Richtlinien für die Wartelistenführung und Organvermittlung zur Lungentransplantation

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Seite 1 von 33 Richtlinien für die Wartelistenführung und Organvermittlung zur Lungentransplantation

Richtlinien zur Organtransplantation gem. 16 Abs. 1 S. 1 Nrn. 2 u. 5 Transplantationsgesetz Allgemeiner Teil Lunge I. Allgemeine Grundsätze für die Aufnahme in die Warteliste zur Organtransplantation 18 Seite 2 von 33 1. Für die Aufnahme von Patienten in die Warteliste zur Organtransplantation wird der Stand der Erkenntnisse der medizinischen Wissenschaft gemäß 16 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 des Transplantationsgesetzes (TPG) von der Bundesärztekammer in Richtlinien festgestellt. 2. Über die Aufnahme in die Warteliste legt 13 Abs. 3 Satz 1 TPG fest: Der behandelnde Arzt hat Patienten, bei denen die Übertragung vermittlungspflichtiger Organe medizinisch angezeigt ist, mit deren schriftlicher Einwilligung unverzüglich an das Transplantationszentrum zu melden, in dem die Organübertragung vorgenommen werden soll. Vermittlungspflichtige Organe sind nach 1 a Nr. 2 TPG das Herz, die Lungen, die Leber, die Nieren, die Bauchspeicheldrüse und der Darm postmortaler Spender. 3. Eine Organtransplantation kann medizinisch indiziert sein, wenn Erkrankungen nicht rückbildungsfähig fortschreiten oder durch einen genetischen Defekt bedingt sind und das Leben gefährden oder die Lebensqualität hochgradig einschränken und durch die Transplantation erfolgreich behandelt werden können. 4. Kontraindikationen einer Organtransplantation können sich anhaltend oder vorübergehend aus allen Befunden, Erkrankungen oder Umständen ergeben, die das Operationsrisiko erheblich erhöhen oder den längerfristigen Erfolg der Transplantation in Frage stellen wie nicht kurativ behandelte bösartige Erkrankungen, soweit sie nicht der Grund für die Transplantation sind, klinisch manifeste oder durch Immunsuppression erfahrungsgemäß sich verschlimmernde Infektionserkrankungen, schwerwiegende Erkrankungen anderer Organe, vorhersehbare schwerwiegende operativ-technische Probleme. Die als Beispiele genannten möglichen Kontraindikationen gelten insbesondere dann nur eingeschränkt, wenn die Transplantation eines weiteren Organs indiziert ist. 18 Neufassung der Richtlinien zur Lungen-Transplantation durch BÄK-Vorstandsbeschluss vom 17. 18.02.2011. Inkrafttreten: 10.12.2011

Richtlinien zur Organtransplantation gem. 16 Abs. 1 S. 1 Nrn. 2 u. 5 Transplantationsgesetz Allgemeiner Teil Lunge Seite 3 von 33 Auch die unzureichende oder sogar fehlende Mitarbeit des Patienten (Compliance) kann zu einer Kontraindikation werden. Compliance eines potentiellen Organempfängers bedeutet über seine Zustimmung zur Transplantation hinaus seine Bereitschaft und Fähigkeit, an den erforderlichen Vor- und Nachuntersuchungen und -behandlungen mitzuwirken. Compliance ist kein unveränderliches Persönlichkeitsmerkmal, sondern kann aus verschiedenen Gründen im Laufe der Zeit schwanken. Deren Fehlen kann auch auf sprachlichen Schwierigkeiten beruhen. Anhaltend fehlende Compliance schließt die Transplantation aus. Bevor die Aufnahme in die Warteliste aus diesem Grund ärztlich endgültig abgelehnt wird, ist der Rat einer weiteren, psychologisch erfahrenen Person einzuholen. Die behandelnden Ärzte müssen sowohl bei der Aufnahme in die Warteliste als auch nach der Transplantation auf die Compliance achten und hinwirken. 5. Über die Aufnahme in die Warteliste zur Organtransplantation ist insbesondere nach Notwendigkeit und Erfolgsaussicht zu entscheiden ( 10 Abs. 2 Nr. 2 TPG). Patienten können dann in die jeweilige Warteliste aufgenommen werden, wenn die Organtransplantation mit größerer Wahrscheinlichkeit eine Lebensverlängerung oder eine Verbesserung der Lebensqualität erwarten lässt als die sonstige Behandlung. Die Gründe für oder gegen die Aufnahme in die Warteliste sind von dem darüber entscheidenden Arzt zu dokumentieren. Bei der Entscheidung über die Aufnahme ist jeweils zu prüfen, ob die individuelle medizinische Situation des Patienten, sein körperlicher und seelischer Gesamtzustand den erwünschten Erfolg der Transplantation erwarten lässt: das längerfristige Überleben, die längerfristig ausreichende Transplantatfunktion und die verbesserte Lebensqualität. Für diese Beurteilung sind die Gesamtumstände zu berücksichtigen. Dazu gehört auch die Compliance. 6. Vor Aufnahme in die Warteliste zur Transplantation ist der Patient über die Erfolgsaussicht, die Risiken und die längerfristigen medizinischen, psychologischen und sozialen Auswirkungen der bei ihm vorgesehenen Transplantation aufzuklären. Hierzu gehört auch die Aufklärung über die notwendige Immunsuppression mit den potentiellen Nebenwirkungen und Risiken sowie die Notwendigkeit von regelmäßigen Kontrolluntersuchungen. Zudem ist der Patient darüber zu unterrichten, an welche Stellen seine personenbezogenen Daten übermittelt werden. 7. Die Entscheidung über die Aufnahme eines Patienten in die Warteliste trifft das Transplantationszentrum im Rahmen seines Behandlungsspektrums und unter Berücksichtigung der individuellen Situation des Patienten. Gegebenenfalls ist der Patient über die Möglichkeiten der Aufnahme in die Warteliste eines anderen Zentrums zu informieren.

Richtlinien zur Organtransplantation gem. 16 Abs. 1 S. 1 Nrn. 2 u. 5 Transplantationsgesetz Allgemeiner Teil Lunge Seite 4 von 33 8. Bei der Aufnahme in die Warteliste ist der Patient darauf hinzuweisen, dass ausnahmsweise ein ihm vermitteltes Organ aus zentrumsinternen organisatorischen oder personellen Gründen nicht rechtzeitig transplantiert werden kann. Vorsorglich für diese Situation muss der Patient entscheiden, ob er die Transplantation in einem anderen Zentrum wünscht oder ob er auf das angebotene Organ verzichten will. Die Entscheidung des Patienten ist zu dokumentieren. Gegebenenfalls empfiehlt sich eine vorherige Vorstellung des Patienten mit seinen Behandlungsunterlagen im vertretenden Zentrum. 9. Die Führung der Warteliste obliegt dem jeweils betreuenden Transplantationszentrum. Für die jeweiligen Aktualisierungen wie Dringlichkeitsänderungen oder Ab- und Ummeldungen von Patienten bleibt es auch dann verantwortlich, wenn es dabei von einer anderen Organisation unterstützt wird. Die Transplantationszentren wirken auf regelmäßige Kontrolluntersuchungen der Wartelistenpatienten hin. Sie überprüfen und dokumentieren während der Wartezeit die Entscheidung in angemessenen Zeitabständen. Besteht bei einem auf der Warteliste geführten Patienten vorübergehend eine Kontraindikation gegen die Transplantation, wird er als nicht transplantabel (NT) eingestuft und bei der Organvermittlung nicht berücksichtigt. Besteht die Kontraindikation nicht mehr, ist der Patient umgehend wieder in der Warteliste mit der dann aktuell gegebenen Dringlichkeit als transplantabel zu melden. Der Patient ist jeweils über seinen Meldestatus auf der Warteliste von einem Arzt des Transplantationszentrums zu informieren. 10. Zur Überprüfung bisheriger und Gewinnung neuer Erkenntnisse der medizinischen Wissenschaft auf dem durch diese Richtlinie geregelten Gebiet kann nach vorheriger Unterrichtung der Vermittlungsstelle und der Bundesärztekammer im Rahmen medizinischer Forschungsvorhaben für eine begrenzte Zeit und eine begrenzte Zahl von Patienten von dieser Richtlinie abgewichen werden, sofern durch die Vermittlungsstelle keine Einwände erhoben werden. Die Bewertung der zuständigen Ethik-Kommission oder die Entscheidung der zuständigen Genehmigungsbehörde bleiben unberührt. Die Vermittlungsstelle und die Bundesärztekammer sind nach Abschluss der jeweiligen Studie zeitnah über das Ergebnis zu unterrichten.

