Varroa-selektive-Hygiene (VSH) Wie lässt sich diese Eigenschaft methodisch nachweisen?

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Transkript:

Varroa-selektive-Hygiene (VSH) Wie lässt sich diese Eigenschaft methodisch nachweisen? Die Varroamilbe (Varroa destructor) ist ein Parasit der Honigbiene und weltweit das größte Problem der Imkerei (Rosenkranz et al. 2010). Der Lebenszyklus der Varroamilbe ist sehr eng mit dem der Honigbiene verbunden und lässt sich in zwei Phasen, die phoretische Phase und die reproduktive Phase, einteilen (Abb. 1). Abb. 1: Der Lebenszyklus der Varroamilbe lässt sich in eine phoretische Phase auf den erwachsenen Bienen (schwarzer Pfeil) und in eine reproduktive Phase (=Vermehrung) in der Bienenbrut einteilen. Während der phoretischen Phase sitzen die Milben auf den erwachsenen Bienen und lassen sich wie in einem Taxi von den Bienen zu den Brutzellen transportieren. Kommen die Bienen an einer Larve im geeigneten Brutstadium (L5-Larve kurz vor der Zell-Verdeckelung) vorbei, verlassen die Milben die Bienen und befallen die Bienenlarve die Milben treten in die reproduktive Phase ein. Während der reproduktiven Phase findet die Vermehrung der Varroamilbe statt innerhalb von nur 12 Tagen (bei Arbeiterinnenbrut der Westlichen Honigbiene) muss die Muttermilbe Eier produzieren und legen, die Nachkommen müssen sich bis zur Geschlechtsreife entwickeln und erfolgreich paaren bevor die Biene schlüpft. Beim Schlupf der Biene verlassen die Muttermilbe und die erwachsenen Töchter auf der schlüpfenden Biene die Brutzelle; der Lebenszyklus schließt sich somit. Alle jüngeren Brutstadien der Varroamilbe sterben sie sind zu empfindlich als dass sie außerhalb der Brutzelle überleben könnten. Pro Milbe und Vermehrungszyklus können 1 3 Tochtermilben entstehen. In Populationsmodellen und Versuchen der Landesanstalt in Hohenheim wurde gezeigt, dass es circa alle 4 Wochen zu einer Verdoppelung der Milbenpopulation kommt. Dies ist besonders tückisch bei der Bekämpfung der Varroamilbe: Wird im März mit 20 Milben gestartet entwickelt sich die Milbenpopulation zunächst nur langsam (April: 40 Milben; Mai: 80 Milben etc.); jedoch wird es für die Bienen ab August/September kritisch (Ende September: 1280 Milben). In dieser Zeit entwickeln sich auch die Winterbienen, welche dafür zuständig sind, dass das Bienenvolk gesund überwintert. Eine regelmäßige Befallskontrolle und Behandlung der Bienenvölker ist daher unerlässlich; wir empfehlen gemäß dem Varroose-Bekämpfungskonzept Baden-Württemberg zu behandeln (Weitere Infos: bienenkunde.uni-hohenheim.de). Ohne Behandlung sterben unsere Bienenvölker innerhalb von 2-3 Jahren an der Varroose! Der ursprüngliche Wirt der Varroamilbe ist die Östliche Honigbiene, Apis cerana, welche in Asien beheimatet ist. Zwischen der Östliche Honigbiene und der Varroamilbe besteht ein stabiles Wirt-Parasit-Verhältnis. Die Östliche Honigbiene hat zahlreiche Mechanismen entwickelt um mit der Varroamilbe zurecht zu kommen, zum

