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Transkript:

farbe bekennen ärztefragen.politikerantworten. farbe bekennen ärztefragen.politikerantworten. Wir bekennen Farbe! Grundsätze, Ideen und Forderungen der Ärztekammer für Wien zur Gesundheitspolitik der künftigen Wiener Stadtregierung farbe bekennen ärztefragen.politikerantworten.

Präambel Die Wiener Ärztinnen und Ärzte fühlen sich den Grundsätzen des Humanismus verpflichtet und stellen den Menschen in den Mittelpunkt ihres Handelns. Ziel ist die bestmögliche medizinische Versorgung der Bevölkerung. Der offene Zugang zu ärztlicher Betreuung und Vorsorge muss für alle Mitmenschen ohne Ansehen der Person, ihrer Herkunft, eines religiösen Bekenntnisses, des Alters und der Einkommenssituation gewährleistet sein. Die für eine erfolgreiche Behandlung erforderliche ärztliche Zuwendung ist als medizinische Leistung in den Vordergrund zu stellen und entsprechend zu bewerten. Keinesfalls darf es zu einem Abbau von Leistungen beziehungsweise einer Kosten-Nutzen-Rechnung therapeutischer Maßnahmen kommen. Die zunehmende Lebenserwartung der Menschen stellt eine der wesentlichsten Herausforderungen der Gesellschaft, des Gesundheitswesens und der Medizin dar. Das bedingt eine dem Bedarf entsprechende Erweiterung der medizinischen, pflegerischen und sozialmedizinischen Ressourcen in allen Einrichtungen der Gesundheitsversorgung. Dies inkludiert auch Fragen betreffend Bildung, Arbeitsplatzsicherheit, Umweltschutz, Verkehrssicherheit, Unfallvorbeugung, Lifestyle, et cetera. In diesem Sinne wird sich die Ärzteschaft zukünftig vermehrt in all jenen Bereichen, etwa bei der Bildungspolitik oder dem Arbeitnehmerschutz, engagieren, die nicht direkt in die Agenden des Gesundheitsressorts fallen, trotzdem aber Auswirkungen auf die Gesundheit der Menschen haben. Die Ärzteschaft versteht sich dabei dezidiert auch als gesundheitsbestimmender Faktor und Gegenpol zur österreichischen Wirtschaftslobby, die immer öfter einer ausschließlichen Ökonomisierung des Gesundheitswesens das Wort redet. Angestrebt werden sollen eine Vertiefung sowie der weitere Ausbau der Zusammenarbeit zwischen niedergelassenen und angestellten Ärztinnen und Ärzten, um den hohen Standard medizinischer Versorgung durchgehend aufrecht zu erhalten. Aus- und Fortbildung sind wesentliche Voraussetzungen für die Qualität im Gesundheitswesen. Notwendig dafür sind ausreichend Zeit und finanzielle Mittel. Forschung und Lehre sind für die Weiterentwicklung der Medizin unabdingbar. Um auch in Zukunft den Anspruch auf gleichen Zugang zu einer medizinischen Versorgung auf höchstem Niveau für jeden einzelnen Versicherten und Mitversicherten zu gewährleisten, ist es wichtig, dass Ärztinnen und Ärzte aus medizinischer Kompetenz und Politiker aus gesundheitspolitischer Kompetenz über das Maß der medizinischen Leistungen für die Patienten entscheiden. Die Planung eines Gesundheitsversorgungssystems kann daher nur in gemeinsamer partnerschaftlicher Zusammenarbeit unter Einbeziehung aller relevanten Stakeholder, wie einer reformierten Patientenanwaltschaft, der Wiener Gebietskrankenkasse, der Stadt Wien und der Ärztekammer, vonstattengehen. Die verantwortlichen Akteure im Wiener Gesundheits system müssen gemeinsam Gesundheitsziele ent wickeln, die auch bei der Finanzierung des Gesundheitssystems zu berücksichtigen sind. Aus Patientensicht bedeutet das, dass die Festlegung von Gesundheitszielen zur Einführung innovativer Leistungen und damit auch zur Notwendigkeit, diese zu finanzieren, führt. Damit verbessert sich langfristig auch die Versorgungsqualität für die Bevölkerung und somit auch für jeden einzelnen. Walter Dorner, Präsident der Ärztekammer für Wien Thomas Szekeres, Vizepräsident der Ärztekammer für Wien Johannes Steinhart, Vizepräsident der Ärztekammer für Wien