Richtlinien zur Organtransplantation gem. 16 Abs. 1 S. 1 Nrn. 2 u. 5 Transplantationsgesetz Allgemeiner Teil Lunge Seite 5 von 33 II. Allgemeine Grundsätze für die Vermittlung postmortal gespendeter Organe 1. Rechtliche Grundlagen, medizinische Definitionen und Leitgedanken a) Vermittlungspflichtige Organe (Herz, Lungen, Leber, Nieren, Bauchspeicheldrüse und Darm postmortaler Spender) werden zur Transplantation in einem deutschen Transplantationszentrum gemäß dem Transplantationsgesetz (TPG) und dem von der Bundesärztekammer in Richtlinien festgestellten Stand der Erkenntnisse der medizinischen Wissenschaft ( 16 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 TPG) vermittelt. Dabei sind die Wartelisten der Transplantationszentren für das jeweilige Organ als bundeseinheitliche Warteliste zu behandeln. Die Richtlinien sind für die Vermittlungsstelle, die Vermittlungsentscheidungen für die Transplantationszentren verbindlich. b) Die vermittlungspflichtigen Organe dürfen nur gemäß den 3 und 4 TPG entnommen, nach Vermittlung durch die Vermittlungsstelle und in dafür zugelassenen Transplantationszentren transplantiert werden ( 9 Abs. 1 und 10 TPG). c) Die Vermittlung muss insbesondere nach Erfolgsaussicht und Dringlichkeit erfolgen ( 12 Abs. 3 Satz 1 TPG) und dem Grundsatz der Chancengleichheit entsprechen. Der Chancengleichheit dient insbesondere, dass die Wartelisten der Transplantationszentren für das jeweilige Organ bei der Vermittlung als bundeseinheitliche Warteliste zu behandeln sind ( 12 Abs. 3 Satz 2 TPG). d) Kriterien des Erfolgs einer Transplantation sind die längerfristig ausreichende Transplantatfunktion und ein damit gesichertes Überleben des Empfängers mit verbesserter Lebensqualität. Die Erfolgsaussichten unterscheiden sich nach Organen, aber auch nach definierten Patientengruppen. e) Der Grad der Dringlichkeit richtet sich nach dem gesundheitlichen Schaden, der durch die Transplantation verhindert werden soll. Patienten, die ohne Transplantation unmittelbar vom Tod bedroht sind, werden bei der Organvermittlung vorrangig berücksichtigt. Bei Kindern, Jugendlichen und Heranwachsenden wird berücksichtigt, dass ihre Entwicklung ohne Transplantation in besonderer Weise beeinträchtigt oder anhaltend gestört wird.

Richtlinien zur Organtransplantation gem. 16 Abs. 1 S. 1 Nrn. 2 u. 5 Transplantationsgesetz Allgemeiner Teil Lunge Seite 6 von 33 f) Chancengleichheit der Organzuteilung bedeutet zum einen, dass die Aussicht auf ein vermitteltes Organ insbesondere nicht von Wohnort, sozialem Status, finanzieller Situation und der Aufnahme in die Warteliste eines bestimmten Transplantationszentrums abhängen darf. Zum anderen sollen schicksalhafte Nachteile möglichst ausgeglichen werden. Dem dienen unter anderem die Berücksichtigung der Wartezeit und die relative Bevorzugung von Patienten mit einer seltenen Blutgruppe oder bestimmten medizinischen Merkmalen wie seltene Gewebeeigenschaften und Unverträglichkeiten. g) Die Transplantationszentren sind verpflichtet, der Vermittlungsstelle die für die Vermittlungsentscheidung und deren Auswertung benötigten Daten zu übermitteln. h) Zur Überprüfung bisheriger und Gewinnung neuer Erkenntnisse der medizinischen Wissenschaft auf dem durch diese Richtlinie geregelten Gebiet kann nach vorheriger Unterrichtung der Vermittlungsstelle und der Bundesärztekammer im Rahmen medizinischer Forschungsvorhaben für eine begrenzte Zeit und eine begrenzte Zahl von Patienten von dieser Richtlinie abgewichen werden, sofern durch die Vermittlungsstelle keine Einwände erhoben werden. Die Bewertung der zuständigen Ethik-Kommission oder die Entscheidung der zuständigen Genehmigungsbehörde bleiben unberührt. Die Vermittlungsstelle, die Bundesärztekammer und ggf. die Koordinierungsstelle sind nach Abschluss der jeweiligen Studie zeitnah über das Ergebnis zu unterrichten. 2. Verfahren der Organvermittlung Das einzelne Transplantationszentrum kann im Rahmen seines Behandlungsspektrums der Vermittlungsstelle allgemeine Akzeptanzkriterien für die Annahme von Spenderorganen für die in die jeweilige Warteliste aufgenommenen Patienten mitteilen (Zentrumsprofil). Darüber hinaus kann das Transplantationszentrum mit dem einzelnen Patienten nach angemessener Aufklärung persönliche Akzeptanzkriterien absprechen (Patientenprofil). Das Patientenprofil kann sich im Laufe der Wartezeit ändern und ist gegenüber der Vermittlungsstelle unverzüglich zu aktualisieren. Die Weitergabe der für den Patienten wesentlichen Akzeptanzkriterien des Patientenprofils setzt die informierte Einwilligung des Patienten oder seines bevollmächtigten Vertreters voraus. Jedes Organ wird nach spezifischen Kriterien unter Verwendung eines Allokationsalgorithmus vermittelt. Die Gewichtung der Allokationsfaktoren wird fortlaufend gemäß dem Stand der Erkenntnisse der medizinischen Wissenschaft überprüft und angepasst. Jede Vermitt-