Beispiel können sich die Varroamilben bei der Östlichen Honigbiene nur in der Drohnenbrut nicht aber in der Arbeiterinnenbrut fortpflanzen. Spannend ist, dass es immer wieder Berichte auch über europäische Honigbienenvölker in den gemäßigten Breiten gibt, welche tolerant gegenüber der Varroamilbe sind (Locke 2016). Tolerant in diesem Sinne bedeutet, dass Honigbienenvölker mit einem Befall an Varroa destructor überleben können ohne dass die Notwendigkeit einer Behandlung vorhanden ist. Beispielsweise in der Nähe von Le Mans in Frankreich, in Ostrussland und den USA gibt es Berichte über tolerante Bienenvölker. Seit den 1980er Jahren wurden einige Versuche durchgeführt, um Honigbienen auf Varroatoleranz zu züchten. Erfolgreich wurden solche Zuchtprogramme beispielsweise schon in den USA durchgeführt. Neben der Züchtung ist stets von besonderem Interesse heraus zu finden, welche Mechanismen sich hinter der Toleranz gegenüber der Varroamilben verbergen. In den USA sind tolerante Honigbienen in der Lage, infizierte Bienenbrut zu erkennen und auszuräumen. Befallene Bienenbrut wurde nach weniger als fünf Tagen nach der Verdeckelung ausgeräumt (Harris et al. 2010; Rinderer et al. 2010). Dieses Verhalten wird Varroa-sensitive-Hygiene (= VSH) genannt. Außerdem ist die Fortpflanzung der Milben reduziert, ein Verhalten welches unterdrückte Milbenreproduktion (= Suppressed mite reproduction = SMR) genannt wird. Zumindest für die Bienen aus den USA konnte nachgewiesen werden, dass sich die unterdrückte Milbenreproduktion weitgehend auf Varroa-sensitive-Hygiene zurückführen lässt: Die Bienen erkennen also befallene Brut und sind darüber hinaus fähig zwischen erfolgreich und nicht erfolgreichen Varroamilben (in Bezug auf Nachkommenschaft) zu unterscheiden und gezielt erfolgreich vermehrende Varroamilben mittels VSH auszuräumen. Wie werden VSH und SMR wissenschaftlich nachgewiesen? Und was heißt eigentlich wissenschaftliches Arbeiten? Wissenschaftliches Arbeiten ist immer ein von Hypothesen getriebenes Arbeiten. Zunächst wird daher eine Hypothese aufgestellt, beispielsweise Die Varroamilben vermehren sich weniger, da die Bienen befallene Brut erkennen können. Diese Hypothese wird anhand eines Experimentes überprüft. Die Ergebnisse werden interpretiert und dadurch kommt es zur Entscheidung ob die Hypothese verworfen wird oder bestätigt wurde. Häufig ist in der Wissenschaft ersteres der Fall; daher ist wissenschaftliches Arbeiten mit viel Zeiteinsatz verbunden. Zwei weitere wichtige Punkte sind beim wissenschaftlichen Arbeiten unverzichtbar: Zum einen ist eine Kontrollgruppe neben der Versuchsgruppe unerlässlich und zum anderen werden für belastbare Ergebnisse eine gewissen Anzahl an Stichproben und Wiederholungen benötigt. Je höher die Anzahl an Stichproben, desto belastbarer die Ergebnisse und desto aussagekräftiger ist eine anschließende Statistik. Ergebnisse von Versuchen können jahreszeitlich bedingt schwanken. Daher sind mehrere Wiederholungen nötig, um abschließende Aussagen treffen zu können. Nicht zuletzt dieser Aspekt macht wissenschaftliches Arbeiten zeitaufwendig. Wie werden VSH und SMR wissenschaftlich nachgewiesen? Zur SMR oder der unterdrückten Milbenreproduktion gibt es lediglich eine Methode. Diese Methode ist aufwendig aber dafür entsprechend aussagekräftig: Mit Varroamilben infizierte Brutzellen müssen einzeln geöffnet und die Familienmitglieder der Varroafamilie müssen identifiziert und dokumentiert werden (Abb. 2).

