BGH, Urteil vom , Az. VI ZR 144/13: Produkthaftung eines Stromnetzbetreibers für Überspannungsschäden an Haushaltsgeräten

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Transkript:

BGH, Urteil vom 25.2.2014, Az. VI ZR 144/13 Modest Rechtsprechung Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Gesetzes ergeben sich lediglich in Bezug auf die Situation des Kernkraftwerks Krümmel. Auch insoweit kann das Gesetz nur dann rechtmäßig sein, wenn es sich wie bereits oben festgestellt bei der Abschaltung des Kernkraftwerks Krümmel um eine echte Gefahrenabwehrmaßnahme handelt. Durch die frühzeitige Abschaltung des Kernkraftwerks sind erhebliche Reststrommengen des Betreibers, der Kernkraftwerk Krümmel GmbH & Co. OHG, nicht mehr durch das Kraftwerk selbst zu nutzen, sondern allenfalls übertragbar gem. 7 Abs. 1 b S. 4 AtG. Dadurch verschärft sich die Ungleichbehandlung der Betreiber, 100 da das Kraftwerk im Vergleich zu den restlichen Meilern die vom Netz genommen wurden, noch relativ jung ist. 101 Es wird sich mithin zeigen, ob das Gesetz auch bezüglich dieser Ausnahme als verhältnismäßig anzusehen ist. VII. Fazit Im Ergebnis ist festzuhalten, dass die eingangs gestellte Frage nach einem berechtigten juristischen Vertrauen in die 13. Atomrechtsnovelle verneint werden muss. Insoweit ist zwar von einer Verfassungsmäßigkeit des Gesetzes auszugehen, jedoch hängt dieses Ergebnis stark davon ab, ob der jetzt vom Gesetzgeber gewährte zeitliche Korridor tatsächlich die Möglichkeit bietet, die den Energieversorgungsunternehmen zugesicherten Reststrommengen zu nutzen. Ist dies nicht der Fall so muss der den Betreibergesellschaften zustehende Vertrauensschutz zu einer Unverhältnismäßigkeit des Gesetzes führen. Weiterhin ist erkennbar, dass insbesondere die Auseinandersetzung im Bezug auf das störanfällige Kernkraftwerk Krümmel einer besonderen Prüfung untersteht. Sowohl die nach der 11. Atomrechtsnovelle getätigten Investitionen als auch die nur kurze Betriebsdauer müssen durch die Betreiber nur dann hingenommen werden, wenn es sich bei der vorzeitigen Stilllegung des Meilers um eine echte Gefahrenabwehrmaßnahme handelte. 100 Das Kernkraftwerk wird von der Kernkraftwerk Brunsbüttel GmbH & Co. OHG betrieben, deren Gesellschafter die Vattenfall Europe Nuclear Energy GmbH (67%) und die E.ON Kraftwerk GmbH (33%) sind. 101 Das Kraftwerk würde seit seiner Inbetriebnahme im Jahre 1983 bis zu seiner Stilllegung am 6.8.2011 lediglich 28 Jahre wirtschaftlich genutzt. BGH, Urteil vom 25.2.2014, Az. VI ZR 144/13: Produkthaftung eines Stromnetzbetreibers für Überspannungsschäden an Haushaltsgeräten Cordula Modest* I. Leitsätze 1. Führt eine übermäßige Überspannung zu Schäden an üblichen Verbrauchsgeräten, liegt ein Fehler des Produkts Elektrizität vor. 2. Nimmt der Betreiber des Stromnetzes Transformationen auf eine andere Spannungsebene hier in die sogenannte Niederspannung für die Netzanschlüsse von Letztverbrauchern vor, ist er Hersteller des Produkts Elektrizität. 