchung Veränderungen an der Leber festgestellt, die durch Spulwurmlarven verursacht worden sind. Dabei lagen die fünf Betriebe aus dem ökologischen Landbau mit durchschnittlich 58,89 % veränderter Lebern weit über dem Mittelwert der insgesamt untersuchten Schweine. Bei den Leberveränderungen gab es sehr große Unterschiede bei den Befundraten der vorhergehenden Publikationen. In dieser Untersuchung wurden bei 0,62 % der untersuchten Tiere Abszesse und große Teilschäden festgestellt, die nicht durch die Schlachtung verursacht wurden. SCHMIDT (2008) ermittelte im Rahmen seiner Dissertation für die von ihm untersuchten Mastgruppen einen gemeinsamen Durchschnitt von 0,67 % für das Auftreten von Teilschäden. Er stellte fest, dass die Ergebnisse der klinischen Untersuchungen im Stall sehr von den erhobenen Befunden in der amtlichen Fleischuntersuchung abwichen. Da die Untersuchung im Stall durch schlechte Lichtverhältnissen und durch zusammengedrängte Tiergruppen erschwert ist, bietet die Fleischuntersuchung zur Befunderhebung erhebliche Vorteile. Die ermittelten Befundhäufigkeiten der einzelnen Studien divergieren zum Teil stark. VOGT (1996) sieht die großen Unterschiede in den Ergebnissen der Häufigkeitsraten von Pneumonien unter anderem in der unterschiedlichen Erfassung und Kategorisierung von Lungenveränderungen begründet. Ein Vergleich der einzelnen Befundraten erscheint nur zwischen den Zulieferbetrieben eines Schlachtbetriebes sinnvoll. Die ermittelten Häufigkeiten sämtlicher Organbefunde in dieser Untersuchung lagen im Vergleich zu früheren Publikationen mit Ausnahme zu den Ergebnissen von BÖCKEL (2008) und SCHUMANN (2009) eher niedrig. Da alle in die Untersuchung einbezogenen Lieferpartien jedoch unter gleichen Bedingungen in dem

119 Studienschlachthof bewertet wurden, war ein Vergleich der einzelnen Herkunftsbetriebe möglich. In der Untersuchung zeigte sich, dass die Betriebe, die im Vergleich zu den übrigen Lieferbetrieben hohe Befundraten zeigten, dies meist über den gesamten Untersuchungszeitraum beibehielten. Die relative Häufigkeit der einzelnen Betriebe für das Auftreten von mittel- bis hochgradigen Pleuraveränderungen reichte in dieser Untersuchung von 0,11 bis 16,86 %, wobei die Spannweite von 16,75 groß ist. Mittel- bis hochgradige Lungenveränderungen wurden mit einer Spannweite von 11,74 festgestellt, der Minimalwert betrug 0,16 % und der Maximalwert 11,74 %. Die relative Häufigkeit für den Befund Pericarditis betrug bei dem Betrieb mit der geringsten Häufigkeitsrate 0,11 %, bei dem Betrieb mit der höchsten Häufigkeitsrate 5,56 %. Die Spannweite für die Häufigkeitsrate des Auftretens von Milk spots der Leber war mit einem Wert von 64,37 sehr hoch. Der Minimalwert betrug 0,27 %, der Maximalwert 64,64 %. Die Spannweite für die relative Häufigkeit für das Auftreten von Teilschäden war gering. Der Betrieb mit den wenigsten registrierten Teilschäden wies eine Rate von 0,11 %, der Betrieb mit den häufigsten Teilschäden eine Rate von 1,75 % auf. Für 89,75 % der insgesamt untersuchten Schweine wurden keine mittel- und hochgradigen Veränderungen am Brustfell oder an der Lunge, keine Veränderungen am Herzbeutel und keine Milk spots an der Leber in der amtlichen Fleischuntersuchung registriert. Dieser Wert ist vergleichbar mit dem Ergebnis von BÖCKEL (2008), die bei 87,1 % der Tiere keine Befunde in den Bereichen Pleuritis, Pneumonie, Pericarditis und Milk spots ermittelte. Bei der Studie von BOSTELMANN (2000) wiesen 30,7 % der Schweine keine Befunde am Geschlinge auf. Bei diesem deutlich niedrigeren Wert sind im Gegensatz zur vorliegenden Studie auch geringgradige Veränderungen an Pleura und Lunge erfasst wurden.