Richtlinien zur Organtransplantation gem. 16 Abs. 1 S. 1 Nrn. 2 u. 5 Transplantationsgesetz Allgemeiner Teil Lunge Seite 7 von 33 lungsentscheidung und ihre Gründe sind zu dokumentieren. Dies gilt auch für die Ablehnung eines angebotenen Spenderorgans. Für die Allokation vermittlungspflichtiger Organe gilt die Reihenfolge: thorakale Organe, Leber, Dünndarm, Pankreas, Niere. Im Rahmen kombinierter Organtransplantationen erfolgt die Allokation gemäß den Regeln des nach dieser Reihenfolge führenden Organs. Darüber hinaus werden die Voraussetzungen bevorzugter kombinierter Transplantationen nicht-renaler Organe jeweils im Besonderen Teil geregelt; in jedem Fall ist dafür ein Auditverfahren bei der Vermittlungsstelle durchzuführen. Änderungen bei der Organklassifikation, die sich erst nach erfolgtem Organangebot gegenüber einem Transplantationszentrum ergeben, werden nicht mehr berücksichtigt, auch wenn diese zu einer anderen Zuteilung geführt hätten. Das Zentrum wird über diese Änderungen informiert. Entscheidet es sich gegebenenfalls in Absprache mit dem vorgesehenen Empfänger, das Angebot daraufhin abzulehnen, wird die Allokation unter Verwendung der neuen Organklassifikation wieder aufgenommen. Voraussetzung für die Organvermittlung an einen Patienten ist seine Aufnahme in die Warteliste eines Transplantationszentrums und seine Registrierung bei der Vermittlungsstelle mit den für die Vermittlung notwendigen aktuellen medizinischen Daten. Die Aufnahme eines Patienten in die Warteliste zur Organtransplantation verpflichtet das Transplantationszentrum sicherzustellen, dass ein für ihn alloziertes Organ transplantiert werden kann, soweit keine medizinischen oder persönlichen Hinderungsgründe auf Seiten des Empfängers vorliegen. Deshalb muss jedes Transplantationszentrum dafür sorgen, dass es selbst oder ein es vertretendes Zentrum über die Annahme eines Organangebots jederzeit und unverzüglich entscheiden kann, und zwar bei der Transplantation allein der Niere in der Regel innerhalb von 60 Minuten, in allen anderen Fällen in der Regel innerhalb von 30 Minuten, und ein akzeptiertes Organ unverzüglich transplantiert, um die Ischämiezeit möglichst kurz zu halten; dies schließt ein, dass der Patient, dem das Organ transplantiert werden soll, in angemessener Zeit für die Transplantation vorbereitet und gegebenenfalls in das Zentrum transportiert werden kann.

Richtlinien zur Organtransplantation gem. 16 Abs. 1 S. 1 Nrn. 2 u. 5 Transplantationsgesetz Allgemeiner Teil Lunge Seite 8 von 33 Ist das Transplantationszentrum dazu nicht in der Lage, muss es dies der Vermittlungsstelle unter Angabe der Gründe unverzüglich mitteilen. Lässt sich das Transplantationszentrum länger als eine Woche zusammenhängend vertreten, hat es alle Patienten der betroffenen Warteliste, die sich nicht für eine bedarfsweise Transplantation in einem anderen Zentrum entschieden haben, zu informieren. 3. Allokation von eingeschränkt vermittelbaren Organen 3.1. Ausgangssituation Die Vermittlungsfähigkeit postmortal gespendeter Organe kann durch Funktionsminderungen oder durch Vorerkrankungen der Spender eingeschränkt sein. Eine exakte Definition von Kriterien für diese unter bestimmten Umständen dennoch gut funktionsfähigen Organe ist wegen der Vielfalt von Ursachen und Einzelheiten nicht möglich. Viele dieser Organe können unter den besonderen Bedingungen, wie sie das modifizierte und das beschleunigte Vermittlungsverfahren (siehe 3.3.) vorsehen, erfolgreich transplantiert werden. Damit kann ein Organverlust verhindert werden. Voraussetzung für die Vermittlung nach einem der beiden besonderen Verfahren sind die Angabe der allgemeinen Akzeptanzkriterien durch das einzelne Zentrum gegenüber der Vermittlungsstelle und die mit dem einzelnen Patienten abgesprochenen persönlichen Akzeptanzkriterien. Generell ist die Vermittlungsstelle verpflichtet, auch für eingeschränkt vermittelbare Organe ein Vermittlungsverfahren durchzuführen und dabei die Zentrums- und Patientenprofile zu berücksichtigen. 3.2. Kriterien für die Einschränkung der Vermittlungsfähigkeit Die Vermittlungsfähigkeit von Organen wird unter anderem durch schwerwiegende Erkrankungen in der Vorgeschichte des Spenders oder durch Komplikationen im Verlauf seiner tödlichen Erkrankung oder Schädigung oder durch Komplikationen vor oder bei der Organentnahme eingeschränkt, insbesondere durch Maligne Tumoren in der Anamnese, Drogenabhängigkeit, Virushepatitis (jeweils alternativ HBS Ag+, anti-hbc+ oder anti-hcv+), Sepsis mit positiver Blutkultur, Meningitis.

Richtlinien zur Organtransplantation gem. 16 Abs. 1 S. 1 Nrn. 2 u. 5 Transplantationsgesetz Allgemeiner Teil Lunge Seite 9 von 33 Im Einzelfall muss die Einschränkung der Vermittlungsfähigkeit von den an der Organentnahme beteiligten Ärzten beurteilt werden. Auch Domino-Transplantate gelten als eingeschränkt vermittlungsfähig. Domino- Transplantate sind Organe, die einem Empfänger im Rahmen der Transplantation eines Spenderorgans entnommen werden und anderen Patienten übertragen werden können. 3.3. Besondere Vermittlungsverfahren 3.3.1. Modifiziertes Vermittlungsverfahren Organe sollen unter den in Abschnitt 3.2. beschriebenen Voraussetzungen nur solchen Transplantationszentren für solche Patienten angeboten werden, für die sie nach dem Zentrums- und dem Patientenprofil in Betracht kommen. Im Übrigen erfolgt die Vermittlung nach den allgemeinen Regeln für das jeweilige Organ. 3.3.2. Beschleunigtes Vermittlungsverfahren Die Vermittlungsstelle ist zu diesem Verfahren berechtigt, wenn eine Kreislaufinstabilität des Spenders eintritt oder aus logistischen oder organisatorischen Gründen ein Organverlust droht oder aus spender- oder aus organbedingten Gründen drei Zentren das Angebot eines Herzens, von Lungen, eines Pankreas oder einer Leber oder fünf Zentren das Angebot einer Niere abgelehnt haben. Im beschleunigten Vermittlungsverfahren gilt für jedes Organangebot eine Erklärungsfrist von maximal 30 Minuten. Wenn sie überschritten wird, gilt das Angebot aus organisatorischen Gründen als abgelehnt. Um die Ischämiezeit möglichst kurz zu halten, werden Organe im beschleunigten Vermittlungsverfahren primär innerhalb einer Region angeboten. Die Vermittlungsstelle stellt dabei dem Zentrum oder den Zentren eine Liste von potentiellen Empfängern zur Verfügung, nach der das Zentrum oder die Zentren den gegenwärtig am besten geeigneten Empfänger in der Reihenfolge der Auflistung auswählen. Wenn Patienten aus mehr als einem Zentrum in Betracht kommen, wird das Organ dem Patienten zugeteilt, für den die Akzeptanzerklärung des zuständigen Zentrums als erste bei der Vermittlungsstelle eingegangen ist. Die Zentren müssen die Gründe für ihre Auswahlentscheidung gegenüber der Vermittlungsstelle dokumentieren.

Richtlinien zur Organtransplantation gem. 16 Abs. 1 S. 1 Nrn. 2 u. 5 Transplantationsgesetz Allgemeiner Teil Lunge 3.4. Evaluation Seite 10 von 33 Neben der Dokumentation der Auswahlentscheidung sollen die Ergebnisse der Transplantation aller eingeschränkt vermittelbaren Organe von der Vermittlungsstelle fortlaufend besonders dokumentiert und jeweils in Abständen von zwei Jahren auf der Grundlage eines gemeinsamen Berichts der Vermittlungs- und der Koordinierungsstelle evaluiert werden, soweit die organspezifischen Richtlinien nichts anderes bestimmen. Die Transplantationszentren sind verpflichtet, der Vermittlungsstelle die für die Evaluation benötigten Daten zu übermitteln. 4. Sanktionen Bei einem Verstoß gegen die Richtlinien zur Organvermittlung entfallen die Voraussetzungen für die Zulässigkeit der Transplantation ( 9 Abs. 1 Satz 2 TPG), und es liegt eine Ordnungswidrigkeit vor ( 20 Abs. 1 Nr. 4 TPG). Wird der Vermittlungsstelle ein Verstoß bekannt oder hat sie zureichende tatsächliche Anhaltspunkte dafür, unterrichtet sie die nach 12 Abs. 4 Satz 2 Nr. 4 TPG gebildete Prüfungskommission. Diese entscheidet über die Information der zuständigen Bußgeldstelle.

