DIPLOMARBEIT Untersuchungen zur Ermittlung des Hochwasserschadenspotenzials in Sieldungs-, Industrie- und Gewerbegebieten Steve Kobsch (Ortslage Weesenstein an der Müglitz, Quelle LfUG 2004) Inhalt 1. Aufgabenstellung 2. Vorgehensweise 3. Ergebnisse 4. Zusammenfassung 5. Kontakt Betreuer: Prof. Dr. Ing. T. Grischek (HTW Dresden) Dr. Ing. R. Scholz (Planungsgesellschaft Scholz + Lewis mbh) Dr. Ing. U. Müller (LTV Sachsen)
1 AUFGABENSTELLUNG Das Hochwasserereignis im August 2002 zeichnete sich durch eine bis dahin noch nicht existente Intensität und räumliche Ausdehnung aus. Die privaten und volkswirtschaftlichen Schäden erreichten eine bis dahin unvorstellbare monetäre Größe. Im Rahmen der Diplomarbeit sollten für die gewählten Nutzungstypen die Untersuchungsmethoden zur Abschätzung des zu erwartenden Schadens, oder kurz des Schadenspotenzials, verbessert und die bestehenden Schadensfunktionen anhand der Schadensdaten des Augusthochwasser optimiert bzw. neue Kurven entwickelt werden. Des weiteren sollte die Relevanz der einzelnen Hochwasserparameter wie z.b. der Wasserstand und die Fließgeschwindigkeit auf die Gesamtschadenshöhe betrachtet werden. 2 VORGEHENSWEISE Die Recherche von nutzungsspezifischen Schadensdaten des Augusthochwassers 2002 stellte den ersten notwendigen Schritt für die Untersuchungen des Schadenspotenzials dar. Hierzu wurden die verfügbaren Datenbanken regional (Freistaat Sachsen) und national (Bayrischen Landesamtes für Wasserwirtschaft) ermittelt und die Daten hinsichtlich der Eignung überprüft. Die Datenrecherche ergab eine sehr gute Eignung der Schadensdaten der Sächsischen Aufbaubank für die Betrachtung des Schadenspotenzials der Gebäudehülle des Nutzungstyps Siedlung. Die Prüfung der ermittelten Daten zeigt des weiteren, dass die Schadensdaten für den Nutzungstyp Gewerbe/Industrie in unzureichender Datengüte vorlagen und eine weitere Untersuchung dieser Nutzung im Rahmen der Diplomarbeit nicht möglich war. Im nächsten Bearbeitungsschritt wurden die betrachten Ortslagen in den Einzugsgebieten der drei repräsentativen Gewässertypen des Freistaates Sachsen (Müglitz, Mulde, Elbe) hinsichtlich der Bebauungsstruktur untersucht. Die entwickelte zehnstufige Gebäudetypenklassifizierung zur Ermittlung der ortsspezifischen Bebauungsstruktur stellt eine Vereinfachung und Verbesserung der bestehenden Erfassungssysteme dar. Der Ermittlung der objektbezogenen Schadensdaten folgten umfangreiche Ortsbesichtigungen, in denen ca. 1700 Gebäude hinsichtlich der Lage, des Gebäudetyps und der Höhe der Einlaufschwelle in das Erdgeschoss erfasst wurden. Anschließend wurden die ermittelten Gebäude digitalisiert, die Geländehöhe und der objektbezogene Wasserstand des Augusthochwassers zugeordnet sowie die Überstauhöhe im Erdgeschoss ermittelt. Nach der Zuordnung der Schadenssummen zu den Wasserständen und der Erstellung von nutzungsspezifischen Datenwolken erfolgte die Funktionsentwicklung mittels der Statistiksoftware SPSS. 3 ERGEBNISSE Als Resultat der Untersuchungen zum Schadenspotenzials konnten für die untersuchten Ortslagen