Grundsätze, Ideen und Forderungen der Ärztekammer für Wien Das österreichische Gesundheitssystem und dessen Finanzierung sind sozial ausgerichtet und beruhen auf den Prinzipien der Solidarität und Subsidiarität. Um auch in Zukunft für alle Versicherten und Mitversicherten den gleichen Zugang zu einer medizinischen Versorgung auf hohem medizinischem Niveau zu sichern, ist es notwendig, das bestehende Gesundheitssystem systematisch unter Berücksichtigung verschiedener Faktoren weiterzuentwickeln. Daher fordert die Wiener Ärzteschaft die Umsetzung nachstehender Punkte in der nächsten Amtsperiode der Wiener Stadtregierung: Nachhaltige Sanierung des Wiener Kassensystems Um das derzeitige Versorgungsniveau in Wien einerseits halten und anderseits vor allem ständig verbessern und anpassen zu können, ist es unabdingbar, die Finanzierung des Wiener Gesundheitssystems sicherzustellen. Dazu wird es unumgänglich sein, das bestehende System vorrangig zu sanieren. Primär heißt das, dass eine Kassensanierung seitens des Bundes forciert werden muss, indem zum Beispiel der Bund gegenüber den Krankenkassen alle an die Krankenkassen übertragenen versicherungsfremden Leistungen abdeckt. Denn vor allem die Schulden der Wiener Gebietskrankenkasse (WGKK) in der Vergangenheit resultieren aus der Übernahme versicherungsfremder Leistungen. Dabei ist die Tatsache, dass die WGKK versicherungsfremde Leistungen wie beispielsweise das Wochengeld erbringen muss, die Kosten hierfür jedoch nicht zur Gänze refundiert erhält, klar verfassungswidrig. Zu diesem Schluss kommen mehrere Gutachten von anerkannten Verfassungsrechtlern, unter anderem eines von Heinz Mayer, die auch der Sozialversicherung vorliegen. Eine entsprechende Klage könne demnach nur der WGKK-Vorstand selbst einbringen, was bisher aber unterblieben ist. Der Staat muss gewährleisten, dass Selbstverwaltungskörper im konkreten Fall die WGKK ihren Aufgaben nachkommen kann, beispielsweise durch die Beiträge von Mitgliedern oder andere Einnahmen. Beim Wochengeld etwa werden jedoch nur 70 Prozent aus dem Familienlastenausgleich refundiert. Der zu geringe Hebesatz bei den Pensionisten machte 2009 in etwa 710 Millionen Euro aus, die Unterdeckelung des Wochengeldes weitere 60 Millionen Euro. In Summe belaufen sich die Mindereinnahmen der WGKK durch alle versicherungsfremden Leistungen 2009 auf 899 Millionen Euro, während die Wiener Kasse gleichzeitig mit 109 Millionen Euro im Minus bilanzierte und in Summe einen Schuldenstand von mehr als 600 Millionen Euro aufweist. Für die Patienten bedeutet das, dass das derzeitige Leistungsniveau nur aufrechterhalten werden kann, indem der Abfluss versicherungsfremder Mittel rückgängig gemacht wird, um so mehr Mittel für versicherungsadäquate Leistungen für jeden einzelnen Patienten zu garantieren. Patienten haben ein Recht auf ein funktionierendes, liquides Krankenkassensystem. Derzeit bezahlt die WGKK jährlich ungefähr 20 Millionen Euro aus den Beiträgen der Versicherten allein an Zinsen für notwendige Kredite. Diese Summe fehlt in der täglichen Versorgung der Patienten. Die von der aktuellen Bundesregierung nur zögerlich in Angriff genommene Teilentschuldung der Krankenkassen ist hier entschieden zu wenig. Die zukünftige Wiener Landesregierung sollte sich im Sinne einer nachhaltigen Gesundheitspolitik auf Bundesebene für die vollständige Entschuldung der WGKK einsetzen.