Abb. 2: Entwicklungsstadien und erwachsene Varroamilben. Zum Vergleich der Größe der Varroamilben dient ein Bienen-Ei. Die Varroamilben besitzen zwei Nymphenstadien die Proto- und die Deutonymphen. An jedes Nymphenstadium schließt sich ein unbewegliches Ruhestadium an, die sog. Proto- bzw. Deutochrysalis. Die jungen Tochtermilben sind zu Beginn ganz hell bis sie aushärten und so dunkel werden wie die Muttermilben. Die erwachsenen Männchen sind birnenförmig und kleiner als die erwachsenen Milbenweibchen. Allerdings gibt es bei dieser Methode einige Details, welche es zu beachten gilt: Es sollte beispielsweise akribisch darauf geachtet werden, dass die befallene Bienenpuppe im richtigen Stadium ist; bei Arbeiterinnenbrut ist dies ab 10 Tage nach Verdeckelung der Brutzelle der Fall (Abb. 3), zu diesem Zeitpunkt sind erwachsene Männchen und erste erwachsene Tochtermilben vorhanden. Nur dann lassen sich Aussagen über den Erfolg der Milbenreproduktion treffen. Abb. 3: Verschiedene Stadien von Bienenbrut. Für die Auswertung der unterdrückten Milbenreproduktion sollten nur Bienenpuppen verwendet werden, welche einen bräunlichen Körper und dunkellila Augen haben (siehe weißer Kasten). Dies ist nach frühestens 10 Tagen nach Verdeckelung der Brutzelle der Fall. Ab diesem Zeitpunkt sind erwachsene Männchen und erste erwachsene Tochtermilben vorhanden und es lässt sich beurteilen ob die Vermehrung erfolgreich ist oder nicht. In der Diskussion steht immer wieder, inwieweit tote Muttermilben mit in die Zählung aufgenommen werden sollten. Nach unserer Meinung werden tote Milben selbstverständlich vermerkt aber nicht mit in den Datensatz hineingenommen, denn der Todeszeitpunkt ist nicht bestimmbar: Es kann hier keine Aussage getroffen werden ob sich die Mutter hätte fortpflanzen können. Ab wann kann man von einer Reproduktion der Varroamilben

sprechen? Reicht es, wenn ein Varroa-Weibchen ein Ei legt oder müssen erwachsene Tochtermilben vorhanden sein? Die biologische Definition lässt uns hier keinen Spielraum: Fertil (= fruchtbar) sind Organismen, welche Nachkommen produzieren; inwieweit sich die Nachkommen dann entwickeln oder nicht ist zunächst ohne Belang. Sobald die Muttermilbe auch nur ein einziges Ei gelegt hat, ist sie fertil. Für die Frage nach einer erfolgreichen Reproduktion ist aber auch mit zu berücksichtigen, welche Nachkommen mit der Muttermilben zusammen in der Brutzelle vorgefunden werden: So kann man bei einer Muttermilbe, welche lediglich ein Ei gelegt hat, nicht von einer erfolgreichen Vermehrung sprechen. Dazu benötigt es mindestens ein lebendes Männchen und eine Tochtermilbe oder Deutonymphe (je nach Alter der Bienenbrut). Unabdingbar bei der Analyse der unterdrückten Milbenreproduktion ist es - wie generell beim wissenschaftlichen Arbeiten - dass die Methode genau definiert ist und offengelegt wird. Nur so lassen sich Ergebnisse unterschiedlicher Arbeitsgruppen auf diesem Gebiet vergleichen. Um die Varroa-sensitive-Hygiene zu testen, gibt es etliche verschiedene Methoden, was schon darauf hin deutet, dass die Varroa-sensitive-Hygiene ein Merkmal ist, welches nicht leicht wissenschaftlich zu erfassen ist. Warum ist das so? Zum einen deswegen, weil es von außen nicht ersichtlich ist, ob eine Brutzelle befallen ist oder nicht und zum anderen, weil die Bienen für das Ausräumen von Brut auch andere Gründe als das Vorhandensein von Varroamilben haben können. Die sicherste aber auch arbeitsaufwendigste Methode, um die Varroa-sensitive-Hygiene nachzuweisen, ist sicherlich die künstliche Infektion von einzelnen Brutzellen mit Varroamilben (Abb. 4). Hierzu werden Brutzellen, welche kurz vor der Verdeckelung stehen, mit Hilfe eines Folienprotokolls markiert. Nach vier Stunden werden mit Puderzucker abgesammelte Varroamilben in die kürzlich verschlossenen Brutzellen eingesetzt, um möglichst nahe an die natürlichen Bedingungen zu gelangen. Neben den künstlich infizierten Brutzellen werden noch Kontrollzellen angelegt, welche lediglich geöffnet und wieder geschlossen werden ohne Varroamilben einzusetzen.