Seite 11 von 33 III. Besondere Regelungen zur Lungentransplantation 1. Gründe für die Aufnahme in die Warteliste Eine Lungentransplantation kann medizinisch indiziert sein, wenn o eine hochgradiges respiratorisches Versagen trotz Ausschöpfung aller anderen Behandlungsoptionen nicht rückbildungsfähig ist, damit mit einer sehr begrenzten Lebensprognose (geschätzte 5-Jahres-Überlebensrate unter 50%) und/oder hochgradig eingeschränkten Lebensqualität verbunden ist und o durch die Transplantation mit hinreichender Aussicht auf Erfolg behandelt werden kann. Die Ätiologie des hochgradigen Atemversagens ist sehr unterschiedlich, die Indikation somit differenziert zu definieren. Die häufigsten Indikationsgruppen sind die zystische Fibrose (Mukoviszidose), verschiedene Formen der Lungenfibrose, des Lungenemphysem und des Lungenhochdrucks (pulmonale Hypertonie). Für die große Mehrzahl der Patienten liegt eine hochgradige, irreversible Einschränkung des respiratorischen Systems zugrunde. Dieses setzt sich zusammen aus den Störungen der Atemmechanik, des Gasaustausches und des pulmonalen Blutflusses. Die Störungen sind zuverlässig zu objektivieren und zu quantifizieren anhand der o Symptomatik Belastungseinschränkungen bereits in Ruhe oder bei minimaler Belastung im alltäglichen Leben, entsprechend Stadien der New York Heart Association (NYHA III-IV), therapierefraktärer Pneumothorax oder pulmonale Blutungen; o Lungenfunktion Vitalkapazität (VC), Ein-Sekunden-Kapazität (FEV 1 ); o Blutgase o Hämodynamik Hypoxämie und/oder Hyperkapnie mit der Notwendigkeit zur Sauerstofftherapie oder maschinellen Beatmung (invasiv und nichtinvasiv) oder extrakorporale Verfahren (z. B. Extrakorporale Membranoxygenierung, ECMO); Pulmonalarterieller Druck, Herzzeitvolumen, zentralvenöse Sättigung, Venendruck; o Belastungsuntersuchungen Spiroergometrie (VO 2 max. in ml/kg/min), 6-Minuten- Gehtest.

Seite 12 von 33 Darüber hinaus stellt sich die Indikation bei anderen Patienten mit folgenden seltenen Lungenerkrankungen: z. B. Sarkoidose, Lymphangioleiomyomatose, Langerhans-Histiozytose und das Bronchiolitis-obliterans-Syndrom (auch nach vorangegangener Lungentransplantation). Ist die terminale Lungenerkrankung mit einer irreversiblen Herzerkrankung verbunden, so dass eine isolierte Herz- oder Lungentransplantation nicht möglich ist, kann die Indikation zur kombinierten Herz-Lungentransplantation gestellt werden. Die Allokation erfolgt dann nach den Regelungen für die Herz- und Herz-Lungen-Transplantation. 2. Gründe für die Ablehnung einer Aufnahme in die Warteliste Als Gründe für die Ablehnung einer Aufnahme in die Warteliste gelten die im Allgemeinen Teil festgelegten Kriterien (I.4.). Im Hinblick auf Befunde, Erkrankungen oder Umstände, die das Operationsrisiko erheblich erhöhen oder den längerfristigen Erfolg der Transplantation in Frage stellen, gilt: o Für die Atemwegskolonisation mit Erregern, die mit einer Antibiose nicht mehr behandelbar sind (insbesondere Burkholderia cenocepacia, BCC III), ist eine differenzierte Betrachtung im Kontext von anderen Risikofaktoren notwendig. o Eine nicht gelöste Suchtproblematik (z. B. Nikotin, Alkohol, Drogen) ist in der Regel eine Kontraindikation für eine Lungentransplantation und kann somit ein Grund für die Ablehnung einer Aufnahme in die Warteliste sein. o Kurativ behandelte Tumorerkrankungen mit weniger als 2-jährigem rezidivfreien Intervall (in Risikofällen 5-jährigem rezidivfreien Intervall) sind ebenfalls eine Kontraindikation für eine Lungentransplantation und somit ein Grund für die Ablehnung einer Aufnahme in die Warteliste. 3. Kriterien für die Allokation von Lungen Da sich für Patienten mit hochgradiger, irreversibler Einschränkung des respiratorischen Systems die Wahrscheinlichkeit des Versterbens auf der Warteliste zur Lungentransplantation individuell erheblich unterscheidet und auch präoperative Faktoren das Ergebnis nach Transplantation beeinflussen, wird das Maß für Dringlichkeit und Erfolgsaussicht der Transplantation nach dem Lung-Allocation-Score (LAS) berechnet. Ein LAS-basiertes Allokationssystem ist für die USA auf Grundlage der amerikanischen Transplantationsdaten entwickelt worden und wird seit Mai 2005 angewendet.

Seite 13 von 33 Der LAS wird in der Fassung vom 1. Januar 2010 * in dieser Richtlinie übernommen; in der Folge wird die LAS-basierte Allokation regelmäßig durch die Ständige Kommission Organtransplantation überprüft und ggf. an den Stand der Erkenntnisse der medizinischen Wissenschaft angepasst. Dazu ist es erforderlich, mit der Umstellung auf die Allokation nach dem LAS eine Datenbank für Deutschland einzurichten. Die Datenbank wird von der Vermittlungsstelle geführt. Sie erfasst die LAS-Parameter, die Wartelistensterblichkeit, das Einjahresüberleben sowie definierte Parameter zur Weiterentwicklung des Scores (sog. LAS-plus-Score). Mit der Aufnahme in die Warteliste erfolgt die Erfassung der für den LAS erforderlichen Parameter der Patienten und die Kalkulation des Scores durch die Vermittlungsstelle. Die Korrektheit der übermittelten Daten wird durch ein geeignetes Verfahren überprüft. 3.1. Berechnung des LAS Der LAS-Score wird wie folgt berechnet: 1. Berechnung der Überlebenswahrscheinlichkeit auf der Warteliste für das folgende Jahr; 2. Berechnung des Wartelistenindex; 3. Berechnung der Überlebenswahrscheinlichkeit für das erste Jahr nach Transplantation; 4. Berechnung des Überlebensindex nach Transplantation; 5. Kalkulation des LAS-Rohwertes aus Überlebensvorteil durch die Transplantation abzüglich Wartelistenindex. 6. Der endgültige LAS errechnet sich durch Normalisierung des LAS-Rohwertes auf einer Skala von 0 bis 100. 3.2. Zuerkennung eines LAS in Ausnahmefällen Erfüllt in Ausnahmefällen das gesamte Krankheitsbild (z. B. Sklerodermie oder Zustand nach Knochenmarkstransplantation) eines Patienten keine der vorgenannten LAS-Kriterien, begründet das Transplantationszentrum in einem Antrag an die Vermittlungsstelle, warum der LAS die Dringlichkeit und Erfolgsaussicht einer Transplantation bei diesem Patienten und seinem Krankheitsbild nicht adäquat widerspiegelt. In diesen Ausnahmefällen beruft die Vermittlungsstelle zur Feststellung der Dringlichkeit und Erfolgsaussicht eine Sachverständigengruppe ein, um zu klären, welcher LAS zuerkannt wird. * s. Anlage II

