Informieren und Erinnern: die Euthanasie-Verbrechen und die Tiergarten-Straße 4 in Berlin

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Transkript:

Wörterbuch Manche Wörter sind in diesem Text unterstrichen. Zum Beispiel das Wort Euthanasie. Die unterstrichenen Wörter werden am Ende des Textes in einem Wörterbuch erklärt. 1

Informieren und Erinnern: die Euthanasie-Verbrechen und die Tiergarten-Straße 4 in Berlin Kapitel 10: Die Zeit nach dem Krieg Menschen in den Psychiatrie-Anstalten in Ost-Deutschland und West-Deutschland ging es auch nach dem Krieg schlecht. Sie hungerten zum Beispiel. Sie wurden von der Gesellschaft ausgegrenzt. Nach dem Krieg wurden nur wenige Täter der Euthanasie-Morde bestraft. Einige Täter wurden zum Tode verurteilt. Viele Täter wurden nur gering bestraft. Die Opfer wurden nicht ernst genommen. Die Opfer bekamen auch keine Entschädigung. 1987 schlossen sich mehrere Menschen zu einer Gruppe zusammen. Die Gruppe heißt Euthanasie-Geschädigte und Zwangs-Sterilisierte. Gemeinsam wollen Sie, dass man die Opfer der Euthanasie-Verbrechen und Zwangs-Sterilisation ernst nimmt. Und dass man sich bei den Opfern und ihren Angehörigen für die Verbrechen entschuldigt. Erst im Jahr 2007 sagte der Deutsche Bundestag, dass das Zwangs-Sterilisations-Gesetz falsch war. 2

Das Bild ist von 1947 aus dem Gerichts-Saal in Nürnberg. 1947 kamen einige Täter vor das Gericht in Nürnberg. Diesen Gerichts-Prozess nennt man Nürnberger Ärzteprozess. Karl Brandt und Victor Brack wurden für ihre Verbrechen bestraft. Dem Gericht sagten sie, sie haben die Menschen mit Behinderungen von ihren Leiden befreit. Deshalb haben sie ihnen beim Sterben geholfen. Aber was die Täter dem Gericht sagten war falsch. Sie haben Menschen mit Behinderungen ermordet. 3

Das ist der Arzt Jussuf Ibrahim im Jahr 1953. Jussuf Ibrahim war Arzt. Er hat in einer Kinder-Klinik in Jena gearbeitet. 1944 meldete er die Kinder, die Behinderungen hatten. Diese Kinder sollten dann getötet werden. Er wurde nicht bestraft. Niemand sprach über die Verbrechen von Jussuf Ibrahim. Nach dem Krieg arbeitete er in der DDR weiter als Arzt. 4

Das Foto zeigt Werner Catel in einem Gespräch für einen Zeitungs-Artikel im Jahr 1964. Im Krieg arbeitete Werner Catel in einer Kinder-Klinik in Leipzig. Dort entschied er, welches Kind behindert war und nicht mehr leben sollte. Nach dem Krieg wurde er nicht bestraft. Er arbeitete als Lehrer an einer Universität in Kiel. In dem Gespräch mit der Zeitung sagte er, die Kinder waren Idioten. Er sagte, er hat die Kinder von ihren Leiden befreit. Das war eine Lüge. Er hat die Kinder mit Behinderungen ermordet. 5

Das ist Paul Wulf. Er war Opfer der Zwangs-Sterilisation. Das bedeutet, dass ein Arzt ihn unfruchtbar gemacht hat. So konnte er keine Kinder mehr zeugen. Nach dem Krieg hat er über die Zwangs-Sterilisation und Euthanasie-Verbrechen gesprochen. Er hat Ausstellungen über diese Verbrechen gemacht. 6

Das ist Klara Nowak. Sie wurde auch unfruchtbar gemacht. Sie konnte keine Kinder mehr bekommen. Das machte sie sehr unglücklich. Bis 1950 interessierte dieses Verbrechen Niemanden. 1987 gründete Klara Nowak die Gruppe Euthanasie-Geschädigte und Zwangs-Sterilisierte mit. Erst dann wurden die Verbrechen ernst genommen. 7

Wörterbuch Euthanasie Euthanasie ist ein Wort aus der griechischen Sprache. Es bedeutet, man hilft jemandem beim Sterben. Die Nazis haben das Wort für ihre Politik benutzt. Deutscher Bundestag Der Deutsche Bundestag bestimmt die Politik in Deutschland. Etwa 600 Politiker sind im Deutschen Bundestag. Der Bundestag wird alle 4 Jahre gewählt. Er wählt die Bundeskanzlerin oder den Bundeskanzler. Er kontrolliert die Regierung und die Gesetzgebung. Zwangs-Sterilisations-Gesetz Im Jahr 1933 gibt es ein neues Gesetz von den Nazis. In dem Gesetz steht: Menschen, die körperlich oder geistig behindert sind, sollen keine Kinder bekommen. Diese Menschen müssen zu einem Arzt gehen. Der Arzt macht sie unfruchtbar. Zwangs-Sterilisierte Diese Personen wurden gegen ihren Willen unfruchtbar gemacht. Die Personen wollten das nicht. Sie wurden aber gezwungen. Sie konnten keine Kinder mehr bekommen. 8