Typ 1 Update 24.01.2002 Thema: Diabetes- Folgeschäden Inhalt A1 Folgeschäden Risiken und Chancen 1 A1.1 Erkrankungen der großen Blutgefäße 1 A1.2 Risikofaktoren für Diabetiker 1 A1.3 Behandlungsmöglichkeiten und Risikoreduktion 2 A1.4 Erkennung von Notfall-Symptomen 2 A1.4.1 Herz-Notfall-Symptome 2 A1.4.2 Gehirn-Notfall-Symptome 3 A1.4.3 Gefäß-Notfall-Symptome 3 A1.5 Erste Hilfe - Einhaltung der Rettungskette 3 A1.6 Individuelle Risikobilanz 4 A1.7 Diabetes und Füße 4 A1.8 Periphere arterielle Verschlusskrankheit (pavk) 4 A1 Folgeschäden Risiken und Chancen A1.1 Erkrankungen der großen Blutgefäße Die Makroangiopathie betrifft die Erkrankung der sogenannten großen Blutgefäße und kann sich äußern in Hypertonus (Bluthochdruck), Angina Pectoris (sog. Herzengegefühl), Herzinfarkt, transitorische ischämische Attacke (TIA = Gehirndurchblutungstörungen), Schlaganfall sowie Durchblutungsstörungen der Beine (pavk, sog. Raucherbein oder Schaufensterkrankheit). A1.2 Risikofaktoren für Diabetiker Studien zeigen, dass das Risiko eines Herzinfarktes, eines tödlichen oder nicht tödlichen Schlaganfalls sowie sonstiger kardiovaskulärer Ereignisse für Diabetiker massiv erhöht ist. Mit dem Risiko kardiovaskulärer Ereignisse sind die Blutfettwerte eng assoziiert: Das Gesamtcholesterin sollte unter 200mg/dl liegen, das HDL-Cholesterin sollte bei Männern über 45 mg/dl und bei Frauen über 55 mg/dl liegen, 1
der Grenzwert für das LDL-Chlesterin liegt bei 100 mg/dl (diskutiert werden neuerdings auch 70mg/dl) und für die Triglyceride (nüchtern) gelten 100 mg/dl. Werden diese Grenzwerte überschritten, so steigt das Risiko für Arteriosklerose (Gefäßverkalkung), den Verursacher von Herzinfarkt und Schlaganfall. Auch Nikotin ist ein hoher Risikofaktor für Gefäßverkalkung und ist die Hauptursache für den Herzinfarkt oder ein Herzengegefühl, was speziell bei Diabetes mellitus einen weiteren Risikofaktor darstellt. Herz-Kreislauferkrankungen sind in Deutschland seit Jahren die "Todesursache Nr. 1. A1.3 Behandlungsmöglichkeiten und Risikoreduktion Es gibt heute diverse Hilfsangebote, die Nikotinsucht zu überwinden: Nikotinkaugummi, Medikamente wie Zyban oder Champix, begleitende motivierende Literatur sowie Gruppentherapie. Die Behandlung des Bluthochdrucks spielt eine wichtige Rolle bei der Reduktion des Risikos eines Schlaganfalls oder eines Herzinfarktes. Wenn der Blutdruck um minimale 5 mmhg gesenkt wird, bedeutet dies innerhalb von circa 3 bis 5 Jahren eine Reduktion des Risikos eines Schlaganfalls um 50 %. Daher liegt die altersunabhängige Blutdruckgrenze für Erwachsene bei 130/ 85 mmhg oder speziell bei Diabetikern sogar bei 120/70 mmhg. Falls möglich noch niedriger! A1.4 Erkennung von Notfall-Symptomen A1.4.1 Herz-Notfall-Symptome Treten Beschwerden in Form von Brustengegefühl mit Blässe, Schweißausbrüchen, Übelkeit, Erbrechen oder Schmerzausstrahlung in den linken Arm, die linke Schulter, den Oberbauch oder den Oberkiefer auf, dann ist an einen Herzinfarkt zu denken. Der Schmerz tritt ohne lokalen Druckschmerz und ohne Bewegungsabhängigkeit auf. Häufig gehen zuvor unter Belastung (z.b. Arbeit oder Kälte nach dem Essen) kurzzeitig Brustdruckgefühle voraus. 2
A1.4.2 Gehirn-Notfall-Symptome Ein Schlaganfall kann sich äußern durch den Kontrollverlust, z.b. über eine Extremität oder Muskelgruppe (z.b. im Gesicht, Taubheitsgefühle), Sprach- und Sehstörungen, starker Kopfschmerz oder Drehschwindel (plötzliche Gangunsicherheit). Fast immer gibt es vorher kurzzeitige Symptome (vor allem vorübergehende Sehstörungen), die eventuell auch nach einigen Minuten wieder spontan verschwinden. A1.4.3 Gefäß-Notfall-Symptome Plötzliche Schmerzen im Bein, Blässe und objektive Kälte im Bein, Schmerzen unter Belastung, geringer werdende schmerzfreie Gehstrecke (Verminderung der Schmerzen im Bein durch