Seite 14 von 33 Basierend auf diesen durch die Sachverständigengruppe beurteilten Ausnahmefällen werden wenn medizinisch sinnvoll und aufgrund der Datenlage möglich Vorschläge zur Weiterentwicklung des LAS erarbeitet, die der Ständigen Kommission Organtransplantation (zur Ergänzung dieser Richtlinie) vorgelegt werden. 3.3. Aktualisierung des LAS Die Transplantationszentren sind verpflichtet, die für den LAS erforderlichen Parameter der Wartelistenpatienten mindestens vierteljährlich zu aktualisieren. Eine erhebliche Veränderung des Gesundheitszustands und damit eine Änderung der Dringlichkeit der Transplantation erfordert eine unverzügliche Mitteilung der für die Aktualisierung des Scores durch die Vermittlungsstelle erforderlichen Daten. Darüber hinaus sind die Transplantationszentren verpflichtet, der Vermittlungsstelle die für die Berechnung der Wartelistensterblichkeit, des Einjahresüberlebens und zur Weiterentwicklung des LAS (vgl. 3.) erforderlichen Daten (s. Anlage I) bei der Aufnahme auf die Warteliste und während der Wartezeit vierteljährlich mitzuteilen. Nach der Transplantation wird der Vermittlungsstelle das Überleben des Empfängers nach 90 Tagen, nach einem Jahr und dann jährlich von den Transplantationszentren mitgeteilt. 3.4. Algorithmus für die Lungenallokation Die Allokation von Spenderorganen erfolgt für alle transplantablen Patienten zunächst nach Größe und Blutgruppe. Kommen danach mehrere Patienten als Empfänger in Betracht, wird nach dem höchsten LAS-Wert alloziert. 3.4.1. Größenkompatibilität Die Größenkompatibilität wird nach der nach Größe und Geschlecht geschätzten totalen Lungenkapazität (TLC) von Spender- und Empfängerlungen ermittelt: Als kompatibel gilt ein Spenderorgan, welches eine bis zu 10 % geringere oder eine bis zu 20 % größere TLC aufweist. Liegen besondere anatomische Verhältnisse (z. B. Thoraxdeformität) des Organempfängers vor, muss die Empfänger-TLC im Empfängerprofil angepasst werden. Für besonders kleine Empfänger (TLC < 5 l), bei denen eine Lungenlappen-Transplantation geplant ist, kann eine deutlich größere Lunge alloziert werden. (Die Planung von größenreduzierter Transplantation ist im Empfängerprofil explizit zu erwähnen.) 3.4.2. Blutgruppenidentität und -kompatibilität im AB0-System Um eine Benachteiligung von Kandidaten mit seltenen Blutgruppen (B, AB) zu vermeiden, wurde von einer stringenten blutgruppenidentischen Allokation abgewichen:

Seite 15 von 33 Die Verteilung von Spenderorganen richtet sich nach den folgenden Regeln: 1. Die Allokation erfolgt zunächst nach folgenden Blutgruppenregeln: Spender Empfänger Blutgruppe Blutgruppe 0 0, B A A, AB B B AB AB 2. Falls eine Allokation nach den Regeln zu Nummer 1 nicht möglich ist, erfolgt die Allokation Blutgruppen-kompatibel wie folgt: Spender Empfänger Blutgruppe Blutgruppe 0 0, A, B, AB A A, AB B B, AB AB AB 3.5. Kinder und Jugendliche Der LAS ist nur für Empfänger ab 12 Jahren verifiziert. Daher erfolgt die Allokation bei Kindern bis 12 Jahren abweichend: für sie wird ein LAS von 100 angenommen. Bei Kindern und Jugendlichen bestehen besondere anatomische Brustkorb- und Lungen- Größenverhältnisse. Um eine Benachteiligung dieser Patientengruppe zu vermeiden, werden Transplantate von Spendern unter 18 Jahren nach folgendem Schema alloziert: Spenderalter < 12 Jahre Spenderalter 12 17 Jahre 1. Priorität Empfänger Empfängeralter < 12 Jahre Empfängeralter 12 17 Jahre 2. Priorität Empfänger Empfängeralter 12 17 Jahre Empfängeralter < 12 Jahre 3. Priorität Empfänger Empfängeralter > 18 Jahre Empfängeralter > 18 Jahre

3.6. Kombinierte Organtransplantation Seite 16 von 33 Patienten mit geplanter Herz-Lungen-Transplantation haben Vorrang vor Patienten mit isolierter Herz- oder isolierter Lungentransplantation. Organe für Patienten mit geplanter Herz- Lungen-Transplantation werden nicht nach Lung-Allocation-Score (LAS), sondern nach den Regelungen für die Herz- und Herz-Lungen-Transplantation alloziert. Für andere kombinierte Lungentransplantationen mit nicht-renalen Organen beruft die Vermittlungsstelle auf Antrag des Transplantationszentrums eine Sachverständigengruppe ein, um zu klären, welcher LAS zuerkannt wird. 3.7. Behandlung mit extrakorporalen Verfahren Bei Patienten, die mit einem extrakorporalen Lungenersatzverfahren therapiert werden müssen, werden bei der Berechnung des LAS die inspiratorische Sauerstoffkonzentration und der arterielle pco 2 -Wert unmittelbar vor Anschluss an das extrakorporale Verfahren berücksichtigt und auch bei der Reevaluation/Aktualisierung weiter angewandt. 3.8. Nicht transplantabel (nicht transplantabel - NT) Wird ein Patient im NT-Status wieder als transplantabel eingestuft, ist eine erneute Dateneingabe zur Berechnung des LAS notwendig. 4. Zusammensetzung der Sachverständigengruppe und Verfahren Die Sachverständigengruppe besteht aus drei in der Lungentransplantation erfahrenen Ärzten aus verschiedenen Zentren im Bereich der Vermittlungsstelle, nicht jedoch aus dem anmeldenden Zentrum. Die Mitglieder der Sachverständigengruppe werden von der Vermittlungsstelle zur Beurteilung von Ausnahmefällen benannt (s. Abschnitt 3.2.). Die Entscheidung der Sachverständigengruppe erfolgt zeitnah und ist mehrheitlich zu treffen. Jedes Votum wird begründet und durch die Vermittlungsstelle dokumentiert. Eine Reevaluation dieser Sonderfälle ist dann erforderlich, wenn sich der medizinische Zustand des Patienten ändert, der für die Einschätzung des zuerkannten LAS maßgeblich war, spätestens jedoch nach 8 Wochen.

