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Transkript:

1/7 A M T FÜ R A U SW Ä R TIG E A N G ELEG EN H EITEN FÜ R STEN TU M LIEC H TEN STEIN Länderbericht Liechtenstein Vierter Bericht gemäss Art. 25 Abs. 1 der Rahmenkonvention zum Schutz nationaler Minderheiten vom 1. Februar 1995 Vaduz, 25. März 2014 RA 2014/369 Heiligkreuz 14 Postfach 684 9490 Vaduz Liechtenstein T +423 236 60 57 F +423 236 60 59 info.aaa@llv.li

2/7 Einleitung Liechtenstein hat die Rahmenkonvention zum Schutz nationaler Minderheiten am 18. November 1997 ratifiziert. Anlässlich der Hinterlegung der Ratifikationsurkunde zur Rahmenkonvention wurde eine Erklärung abgegeben, wonach der Beitritt Liechtensteins als Akt der Solidarität zu werten ist, da es im Hoheitsgebiet des Landes keine nationalen Minderheiten im Sinne der Rahmenkonvention gibt: Das Fürstentum Liechtenstein erklärt, dass insbesondere die Artikel 24 und 25 des Rahmenübereinkommens zum Schutz nationaler Minderheiten vom 1. Februar 1995 in Bezug auf das Fürstentum Liechtenstein im Lichte der Tatsache zu verstehen sind, dass auf dem Hoheitsgebiet des Fürstentums Liechtenstein keine nationalen Minderheiten im Sinne der Rahmenkonvention bestehen. Das Fürstentum Liechtenstein erachtet die Ratifikation des Rahmenübereinkommens als einen Akt seiner Solidarität mit den Zielsetzungen des Übereinkommens. Der beratende Ausschuss und das Ministerkomitee des Europarates haben anerkannt, dass aufgrund des Fehlens nationaler Minderheiten verschiedene Bestimmungen der Rahmenkonvention nur beschränkt anwendbar sind. Der Ausschuss stellte gleichzeitig fest, dass eine beträchtliche Anzahl ausländischer Staatsangehöriger in Liechtenstein wohnen und dass die religiöse Zusammensetzung der Bevölkerung nicht homogen ist. Vor diesem Hintergrund sei es wichtig, dass Liechtenstein die Integration dieser Gruppen fördere, die aufgrund ihrer religiösen und kulturellen Verschiedenheit mit Schwierigkeiten konfrontiert werden könnten. Auch wenn diese Gruppen nicht als nationale Minderheiten angesehen werden, möchte Liechtenstein dem Anliegen des beratenden Ausschusses und den Empfehlungen des Ministerkomitees vom 30. Juni 2010 nachkommen und widmet diesen Bericht den Massnahmen, welche seit der Einreichung des letzten Berichts zur Vermeidung von Diskriminierung, Rassismus und Intoleranz, der besseren Integration ausländischer Staatsangehöriger sowie zur Bekämpfung von Rechtsextremismus getroffen worden sind. Allgemeine Angaben zu Liechtenstein Liechtenstein wies per Ende Juni 2013 eine ständige Wohnbevölkerung 1 von 36 942 Personen auf. 33.6 Prozent der Wohnbevölkerung sind Ausländerinnen und Ausländer. Von allen in Liechtenstein wohnhaften ausländischen Staatsangehörigen stammen 50.3 Prozent aus dem Gebiet des Europäischen Wirtschaftsraums (EWR) 2, vor allem aus Österreich und Deutschland, sowie 28.8 Prozent aus der Schweiz. Der Anteil der ausländischen Bevölkerung aus Drittländern beträgt entsprechend 20.9 Prozent davon stammen unter anderem 29.8 Prozent aus der Türkei und 46.8 Prozent aus Staaten des ehemaligen Jugoslawien (Serbien, Bosnien-Herzegowina, Kosovo, Kroatien, Mazedonien). 1) Zur ständigen Bevölkerung zählen die in Liechtenstein wohnhaften liechtensteinischen Staatsangehörigen, die Niedergelassenen und die Jahresaufenthalter sowie die Zöllner und deren Angehörige. Weiters dazugerechnet werden die Kurzaufenthalter und die vorläufig Aufgenommenen, die bereits länger als 12 Monate in Liechtenstein leben. 2 Der Europäische Wirtschaftsraum wird von den 27 Mitgliedsstaaten der Europäischen Union sowie den EFTA-Staaten Island, Liechtenstein und Norwegen gebildet.