- Dohna und Schlottwitz an der Müglitz, - Döbeln, Grimma und Eilenburg an der Mulde, - Dresdner Stadtteile Gohlis, Cossebaude, Stetzsch an der Elbe, mindesten 3 Schadensfunktionen je Ortslage entwickelt werden. Nachfolgend sind die entwickelten Schadensfunktionen aufgeführt. Eine Verwendung dieser ist nur mit der Kenntnis der Datengüte und den in der Arbeit erläuterten Einsatzgrenzen zu empfehlen. OL Schlottwitz Funktion 1: y = 1 370 x g ² + 12 200 x g + 55 398 R² = (0,06) Gesamtdatenumfang Schlottwitz mit Wasserstand am Gebäude Funktion 2: y = 13 039 x g ² + 1544 x g + 38 675 R² = (0,28) für Nutzung 2 (EFH mit Keller) und Wasserstand am Gebäude Funktion 3: y = 48 865 e ^ ( 0,479 xe ) R² = (0,31) für Nutzung 2 (EFH mit Keller) und Wasserstand im Erdgeschoss OL Dohna Funktion 4: y = 15 735 x e + 11 009 R² = (0,07) für Nutzung 2 (EFH mit Keller), Wasserstand im Erdgeschoss Funktion 5: y = 140 841 x e ² + 59 416 x e + 55 383 R² = (0,71) für Nutzung 3 (MFH ohne Keller), Wasserstand im Erdgeschoss Funktion 6: y = 42 647 x e + 83 323 R² = (0,20) für Nutzung 4 (MFH mit Keller), Wasserstand im Erdgeschoss OL Döbeln Funktion 7: y = 25 410 * 1,86 ^ x e R² = (0,14) für Nutzung 3 (MFH mit Keller), Wasserstand im Erdgeschoss Funktion 8: y = 35 702 x e + 54 679 R² = (0,01) für Nutzung 7 (RMFH ohne Keller), Wasserstand im Erdgeschoss Funktion 9: y = 77 344 * x e ^ 0,216 R² = (0,03) für Nutzung 8 (RMFH mit Keller), Wasserstand im Erdgeschoss OL Grimma Funktion 10: y = 44 403 * x e ^ 1,148 R² = (0,66) für Nutzung 3 (MFH ohne Keller), Wasserstand im Erdgeschoss Funktion 11: y = e ^ (11 + 0,438 * x e ) R² = (0,59) für Nutzung 4 (MFH mit Keller), Wasserstand im Erdgeschoss Funktion 12: y = 55 929 + 9 251 * x e + 8 071 * x e ² - 417 * x e ³ R² = (0,12) für Nutzung 7 (RMFH ohne Keller), Wasserstand im Erdgeschoss
Funktion 13: y = e ^ (11,12 + 0,247 x e ) R² = (0,07) für Nutzung 8 (RMFH mit Keller), Wasserstand im Erdgeschoss OL Eilenburg Funktion 14: y = 52 009 * x e + 1 841 R² = (0,25) für Nutzung 1 (EFH ohne Keller), Wasserstand im Erdgeschoss Funktion 15: y = 20 456 * x e + 88 298 R² = (0,02) für Nutzung 2 (EFH mit Keller), Wasserstand im Erdgeschoss Funktion 16: y = 81 221 * e ^ (0,20 * x e ) R² = (0,03) für Nutzung 4 (MFH mit Keller), Wasserstand im Erdgeschoss Funktion 17: y = e ^ (11,20 + 0,44 x e ) R² = (0,25) für Nutzung 9 (Wohnblöcke mit Keller), Wasserstand im Erdgeschoss Beispielhaft sind die entwickelten Kurven für die Ortslage Dohna (Funktion 4, 5, 6) in dem nachfolgend aufgeführten Diagramm zu entnehmen. (x e entspricht der Wassertiefe im Erdgeschoss und y dem zu erwartenden Schaden) Die ermittelten Kurven wurden mit bestehenden Konzepten (z.b. Machbarkeitsstudie zu den Hochwasserrückhaltbecken im Mügliztal) und bestehenden Funktionen aus der Howas - Datenbank (Schadensdatenbank des Bayrischen Landesamtes) verglichen. Im Resultat konnte festgestellt werden, dass die neuen Funktionen eine genauere Schadensabbildung als die Howas-Funktion für private Wohnnutzung und die in der Gefährdungsanalyse der Dresdner Stadtteile verwendeten Kurven ermöglichen. Die Funktionen der Beckenstudie im Flusslauf der Müglitz konnten anhand der Auswertungsergebnisse bestätigt werden. Als weiteres Ergebnis ist festzuhalten, dass die gewählte Gebäudedifferenzierung in Wohnblöcke (Plattenbauten) und