Anlage I Richtlinien zur Organtransplantation gem. 16 Abs. 1 S. 1 Nrn. 2 u. 5 TPG Seite 17 von 33 Parameter zur Berechnung des Lung Allocation Score (inkl. LAS plus) I. Allgemeine Parameter Geburtsdatum Größe (cm) Gewicht (kg) Diagnose der Lungenerkrankung funktioneller Status (ohne Unterstützung, leichte Unterstützung, volle Unterstützung) Diabetes (unbekannt, insulinabhängig, kein Diabetes, nicht insulinabhängig) Beatmung (keine, CPAP, BiPAP, kontinuierlich invasiv, intermittierend invasiv) Sauerstoffbedarf (kein, in Ruhe, nur nächtlich, nur bei Belastung) Sauerstoffbedarf (l/min oder %) forcierte Vitalkapazität (% Soll) systolischer Pulmonalisdruck (mmhg) mittlerer Pulmonalisdruck (mmhg) mittlerer Lungenkapillarenverschlussdruck (mmhg) aktueller Kohlendioxid-Partialdruck (mmhg) maximaler Kohlendioxid-Partialdruck (mmhg) minimaler Kohlendioxid-Partialdruck (mmhg) Kohlendioxid-Partialdruck, Anstieg (%) 6-Minuten-Gehtest (m) Sauerstoffsättigung am Belastungsende (%) Kreatinin (mg/dl) glomeruläre Filtrationsrate < 40 ml/min ja / nein Bilirubin (µmol/l) Koagulopathie (INR > 2, Thrombozyten < 50 Tsd/µl) ja / nein i. v. Prostanoide ja / nein Pneumothorax mit Drainage ja / nein Kombiniertes Transplantationsverfahren ja/nein extrakorporale Unterstützung (kein, interventional lung assist, ECMO)

II. Diagnose der Lungenerkrankung Seite 18 von 33 Allergische bronchopulmonale Aspergillose Alpha-1-Antitrypsin Mangel Alveolarproteinose Amyloidose ARDS BOOP / organisierende Pneumonie Bronchiektasie Bronchoalveoläres Karzinom Bronchopulmonale Dysplasie Karzinoid Tumor Chronische Pneumonitis des Kindesalters variabler Immundefekt kongenitale Malformation konstriktive Bronchiolitis COPD/Lungenemphysem CREST Syndrom Pulmonale Hypertension CREST Syndrom - Restriktive Verlaufsform Zystische Fibrose (Mukoviszidose) Ehlers-Danlos Syndrom Eisenmenger Syndrom mit Vorhofseptum Defekt Eisenmenger Syndrom mit multipler kongenitaler Anomalie Eisenmenger Syndrom mit anderer Erkrankung Eisenmenger Syndrom mit persistierendem Ductus arteriosus Eisenmenger Syndrom mit Ventrikelseptumdefekt Eosinophiles Granulom Fibrocavitäre Lungenerkrankung Fibrosierende Mediastinitis Graft versus Host Erkrankung (GvHD) Granulomatöse Lungenerkrankung Hermansky Pudlak Syndrom Hypersensitivitäts Pneumonitis / Exogen allergische Alveolitis Hypogammaglobulinämie Idiopathische Lungenfibrose Inhalationstrauma / Verbrennung

Kartagener Syndrom Richtlinien zur Organtransplantation gem. 16 Abs. 1 S. 1 Nrn. 2 u. 5 TPG Seite 19 von 33 Lungenretransplantation / Transplantatversagen bei Abstoßung Lungenretransplantation / Transplantatversagen Unspezifisch Lungenretransplantation / Transplantatversagen Obliterative Bronchiolitis Lungenretransplantation / Transplantatversagen obstruktive Verlaufsform Lungenretransplantation / Transplantatversagen andere Lungenretransplantation / Transplantatversagen Primäres Transplantatversagen Lungenretransplantation / restriktives Transplantatversagen Lupus erythematodes, systemischer Lymphangioleiomyomatose Lymphatische Interstitielle Pneumonitis Gemischte Bindegewebserkrankung (Mixed connective tissue disease) Obliterative Bronchiolitis (nicht Z.n. Lungentransplantation) obstruktive Lungenerkrankung, chronische Berufserkrankung Paraneoplastische pemphigusassoziierte Lungenerkrankung Polymyositis Portopulmonale Hypertension Primäre Ziliäre Dyskinesie idiopathische pulmonale Hypertension Idiopathic pulmonale Hämosiderose Andere fibrosierende Lungenerkrankung Pulmonale hyalinisierende Granulome Pulmonale Telangiektasie pulmonale Hypertension Pulmonale Telangiektasie, restriktive Pulmonale Thromboembolie disease Pulmonal Vaskuläre Erkrankung Pulmonale venoocclusive Erkrankung Pulmonalstenose rheumatoide Erkrankung Hypoplastische Lungenerkrankung Sarkoidose Schwachman-Diamond Syndrom Sklerodermie Pulmonale Hypertension Sklerodermie, restriktive Verlaufsform

Sekundäre Pulmonale Hypertension Silikose Sjögren Syndrom Surfactantprotein B Mangel Teratom Seite 20 von 33 Chronisch thrombembolische pulmonale Hypertonie (CTEPH) Tuberöse Sklerose M. Wegener Bronchiektasie M. Wegener

Anhang II Richtlinien zur Organtransplantation gem. 16 Abs. 1 S. 1 Nrn. 2 u. 5 TPG Seite 21 von 33 Eine Anleitung zur Berechnung des Lung Allocation Score Im Rahmen des in den USA verwendeten Lungenvergabemodells werden den Kandidaten für eine Lungentransplantation anhand eines Punktesystems, dem so genannten Lung Allocation Score, Prioritäten zugeordnet. Was ist der Lung Allocation Score? Der Lung Allocation Score (LAS) dient dazu, die Kandidaten auf einer Warteliste mittels einer Kombination aus den Parametern Wartelisten-Dringlichkeitsstufe und Überlebenswahrscheinlichkeit nach der Transplantation zu priorisieren. In diesem Zusammenhang wird die Wartelisten-Dringlichkeitsstufe danach definiert, was mit einem Kandidaten voraussichtlich (d.h. in Anbetracht der jeweiligen Kenndaten) innerhalb des nächsten Jahres passiert, wenn er oder sie kein Transplantat erhält. Überlebenswahrscheinlichkeit nach der Transplantation wird danach definiert, was mit einem Kandidaten voraussichtlich (d.h. in Anbetracht der jeweiligen Kenndaten) innerhalb des ersten Jahres nach der Transplantation passiert, wenn er oder sie ein Transplantat erhält. Wie wird die LAS-Berechnung durchgeführt? Die Berechnung des LAS umfasst die folgenden Schritte: 1. Berechnung der Wartelisten-Überlebenswahrscheinlichkeit während der nächsten Jahre 2. Berechnung des Wartelisten-Dringlichkeitswertes 3. Berechnung der Posttransplantations-Überlebenswahrscheinlichkeit im ersten Jahr nach der Transplantation 4. Berechnung des Posttransplantations-Überlebenswertes 5. Berechnung des primären Zuteilungswertes 6. Angleichung des primären Zuteilungswertes, um LAS zu ermitteln. Die einzelnen Schritte werden im Folgenden näher erläutert.

Seite 22 von 33 Wie wird der LAS berechnet? Um das Verfahren zu veranschaulichen, haben wir den LAS für einen hypothetischen Kandidaten ermittelt. Die nachfolgende Beschreibung der Berechnung des LAS basiert auf der Annahme, dass alle Kenndaten bekannt sind. Mit Ausnahme einiger Schlüsseldaten (z.b. Alter und Diagnose) kann der LAS auch bei fehlenden Kenndaten berechnet werden. Fehlt ein Kennwert, wie z. B. Kreatinin-Wert oder BMI, wird ein Standardwert verwendet. Bei einigen Kenndaten ist der angenommene Standardwert gleich dem Normalwert des fraglichen Kennwertes; bei anderen Kenndaten ist der Standardwert der ungünstigste Wert des fraglichen Kennwertes. Ein Normalwert ist ein Wert, der bei einer in Bezug auf den fraglichen Kennwert gesunden Person gemessen würde. Der ungünstigste Wert ist der Wert in Bezug auf den fraglichen Kennwert, welcher den niedrigsten LAS ergibt. Generell ist der ungünstigste Wert der in Bezug auf den fraglichen Kennwert mögliche Minimal- oder Maximalwert. HINWEISE: Die Parameter-Schätzwerte und Überlebensraten sind auf 6 Stellen hinter dem Komma gerundet. Die gerundeten Werte dienen lediglich der Veranschaulichung. Die in der eigentlichen Berechnung des LAS verwendeten Parameter-Schätzwerte und Überlebenswahrscheinlichkeiten haben bis zu 16 Stellen hinter dem Komma. Der geschätzte LAS gemäß Berechnung nach den in diesem Dokument beschriebenen Methoden kommt dem auf Basis des tatsächlichen Allokationsalgorithmus ermittelten LAS nahe, ist jedoch nicht mit diesem identisch. Kandidaten, die z. Z. auf einer Lungen-Warteliste stehen, sollten ihr Transplantationszentrum um die Übermittlung ihres LAS bitten. Die hier verwendeten Parameter-Schätzwerte und Baseline-Überlebenswahrscheinlichkeiten datieren vom 7. Januar 2009. Die für die Berechnung verwendeten Kenndaten oder Schätzungen werden zwar zukünftig möglicherweise geändert, dies hat jedoch keinen Einfluss auf die grundsätzliche LAS-Berechnungsmethode.