3/7 Massnahmen zur Förderung der Chancengleichheit und zum Schutz vor Diskriminierung Rechtliche Grundlagen Rassendiskriminierung wird gemäss den Bestimmungen 283 und 33 Ziff. 5 des Strafgesetzbuches (StGB) strafrechtlich verfolgt. Die Mitgliedschaft in rassistischen Vereinigungen ist verboten. Opfer von rassistischen Übergriffen können im Rahmen des Strafverfahrens einen Entschädigungsanspruch einklagen. Der Opferschutz und insbesondere die psychologische sowie materielle Unterstützung wurden mit dem Inkrafttreten des Opferhilfegesetzes im April 2008 weiter verstärkt. Zudem wird auch Schadenersatz für ideelle Schäden gewährleistet. Sowohl das Straf- als auch das Zivilrecht sehen Verfahrenshilfen vor, welche die Befreiung von den Prozesskosten beinhalten und auch ausländischen Personen gewährt werden. Der Schutz vor Diskriminierung auf der Grundlage persönlicher Merkmale wird in Liechtenstein durch besondere Bestimmungen in Spezialgesetzen gewährleistet. Es gibt jedoch keine umfassende Anti-Diskriminierungsgesetzgebung. Beispielsweise sieht das Arbeitsgesetz ausdrücklich den Schutz der Persönlichkeit des Arbeitnehmers vor. Der Begriff Persönlichkeit ist dabei weit auszulegen und deckt unter anderem die Merkmale des Geschlechts, der Herkunft, der Nationalität, der sexuellen Orientierung ab. Weitere Bestimmungen gegen Diskriminierung finden sich im Gesetz über die Gleichstellung von Mann und Frau sowie im Gesetz über die Gleichstellung von Menschen mit Behinderungen. Förderung von Chancengleichheit und Bekämpfung von Rassismus Der im Juni 2002 lancierte nationale Aktionsplan zur Bekämpfung von Rassismus konzentrierte sich auf die vier Bereiche: Sensibilisierung der Öffentlichkeit, Förderung der Integration der ausländischen Bevölkerung, Verbesserung der Datenlage und Dokumentation. Im Jahr 2005 wurde die Arbeitsgruppe zusätzlich damit beauftragt, die von der Regierung beschlossenen Massnahmen gegen Antisemitismus zu koordinieren. Ab 2007 wurde die Umsetzung des Aktionsplans gegen Rassismus von der temporären Arbeitsgruppe an die Stabsstelle für Chancengleichheit übergeben. Die Stabsstelle für Chancengleichheit koordiniert Massnahmen zur Herstellung von Chancengleichheit und zum Schutz der Menschenrechte und ist derzeit die zentrale Einrichtung für die Weiterentwicklung und Umsetzung der Menschenrechte sowie für die Menschenrechtserziehung. Migration und Integration sind seither Teil des Mandates der Stabsstelle für Chancengleichheit. Zudem nimmt auch das Ausländer- und Passamt zahlreiche Aufgaben bei der Integration von Ausländern wahr. 3 Derzeit wird in Liechtenstein eine Reform der Institutionen zum Schutz und zur Förderung der Menschenrechte angestrebt. Im Jahr 2013 hat die Regierung eine Arbeitsgruppe unter 3 Siehe Abschnitt über die Massnahmen zur Integration von Ausländern auf S. 5

4/7 dem Vorsitz des Ministeriums für Gesellschaft eingesetzt. Aufgabe dieser Arbeitsgruppe ist es, Möglichkeiten zur Errichtung einer nationalen unabhängigen Menschenrechtsinstitution zu prüfen und einen entsprechenden Gesetzesentwurf auszuarbeiten. Bekämpfung von Rechtsextremismus Im Juli 2003 rief die Regierung eine Gewaltschutzkommission (GSK) unter dem Vorsitz der Landespolizei ins Leben, zu deren Aufgabe es gehört, die Situation im Bereich rechtsextremer Gewalt in Liechtenstein zu beobachten, zu dokumentieren und frühzeitig auf gefährliche Entwicklungen in diesem Bereich hinzuweisen. Im Jahr 2007 erhielt die Kommission den Auftrag, eine soziologische Studie zu den Hintergründen des Rechtsextremismus in Liechtenstein durchzuführen und davon ausgehend eine Strategie