Umsetzung eines Stadtarztmodells Der Stadtarzt (Hausarzt) soll als Arzt des Vertrauens in unserem derzeitigen Wiener Gesundheitssystem eine zentrale Rolle als Berater und Koordinator einnehmen. Gerade in einem Ballungsraum wie Wien ist dies von großer Bedeutung, liegen doch der extramurale und intramurale Bereich nahe beieinander, was automatisch eine gewisse Schnittstellenproblematik bedingt. Der Arzt des Vertrauens, der Allgemeinmediziner oder Facharzt sein kann, soll vom Patienten als erster Ansprechpartner konsultiert werden. Er soll den zu behandelnden Menschen ganzheitlich ein Leben lang betreuen und daher umfassende Kenntnis über dessen Krankengeschichte und sein soziales Umfeld haben. Ziel ist eine gemeinsame Festlegung der weiteren diagnostischen und/oder therapeutischen Vorgehensweise. Ein solches Stadtarzt modell bringt neben der optimalen integrierten Versorgung für die Patienten auch erhebliche Vorteile für das Gesundheitssystem: Durch eine optimale Führung der Patienten im Gesundheitssystem und der daraus resultierenden effizienten Diagnose- und Therapiegestaltung kommt es zu einer Verringerung der Zahl von unnötigen Mehrfachuntersuchungen und somit auch zu einer Entlastung im Spitalsbereich. Dadurch wird die Leistungsfähigkeit unseres Gesundheitssystems mit ökonomischem und gezieltem Einsatz der vorhandenen Ressourcen erhalten. Das Gesundheitssystem wird auf diese Art schritt- beziehungsweise phasenweise von unten nach oben ( Bottom Up ) angepasst und verbessert. Die Ärztekammer hat deshalb im Frühjahr einen Vorschlag für ein solches Hausarzt modell entwickelt, das lediglich einer konkreten Umsetzung seitens der Politik bedarf. Für die Patienten ergeben sich daraus folgende Vorteile: Jeder Patient hat seinen Hausarzt, der ihn im besten Fall ein Leben lang medizinisch betreut und daher alle relevanten Bereiche überblickt. Dadurch sind für ihn rasche und ziel gerichtete Diagnosen sowie laufende Therapien und damit ins gesamt die bestmögliche individuelle Versorgung sichergestellt. Die Patienten haben damit einen niederschwelligen und flächendeckenden Zugang zum System. Verpflichtende Einrechnung des Großstadtfaktors Es ist unbestritten, dass aufgrund verschiedenster Faktoren regionale Unterschiede im Bereich der Ausgaben für medizinische Leistungen in Ballungsgebieten bestehen. Gesundheitsversorgung in einer Großstadt wie Wien ist mit keiner anderen Region Österreichs vergleichbar. Daher gehen auch immer wieder aufkeimende Vergleiche zwischen Wien und anderen Bundesländern, wie etwa Oberösterreich, völlig ins Leere. Schon vor Jahren wurde im Rahmen einer Studie die Wiener Versorgung mit der einer anderen, vergleichbaren europäischen Großstadt wie Hamburg oder Lyon verglichen. Dabei konnte ganz klar festgestellt werden, dass Wien absolut im Schnitt dieser anderen Großstädte liegt sowohl was die Dichte der niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte als auch deren Leistungsspektrum betrifft.

Auch die speziellen Krankheitsbilder einer Großstadt lassen sich mit ländlichen Regionen kaum vergleichen. Kaum ein Mühlviertler würde wohl nach Wien-Favoriten wegen der guten Luft und der schönen Natur auf Erholung fahren. Dafür werden wohl in Wiener allgemeinmedizinischen Ordinationen kaum Skiunfälle versorgt, dafür aber umso mehr Drogenpatienten behandelt. Sowohl das Gesundheitsministerium als auch der Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger sowie die Gemeinde Wien haben die Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass sowohl bei Kassenverträgen als auch bei der Ressourcenverteilung im Spitals- und Ambulanzbereich der Großstadtfaktor in die Planungen mit eingerechnet wird. Die Gemeinde Wien ist aufgefordert, aus den regelmäßig von ihr zu erstellenden Gesundheitsberichten jährlich einen Maßnahmenkatalog zu formulieren, dessen Inhalte in die darauf folgenden Jahresplanungen und Budgets Eingang finden müssen. Dies betrifft insbesondere Bereiche wie die Gendermedizin und soziale Barrieren. Für die Patienten ist eine größere Akzeptanz des Großstadtfaktors in Wien von immenser Bedeutung, da durch falsche Vergleiche regelmäßig die Gefahr von Rationierungen besteht. Das Angebot an medizinischen Leistungen muss sowohl qualitativ als auch quantitativ dem neusten Stand der Technik und eben den medizinischen und therapeutischen Erfordernissen, die sich aus einem Ballungsraum wie Wien ergeben angepasst sein. Reaktion auf die demografische Entwicklung Die Ärztekammer sieht in der demografischen Entwicklung die größte Herausforderung für die Zukunft. Angesichts der zu erwartenden Überalterung der Bevölkerung wird es in