120 5.4 Tiergesundheits-/Tierschutz-Index In dieser Untersuchung wurde der Tiergesundheits-/Tierschutz-Index (TTI) als Bewertungsmaß für die risikoorientierte Tierschutzüberwachung von Schweinemastbetrieben entwickelt. Dazu wurde der Bewertungsschlüssel für die Nutzung der Organveränderungshäufigkeit pro Bestand als Indikator der Bestandsgesundheit nach BLAHA (1994) modifiziert. Da der TTI neben der Beurteilung der Tiergesundheit vor allem zur Einschätzung des Tierwohls von Schweinemastbetrieben Verwendung finden soll, wurden, zusätzlich zu der Bewertung der Brustfell- und Lungenveränderungen und der Pericarditiden, die Befunde der Schlachttieruntersuchung und die Teilschädenrate mitberücksichtigt, da diese eine hohe Tierschutzrelevanz aufweisen und auf durchlebte Schmerzen, Leiden und Schäden der Tiere hindeuten. Die Erfassung und Bewertung von tierorientierten Tierschutzindikatoren (BLAHA und MEEMKEN 2011, die bei dem TTI im Vordergrund stehen, unterscheiden diesen von dem Tierbehandlungsindex von BLAHA und MEEMKEN (2006), der entwickelt wurde, um Aussagen über die Morbidität von Mastschweinen zu treffen und dem Herden-Gesundheits-Score (DICKHAUS 2010), der der semiquantitiven Kategorisierung der Gesundheit von Mastschweinen dient. Weil den Befunden der Schlachttieruntersuchung und den Teilschäden in dieser Studie eine hohe tierschutzrelevante Bedeutung beigemessen wurde, wurden diese Häufigkeitsraten bei der Punktevergabe für die einzelnen Kriterien, die zum TTI-Wert addiert wurden, doppelt gewichtet. Der TTI kann jedoch den Befundhäufigkeiten des jeweiligen Schlachtbetriebes angepasst werden, so kann zum Beispiel die Untauglichkeitsrate, die in dieser Studie aufgrund einer zu geringen Häufigkeitsrate nicht herangezogen wurde, in einem anderen Schlachtbetrieb in die Bewertung einbezogen werden. Zudem kann die Gewichtung der einzelnen Befundbewertungen den Gegebenheiten des jeweiligen Schlachthofes angepasst werden. Durch den Tiergesundheits-/Tierschutz-Index sollen tierschutzauffällige Betriebe identifiziert werden, darum ist es wichtig, eine Spreizung der TTI-Werte zu bewirken. Diese Spreizung kann durch die Wahl der Grenzwerte für die einzelnen Indexwerte erreicht werden, das bedeutet, die Ergebnisse der TTI-Werte werden voreingestellt. Der Bewertungsschlüssel für den TTI wurde in dieser Untersuchung so gewählt, dass die Punktevergabe für die einzelnen Zulieferbetriebe die ganze Spannweite (von null bis 21 Punkten) einnahm. So wurden von den 129 untersuchten Schweinemastbetrieben dreizehn Betriebe in die Kategorie mit den geringsten Befundhäufigkeiten eingeordnet, 47 Betriebe in die Kategorie mit einer geringen

121 Befundrate, 54 Betriebe in die Kategorie mit einer mittleren oder mäßigen Häufigkeitsrate und fünfzehn Betriebe wurden in die Gruppe mit einer hohen Häufigkeit an Schlachtbefunden eingeteilt. Die Betriebe in der Klasse mit der sehr geringen Häufigkeit von Schlachtbefunden besitzen keine absolut geringste Häufigkeit, sondern gehören im Vergleich zu den anderen Lieferbetrieben dieses Schlachthofes zu den besten Betrieben bezüglich der Befundhäufigkeiten (BLAHA und BLAHA 1995). BÄCKSTRÖM und BREMER (1976) fanden heraus, dass die Befundhäufigkeiten bei den einzelnen Betrieben oft über mehrere Jahre konstant verlaufen. DICKHAUS (2010) bestätigte dies im Rahmen seiner Studie. Auch in dieser Untersuchung fiel auf, dass viele Betriebe mit einer hohen Befundrate meist über die gesamte Untersuchungszeit hohe Raten