3. In diesem Fall ist das Produkt Elektrizität erst mit der Lieferung des Netzbetreibers über den Netzanschluss an den Anschlussnutzer in den Verkehr gebracht. II. Wesentlicher Sachverhalt Der Kläger macht gegen die Beklagte Schadensersatz wegen eines Überspannungsschadens geltend. Die Beklagte ist Betreiberin eines kommunalen Stromnetzes und stellt dieses den Stromproduzenten (Einspeisern) und Abnehmern zur Verfügung. Dazu transformiert sie den Strom auf eine andere Spannungsebene (Niederspannung). Der Kläger ist mit seinem Haus an das Niederspannungsnetz der Beklagten angeschlossen. Am 6. Mai 2009 gab es eine Störung der Stromversorgung im Wohnviertel des Klägers. Nach einem Stromausfall trat in seinem Hausnetz eine Überspannung auf, durch die mehrere Elektrogeräte und die Heizung beschädigt wurden. Die Ursache für die Überspannung lag in der Unterbrechung von zwei sogenannten PEN-Leitern (PEN = protective earth neutral) in der Nähe des Hauses des Klägers, über die sein Haus mit der Erdungsanlage verbunden war. Das Amtsgericht hat die auf Zahlung von 2.847,37 nebst Zinsen und Kosten gerichtete Klage abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat das Landgericht das Urteil des Amtsgerichts teilweise abgeändert und die Beklagte zur Zahlung von 2.347,37 nebst Zinsen und Kosten an den Kläger verurteilt. Im Übrigen hat es die Berufung zurückgewiesen. Mit ihrer vom Landgericht zugelassenen Revision erstrebt die Beklagte die Wiederherstellung des amtsgerichtlichen Urteils. III. Wesentliche Entscheidungsgründe I. Nach Auffassung des Berufungsgerichts steht dem Kläger nach 1 Abs. 1 ProdHaftG ein Anspruch auf Schadensersatz * Wiss.Mit. am EWeRK. EWeRK 4/2014 233

Rechtsprechung Modest BGH, Urteil vom 25.2.2014, Az. VI ZR 144/13 gegen die Beklagte abzüglich der Selbstbeteiligung von 500 gemäß 11 ProdHaftG zu. Elektrizität sei nach 2 ProdHaftG vom Schutzbereich des Gesetzes als Produkt umfasst. Ein Fehler im Sinne des 3 ProdHaftG liege vor, wenn berechtigte Sicherheitserwartungen hinsichtlich des gelieferten Stroms enttäuscht würden, also wenn er unzulässige Spannungs- oder Frequenzschwankungen aufweise. Die Beklagte sei jedenfalls deshalb im Sinne des 4 ProdHaftG als Herstellerin der fehlerhaften Elektrizität anzusehen, weil sie das Produkt durch Transformation auf eine andere Spannungsebene verändert habe. Ansprüche aus dem Produkthaftungsgesetz seien nicht durch 18 Niederspannungsanschlussverordnung (NAV) gesperrt. Der Norm könne keine Beschränkung der Haftung auf verschuldensabhängige Tatbestände entnommen werden. II. Diese Ausführungen halten einer revisionsrechtlichen Nachprüfung stand. Das Berufungsgericht hat mit Recht eine Haftung der Beklagten für die durch die Überspannung verursachten Schäden gemäß 1 Abs. 1 Satz 1, 2, 3 Abs. 1, 4 Abs. 1 ProdHaftG bejaht. 