spätestens 15 Jahren einen eklatanten Ärztemangel geben. Bis zum Jahr 2050 soll die Bevölkerung Österreichs mit einem Alter ab 60 Jahren von derzeit knapp 2 Millionen Personen auf ungefähr 3,25 Millionen Personen ansteigen. In 40 Jahren wird also deutlich mehr als ein Drittel der Bevölkerung Österreichs über 60 Jahre alt sein, in etwa 11 Prozent werden ein Alter ab 80 Jahren aufweisen. Daher wird es notwendig sein, die Bettenkapazitäten umzuschichten weniger Akutbetten, dafür mehr Pflegebetten und Investitionen in die klinische Nachbehandlung von älteren Menschen. Denn laut Prognosen soll sich die Anzahl der pflegebedürftigen Personen bis 2010 in etwa verdoppeln. Unterschiedliche Studien belegen einen finanziellen Mehraufwand für diesen Bereich zwischen 100 und 400 Prozent. Die Zahl der Erkrankungen und Zuweisungen in Krankenhäusern und im extramuralen Bereich steigt rascher als die Kapazität der behandelnden Mediziner und kann auch durch Rationalisierungen und neue komplexe Medizintechnik und Operationsmethoden kaum kompensiert werden. Dazu kommt, dass etwa die Zahl von dringlichen Fällen Unfälle, epidemische Erkrankungen niemals prognostiziert werden kann. Es ist offensichtlich, dass die Bürokratie nicht unwesentlich zur Unzufriedenheit der Ärztinnen und Ärzte beiträgt. Man muss Lösungen finden. Besonders die Turnusärzte beklagen sich

darüber, dass sie vorwiegend administrative oder subqualifizierte Tätigkeiten ausüben müssen, und die Qualität der Fachausbildung leidet, weil zu wenig Zeit dafür vorhanden ist. Ebenso wie Turnusärzte wünschen sich auch Stationsärzte mehr Zeit für einen direkten Patientenkontakt. Ähnliches passiert in den Ordinationen, wo ein pauschales und veraltetes Honorierungssystem die Ärztinnen und Ärzte zwingt, in möglichst kurzer Zeit möglichst viele Patienten durch die Praxen durchzuschleusen. Für die Patienten bedeutet die demografische Entwicklung, dass die Qualität der medizinischen Betreuung nur aufrechterhalten werden kann, wenn genügend Ärztinnen und Ärzte aller Fachrichtungen vorhanden sind. Hier müssen auch Wege gefunden werden, die speziell die Jungärzte dazu bewegen, im Land zu bleiben, und nicht auszuwandern. Gleichzeitig muss die ärztliche Ausbildung dahingehend verändert werden, dass der bürokratische Aufwand, den die Turnusärzte derzeit bewältigen müssen, auf ein Minimum reduziert wird, damit Jungärzte jene Erfahrungen sammeln können, die sie für eine spätere optimale Betreuung ihrer Patienten benötigen. Ausbau der bestehenden Gruppen praxen struktur und Ärztezentren Durch den vermehrten Ausbau und die Forcierung von Gruppenpraxen und Ärztezentren wird die flächendeckende medizinische Versorgung auf hohem Niveau gefördert. Ordinationszeiten können ausgedehnt werden, lange Wartezeiten werden dadurch vermieden, Randzeiten können bespielt werden. Durch Gruppenpraxen bleibt letztlich mehr Zeit für die individuelle Versorgung der Patienten. Ein weiterer Vorteil liegt darin, dass im Rahmen einer Gruppenpraxis auch ein größeres medizinisches Leistungsspektrum angeboten werden kann, was wiederum die Anfahrtswege für Patienten minimiert. Auch auf den immer bedeutender werdenden Immigrationsaspekt kann eine Gruppenpraxis viel stärker Bezug nehmen als eine Einzelordination. Dies betrifft insbesondere die Verhinderung von Sprachbarrieren, wenn eine Gruppenpraxis gezielt beispielsweise türkisch oder serbokroatisch sprechende Ärztinnen und Ärzte aufnimmt, oder auch kulturelle Voraussetzungen, beispielsweise die Tätigkeit von Ärztinnen in einer gynäkologischen Gruppenpraxis in Bezirken mit einem hohen muslimischen Bevölkerungsanteil. Vor allem im Zuge des Neubaus des KH Nord wird es unumgänglich sein, im erweiterten Einzugsgebiet dieses neuen Spitals zahlreiche neue Gruppenpraxen zur Entlastung der Ambulanzen niederzulassen. Im Gegenzug wird die Ärztekammer darauf achten, so wie bisher schon die Nachbesetzungen von Ordinationen in bevölkerungsärmeren Regionen Wiens ausschließlich bedarfsorientiert zuzulassen. Für die Patienten bedeutet ein größeres und breiteres Angebot an Gruppenpraxen und Ärztezentren ein weiteres Serviceangebot durch verkürzte Wartezeiten und kurze Wege. Nur so können Spitalsambulanzen entlastet und die immer wieder propagierte Verlagerung des ohnehin heillos überlasteten Spitalsbereichs in den niedergelassenen Bereich vorangetrieben werden. Weiters haben die Patienten die Möglichkeit, Ordinationen auch in Randzeiten aufzusuchen. Eine Unterstützung dieses Wegs durch die Landesregierung wird gerade im Zuge der aktuellen Gesetzesnovelle mit der Schaffung der Ärzte-GmbH als moderne Organisationsform umso wichtiger.