aufwiesen und Betriebe mit wenigen Befunden kontinuierlich geringe Raten zeigten. Wenn die gewählten Grenzwerte und die Punkteverteilung keine ausreichende Variabilität der TTI-Werte mehr erzeugen, weil sich die Befundhäufigkeitsraten vieler Zulieferbetriebe verbessert oder verschlechtert haben, können die Cut-Off-Werte neu gesetzt werden, um wiederum eine Spreizung der Ergebnisse der einzelnen Betriebe über die gesamte Spannweite zu erreichen. Da die Grenzwerte für den Tiergesundheits-/Tierschutz-Index schlachthofspezifisch gesetzt werden müssen, ist ein Vergleich zwischen den einzelnen Schlachtbetrieben nicht möglich. Für die Bewertung der einzelnen Schweinemastbetriebe wurden in dieser Untersuchung die Daten von zwei Jahren kumuliert und ausgewertet. Für eine regelmäßige risikoorientierte Überwachung könnte beispielsweise eine quartalsweise oder halbjährliche Auswertung durchgeführt werden. 5.4.1 Erweiterte Befunderfassung Der Befund Teilschäden ist sehr pauschal, für die Beurteilung des Tierschutzstatus eines Herkunftsbetriebes wäre eine genauere Befundung hilfreich. Auch in diesem Studienschlachthof ließ die Erfassung der Teilschäden im Rahmen der regulären amtlichen Fleischuntersuchung kaum Rückschlüsse auf die Art der Veränderungen am Tierkörper zu. Darum wurde im Rahmen dieser Studie über den Zeitraum von zwölf Monaten zusätzlich eine detaillierte Erfassung der Teilschäden durchgeführt. Dazu wurde ein Formular Erweiterte Befundung (siehe Abb. 3) am Schlachtband verwendet, um tierschutzrelevante Teilschäden, die nicht durch den Schlachtprozess verursacht wurden, zu dokumentieren.

122 Die amtlichen Tierärzte und Fachassistenten, die zur Untersuchung der Tierkörper eingeteilt waren, trugen handschriftlich die Schlachtnummern der Tiere, die ein oder mehrere Befunde aufwiesen, in die entsprechenden Spalten ein. In der Zeit von März 2010 bis Februar 2011 wurden 318.050 zur Schlachtung zugelassene Schweine untersucht, davon wurden für 8091 Tiere zusätzlich zur regulären Befundung tierschutzrelevante Befunde registriert. Dies entspricht 2, 54 % der untersuchten Schweine. Am häufigsten wurde der Befund Abszess festgestellt (0,72 %), für 0,38 % wurde der Befund Gelenkerkrankungen erhoben. Im Vergleich dazu erfasste SCHUMANN (2009) bei 0,95 % der Schlachttierkörper Abszesse und bei 0,87 % Gelenksveränderungen. In dieser Untersuchung wurde als dritthäufigster Befund bei 0,32 % der Schweine Hautveränderungen festgestellt, bei 0,30 % der Schweine wurden Bissspuren und Schlagstriemen registriert. Der Befund Schwanzspitzenläsionen wurde bei 0,26 % dokumentiert, SCHUMANN (2009) ermittelte bei den von ihr untersuchten Schweinen einen Wert von 0,19 %. Weiterhin wurden in der vorliegenden Studie bei 0,25 % Narben und Verletzungen festgestellt, bei 0,20 % Blutergüsse und bei 0,18 % Liegebeulen. 116 Schweine, das entspricht 0,04 % wurden als Kümmerer erfasst. Die einzelnen Herkunftsbetriebe wiesen eine durchschnittliche Häufigkeitsrate für das Auftreten erweiterter Befunde von 2, 67 % auf. Der Median betrug 2,63 %, die Spannweite 5,65 %. Der Betrieb mit den wenigsten Befunden wies eine Rate von 0, 69 % auf, für den Betrieb mit dem höchsten Aufkommen an Befunden wurde eine Rate von 6,34 % ermittelt. Der Mittelwert für das Auftreten von Abszessen bei den einzelnen Betrieben lag bei 0,75 % bei einer Spreizung von 0,00 bis 2,06 %. Gliedmassenerkrankungen, Technopathien und Kannibalismus werden direkt durch Fehler in der Haltung und im