Zäh und wildwüchsig: die Arve im Murgtal

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Zäh und wildwüchsig: die Arve im Murgtal

Verbreitung der Arven in der Schweiz Die grössten Arvenwälder findet man im Engadin und im Wallis. Arvenwälder sind selten, sie nehmen nur etwa 1% der Gesamtwaldfläche ein. Im Kanton St. Gallen erreichen sie den nördlichsten Rand ihres Verbreitungsgebietes. Kurzportrait Die Arve (Pinus cembra L.) ist an den fünf Nadeln pro Kurztrieb leicht zu erkennen. Sie ist in der Subalpinstufe beheimatet, erträgt Temperaturen bis unter 40 C und kommt mit einer sehr kurzen Vegetationsperiode zurecht. Die häufigen mechanischen Kronen- und Stammschäden infolge von Schneelasten führen zu eindrücklichen Wuchsformen. Die Arve wächst in der Jugend sehr langsam, wird maximal 25 m hoch und mehrere Jahrhunderte alt. Einzelarve Nadelbüschel Kandelaberarve 2

Nutzung früher und heute Das Holz der Arve mit den eingewachsenen rotbraunen Ästen und den feinen Jahrringen war schon immer sehr begehrt. Heute wird es vor allem für die Möbelherstellung und den Innenausbau verwendet. Früher fertigte man auch Milchgeschirre, Butterfässer, Verzierungen und Statuen aus Arvenholz. Aus jungen Trieben wurde Harz und Öl gewonnen. Die Arvennüsschen dienten als Nahrungsmittel oder wurden zu Öl gepresst. Das Gebiet des unteren Murgsees wurde stark entholzt, vermutlich zur Gewinnung von Brenn- und Bauholz und zur Herstellung von Geräten für die Alpwirtschaft. Tannenhäher und Arve Zwischen dem Tannenhäher und der Arve besteht eine enge Lebensgemeinschaft. Die Arve verdankt ihre Verjüngung und Verbreitung zu einem grossen Teil dem Tannenhäher. Dieser weissgesprenkelte Rabenvogel ernährt sich hauptsächlich von Arvennüsschen, welche er auch als Wintervorrat in der obersten Bodenschicht vergräbt. Aus solchen vergessenen oder nicht wieder gefundenen Depots keimen junge Arven. Tannenhäher 3

Arven im Murgtal Im Murgtal kommen die schönsten und grössten Arvenbestände des Kantons St. Gallen vor. Diese Bestände bilden eine besondere Lebensgemeinschaft und sind schützenswert. Die Arve wächst auch im Murgtal bis auf 2200 m.ü.m. Ihren tiefsten Standort findet man auf 1350 m.ü.m. In der ganzen Schweiz sind die Arven auf der west- bis nordwestexponierten Talseite viel häufiger als auf der ost- und südexponierten. Im Gegensatz zum Engadin und Wallis, wo die Arve häufig mit der Lärche gemischt vorkommt, fehlt hier die Lärche. Die Waldstruktur ist durch eine ungleichmässige Verteilung der Altersstufen und einen lockeren Bestand gekennzeichnet. Am häufigsten stockt die Arve auf Felsblöcken, wo die Schneedecke dünner und die Gefahr der Nadelschütte durch den «Weissen Schneeschimmel» kleiner ist. Das maximale Alter zu bestimmen ist fast unmöglich, denn die Stämme der dicken Arven sind als Folge von Fäulnis meistens hohl. Es konnten dennoch mehrmals über 300 Jahrringe gezählt werden. Das tatsächliche Alter dieser Bäume dürfte wesentlich höher sein. Bemerkenswert ist, dass diese Arven trotz ihres innen faulen Stammes eine ungebrochene Vitalität zeigen. Arvenbestand Einzelarve auf Felsblock 4

Grösse und Lage des Waldreservates Murgtal Die Fläche des Naturwaldreservates beträgt 1'800 ha. Davon sind 370 ha geschlossener und 90 ha aufgelöster Wald. Der höchste Punkt des Waldreservates liegt auf 2523 m.ü.m. (Magerrain), der tiefste auf 1100 m.ü.m. (Merlen). Übersicht über das hintere Murgtal Waldstandorte Von Lawinen geformter Streifenwald Das Klima ist niederschlagsreich und nicht extrem kalt. Die Schneehöhen sind gross, und Lawinen spielen eine bedeutende Rolle. Relativ häufig herrscht Föhn. Die Gesteinsunterlage besteht aus Verrucano, überlagert von Moräne, Bach- und Hangschutt sowie Fels- und Bergsturzmaterial. Charakteristisch ist die vorherrschende rote Farbe des Verrucano. Auf Moräneböden haben sich Flach- und Hochmoore sowie kleine Seen gebildet. Arven- und Fichtenwälder dominieren. Daneben sind auch Tannen-Fichten- und Bergföhrenwälder sowie Gebüschwälder aus Legföhren und Grünerlen anzutreffen. Auf vom Gletscher flachgeschliffenen Felsrücken siedelte sich der seltene Alpenrosen-Bergföhrenwald an. Tannen-Buchenwälder fehlen fast vollständig. In der Bodenvegetation findet man eine stark deckende, artenreiche Moosschicht. 5

Interessante Zahlen Anzahl Arven: 15 000 bis 20 000 Stück häufigster Stammdurchmesser: 28 32 cm maximal gemessener Stammdurchmesser: 120 cm maximale Baumhöhe: 20 m Fläche Arvenbestände: 180 ha Holzzuwachs Arven: ca. 40 m 3 /Jahr maximal gezählte Jahrringe: 320 6

Ziele des Waldreservates Die Arven des Murgtales werden mittels eines Waldreservates geschützt. Da auf jegliche Holznutzung verzichtet wird spricht man von einem «Naturwaldreservat». Die Ziele dieses Waldreservates sind die Erhaltung und die Förderung der Arven in ihrer Zahl und Verbreitung und die unverfälschte Erhaltung der genetischen Substanz. Die Erreichung dieser Ziele ist dank ausreichenden Nachwuchses junger Arven auf natürliche Art nachhaltig gewährleistet. Natur- und Landschaftsschutz Das Murgtal beherbergt bedeutende Natur- und Landschaftsschutzobjekte. Es liegt im Bundesinventar der Landschaften und Naturdenkmäler von nationaler Bedeutung (BLN). Besondere Kleinode sind die Murgseen sowie Bäche und Wasserfälle. Unterer Murgsee Erholung Gut ausgebaute und markierte Wege laden zum Wandern ein. Das Restaurant beim Oberen Murgsee bietet Verpflegung und Unterkunft. Ausreichend Parkplätze befinden sich bei Merlen und Mornen. 7

Autor Reproduziert mit Bewilligung von swisstopo (BA071288) Rolf Ehrbar, Bitziweidstrasse 5, 8739 Rieden Bildnachweis Rolf Ehrbar, 8739 Rieden; Tannenhäher Seite 3: Claude Morerod, 1865 Les Diablerets Herausgeber Ortsgemeinde Quarten, Boden, 8882 Unterterzen OGQ ORTSGEMEINDE QUARTEN Berti Druck AG, 8640 Rapperswil