Ausbau der niedergelassenen Versorgungsstrukturen Laut dem Regionalen Strukturplan Gesundheit (RSG) für Wien sollen auf Basis der Zahlen von 2006 Kassenplanstellen sowohl im allgemeinmedizinischen als auch im fachärztlichen Bereich bis 2015 in die bevölkerungsreichen Bezirke verlagert werden. Dies wurde auch in vielen Bereichen bereits umgesetzt. Allerdings muss man dabei sehr genau differenzieren, da zum Beispiel der Allgemeinmediziner die Aufgabe des Nahversorgers hat und somit wohnortnahe praktizieren soll. Jedenfalls gibt es noch immer Bezirke, wie zum Beispiel den 10., 11., 21. oder 22. Bezirk, die aufgrund der steigenden Bevölkerungszahlen gerade im extramuralen Bereich noch weiter ausgebaut werden müssen. Damit zeigt sich ganz klar, dass die Planung der Entwicklung der niedergelassenen Kassenplanstellen in vielen Bereichen nicht mit der Bevölkerungsentwicklung Schritt gehalten haben. Die seit Jahren angespannte finanzielle Situation der Wiener Gebietskrankenkasse lässt hier eine optimale Versorgung aktuell einfach nicht zu. Vergleiche mit anderen österreichischen Städten wie Linz, Graz oder Salzburg zeichnen ein nachdenklich stimmendes Bild: In der Bundeshauptstadt herrscht in manchen Versorgungsregionen bereits eine absolute Unterversorgung in Fächern wie beispielsweise der Kinder- und Jugendheilkunde oder der Frauenheilkunde und Geburtshilfe. Die angedachten weiteren Einsparungen im extramuralen Bereich sind unbedingt auf Basis der aktuellen Bevölkerungsentwicklung kritisch zu hinterfragen, um auch zukünftig eine moderne und einer Großstadt wie Wien würdige extramurale Versorgung gewährleisten zu können. Für die Patienten bedeutet das, dass der Ausbau von Kassenplanstellen in Relation zu der aktuellen Bevölkerungsentwicklung besser hinterfragt und auch zukünftig stärker forciert werden muss, um die Patientenversorgung bestmöglich zu gewährleisten. Ausbau der kinderpsychiatrischen Versorgungsstrukturen Die Anzahl von Kindern und Jugendlichen mit psychiatrischen Diagnosen ist stetig ansteigend. Daraus ergibt sich, dass auch der Bedarf an Einrichtungen für Kinder- und Jugendpsychiatrie im Steigen begriffen ist. Besonders im niedergelassenen Bereich gibt es Handlungsbedarf. Ziel soll eine ausreichend regionale Versorgung sein, die jedes Kind unter Rücksichtnahme auf die individuelle Behandlung erreicht. Es ist unbedingt erforderlich, dass es im niedergelassenen Bereich auch außerhalb der Schulzeiten ein entsprechendes Versorgungsangebot gibt, denn nur so können die Kinder und

Jugendlichen nach der Schule zur psychiatrischen Behandlung, ohne Fehlzeiten in der Schule zu verursachen. Der ambulante Bereich in der Kinder- und Jugendpsychiatrie sowie der niederschwellige Zugang müssen erleichtert und ausgebaut werden. Kinder und Jugendliche sind die Erwachsenen von morgen. Es ist unumstritten, dass gerade in diesem sensiblen Bereich die beste Versorgung für die schwächsten Mitglieder in unserer Gesellschaft gewährleistet werden muss. Für die Patienten bedeutet das, dass zukünftig behandlungsbedürftige Kinder und Jugendliche rascher einen notwendigen und bestmöglichen Versorgungsplatz in Anspruch nehmen können. Die derzeitige Situation des Negierens dieses Missstands aus ausschließlich finanziellen Motiven ist einer Weltstadt wie Wien absolut unwürdig. Abgabe von Medikamenten und OTC-Produkten in den Ordinationen OTC-(Over the Counter)-Produkte werden derzeit rezeptfrei in Apotheken abgegeben. Hierbei handelt es sich um Medikamente, die keiner medizinischen Verschreibungspflicht unterliegen. dadurch die Produkte billiger, da die Apotheker als Monopolist derzeit hohe Preisspannen darauf setzen und somit vielleicht auch gezwungen wären, den Wegvorteil, den der Arzt zweifelsfrei anbieten kann, durch niedrigere Preise zu kompensieren. Reduzierung der überbordenden Bürokratie