Abb. 4: Methodik der künstlichen Infektion von Brutzellen. Brutwaben mit Brutzellen, welche kurz vor der Verdeckelung stehen werden gesucht (A: siehe Pfeil) und mit Hilfe eines Folienprotokolls markiert (B). Milben werden mit Hilfe der Puderzuckermethode lebend von Bienen gesammelt (C) und anschließend vom Puderzucker gereinigt (D). Schließlich werden Brutzellen einzeln mit Varroamilben infiziert (E). Die Analyse der infizierten Brutzellen sowie der Kontrollzellen findet 11 Tage nach der künstlichen Infektion statt. Es wird aufgenommen, wie viele der eingesetzten Milben noch in den Brutzellen zu finden sind. Auch die Präsenz der Kontrollzellen wird dokumentiert. Neben den Kontrollzellen werden auch Kontrollvölker beprobt, also solche Völker, welche keine Varroa-sensitive-Hygiene zeigen. Wir gehen davon aus, dass für eine solide statistische Auswertung mindestens 30 untersuchte Brutzellen nötig sind. Der große Vorteil dieser Methode ist ihre Schärfe. Mittels Folienprotokoll kann genau nachvollzogen werden, welche Brutzellen mit Varroamilben infiziert wurden. Nachteilig ist sicherlich, dass der Aufwand für dieses Experiment enorm ist. Zudem ist eine gewisse Erfahrung nötig, um geeignete Brutstadien zu erkennen und mit den Varroamilben umzugehen. Auch müssen größere Mengen an Varroamilben gezüchtet werden, um genügend Versuchsmilben vorrätig zu haben. Die Ausräumrate an Brutzellen mit oder ohne Milben kann auch hier jahreszeitlich bedingt stark schwanken; allerdings wird dies durch die Kontrollzellen mit überprüft. Das bedeutet, wenn nicht nur mit Varroamilben befallene Brutzellen, sondern auch die Kontrollzellen ausgeräumt werden, war die Ursache für das Ausräumen vermutlich nicht

Varroa-sensitive-Hygiene. Das große Manko dieser Methode ist der Aufwand, sie eignet sich sicherlich nicht, um eine große Anzahl an Bienenvölkern auf VSH hin zu überprüfen. Andere, weniger spezifische Methoden um die Varroa-sensitive-Hygiene nachzuweisen, sind beispielsweise der Nadeltest oder Fotos von Brutwaben und das Umhängen von infizierten Brutwaben. Beim Nadeltest wird ein Rechteck von circa 10 x 5 cm mit Bienenpuppen mit rosa Augen mit einer feinen Nadel bis zum Zellboden angestochen. Es wird aufgenommen, wie viele Bienenpuppen durchgestochen wurden. Nach 24 Stunden wird ausgezählt wie viele Zellen offen (ausgeräumt oder mit Resten der Bienenpuppe) oder geschlossen (tote oder lebende Bienenpuppe) sind. Mit Hilfe einer Formel wird das Hygieneverhalten berechnet. Vorteile dieses Testes sind die schnelle und einfache Durchführbarkeit. Nachteile sind zum einen, dass das Hygieneverhalten trachtbedingt stark schwanken kann und dass lediglich das Hygieneverhalten allgemein getestet wird und nicht spezifisch das Hygieneverhalten gegenüber von Brutzellen, welche mit Varroamilben befallen sind. Eine weitere Methode ist das Abfotografieren von Brutwaben kurz nach der Verdeckelung der Brutzellen und nach circa 10 Tagen. In einer anschließenden Analyse können die