Seite 23 von 33 Schrittweise Berechnung des LAS Schritt 1. Berechnung der erwarteten Warteliste-Überlebenswahrscheinlichkeit während des nächsten Jahres wobei S WL,i (t) = S WL,0 (t) eß 1 X 1i +ß 2 X 2i + +ß p X pi S WL,i (t) die erwartete Wartelisten-Überlebenswahrscheinlichkeit zum Zeitpunkt t für Kandidat i ist; S WL,0 (t) Wartelisten-Überlebenswahrscheinlichkeit zum Zeitpunkt t; d.h., die Überlebenswahrscheinlichkeit für einen Kandidaten, bei dem alle Kenndaten gleich den Baseline-Werten (Anhang 1) sind; β 1, β 2,... β p sind die Parameter-Schätzwerte aus dem Wartelistenmodell (Tabelle 1) X ji ist der Wert des Kennwerts j für Kandidat i (j = 1, 2,..., p) i = 1, 2,..., N ist die Kandidatenkennziffer In diesem Schritt wird die Baseline-Überlebenswahrscheinlichkeit zu jedem Zeitpunkt (S WL,0 (t)) gegen die Kenndaten des Kandidaten abgeglichen, um die erwartete Wartelisten- Überlebenswahrscheinlichkeit des Kandidaten S WL,i (t) zu ermitteln. Die ermittelte Überlebenswahrscheinlichkeit kann höher oder niedriger als die Baseline- Überlebenswahrscheinlichkeit sein. Hier ein hypothetisches Beispiel, in dem die erwartete Überlebenswahrscheinlichkeit für Kandidat i niedriger als die Baseline-Überlebenswahr- 100 S WL,0 (t) 5 Überlebenswahrscheinlichkeit (%) 90 5 80 0 scheinlichkeit ist. S WL,i (t) 0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 Tage *Weiter bis Tag Um die erwartete Wartelisten-Überlebenswahrscheinlichkeit eines Kandidaten während des nächsten Jahres zu berechnen, sind drei Schritte erforderlich: (i) Summe aus dem Produkt der Parameter-Schätzwerte und Kennwerte für Kandidat i: β 1 X 1i + β 2 X 2i +...+ β p X pi (zu β-werten, siehe Tabelle 1.) (ii) Summe in den Exponenten erheben: e ß 1 X 1i +ß 2 X 2i + +ß p X pi (iii) Den Exponenten auf die Baseline-Überlebenswahrscheinlichkeit zu allen Zeitpunkten im nächsten Jahr anwenden: S WL,0 (t) eß 1 X 1i +ß 2 X 2i + +ß p X pi (zu Baseline-Überlebenswahrscheinlichkeitswerten, siehe Anhang 1.)

Seite 24 von 33 Tabelle 1. Parameter-Schätzwerte für Wartelistenmodell Kennwert (X) Baseline-Wert β Alter bei Angebot für Diagnose-Gruppen A,B,C (Jahre) 0 Jahre 0,015097 Alter bei Angebot für Diagnose-Gruppe D (Jahre) 0 Jahre 0,021223 Body-Mass-Index (BMI) (kg/m 2 ) 0 kg/m 2-0,051781 Diabetes (ungeachtet Insulin-Abhängigkeit) keine Diabetes 0,158821 Benötigt ein gewisses Maß an Hilfe bei Alltagsaktivitäten Funktionaler Status Benötigt keine Hilfe bei Alltagsaktivitäten 0,182250 Benötigt Hilfe bei allen Alltagsaktivitäten Benötigt keine Hilfe bei Alltagsaktivitäten 0,115024 FVC (Prognose in %) 0% -0,019675 Systolischer PA-Druck bei Diagnose-Gr. A, C und D (mmhg) 0 mmhg 0,015889 O 2 -Bedarf bei Ruhe für Diagnose-Gruppe A und D (l/min) 0 l/min 0,187599 O 2 -Bedarf bei Ruhe für Diagnose-Gruppe B (l/min) 0 l/min 0,040766 O 2 -Bedarf bei Ruhe für Diagnose-Gruppe C (l/min) 0 l/min 0,125568 6-minütiges Gehen, Distanz < 150 Fuß Distanz > 150 ft 0,330752 Kontinuierliche mechanische Beatmung Nicht unter kontinuierlicher mechanischer Beatmung 1,213804 pco 2 * (aus arteriellem oder Kapillarblut) 40 mmhg 40 mmhg 0,005448 Erhöhung von pco 2 von 15% oder mehr in einem Zeitraum von 6 Keine Änderung oder Monaten Änderung von weniger 0,076370 als 15% Diagnose- Gruppe B Gruppe A 2,376700 Gruppe** Gruppe C Gruppe A 0,943377 Gruppe D Gruppe A 0,996936 Detaillierte Bronchiektasie Gruppe A 0,157212 Diagnose Eisenmenger-Syndrom Gruppe A -0,627866 Lymphangioleiomyomatosis Gruppe A -0,197434 Bronchiolitis obliterans (keine Retransplantation) Gruppe A -0,256480 Pulmonale Fibrose, sonstige Gruppe A -0,265233 Sarkoidose und PA, mittlerer Wert > 30 mmhg Gruppe A -0,707346 Sarkoidose und PA, mittlerer Wert < 30 mmhg Gruppe A 0,455348 * Falls pco 2 aus venösem Blut ermittelt, 6 subtrahieren, um arteriellen Wert zu erhalten. ** Diagnose-Gruppen sind wie folgt definiert: Gruppe A = Obstruktives Lungenleiden (z.b. Emphysem) Gruppe B = Lungengefäßleiden (z.b. primärer Pulmonalhypertonus) Gruppe C = Zystofibrose oder Immunmangelsyndrom Gruppe D = Restriktives Lungenleiden (z.b. idiopathische pulmonale Fibrose)