Etwa 10,4 Prozent ihrer wöchentlichen Arbeitszeit wenden Spitalsärzte für Forschung und Lehre auf, hingegen 34,2 Prozent für administrative Tätigkeiten. In den Ordinationen ist der Prozentsatz für die administrativen Tätigkeiten ähnlich hoch. Auf der Strecke bleibt dabei der Patient, der zu Recht den Arzt am Krankenbett beziehungsweise im Ordinationszimmer einfordert. Stattdessen sitzen Ärztinnen und Ärzte in einem nicht mehr vertretbaren Ausmaß am Schreibtisch, um alle notwendigen Dokumentationsaufgaben wahrzunehmen. Die Ärztekammer fordert deshalb speziell für den Spitalsbereich Der künftige Wiener Stadtarzt soll auch in die Lage versetzt werden, seine Patienten auf Wunsch auch bei Hausbesuchen am Krankenbett mit den nötigen Medikamenten zu versorgen. Für die Patienten stellt die Abgabe von Medikamenten und OTC-Produkten direkt bei den Vertrauensärzten neben gesundheitlichen Aspekten ein zusätzliches Serviceangebot dar und hilft den Patienten, durch verminderte Anfahrtswege, et cetera Zeit zu sparen. Auch werden

die Aufnahme qualifizierter Mitarbeiter, die Dokumentations-, Administrations- und Organisationsarbeiten, welche mit medizinischen Tätigkeiten nur am Rande zu tun haben, übernehmen (Stichwort: Stationsassistenten). Damit könnten die Behandlung und vor allem der persönliche Kontakt zum Patienten verbessert werden. Die Ärztinnen und Ärzte wiederum hätten dann mehr Zeit, sich weiterzubilden. Für die Patienten bedeutet die Reduzierung von bürokratischen Aufgaben, die über die ärztliche Dokumentationspflicht hinausgehen, dass sich ihr Arzt wieder mehr Zeit für seine eigentlichen Aufgaben nehmen kann. Er hat mehr Zeit für das ärztliche Gespräch, was unumgänglich für die optimale Diagnosestellung und Therapieeinleitung ist. Abbau überlanger Arbeitszeiten in den Spitälern Ärztinnen und Ärzte arbeiten im Spital im Schnitt 56 Stunden pro Woche und damit deutlich mehr als der Durchschnitt der österreichischen Bevölkerung. Turnusärzte arbeiten durchschnittlich 60,8 Stunden pro Woche (mit einem Spitzenwert von 78,5 Stunden), Oberärzte 55,2 Stunden und Fachärzte 52,3 Stunden, wobei es beträchtliche Unterschiede zwischen den einzelnen Disziplinen gibt. Gesetzlich können Ärztinnen und Ärzte verpflichtet werden, maximal 72 Stunden pro Woche tätig zu sein, mit bis zu 49 Stunden in unmittelbarer Abfolge. Im Schnitt werden in Wiener Spitälern 4,32 Nachtdienste pro Arzt und Arbeitsmonat absolviert, wobei Turnusärzte auf einen Schnitt von 5,3 Nachtdiensten kommen. Diese Dienste sind zu lange und werden von der Ärzteschaft so auch nicht gewollt: Eine aktuelle IFES-Umfrage hat ergeben, dass 72 Prozent der Wiener Spitalsärzte für eine Reduktion der Arbeitszeit auf maximal 60 Stunden pro Woche sind allerdings bei vollem Lohnausgleich. Weitere 12 Prozent würden auch ohne vollen Lohnausgleich lieber weniger arbeiten, lediglich 13 Prozent sprechen sich dagegen aus. Laut IFES-Studie ist der Anteil, der sich gegen eine Arbeitszeitverkürzung ausspricht, bei den Wiener Primarärzten mit 19 Prozent am höchsten. Zudem sind neue und andere Karrieremodelle, eine Flexibilisierung der Dienstzeiten (Karenzierungen, Teilzeit, Modelle für ältere Dienstnehmer) sowie neue Berufsbilder, sowohl bei Fachärzten als auch im qualifizierten Pflege- und Betreuungsbereich, notwendig. Hier müssen die Ressourcen besser verteilt werden. Für die Patienten bedeutet eine Reduzierung der Arbeitszeit von Spitalsärzten, dass sie von ausgeruhten und voll motivierten Ärztinnen und Ärzten betreut werden. Untersuchungen belegen, dass in Österreich mittlerweile jeder zweite Arzt burn-out-gefährdet ist, jeder fünfte Spitalsarzt zeigt bereits erste Symptome eines beginnenden Burnouts. Hauptsächlich schuld daran tragen die überlangen Arbeitszeiten, die sich aufgrund der dünnen Personalbesetzung in den Wiener Spitälern ergeben.