bzw. konkrete Handlungskonzepte zur Verhinderung einer Ausweitung der rechtsextremen Szene unter Jugendlichen in Liechtenstein zu erarbeiten. Eine solche Studie war vom Überprüfungsausschuss CERD in seinen Empfehlungen zum zweiten und dritten Länderbericht Liechtensteins angeregt worden. Die GSK hat im Anschluss eine qualitative Studie bei der Fachhochschule Nordwestschweiz in Auftrag gegeben, welche die rechtsextreme Szene in Liechtenstein analysieren sollte. Die Studie wurde im September 2009 publiziert und lieferte der GSK wertvolle Informationen über die Ursachen von Rechtsextremismus sowie über die Denkweise von Mitgliedern der rechtsextremen Szene in Liechtenstein. Die Studie beinhaltet auch eine Reihe von Handlungsempfehlungen zur Bekämpfung von Rechtsextremismus. Ausgehend von diesen Empfehlungen verabschiedete die Regierung im Jahr 2010 einen Massnahmenplan zur Bekämpfung von Rechtsextremismus. Der Plan sieht konkrete Massnahmen für die Jahre 2010 bis 2015 vor und beinhaltet unter anderem Sensibilisierungskampagnen, die Bildung einer Anlaufstelle für Betroffene sowie verschiedene Präventionsmassnahmen. Viele der Massnahmen konnten seither erfolgreich umgesetzt werden. Seit 2010 wird jährlich ein Monitoring Bericht über rechtsextreme Gewaltvorfälle in Liechtenstein publiziert. In den Berichtsjahren 2011 und 2012 wurden keinerlei rechtsextreme Gewaltvorfälle in Liechtenstein registriert. Sensibilisierung und Bewusstseinsbildung In Sensibilisierungskampagnen für die breite Öffentlichkeit wie auch für bestimmte Zielgruppen werden der Menschenrechtsschutz im Allgemeinen, aber auch Themen wie Respekt, Gleichbehandlung, Rassismus- und Gewaltprävention, interkulturelle und wertschätzende Kommunikation vertieft. Ein besonderes Augenmerk wird auch der Bekämpfung des Antisemitismus und Rechtsextremismus gewidmet. Die Lehrpläne an den liechtensteinischen Schulen haben u.a. explizit zum Ziel, die Jugendlichen zu offenen und toleranten Menschen gegenüber politischen, religiösen und ideologischen Unterschieden zu erziehen und dabei die Menschenrechte kennen und verstehen zu lernen. Sie sollen einerseits lernen, für ihre Rechte einzustehen, und andererseits verstehen, dass die Rechte anderer respektiert werden müssen. Durch die Auseinandersetzung mit anderen Kulturen, Traditionen, Religionen und Wertsystemen können sie ihre eigenen Verhaltensmuster besser verstehen lernen. Auch den Lehrpersonen werden spezielle Kurse zu dieser Thematik angeboten, u.a. wie mit Gewalt und Rassismus in der Schule

5/7 besser umgegangen werden kann. Die liechtensteinische Regierung ist sich auch der Wichtigkeit entsprechender Ausbildungsmassnahmen für das staatliche Personal bewusst. Es werden Kurse in verschiedenen Verwaltungseinheiten durchgeführt. Die GSK führte im Jahr 2010 eine Sensibilisierungskampagne gegen Rechtsextremismus in Liechtenstein durch, welche sich an die breite Öffentlichkeit richtete. Die Kampagne stand unter dem Titel Gemeinsam Gesicht zeigen gegen rechte Gewalt. Grundlagenforschung und statistische Daten Im Jahr 2004 wurde ein Forschungsauftrag an das Liechtenstein-Institut vergeben, um die Defizite der Datenlage in Bezug auf Diskriminierungen aufgrund der Nationalität, Rasse, Religion, Kultur oder Sprache zu identifizieren. Im Jahr 2007 wurden weitere Aufträge für Grundlagenforschungen zu den Bereichen Integration der ausländischen Bevölkerung, Gesellschaftliche Lage von Menschen mit Behinderungen und Homosexuelle Menschen und Diskriminierung in Liechtenstein vergeben. Mit Hilfe dieser Studien konnten Schwachstellen in der Datenlage identifiziert und Empfehlungen für