Betriebsmanagement verursacht. Die durch Baumängel auftretenden Klauenschäden sind häufig die Basis für weitergehende Entzündungen, Arthrosen und Frakturen(WALDMANN 2003). Auch DAHMS et al. (1999) stellten Zusammenhänge zwischen der Bodenbeschaffenheit und dem Auftreten von Liegebeulen fest. RÄHSE und HOY (2007) führten Untersuchungen zur Häufigkeit von Klauenveränderungen bei Mastschweinen bei verschiedenen Haltungsbedingungen durch und kamen zu dem Ergebnis, dass der Fußbodenqualität eine große Bedeutung für die Klauengesundheit zukommt. Die einzelnen untersuchten Betriebe wiesen eine Häufigkeitsrate von 0,00 bis 2, 03 % für das Auftreten von Gelenkserkrankungen auf. Der arithmetische Mittelwert betrug 0,39 %, der Median lag bei 0,34 %. Bei einigen Betrieben wurden keine Liegebeulen festgestellt, die höchste festgestellte Rate betrug 0,89 %. Der errechnete arithmetische Mittelwert von 0,17 % für den Befund Liegebeulen

123 erscheint sehr gering. Ursache für den wenig erfassten Befund könnte sein, dass geringgradige Liegebeulen für die Untersucher nicht relevant genug empfunden wurden um sie zu erfassen und hochgradige Technopathien wiederum dem Befund Gelenkerkran-kungen zugeordnet wurden. Verletzungen und Narben wurden mit einer Spreizung von 0,00 % bis 0,89 % bei einem Mittelwert von 0,26 % festgestellt. JAEGER und PFEIFFER (2010) halten eine Schweinemast in der derzeit üblichen Intensivhaltung ohne das Kürzen der Schwänze nicht möglich, da ungefähr ein Anteil von 5 % der Schweine Aggressionen zeigen und mit Schwanzbeißen reagieren. Obwohl die konventionell gemästeten Schweine in dieser Untersuchung überwiegend mit kupierten Schwänzen angeliefert wurden, waren Schwanzläsionen bei den Tieren mit einer Spanne von 0,00 bis 1,23 % festzustellen. WALDMANN (2003) sieht in Mängeln der Haltung, des Klimas und der Fütterung die Hauptursache für den Kannibalismus. Als weitere Auslöser nennt er Erkrankungen, die das Wohlbefinden beeinträchtigen, wie z.b. Endo- und Ektoparasiten. Das Auftreten von Bissspuren und Schlagstriemen mit einer durchschnittlichen Häufigkeitsrate pro Betrieb von 0,35 % scheint im Vergleich zu den Ergebnissen von FÖRSTER (1996) sehr gering. Sie ermittelte bei der Schlachttieruntersuchung ein durchschnittliches Vorkommen von Bissverletzungen von 15,2 %, von Striemen durch den Einsatz des Gummistocks von 6,8 % und von Kratzspuren durch missbräuchlichen Gebrauch des Schlagstempels von 1,7 %. Sie weist jedoch auch darauf hin, dass viele bei der Entladung auf der Haut sichtbaren Rötungen schon nach einer halben Stunde Wasserberieselung nicht mehr festzustellen waren. Blutergüsse traten mit einer Spreizung von 0,00 bis 0,73 % auf. Erfasst wurden keine Blutergüsse, die offensichtlich durch die Elektrobetäubung hervorgerufen wurden (VELARDE et al. 2000). Der Mittelwert von 0,04 % für das Auftreten von Kümmerern bei den einzelnen Herkunftsbetrieben war sehr gering. Der Maximalwert lag bei 0,77 %. Die Erfassung der erweiterten Befunde gestaltete sich in diesem Schlachtbetrieb durch die handschriftliche Dokumentation zwar sehr aufwendig, für die Durchführung der risikoorientierten amtlichen Kontrolle der Herkunftsbetriebe wäre eine detailliertere Dokumentation, wie sie hier vorgenommen wurde, jedoch sehr hilfreich. Auffällige Betriebe könnten gezielter untersucht werden. Für die Mäster könnte eine Rückmeldung der genaueren erweiterten Befunde Hilfestellung bieten, Behandlungen einzuleiten oder Änderungen im Stall vorzunehmen.