Finanzierung der Fort- und Weiterbildung durch den Dienstgeber In kaum einem anderen Bereich ist ständiges Lernen und auf dem neuesten Stand der Wissenschaft Bleiben so erforderlich wie in der Medizin. Doch gerade in den letzten Jahren kam es immer wieder zu Diskussion rund um die Fort- und Weiterbildung von Ärztinnen und Ärzten. Vorwürfe um angebliche Korruptionsfälle wurden immer wieder laut, oftmals wurde ein zu großer Einfluss der Pharmaindustrie beklagt. Eine aktuelle Umfrage zeigt, dass 70 Prozent der befragten Spitalsärzte mit der weitgehend fehlenden finanziellen Unterstützung von Kongressbesuchen nicht zufrieden sind. Eine Forderung der Ärztekammer ist deshalb die Finanzierung der Fort- und Weiterbildung durch den Dienstgeber. Damit kann der Einfluss der Pharmaindustrie eingeschränkt werden. Mittel- bis langfristig muss die Finanzierung der medizinischen Fort- und Weiterbildung durch die öffentliche Hand gedeckt werden. Für die Übergangszeit soll im Falle einer Drittmittel finanzierung durch die Industrie eine Offen legungspflicht für alle Ärztinnen und Ärzte Gültigkeit haben, ähnlich den schon bestehenden Regelungen im Wiener AKH. Für die Patienten bedeutet dies die Garantie, dass die sie behandelnden Ärztinnen und Ärzte sich regelmäßig und vor allem unabhängig von den wirtschaftlichen Interessen einzelner Firmen fort- und weiterbilden und damit auf dem von der Ärztekammer geforderten State of the Art verbleiben. Entpolitisierung der Patientenanwaltschaft Derzeit werden die Patientenanwälte von den Ländern ernannt und wiederbestellt oder abgesetzt. Trotz einer auf dem Papier bestehenden Weisungsfreiheit ist damit zumindest in einigen Ländern (partei)politischer Einfluss auf die Tätigkeit der Patientenanwälte gegeben. Bei einigen aktuellen Patientenanwälten kommt diese Abhängigkeit auch immer wieder zum Ausdruck. Aus Sicht der Ärzteschaft braucht es eine Demokratisierung bei der Bestellung von Patientenanwälten. Es sollten weniger politische Institutionen, Parteien oder auch Interessenvertretungen über die Patientenanwälte entscheiden, als vielmehr die Betroffenen selbst. Und das sind nun einmal die Patienten. Die Ärztekammer verlangt daher, dass die künftige Wiener Landesregierung als erste bundesweit einen demokratischen Bestellmodus für Patientenanwälte unter Einbeziehung der Patienten einführt. Dazu ist ein geeignetes Wahl system auszuarbeiten, das allen Patienten eine möglichst ein-fache Teilnahme an der Wahl der Patientenanwälte ermöglicht. Bei der Organisation und Abwicklung des Wahlvorgangs bietet die Ärztekammer gern ihre Unterstützung an. Für die Patienten liegen die Vorteile einer vollständigen Entpolitisierung der Patientenanwaltschaft auf der Hand: Die Versicherten müssten sich nicht mehr sorgen, dass Patientenanwälte aus Rücksicht auf ihre politischen Erfinder oder eine mögliche Wiederbestellung Missstände im Gesundheitssystem nicht ansprechen. Die Patientenanwälte wären ausschließlich den Interessen der Patienten verpflichtet. Klar ist auch, dass ein demokratischer Vorgang die Möglichkeit bieten würde, aus verschiedenen Kandidaten auszuwählen. Diese Möglichkeit haben die Patienten im bestehenden System nicht. Die Vielfalt und zudem die mediale Aufmerksamkeit, die ein solcher Wahlvorgang auf sich zieht, würden auch die Position der Anwälte für mehr Persönlichkeiten als heute attraktiv machen. All das führt zu einer Aufwertung der Patientenanwälte was nur im Sinne aller Versicherten sein kann.