die Ausweitung der systematischen und regelmässigen Datenerhebung, die Zusammenführung bestehender Datensätze und Register, die Disaggregation von Daten sowie für weitere Grundlagenforschung gemacht werden. Verschiedene Verbesserungen sind bereits eingeleitet worden. Seit 2008 wird jährlich eine offizielle Lohnstatistik veröffentlicht, welche vertieften Einblick in die Lohnstruktur der in Liechtenstein Beschäftigten gewährt und international vergleichbare Daten bereitstellt. Seit 2011 publiziert die Regierung jährlich einen Bericht mit Zahlen und Fakten zur Menschenrechtslage in Liechtenstein. Integration von Ausländerinnen und Ausländern Seit 1. Januar 2009 ist das Gesetz über die Ausländer (AuG) in Kraft. Das Gesetz regelt die Ein- und Ausreise, den Aufenthalt, den Familiennachzug und die Beendigung des Aufenthalts von Ausländerinnen und Ausländern, die weder aus EWR-Staaten noch aus der Schweiz stammen. Wesentlicher Bestandteil des Gesetzes ist ein klares Bekenntnis zu einer Integrationspolitik, welche einerseits auf der Integrationsbereitschaft der ausländischen Personen und andererseits auf der Offenheit der einheimischen Bevölkerung basiert. Kernstück ist deshalb die Einführung einer Integrationsvereinbarung zwischen dem Staat und den ausländischen Personen, die insbesondere die finanzielle Unterstützung von Sprachkursen und den Kenntnisnachweis der deutschen Sprache beinhaltet. Um die Integration von Ausländern weiter zu verbessern, wurde von der Regierung im Jahr 2008 die Stelle eines bzw. einer Integrationsbeauftragten innerhalb des Ausländerund Passamtes geschaffen, welche dafür verantwortlich ist, die Integration aktiv zu fördern und beschlossene Integrationsmassnahmen umzusetzen. Gleichzeitig ist diese Person für Ausländer leicht zugänglich und unterstützt diese bei integrationsbezogenen Fragen. Im Jahr 2010 verabschiedete die Regierung ein neues Integrationskonzept welches auf dem Prinzip Liechtenstein Stärke durch Vielfalt basiert. Das Konzept betont die Vorteile von Vielfalt und Mehrsprachigkeit für die Gesellschaft in Liechtenstein. Seit 2011

6/7 findet zudem jährlich eine Integrationskonferenz statt, welche als Plattform des Dialogs zwischen den Ausländervereinigungen und der Regierung dient. Religion Die Liechtensteinische Verfassung garantiert die Glaubens- und Gewissensfreiheit und gewährleistet die staatsbürgerlichen und politischen Rechte unabhängig von der Konfession. Das Strafgesetzbuch verbietet jegliche Form der Diskriminierung basierend auf der Religionszugehörigkeit. Gemäss der letzten Volkszählung von 2010 gaben 75.9 Prozent der ständigen Bevölkerung an, der römisch-katholischen Konfession zuzugehören, 8.5 Prozent bezeichneten sich der protestantischen und 5.4 Prozent der islamischen zugehörig. 8 Prozent gehörten keiner Konfession an oder machten keine Angaben zu ihrer Konfession. Zur Zeit ist eine institutionelle Entflechtung beziehungsweise Neuordnung der Beziehungen zwischen Staat und Kirche in Vorbereitung. Dieses Reformprojekt umfasst neben einer entsprechenden Verfassungsänderung ein spezielles Religionsgesetz. Es ist vorgesehen, dass künftig auch die Evangelische Kirche und Evangelisch-lutherische Kirche sowie später auf Antrag auch andere christliche bzw. nichtchristliche Religionsgemeinschaften öffentlich-rechtlich anerkannt werden können. Sprache und Bildung Seit 2009 gilt Hochdeutsch als offizielle Unterrichtssprache in allen Schulstufen. Zuvor wurde (teilweise) in Dialekt unterrichtet. In den Pflichtschulen stehen fremdsprachigen Kindern verschiedene Sprachförderungsprogramme zur Verfügung. Diese beinhalten beispielsweise