1. Das Berufungsgericht ist rechtsfehlerfrei davon ausgegangen, dass durch einen Fehler des Produkts Elektrizität Schäden an üblichen Verbrauchsgeräten des Klägers entstanden sind. Gemäß 2 ProdHaftG ist neben beweglichen Sachen auch Elektrizität ein Produkt im Sinne des Produkthaftungsgesetzes. Nach den getroffenen Feststellungen wies die Elektrizität aufgrund der Überspannung einen Fehler gemäß 3 Abs. 1 ProdHaftG auf, der die Schäden an den Elektrogeräten und der Heizung verursacht hat. Ein Produkt hat nach 3 Abs. 1 ProdHaftG einen Fehler, wenn es nicht die Sicherheit bietet, die unter Berücksichtigung aller Umstände berechtigterweise erwartet werden kann. Abzustellen ist dabei nicht auf die subjektive Sicherheitserwartung des jeweiligen Benutzers, sondern objektiv darauf, ob das Produkt diejenige Sicherheit bietet, die die in dem entsprechenden Bereich herrschende Verkehrsauffassung für erforderlich hält (vgl. Senatsurteile vom 16. Juni 2009 VI ZR 107/08, BGHZ 181, 253 Rn. 12 mwn; vom 17. März 2009 VI ZR 176/08, VersR 2009, 649 Rn. 6; vom 5. Februar 2013 VI ZR 1/12, VersR 2013, 469 Rn. 12). Die nach 3 Abs. 1 ProdHaftG maßgeblichen Sicherheitserwartungen beurteilen sich grundsätzlich nach denselben objektiven Maßstäben wie die Verkehrspflichten des Herstellers im Rahmen der deliktischen Haftung gemäß 823 Abs. 1 BGB (vgl. Senatsurteil vom 16. Juni 2009 VI ZR 107/08, aao mwn). Dabei kann die Beachtung gesetzlicher Sicherheitsvorschriften oder die Befolgung technischer Normen, wie z.b. DIN-Normen oder sonstiger technischer Standards, von Bedeutung sein, wobei dies allerdings nicht bedeutet, dass ein Produkt bei Befolgung solcher Normen immer als fehlerfrei angesehen werden müsste (vgl. BT-Drucks. 11/2447, S. 19; Kullmann in Kullmann/Pfister/Stöhr/Spindler, Produzentenhaftung, Kza 3604 II 3 b bb [Stand: Juni 2010]; Palandt/Sprau, BGB, 73. Aufl., 3 ProdHaftG Rn. 4; zu Verkehrssicherungspflichten Senatsurteil vom 9. September 2008 VI ZR 279/06, VersR 2008, 1551 Rn. 16 mwn). Die Verordnung über Allgemeine Bedingungen für den Netzanschluss und dessen Nutzung für die Elektrizitätsversorgung in Niederspannung vom 1. November 2006 (Niederspannungsanschlussverordnung NAV, BGBl. I S. 2477, zuletzt geändert durch Art. 4 der Verordnung vom 3. September 2010, BGBl. I S. 1261) konkretisiert in ihrem Anwendungsbereich die berechtigten Sicherheitserwartungen an das Produkt Elektrizität (vgl. zu der Vorgängerverordnung AVBEltV Klein, BB 1991, 917, 920; ders., Die Haftung der Versorgungsunternehmen für Störungen in der Versorgungszufuhr, 1988, S. 247 f.; Schmidt-Salzer in Schmidt-Salzer/Hollmann, Kommentar zur EG-Richtlinie Produkthaftung, Band 1, 1986, Art. 2 Rn. 80 mit Fn. 48; Staudinger/Oechsler, BGB, Neubearb. 