Seite 25 von 33 Berechnung des Wartelisten-Dringlichkeitswertes Der Wartelisten-Dringlichkeitswert (WL i ) wird als der Flächeninhalt unterhalb der Wartelisten-Überlebenswahrscheinlichkeits-Kurve während des nächsten Jahres auf der Warteliste definiert. Anders ausgedrückt ist es die Anzahl der Tage, die ein Kandidat mit einer spezifischen Kenndatenmenge während des nächsten Jahres auf der Warteliste wahrscheinlich überlebt. Da die Baseline-Überlebenswahrscheinlichkeit, S WL,0 (t), auf Informationen basiert, die auf täglicher (nicht stündlicher) Grundlage gewonnen werden (z.b. täglich überlebende oder verstorbene Patienten), bleibt die Überlebenswahrscheinlichkeit über den Tag gesehen unverändert. Dies ergibt eine Kurve", die in Wirklichkeit aus vielen einzelnen Stufen besteht. So ist auch die Wartelisten-Überlebenswahrscheinlichkeits-Kurve des Kandidaten, S WL,i (t), eine Stufenfunktion, allerdings mit verschieden hohen Stufen (s. Abb. auf vorheriger Seite). Überlebenswahrscheinlichkeit % 100 5 90 5 80 S WL,0 (t) 0 0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 Tage * Weiter bis Tag Im Beispiel kann der Flächeninhalt unter der Baseline-Überlebenswahrscheinlichkeits- Kurve, S WL,0 (t) als Summe der Flächen der Rechtecke berechnet werden, wobei die Breite = 1 Tag und die Höhe = Überlebenswahrscheinlichkeit an diesem Tag ist. Die Höhe der Rechtecke ändert sich je nach Kenndatensatz eines bestimmten Kandidaten: S WL,0 (t) wird durch Berücksichtigung der Kenndaten des Kandidaten zu S WL,i (t). Für Tag 0 bis 1 ist die Höhe des Rechtecks bei Kandidat i S WL,i (0), für Tag 1 bis 2 ist die Höhe S WL,i (1), usw. Die Breite der Rechtecke bleibt bei allen Kandidaten gleich: 1 Tag. Der Wartelisten-Dringlichkeitswert (WL i ), der Flächeninhalt unterhalb der Wartelisten- Überlebenswahrscheinlichkeits-Kurve für das nächste Jahr, kann mathematisch wie folgt ausgedrückt werden: 365 365 WL i = Höhe k * Breite k = S WL,i (k - 1) * 1 Tag, für Kandidat i k=1 k=1 Theoretisch kann WL i zwischen 0 Tagen (wenn die erwartete Überlebenswahrscheinlichkeit an Tag 1 = 0 ist) und 365 Tagen (wenn die erwartete Überlebenswahrscheinlichkeit 100 % während des gesamten nächsten Jahres auf der Warteliste ist) liegen. Doch das sind die Extremfälle; die meisten Kandidaten haben einen WL i -Wert, der größer als 0, aber kleiner als 365 Tage ist.

Seite 26 von 33 Schritt 2. Berechnung der erwarteten Posttransplantations- Überlebenswahrscheinlichkeit im ersten Jahr nach der Transplantation wobei S TX,i (t) = S TX,0 (t) eα 1 Y 1i +α 2 Y 2i + +α q Y qi S TX,i (t) die erwartete Posttransplantations- Überlebenswahrscheinlichkeit zum Zeitpunkt t für Kandidat i ist; S TX,0 (t) die Baseline-Posttransplantations- Überlebenswahrscheinlichkeit zum Zeitpunkt t, d.h., die Überlebenswahrscheinlichkeit für einen Kandidaten, bei dem alle Kenndaten gleich den Baseline-Werten (Anhang 2) sind; α 1, α 2,... α q sind die Parameter-Schätzwerte aus dem Posttransplantationsmodell (Tabelle 2) Y ji ist der Wert des Kennwerts j für Kandidat i (j = 1, 2,..., q) i = 1, 2,..., N ist die Kandidatenkennziffer Dies ist die gleiche Berechnung, die wir in Schritt 1 durchgeführt haben, doch diesmal gelten die Kenndaten, Parameter-Schätzwerte und Baseline- Überlebenswahrscheinlichkeit nicht für die Wartezeit, sondern für den Zeitraum nach der Transplantation. Tabelle 2. Parameter-Schätzwerte für Posttransplantationsmodell Kennwert (Y) Baseline-Wert a Alter bei Transplantation (Jahre) 0 Jahre 0,003510 Kreatinin-Wert bei Transplantation (mg/dl) 0 mg/dl 0,061986 Funktionaler Status: Benötigt keine oder ein gewisses Maß an Hilfe bei Alltagsaktivitäten Benötigt Hilfe bei allen Alltagsaktivitäten -0,488525 FVC für Gruppe B und D (Prognose %) 0% -0,002751 PCW Mittel >20 mmhg für Diagnose-Gruppe D < 20 mmhg 0,033046 Kontinuierliche mechanische Beatmung bei Transplantation Nicht unter kontinuierlicher mechanischer Beatmung 0,312846 Diagnose- Gruppe B Gruppe A 0,623207 Gruppe* Gruppe C Gruppe A 0,008514 Gruppe D Gruppe A 0,413173 Detaillierte Bronchiektasie Gruppe A 0,056116 Diagnose Eisenmenger-Syndrom Gruppe A 0,393526 Lymphangioleiomyomatosis Gruppe A -0,624209 Bronchiolitis obliterans (keine Retransplantation) Gruppe A -0,443786 Pulmonale Fibrose, sonstige Gruppe A 0,172243 Sarkoidose und PA, mittlerer Wert > 30 mmhg Gruppe A -0,122351 Sarkoidose und PA, mittlerer Wert < 30 mmhg Gruppe A -0,016505 * Diagnose-Gruppen sind wie folgt definiert: Gruppe A = Obstruktives Lungenleiden (z.b. Emphysem) Gruppe B = Lungengefäßleiden (z.b. primärer Pulmonalhypertonus) Gruppe C = Zystofibrose oder Immunmangelsyndrom Gruppe D = Restriktives Lungenleiden (z.b. idiopathische pulmonale Fibrose) 5

Seite 27 von 33 Wie bei der Berechnung der Wartelisten-Überlebenswahrscheinlichkeit in Schritt 1 erfordert auch die Berechnung der erwarteten Überlebenswahrscheinlichkeit nach der Transplantation 3 separate Schritte: (i) Summe aus dem Produkt der Parameter-Schätzwerte und Kennwerte für Kandidat i: α 1 Y 1i + α 2 Y 2i +...+ α q Y qi (zu α-werten, siehe Tabelle 2.) (ii) (iii) Summe in den Exponenten erheben: e α 1 Y 1i +α 2 Y 2i + +α q Y qi Den Exponenten auf die Baseline-Überlebenswahrscheinlichkeit zu allen Zeitpunkten im nächsten Jahr anwenden: S TX,0 (t) eα 1 Y 1i +α 2 Y 2i + +α q Y qi (zu Baseline-Überlebenswahrscheinlichkeiten, siehe Anhang 2) Schritt 3. Berechnung des Posttransplantations-Überlebenswertes Die Logik dieser Berechnung entspricht derjenigen der Wartelistenseite. Der Posttransplantations-Überlebenswert für Kandidat i (PT i ) ist der Flächeninhalt unterhalb der Posttransplantations-Überlebenswahrscheinlichkeits-Kurve für das erste Jahr. Er kann durch Addierung der Flächen der Rechtecke der Höhe von S TX,i (t) und der Breite von 1 Tag berechnet werden. 365 365 PT i = Höhe k * Breite k = S TX,i (k - 1) * 1 Tag, für Kandidat i k=1 k=1 Wie bei WL i reicht das theoretische Spektrum des PT i von 0 Tagen bis 365 Tage, wobei die meisten Kandidaten einen Wert irgendwo dazwischen erzielen. Schritt 4. Berechnung des primären Zuteilungswertes Der Transplantat-Nutzwert für Kandidat i (Nutzwert i ) ist: Nutzwert i = PT i - WL i = erwartete Überlebenstage während des 1. Jahres nach der Transplantation erwartete Überlebenstage während zusätzlichen Jahres auf der Warteliste = zusätzliche Überlebenstage mit Transplantat verglichen mit keinem Transplantat Der primäre Zuteilungswert für Kandidat i (Primärwert i ) ist: Primärwert i = Nutzwert i - WL i = PT i 2*WL i Da sich sowohl WL i als auch PT i zwischen 0 und 365 bewegen, reicht der Primärwert von -730 bis 365.