Fotos verglichen werden und Zelle für Zelle aufgezeichnet werden, ob die Brut noch vorhanden ist oder ausgeräumt wurde. Vorteil der Methode ist, dass der Imker die Bilder schnell und einfach am Bienenstand aufnehmen kann. Nachteil der Methode ist die aufwendige und zeitintensive Analyse am Computer, bei der jede Zelle vorher und nachher auf den Fotos überprüft werden muss. Außerdem ist die Methode leider auch insoweit unscharf, dass nicht genau bestimmt werden kann, weshalb einzelne Brutzellen ausgeräumt worden sind. Neben dem Befall mit der Varroamilbe kann dies noch weitere Ursachen haben, z.b. andere Brutkrankheiten oder Ausräumen von Brut bei intensiven Trachtverhältnissen. Durch das Umhängen von mit Varroamilben infizierten Brutwaben kann ein Bienenvolk auch auf Varroa-sensitive-Hygiene getestet werden. Hierbei werden Brutwaben kurz vor der Verdeckelung aus dem entsprechenden Bienenvolk genommen und für den Zeitraum der Verdeckelung in ein stark befallenes Bienenvolk gehängt. Danach wird der prozentuale Brutbefall mit Varroamilben in mindestens 100 Brutzellen gemessen. Nach 10 Tagen wird der prozentuale Brutbefall mit Varroamilben wieder getestet und mit dem Ursprungswert verglichen. Fällt der prozentuale Milbenbefall in den Brutzellen nach 10 Tagen ab, deutet dies auf Varroa-sensitive-Hygiene hin. Dies würde man sinnvollerweise mit der Erfassung der Reproduktionsdaten in den befallenen Zellen verbinden. Zusammenfassend zeigt sich, dass es mehrere Methoden gibt, um die unterdrückte Milbenreproduktion und die Varroa-sensitive-Hygiene nachzuweisen. Letztendlich wird man einen Kompromiss zwischen Arbeitsaufwand (= Praktikabilität) und Aussagekraft der Ergebnisse finden müssen. Grundsätzlich muss bei der Interpretation der Ergebnisse die jeweilige Methode unbedingt mit berücksichtigt werden. Nur wenn die Methode genau definiert ist, lassen sich Ergebnisse unterschiedlicher Arbeitsgruppen auf diesem Gebiet vergleichen.

Weiterführende Literatur Dietemann, Vincent, et al. "Standard methods for varroa research." Journal of Apicultural Research 52.1 (2013): 1-54. Harris, Jeffrey W., Robert G. Danka, and José D. Villa. "Honey bees (Hymenoptera: Apidae) with the trait of varroa sensitive hygiene remove brood with all reproductive stages of varroa mites (Mesostigmata: Varroidae)." Annals of the Entomological Society of America 103.2 (2010): 146-152. Locke, Barbara. "Natural Varroa mite-surviving Apis mellifera honeybee populations." Apidologie (2016): 1-16. Rinderer, Thomas E., et al. "Breeding for resistance to Varroa destructor in North America." Apidologie 41.3 (2010): 409-424. Rosenkranz, P., Aumeier, P., Ziegelmann, B.: Biology and control of Varroa destructor, J. Invertrebr.Pathol. (2010), 103, 96-119. Zum Autor Claudia Häußermann hat an der Universität Hohenheim Biologie studiert. Seit 2014 ist sie Doktorandin an der Landesanstalt für Bienenkunde in Hohenheim und beschäftigt sich mit Grundlagenforschung zur Biologie der Varroamilbe.