2014, 2 ProdHaftG Rn. 49). Gemäß 16 Abs. 3 NAV hat der Netzbetreiber Spannung und Frequenz möglichst gleichbleibend zu halten; allgemein übliche Verbrauchsgeräte und Stromerzeugungsanlagen müssen einwandfrei betrieben werden können (siehe auch Ahnis/de Wyl, IR 2007, 77, 80; zu Spannung und Frequenz 7 NAV, 5 Abs. 1 Stromgrundversorgungsverordnung StromGVV). Danach liegt ein Verstoß gegen die berechtigten Sicherheitserwartungen in das Produkt Elektrizität jedenfalls dann vor, wenn eine Überspannung wie im Streitfall zu Schäden an üblichen Verbrauchsgeräten führt (vgl. Ahnis/de Wyl, aao; Hartmann in Danner/Theobald, Energierecht, IV., 16 NAV Rn. 9 f. [Stand: Januar 2007]; de Wyl/Eder/Hartmann, Netzanschluss- und Grundversorgungsverordnungen, 2008, 16 NAV Rn. 3). In diesem Fall ist der Bereich der Spannungsschwankungen, mit denen der Verkehr rechnen muss, nicht mehr eingehalten. Es wird allgemein angenommen, dass zumindest bei übermäßigen Frequenz- oder Spannungsschwankungen eine Haftung nach 1 ProdHaftG ausgelöst werden kann (vgl. Graf von Westphalen in Foerste/Graf von Westphalen, Produkthaftungshandbuch, 3. Aufl., 47 Rn. 26; Lenz in Lenz, Produkthaftung, 2014, 3 Rn. 299; Lorenz, ZHR 151 (1987), 1, 18; Kullmann in Kullmann/Pfister/Stöhr/Spindler, Produzentenhaftung, Kza 3603 II 1 [Stand: September 2008] und in ProdHaftG, 6. Aufl., 2 Rn. 5; Mayer, VersR 1990, 691, 697; MüKoBGB/Wagner, 6. Aufl., 2 ProdHaftG Rn. 3; Palandt/Sprau, aao, 2 ProdHaftG Rn. 1 ae; Staudinger/Oechsler, aao, Rn. 45; Unberath/Fricke, NJW 2007, 3601, 3604). Die Revision wendet ohne Erfolg ein, das Berufungsgericht habe nicht berücksichtigt, dass nach den Ausführungen des gerichtlichen Sachverständigen die redundante Auslegung des Niederspannungsnetzes der Beklagten dem Stand der Technik sowie der geübten Praxis in vielen deutschen Verteilungsnetzen entsprochen und die Anforderungen an die ausreichende Versorgungsqualität erfüllt habe. Denn abzustellen ist bei der verschuldensunabhängigen Haftung nach dem Produkthaftungsgesetz allein auf den Fehler des Produkts, nicht hingegen darauf, ob und ggf. welche Fehler dem Produktionsvorgang 234 EWeRK 4/2014

BGH, Urteil vom 25.2.2014, Az. VI ZR 144/13 Modest Rechtsprechung selbst oder den diesem nachfolgenden Prozessen anhafteten. Im Streitfall war das Produkt Elektrizität fehlerhaft, weil wegen der Unterbrechung der beiden PEN-Leiter eine übermäßige Überspannung auftrat. Offenbleiben kann, wie die von der Revision angesprochenen Fälle zu beurteilen sind, in denen die Unregelmäßigkeiten auf besondere Umstände wie etwa Naturgewalten zurückzuführen sind. 2. Die Beklagte ist als Herstellerin des fehlerhaften Produkts Elektrizität gemäß 4 Abs. 1 Satz 1 ProdHaftG anzusehen. a) Nach dieser Vorschrift ist Hersteller im Sinne des Produkthaftungsgesetzes, wer das Endprodukt, einen Grundstoff oder ein Teilprodukt hergestellt hat. Ebenso wie Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 85/374/EWG des Rates vom 25. Juli 1985 zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Haftung für fehlerhafte Produkte (ABl. Nr. L 210 vom 7. August 1985, S. 29, zuletzt geändert durch Art. 1 der Richtlinie 1999/34/EG vom 10. Mai 1999, ABl. Nr. L 141 vom 4. Juni 1999, S. 20) definiert 4 Abs. 1 Satz 1 ProdHaftG weder den Begriff des Herstellens noch den Begriff des Herstellers direkt. Er bestimmt nur, wer dem