124 5.5 Betriebsleistungsdaten In dieser Untersuchung standen von 40 der 129 untersuchten Mastbetriebe aus drei Erzeugergemeinschaften die Betriebsleistungsdaten des Wirtschaftsjahres 2009/2010 zur Verfügung. Von 40 Betrieben konnten die Parameter Mastendgewicht, Verluste, Tageszunahme und Futterverwertung mit den ausgewerteten Schlachtbefunden verglichen werden. Den Betrieben mit den Kennzahlen 18 und 23, 39 und 40, 95 und 104, 105 und 110 lagen jeweils die gleichen Betriebsleistungszahlen zu Grunde. Bei diesen handelte es sich jeweils um einen Betriebsinhaber, der seine Mastschweine mit zwei Betriebskennzahlen vermarktete, die Leistungsparameter wurden jedoch für die gesamten Mastschweine des Betreibers angegeben. Um den aus den Schlachtbefunden errechneten Tiergesundheits-/Tierschutz-Index dieser 40 Betriebe mit den Betriebsleistungsdaten zu vergleichen, wurde der TTI für den gesamten Untersuchungszeitraum und zusätzlich für den Zeitraum des Wirtschaftsjahres 2009/2010 berechnet. Es war im Rahmen dieser Untersuchung nicht festzustellen, wie viele der Masttiere, für die die Leistungsparameter vorlagen, nun letztendlich im Studienschlachthof geschlachtet wurden, und ob vielleicht Tiere mit besserem oder schlechterem Gesundheitszustand an einen anderen Schlachtbetrieb verbracht wurden. Das durchschnittliche Mastendgewicht der 40 Betriebe betrug 122,38 kg. Der Betrieb mit den geringsten Mastendgewichten erreichte einen Durchschnittswert von 118,4 kg, der Betrieb mit den höchsten Gewichten 128,1 kg. Die Spannweite von 9,7 kg war auffallend groß. Bei der Mortalitäts- oder Verlustrate handelt es sich um den prozentualen Anteil der Tiere einer Mastgruppe, die während der Mast verendet sind oder euthanasiert wurden (MEEMKEN et al. 2009). SCHMIDT (2008) fand im Rahmen seiner Studie heraus, dass Lungenerkrankungen zu einer höheren Mortalität im Bestand beitragen. Die durchschnittliche Verlustrate lag in dieser Untersuchung bei 2,57 %. Die geringste Rate der einzelnen Betriebe betrug 0,7 %, die höchste Rate 5,7 %. Der ermittelte Durchschnittswert ist mit dem Ergebnis von SCHMIDT (2008) vergleichbar, dessen untersuchte Tiergruppen eine durchschnittliche Mortalität von 2,2 % zeigten. DICKHAUS (2010) ermittelte in seinen Untersuchungen Verlustraten zwischen 0,8 und 10,8 %. Angaben zur Mastdauer standen in dieser Untersuchung nicht zur Verfügung, jedoch die durchschnittlichen Tageszunahmen pro Tag der einzelnen Mastbetriebe. Die Tageszunahmen verschlechtern sich nach WALDMANN (2003) erheblich durch das Auftreten von Lahmheiten, auch die Mastdauer nimmt dann zu. Die Mastdauer und die Tageszunahmen geben Auskunft über die Tiergesundheit

125 eines Bestandes, denn je besser die täglichen Zunahmen eines Tierbestandes sind und je schneller das Schlachtgewicht erreicht wird, desto gesünder sind die Tiere während der Mast (MEEMKEN et al. 2009). In dieser Untersuchung zeigte sich eine durchschnittliche Tageszunahme von 807 Gramm pro Tag bei einem Median von 791 Gramm. Die geringste Tageszunahme eines Betriebes betrug 626 Gramm, der Betrieb mit der besten durchschnittlichen Tageszunahme wies einen Wert von 1028 Gramm auf. Die Spannweite von 402 Gramm pro Tag war auffallend hoch. Tageszunahmen