Intensivkurse in Deutsch für fremdsprachige Kinder über die Dauer von 12 Monaten, bevor sie in eine ordentliche Klasse integriert werden. Ebenfalls wird Ergänzungsunterricht in Deutsch vom Kindergarten bis zum Ende der obligatorischen Schulzeit während maximal sieben Jahren angeboten. Für fremdsprachige Kinder ist der Besuch des zweiten Kindergartenjahres obligatorisch. Die Erweiterung der ausserhäuslichen Betreuungsstrukturen und die Einführung von Tagesschulen, die insbesondere auch begleitetes Lernen und Hausaufgabenbetreuung sowie Mittagstische und Nachmittagsaktivitäten anbieten, sind für Kinder von fremdsprachigen und berufstätigen Eltern von besonderer Bedeutung. Zusätzlich wurden gezielte Massnahmen für Schüler mit Migrationshintergrund ergriffen, um ihre sprachlichen Fähigkeiten zu verbessern und sie für die Bedeutung der Bildung zu sensibilisieren. So unterstützte die Regierung beispielsweise Mutter-Kind-Deutschkurse, welche auf die bessere Integration von Müttern mit Migrationshintergrund und deren Kinder abzielen. 2013 hat die OECD die aktuelle PISA-Bildungsstudie publiziert. Diese zeigt, dass die Leistung der Schüler in Liechtenstein sich in allen geprüften Fächern auf exzellentem Niveau befindet. Es zeigte sich auch, dass die Resultate von Schülern mit Migrationshintergrund schlechter waren als jene von liechtensteinischen Staatsangehörigen. Dennoch ist festzuhalten, dass die Leistung der Schüler mit Migrationshintergrund in Liechtenstein sich auf dem Durchschnitt der OECD-Länder bewegt und sogar besser als in den Nachbarstaaten ist.

7/7 Asylsuchende und Flüchtlinge Seit Ende 2011 ist Liechtenstein assoziiertes Schengen-/Dublin-Mitglied und wendet seither die Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaates, der für die Prüfung eines Asylantrags zuständig ist, an. In diesem Zusammenhang ist per Anfang 2012 auch ein neues Asylgesetz in Kraft getreten, welches das ehemalige Flüchtlingsgesetz ersetzt hat. Die Zahl der Asylgesuche ist in Liechtenstein in den vergangenen Jahren gestiegen. Während im Jahr 2012 insgesamt 74 Asylgesuche eingereicht wurden, stieg die Zahl im Jahr 2013 auf 93 an. 40 Prozent der Asylsuchenden waren Bürger eines EU-Mitgliedsstaats beziehungsweise besassen dort ein Aufenthaltsrecht. Zwölf Gesuchsteller wurden auf dem Dublin-Weg in das für das jeweilige Asylverfahren zuständige europäische Land überstellt, 23 Personen haben ihr Gesuch zurückgezogen und 35 sind untergetaucht. 18 Personen reisten kontrolliert, also mit gültigen Reisepapieren, aus Liechtenstein aus. Einer Person wurde in Liechtenstein Asyl gewährt. Liechtenstein verfügt weder über einen Flughafen noch über einen Schiffshafen und kann lediglich über den Landweg, d.h. über die Schweiz und Österreich, erreicht werden. Dieser Umstand sowie die Tatsache, dass die meisten Gesuche aus wirtschaftlichen oder persönlichen Gründen erfolgen und nicht auf den Kriterien der Genfer Flüchtlingskonvention basieren, erklärt die relativ geringe Anzahl anerkannter Flüchtlinge in Liechtenstein. Zusammenarbeit zur Förderung des Abkommens Liechtenstein wird den Dialog mit dem beratenden Ausschuss weiterführen und in der bisherigen Form Bericht erstatten. Sämtliche Länderberichte sowie Resolutionen des Ministerkomitees werden publiziert und können im Internet unter www.llv.li/menschenrechte abgerufen werden. Die vertrauensbildenden Massnahmen des Europarates, insbesondere auf lokaler und regionaler Ebene, werden von Liechtenstein weiterhin unterstützt. Dies eröffnet eine weitere Möglichkeit, die Solidarität mit den Zielsetzungen der Rahmenkonvention zum Ausdruck zu bringen.