Reihenmehrfamilienhäuser mit Keller nicht notwendig ist, da beide Nutzungen das gleiche Schadensniveau aufweisen. Im Rahmen der Datenauswertung konnten quantitative Anhaltspunkte für den nutzungsspezifischen Kellerschaden ermittelt und gebäudetypenübergreifende Hinweise gegeben werden. Die entwickelten Schadensfunktionen basieren ausschließlich auf dem Hochwasserparameter Überstaudauer, da sich dieses Kriterium durch hydraulische Modellierung, Erfassung von Wasserstandslinien und Hochwassermarken sehr realistisch im Nachgang des Hochwasserereignisses berechnen lassen. Wie während des Augusthochwassers in den Flussgebieten der Müglitz und der Mulde beobachtet werden konnte, ist die Schadenshöhe in den Berg- und Hügellandgewässern neben der Überstauhöhe auch durch die Größe der Fließgeschwindigkeit im Vorland beeinflusst. Anhand der ermittelten Datenwolken konnte ein qualitativer Zusammenhang zwischen der Fließgeschwindigkeit und der Schadenshöhe ermittelt werden. In dem nachfolgend aufgeführten Diagramm ist beispielhaft die Datenwolke der Nutzung 8 (Reihenmehrfamilienhäuser mit Keller) in der Ortlage Döbeln dargestellt. In dem Diagramm konnten eindeutig von Fließgeschwindigkeit dominierte Sektoren (rotes V) und Bereiche, welche ausschließlich durch die Wassertiefe (rotes H) geschädigt wurden, abgegrenzt werden. Die Schadensorte des V-Sektors wurden mit den Ergebnissen und Fließwegen der ortslagenspezifischen Gefahrenkarten abgeglichen und Übereinstimmungen in den Ergebnissen ermittelt werden. Für die weiteren Hochwasserparameter wie z.b. die Schädigung durch Grundwasser konnten anhand der gewählten Datenbasis kein Einflüsse auf die Gesamtschadenshöhe ermittelt werden. 4 ZUSAMMENFASSUNG
Im Rahmen der Diplomarbeit konnten wichtige Schadensdaten zum Augusthochwasser recherchiert und hinsichtlich der Eignung für eine mikroskalige (objektgenaue) Schadenspotenzialbetrachtung bewertet werden. Die gewählte Datengrundlage der Sächsischen Aufbaubank ermöglicht die realitätsnahe Betrachtung des zu erwartenden Schadens an der Gebäudehülle. Die entwickelte Strategie zur Datenauswertung konnte erfolgreich auf die Daten der Sächsischen Aufbaubank angewendet werden. Die entwickelten Schadensfunktionen stellen eine Verbesserung der bestehende Werkzeuge zur Potenzialermittlung dar und ermöglichen eine Verwendung im Rahmen einer makroskaligen Schadenspotenzialabschätzung. In weiterführenden Untersuchungen sollten die weiteren Hochwasserparameter und die Schadensarten (weiche und harte Schäden) näher betrachtet werden. 5 KONTAKT e-mail des Verfassers: Steve-Kobsch@pgs-dresden.de Steve-Kobsch@web.de Kontaktadresse: HTW Dresden (FH) FB Bauingenieurwesen/Architektur, LG Geotechnik/Wasserwesen Friedrich-List-Platz 1 01069 Dresden