Herstellerkreis haftungsrechtlich zugeordnet werden muss (vgl. Taschner/Frietsch, Produkthaftungsrecht und EG Produkthaftungsrichtlinie, 2. Aufl., ProdHaftG 4 Rn. 4; Graf von Westphalen, aao, 49 Rn. 2). Wer im Einzelfall Hersteller des Produkts Elektrizität ist, ist im Wege einer richtlinienkonformen Auslegung des 4 Abs. 1 Satz 1 ProdHaftG zu ermitteln (vgl. EuGH, Urteil vom 29. Mai 1997 C-300/95, Slg. 1997, I-2649 Rn. 38; Lenz, aao, 3 Rn. 277; Staudinger/Oechsler, aao, Einl. zum ProdHaftG Rn. 43 ff.). Die Auslegung muss sich so weit wie möglich am Wortlaut und Zweck der Richtlinie ausrichten, um das mit der Richtlinie verfolgte Ziel zu erreichen (vgl. BGH, Urteile vom 26. November 2008 VIII ZR 200/05, BGHZ 179, 27 Rn. 19 mwn; vom 21. Dezember 2011 VIII ZR 70/08, BGHZ 192, 148 Rn. 24 mwn). In diesem Zusammenhang ist im Streitfall insbesondere zu berücksichtigen, dass die Richtlinie 85/374/EWG unter anderem das Ziel verfolgt, den Schutz der Verbraucher zu gewährleisten (vgl. EuGH, Urteil vom 21. Dezember 2011 C-495/10, Vers- RAl 2012, 34 Rn. 22, 31 Dutrueux). b) Zur Richtlinie 85/374/EWG hat der Europäische Gerichtshof unter Bezugnahme auf die Begründung des Richtlinienvorschlags vom 9. September 1976 (Bulletin der EG, Beilage 11/76, Erl. zu Art. 1 Nr. 6 = BT-Drucks. 7/5812, S. 6 f. zu Art. 1 Buchst. e) darauf hingewiesen, dass nach Abwägung der jeweiligen Rollen der verschiedenen in den Herstellungs- und Vertriebsketten tätig werdenden Wirtschaftsteilnehmer die Entscheidung getroffen wurde, die Haftung für durch fehlerhafte Produkte verursachte Schäden in der durch die Richtlinie geschaffenen rechtlichen Regelung grundsätzlich dem Hersteller und nur in einigen beschränkten Fällen dem Importeur und dem Lieferanten aufzubürden. Da der Lieferant in der überwiegenden Mehrzahl der Fälle lediglich das gekaufte Produkt unverändert weitergibt und nur der Hersteller die Möglichkeit hat, auf die Qualität des Produktes einzuwirken, wird es als angebracht angesehen, die Haftung für fehlerhafte Produkte auf den Hersteller zu konzentrieren (vgl. EuGH, Urteil vom 10. Januar 2006 C-402/03, NJW 2006, 1409 Rn. 27 ff. Skov und Bilka; Urteil vom 21. Dezember 2011 C-495/10, aao, Rn. 25 Dutrueux). c) Bei der Auslegung des Herstellerbegriffs ist der enge Zusammenhang zu dem Produktbegriff des 2 ProdHaftG zu berücksichtigen (vgl. Staudinger/Oechsler, aao, 4 Prod- HaftG Rn. 12; Graf von Westphalen, aao, 49 Rn. 3). Der Herstellerbegriff setzt danach grundsätzlich das "Erzeugen eines Produkts" im Sinne des 2 ProdhaftG voraus (vgl. Kullmann in Kullmann/Pfister/Stöhr/Spindler, aao, Kza 3605 I 2 b [Stand: Juni 2009]). Nach der Begründung des Richtlinienvorschlags vom 9. September 1976 sind mit dem Begriff des Herstellers alle Personen gemeint, die in eigener Verantwortung an dem Prozess der Herstellung des Produkts beteiligt waren (vgl. Bulletin der EG, Beilage 11/76, Erl. zu Art. 2 Nr. 7 = BT-Drucks. 