das Einlegen von Pausen) deuten auf einen erstzunehmenden Gefäßverschluss hin. Zu beachten ist, dass die Schmerzwahrnehmung bei Vorliegen von einer Neuropathie (Nervenstörung) herabgesetzt sein kann. A1.5 Erste Hilfe - Einhaltung der Rettungskette In den zuvor genannten Notfällen gilt die Rettungskette, bestehend aus früher Alarmierung (T. 112), frühe Herz-Lungen-Wiederbelebung, frühestmögliche Defibrillation und früher Einsatz des Rettungsdienstes. Findet die Reanimation innerhalb der ersten fünf Minuten statt, bestehen noch gute Hirnüberlebenschancen, die danach rapide absinken. Für Jedermann gibt es bereits vielerorts halbautomatische Defibrillatoren, die im Erste-Hilfe-Kurs geschult werden, aber auch selbsterklärend zu handhaben sind. Nicht jeder, der einen solchen Kurs mitmacht, kommt irgendwann in die Situation, die erworbenen Kenntnisse anzuwenden und sieht den Kurs eventuell als Fehlinvestition, aber im Notfall, der jederzeit auftreten kann, sollten diese Kenntnisse vorhanden sein. 3
Bei der ersten Hilfe gilt: Man kann nicht mehr verkehrt machen als nichts zu helfen. Bei einem Erste-Hilfe-Kurs geht es um das Ablegen der eigenen Angst und sich dazu zu entscheiden, seinen Mitmenschen in Notsituationen zu helfen. A1.6 Individuelle Risikobilanz Hinsichtlich des Auftretens von Herz- oder Gehirnnotfällen gibt es eine Risikogleichung, bei der aus risikoerhöhenden Faktoren und risikoerniedrigenden Faktoren eine individuelle Risikobilanz ermittelt werden kann. Risikoerhöhende Faktoren sind beispielsweise Bewegungsmangel, Bluthochdruck, Diabetes mellitus, Genetik, Rauchen und Übergewicht. Risikovermindernde Faktoren sind ASS-Einnahme, Ausdauerbewegung, Blutdruck- und Blutzuckeroptimierung, Cholesterinsenker, Gewichtsreduktion und Insulingabe. Die Schutzfaktoren/-verhalten minus der Risikofaktoren/ -verhalten ergibt hierbei die individuelle Risikobilanz. A1.7 Diabetes und Füße Fehlstellungen der Füße, unpassendes Schuhwerk, dadurch provozierte Druckstellen, Hautschwielen oder Hühneraugen bilden einen Hauptrisikofaktor für Fußläsionen. Mangelnde Fuß- und Hautpflege verstärken diese Problematik. Wichtig ist hier zunächst die Diagnostik mittels Fuß- und Doppleruntersuchung, die passende Haut- und Fußpflege sowie angepasstes Schuhwerk. Hornhautschwielen und Nägel sollten regelmäßig von einem/einer Podologen/Podologin fachgerecht abgetragen bzw. gekürzt werden, denn unter der Hornhaut und auch unter durch Nagelpilz verdickten Nägeln entstehen schnell Hohlräume, in denen sich Bakterien einnisten und das typische diabetische ulcus verursachen können. A1.8 Periphere arterielle Verschlusskrankheit (pavk) Ein Drittel der Patienten mit pavk hat aufgrund mangelndem Leidensdrucks oder fehlender Symptome kein Bedürfnis, zum Arzt zu gehen. Ein weiteres Drittel der Patienten hat eine Diagnosestellung und beim letzten Drittel der Patienten wurde gar nicht erst eine Diagnose gestellt. 4
Bei vorliegender pavk verkürzt sich die Überlebenszeit über 10 Jahre. 70% der Patienten versterben an der koronaren Herzkrankheit (KHK) und 5% an ischämischem Insult (Schlaganfall). Durch die Minderdurchblutung der Extremitäten (besonders des Fußes) können Körperteile (Zehen, Teile des Fußes) regelrecht absterben. Gemäß der Oppenheimer Erklärung Arbeitsgemeinschaft diabetischer Fuß der DDG von 1997 gilt die Amputationsnotbremse. Nach einwandfreier Diagnose der pavk mittels Angiographie (Gefäßdarstellung) wird bei tatsächlichem Vorliegen einer pavk zunächst der Versuch der Revaskularisation gemacht (Wiedereröffnen bereits geschlossener Blutgefäße mittels Bypass, Ballonkathether) und vor Amputation eine Zweitmeinung vom Gefäßchirurgen oder Diabetologen eingeholt. Falls keine pavk vorliegt, soll zumindest eine Major-Amputation (eine Amputation oberhalb der Knöchelregion) verhindert werden. 5