E-Health und Datenschutz Ärztinnen und Ärzte sind jeden Tag mit den intimsten Geheimnissen ihrer Patienten konfrontiert. Den Plänen der Gesundheitspolitiker, diese Geheimnisse für alle möglichen Gesundheitsdiensteanbieter durch die Einführung einer elektronischen Gesundheitsakte (ELGA) zu öffnen, kann die Wiener Ärzteschaft nicht ohne entsprechende gesetz liche Regelungen betreffend Datenschutz und Arztgeheimnis zustimmen. Private Versicherungen, aber auch Arbeitgeber, Unternehmen und Konzerne, sind natürlich sehr an den Gesundheitsdaten ihrer Kunden beziehungsweise Mitarbeiter interessiert. Für die Patienten muss daher alles unternommen werden, damit es zu keinem Missbrauch gesundheitsbezogener Daten kommt. Die Datenhoheit bei ELGA und weiteren IT-Projekten muss ausschließlich beim Patienten liegen. Verstöße dagegen sind mit rigiden Strafen zu versehen. Der Patient entscheidet mit seinem Arzt gemeinsam und im Einzelfall, ob seine Daten in eine ELGA kommen sollen oder nicht. Nur so kann das Vertrauensverhältnis zwischen Patient und Arzt gewahrt bleiben. Generell sollte bei zukünftigen Entwicklungen in diesem Bereich darauf geachtet werden, dass der Patient und nicht die EDV im Mittelpunkt der Behandlung stehen und der Schwerpunkt wieder auf die Zuwendungsmedizin gelegt wird. Ärztinnen und Ärzte wenden momentan sehr viel mehr Zeit dafür auf, alle ihnen auferlegten bürokratischen und administrativen Vorgänge rund um einen Behandlungsfall zu erle digen, anstatt sich dem Patienten direkt zu widmen. IT sollte die Ärztinnen und Ärzte in ihrer medizinischen Tätigkeit unterstützen, anstatt diese zu boykottieren. Weiters müssen alle Kosten so wie die bereits erstellte Kosten- Nutzen-Rechnung von ELGA offengelegt wer den. Vorsorgepass für alle Wienerinnen und Wiener Weltweit 1,6 Milliarden übergewichtige Erwachsene, 400 Millionen fettsüchtige Erwachsene, 180 Millionen Diabetiker und laut Prognosen der Weltgesundheitsorganisation (WHO) sollen sich diese Zahlen in den nächsten zehn bis 20 Jahren sogar noch verdoppeln. Herz-Kreislauf- Erkrankungen und Diabetes sind also im Vormarsch. Die Folgekosten, die dadurch auf das Wiener Gesundheitssystem zukommen, sind enorm. Die Ärztekammer fordert daher als Weiterführung des Gesundheitspasses einen Vorsorgepass für jede Wienerin und jeden Wiener, in dem verzeichnet wird, ab welchem Lebensjahr Gesundenuntersuchungen nötig sind. Jene Versicherten, die regelmäßig alle empfohlenen Gesundenuntersuchungen absolvieren, erhalten als Bonus einen noch näher zu definierenden Prozentsatz ihrer geleisteten Versicherungsabgaben am Beginn des Folgejahres rückerstattet. Für die Patienten bedeutet das, dass der Patient die Verantwortung über seine Gesundheit beziehungsweise auch die seiner Kinder übernimmt. Mit dem Gesundheitspass, den er regelmäßig einsehen muss, um zu kontrollieren, wann welche Vorsorgeuntersuchung notwendig ist, wird der Patient zum Herr über den eigenen Vorsorgestatus.

Die Forderungen der Ärztekammer für Wien auf einen Blick Finanzierung der Lehrpraxen durch öffentliche Mittel Sanierung der Krankenkassen durch Abdeckung aller an die Krankenkassen übertragenen versicherungsfremden Leistungen durch den Bund Umsetzung eines Stadtarztmodells als Arzt des Vertrauens Verpflichtende Einrechnung des Großstadtfaktors, um den speziellen Bedürfnissen der Menschen in Ballungsräumen gerecht zu werden Finanzierung der Fort- und Weiterbildung der Spitalsärzte durch den Dienstgeber Wahrung des Datenschutzes, des Arztgeheimnisses und der Datenhoheit für Patienten bei ELGA und anderen geplanten IT-Projekten Entpolitisierung der Patientenanwaltschaft Vorsorgepass für alle Wienerinnen und Wiener Ausbau der bestehenden Gruppenpraxenstruktur und Ärztezentren www.farbe-bekennen.at Ausbau der niedergelassenen Versorgungsstrukturen Ausbau von und besserer Zugang zu kinderärztlichen und kinderpsychiatrischen Versorgungsstrukturen unter Rücksichtnahme auf die individuelle Behandlung sowie auf den typischen Tagesablauf der Zielgruppe Abgabe von Medikamenten und OTC-Produkten in den Ordinationen Entlastung der niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte von unnötigen administrativen Aufgaben farbe bekennen Verbesserung der Arbeitsbedingungen für Spitalsärzte, vor allem hinsichtlich der Einhaltung des Krankenanstalten-Arbeitszeitgesetzes ärztefragen.politikerantworten. (KA-AZG) farbe bekennen ärztefragen.politikerantworten.

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