von 850 bis 900 Gramm sind nach SOMMER (2007) keine Seltenheit, da in den letzten Jahren der Schwerpunkt auf der Produktion von Fleisch betonten, fettarmen Mastschweinen liegt, dennoch scheint die tägliche Zunahme des Betriebs Nr. 35 mit 1028 Gramm im Vergleich zu den übrigen Betrieben sehr hoch. Die Futterverwertung war jedoch mit einem Wert von 2,64 kg ebenfalls überdurchschnittlich gut, ebenso die Verlustrate mit 1,1 %. Der Durchschnittswert für die Futterverwertung, dass heißt für den Futterverbrauch in Kilogramm pro Kilogramm Zuwachs, betrug in dieser Untersuchung 2,83 kg. Der Betrieb mit der schlechtesten Futterverwertung erlangte einen Durchschnittswert von 3,32 kg, der Betrieb mit der besten Futterverwertung hatte einen Durchschnittswert von 2,43 kg, dass bedeutet, dieser Betrieb musste durchschnittlich 0,89 kg weniger Futter verbrauchen, um ein Kilogramm Zuwachs zu erreichen, als der Betrieb mit dem höchsten Wert.

126 5.5.1 Vergleich der Tiergesundheits-/Tierschutz-Indices mit den Betriebsleistungsdaten Ob ein Zusammenhang zwischen den ermittelten Tiergesundheits-/Tierschutz- Indices und den Betriebsleistungsdaten besteht, wurde durch Berechnung des Rangkorrelationskoeffizienten nach Spearman untersucht. Die Tiergesundheits-/Tierschutz-Indices korrelierten sehr schwach mit den Angaben zum Mastendgewicht. Die Stärke des Zusammenhangs lag lediglich bei 0,17. Somit war nahezu kein Zusammenhang der Indices mit der Höhe des Mastendgewichts feststellbar. Für den Zusammenhang zwischen den Tiergesundheits-/Tierschutz-Indices und der Mortalitätsrate im Betrieb ließ sich eine sehr schwache Korrelation mit der Stärke -0,29 erkennen. Die Berechnung des Korrelationskoeffizienten für die Tiergesundheits-/Tierschutz- Indices und die Angaben zur täglichen Zunahme ergab einen schwachen Zusammenhang. Der Wert betrug 0,30. Die Tiergesundheits-/Tierschutz-Indices korrelierten in sehr geringer Stärke mit den Angaben zu der Futterverwertung. Der Korrelationskoeffizient betrug -0,12. Wie zu erwarten war, ergaben sich nur sehr schwache Korrelationen zwischen dem TTI und den Leistungsparametern. Die Ergebnisse dieser Untersuchung zeigen, dass die Betrachtung der Leistungsdaten nicht den Blick auf die krankheitsbedingten Veränderungen der Mastschweine ersetzen kann, wenn das Tierwohl in Schweinemastbeständen beurteilt werden soll. So kann in einem sehr gesunden Bestand, in dem das Fütterungsmanagement zu wünschen übrig lässt, eine schlechtere Mastleistung erzielt werden, als in einem Betrieb, dessen Mastschweine zwar eine hohe Rate an Veränderungen in der Fleischuntersuchung aufweisen, die jedoch sehr effizient gefüttert wurden. BLAHA und RICHTER (2011) betonen, dass der Mensch mit seiner täglichen Betreuungsqualität neben dem Haltungssystem die wichtigste Determinante für das Tierwohl ist. Um die Lebensqualität der Tiere zu beurteilen, genügt darum nicht die Beurteilung der Mastleistung und der Haltungstechnik, eine Einschätzung des tatsächlichen Zustandes der Tiere durch die Erhebung tierbezogener Tierschutzkriterien ist erforderlich. Diese Anwendung tierorientierter Tierschutzkriterien (BLAHA und MEEMKEN 2011) kann mithilfe des beschriebenen Tiergesundheits-/Tierschutz-Index erfolgen.

