Sehdiagnostik und Sehförderung im Kontext der Beratung und Frühförderung blinder, sehbehinderter und mehrfachbehinderter Kinder 1 Gliederung Grundlagen der visuellen Wahrnehmung und Sehentwicklung Sehdiagnostik: - Beobachtungen des Alltagssehens - Erkennungsmerkmale einer eingeschränkten Sehfähigkeit - Sehtests für Babys, Kleinkinder und mehrfachbehinderte Kinder - Sehtests für Kindergarten- und Vorschulkinder Sehförderung im Kontext der Beratung und Frühförderung Fragen, Austausch 2
Das Auge A Iris Pupille Hornhaut Linse Glaskörper A Aderhaut Netzhaut (Retina) Fovea (gelber Fleck) Sehnerv Quelle: wikipedia/m.lesny-ruoff 3 Weiterleitung & Verarbeitung optischer Reize Quelle: s.frings@zoo.uni-heidelberg.de s.frings@zoo.uni-heidelberg.de Bei der Verarbeitung des Gesehenen sind ca. 30 Gehirnareale beteiligt! 4
CVI: Zerebrale Sehstörungen Definition: Eine zentrale Sehstörung (CVI) ist eine Funktionsstörung der visuellen Wahrnehmung als Folge von Schädigungen des visuellen Systems hinter dem optischen Chiasma (van Nieuwenhuizen 1987). 5 Ein erhöhtes Risiko für CVI besteht bei: gravierenden anlagebedingten Schädigungen des Gehirns Frühgeburtlichkeit erheblichem Sauerstoffmangel bei der Geburt (Hypoxie-Ischämie, perinatale Asphyxie) Infantiler Enzephalophathie (Zerebralparese) Periventrikulärer Leukomalazie (PVL) Hydrozephalus Williams Syndrom Infektionen des zentralen Nervensystems (Meningitis, Enzephalitis) Neurotrauma Neurodegenerativen Erkrankungen Epilepsie vgl. Bals, I.:Zerebrale Sehstörung, Würzburg 2011, 14 6
Auswirkungen einer Sehschädigung Wir nehmen ca. 70-80% aller Informationen über das Auge auf. Der überwiegende Teil aller menschlichen Tätigkeiten wird durch das Sehen gesteuert. Daher ist das Kind, dessen Sehvermögen zu einem bedeutsamen Teil ausfällt, in der Regel von mannigfaltigen Auswirkungen in allen Entwicklungsbereichen betroffen. Diese sind umso nachhaltiger, je früher die Sehschädigung eintritt. 7 Sehen ist KEIN isolierter Vorgang. Eine eingeschränkte Sehfähigkeit wirkt sich auf ALLE Entwicklungsbereiche aus! nach A. Fröhlich 8
Definition Sehbehinderung < 0,3 Sehbehinderung < 0,05 Hochgradige Sehbehinderung Sehschärfe (Visus) 0,02 Gesetzliche Blindheit 9 Kindliche Sehentwicklung 0,8-1,0 bis zur Einschulung 0,5-0,6 bis zum 3. Lebensjahr 0,2-0,3 bis zum 12. Lebensmonat 0,05-0,1 bis zum 6. Lebensmonat Entwicklung der Sehschärfe 0,01 bei Geburt 10
Einschätzung des Sehvermögens Hinweise aus allgemeinen Diagnosen (siehe Arzt- und Entwicklungsberichte) Abklärung durch Orthoptistin und Augenarzt (siehe augenärztliche Befunde) Beobachtungen des funktionalen Sehens im Alltag Überprüfung des Sehens im pädagogischen Kontext 11 Beobachtung des funktionalen Sehens ( Alltagssehen ) Kommunikation Orientierung und Bewegung Aufgaben des täglichen Lebens Fixationsaufgaben in der Nähe 12
Erkennungsmerkmale einer eingeschränkten Sehfähigkeit Pädagogische Auffälligkeiten Motorische Auffälligkeiten Medizinische Auffälligkeiten Es handelt sich um ein hypothesengeleitetes Verfahren. Die beschriebenen Verhaltensweisen erlauben in einem anderen professionellen Kontext auch andere Deutungen: Ein Kind, das keinen Blickkontakt aufnimmt und scheinbar an einem vorbeisieht, kann einen autistischen Eindruck erwecken und damit auf die Diagnose Autismus verweisen. Syndromerkrankungen, bei denen eine Sehschädigung zu erwarten ist (vgl. zu diesem Thema u. a. Appelhans/Krebs 1985, 15; Henriksen/Henriksen 2006; Visio 2005; Hyvärinen o. J. WHO 1992), Sven Degenhardt in VHN 3/2009; Seite 214-215) 13 Sehtests für Babys, Kleinkinder und Kinder mit mehrfachen Behinderungen 14
Sehtests für Kinder im Kindergarten- und Vorschulalter 15 Von der Sehdiagnostik zur Sehförderung Wo steht das Kind? allgemeiner Entwicklungsstand, visuelle Wahrnehmung Wo soll es hin? Förderziel Individualisierung Motivation durch Ich-Relevanz Förderung der Eigenaktivität enge Zusammenarbeit zwischen allen an der Förderung beteiligten Personen 16
Von der Sehdiagnostik zur Sehförderung Die ZWEI Bereiche der Sehförderung: Sehförderung in speziellen Situationen und Sehförderung im Alltag 17 Sehförderung im Kontext der Beratung und Frühförderung Umgangsprinzipien Umgebungsgestaltung Alltagsbezug durch Realobjekte gute Kontraste eindeutige Hintergründe starke Farben blendfreie und gute Beleuchtung 18
Kontakt Gesina Wilfert Fachleitung frühkindlich-vorschulischer Bereich mit Sonderpädagogischem Dienst gesina.wilfert@nikolauspflege.de Nikolauspflege Stiftung für blinde und sehbehinderte Menschen Königin-Olga-Schule Siebenbürgenweg 9 89518 Heidenheim www.nikolauspflege.de Telefon (07321) 2723-12 Fax (07321) 2723 27 19