127 5.5.2 Vorschlag für die Verwendung des Tiergesundheits-/Tierschutzindex für eine risikoorientierte Überwachung Ohne die Rückmeldung der Befunddaten, kann die amtliche Fleischuntersuchung nicht zu einer Verbesserung der Tierproduktion beitragen (BERENDS et al. 1993). Durch die Rückmeldung der Befunde an die Mäster, wird diesen die Möglichkeit gegeben, mit der Unterstützung des betreuenden Tierarztes Defizite in der Tiergesundheit zu erkennen und Maßnahmen einzuleiten (MÄHLMANN 1996). Dabei muss der Landwirt die Möglichkeit zum Vergleich mit den Ergebnissen der anderen Herkunftsbetriebe haben (BLAHA et al 2007, BLAHA 2008 a). Ein Vergleich der Befundhäufigkeiten der Lieferbetriebe eines Schlachthofes mit den Ergebnissen anderer Schlachtbetriebe ist jedoch nicht möglich, da große Unterschiede in der Art der Befunderfassung bestehen (FÖRSTER 1996, VOGT 1996, WINDHAUS 2008). VOGT (1996) weist außerdem darauf hin, dass die einzelnen Schlachtbetriebe zum Teil große Unterschiede in ihrer Zulieferstruktur aufweisen. Beziehen die Schlachthöfe ihre Schlachttiere aus unterschiedlichen Regionen, kann sich die regionale Tiergesundheit auf die Häufigkeitsraten, z.b. auf die Prävalenz von Atemwegserkrankungen, auswirken. Jeder Schlachtbetrieb stellt eine spezifische Schweinefleischproduktionskette dar (BLAHA et al. 2007), an dem ein standortbezogenes Bewertungssystem entwickelt werden sollte (MEEMKEN 2006). Werden die Herkunftsbetriebe mit dem schlechtesten Tiergesundheits- und Tierschutzstatus regelmäßig identifiziert, können diese amtlich in Kenntnis gesetzt und zu Verbesserungsmaßnahmen aufgefordert werden. Werden bei den folgenden kontinuierlichen Auswertungen der Befunde keine Änderungen festgestellt, kann eine Betriebskontrolle durch das zuständige Veterinäramt erfolgen (BLAHA und MEEMKEN 2011). Der im Rahmen dieser Untersuchung entwickelte Tiergesundheits-/Tierschutz-Index kann mithilfe der Ergebnisse der regulären amtlichen Schlachttier- und Fleischuntersuchung berechnet werden, dabei sind keine weiterführenden Untersuchungen notwendig. Die Risikoeinschätzung der Betriebe kann dann durch das Fleischhygiene- oder Veterinäramt erfolgen, und die Betriebe, bei denen höchstwahrscheinlich Tierschutzdefizite vorliegen, können gezielt überwacht werden. Die risikoorientierte Überwachung wird dabei effizienter, ohne zusätzliche Kosten zu verursachen, da man sich zielgerichtet auf auffällige Betriebe konzentrieren kann (BLAHA und RICHTER 2011).

128 Abb. 35: Schematische Darstellung des Benchmarkings von Tierbeständen anhand von permanent bestandbezogen kumulierten Tierschutzindikatoren, die am Schlachthof erfasst werden können (Grafik: BLAHA aus BLAHA und RICHTER 2011). In dieser Untersuchung wurden fünfzehn Betriebe mit einem TTI zwischen sechzehn und einundzwanzig Punkten der Klasse hohe Häufigkeit von Schlachtbefunden zugeordnet und kämen deshalb für eine gezieltere Überwachung in Frage, da bei diesen die Wahrscheinlichkeit für das Vorliegen von Tierschutzdefiziten höher ist als bei den anderen untersuchten Betrieben.