7/5812, S. 7 zu Art. 2 Buchst. a). In diesem Sinne wird auch im vierten Erwägungsgrund der Richtlinie ausgeführt, dass es der Schutz des Verbrauchers erfordert, dass alle am Produktionsprozess Beteiligten haften, wenn das Endprodukt oder der von ihnen gelieferte Bestandteil oder Grundstoff fehlerhaft ist (vgl. EuGH, Urteil vom 21. Dezember 2011 C-495/10, aao, Rn. 23 Dutrueux; Taschner/ Frietsch, aao, 4 Rn. 3 f.). d) Hersteller ist demnach jeder, in dessen Organisationsbereich das Produkt entstanden ist (vgl. Brüggemeier/Reich, WM 1986, 149, 151; MüKoBGB/Wagner, aao, 4 Prod- HaftG Rn. 6; PWW/Schaub, BGB, 8. Aufl., 4 ProdHaftG Rn. 2; Soergel/Krause, BGB, 13. Aufl., 4 ProdHaftG Rn. 3; siehe auch OLG Düsseldorf, IHR 2012, 197, 201; Staudinger/ Oechsler, aao, 4 ProdHaftG Rn. 10). Der Umkehrschluss aus der Lieferantenhaftung nach 4 Abs. 3 ProdHaftG ergibt, dass die Herstellung vom Produktvertrieb bzw. Produkthandel abzugrenzen ist (Staudinger/Oechsler, aao, Rn. 8). Für die Abgrenzung ist entscheidend, ob in die Produktgestaltung oder in eine wesentliche Produkteigenschaft eingegriffen wird oder ob eine im Vergleich mit dem Herstellungsprozess nur unerhebliche Manipulation am Produkt erfolgt (Staudinger/ Oechsler, aao Rn. 37; Taschner/Frietsch, aao, Rn. 23; MüKoBGB/Wagner, aao, Rn. 12; siehe auch die Beispiele bei Kullmann in Kullmann/Pfister/Stöhr/Spindler, aao, Kza 3605 II 1 b [Stand: September 2008]; ders. ProdHaftG, 6. Aufl., 4 Rn. 16 ff.). Dabei kommt es insbesondere auf die sicherheitsrelevanten Eigenschaften des Produktes an (vgl. OLG Düsseldorf, NJW-RR 2001, 458; MüKoBGB/Wagner, aao, Rn. 7, 12). Es kommt hingegen nicht darauf an, ob der Hersteller zum Zeitpunkt des Inverkehrbringens des Produkts feststellbar war oder nicht. Dieser Gesichtspunkt kann allein für die Frage von Bedeutung sein, ob ein Lieferant gemäß 4 Abs. 3 ProdHaftG wie ein Hersteller haftet (Senatsurteil vom 21. Juni 2005 VI ZR 238/03, VersR 2005, 1297, 1298). e) Nach diesen Grundsätzen ist die Beklagte im Streitfall als Herstellerin des Produkts Elektrizität anzusehen. Dies ergibt EWeRK 4/2014 235

Rechtsprechung Modest BGH, Urteil vom 25.2.2014, Az. VI ZR 144/13 sich bereits aus der Feststellung des Berufungsgerichts, dass die Beklagte als Betreiberin des Stromnetzes in W. Transformationen auf eine andere Spannungsebene, nämlich die sogenannte Niederspannung für die Netzanschlüsse von Letztverbrauchern, vornimmt. In diesem Fall wird anders als bei einem reinen Lieferungs- oder Weiterverteilungsunternehmen die Eigenschaft des Produkts Elektrizität durch den Betreiber des Stromnetzes in entscheidender Weise verändert, weil es nur nach der Transformation für den Letztverbraucher mit den üblichen Verbrauchsgeräten nutzbar ist. Folgerichtig wird auch im Schrifttum angenommen, dass in einem solchen Fall der "Lieferant" der Elektrizität mit der von ihm geänderten Eigenschaft als Hersteller anzusehen ist (vgl. MüKoBGB/Wagner, aao, Rn. 12; Klein, BB 1991, 917, 921; Schweers, Vertragsbeziehungen und Haftung im novellierten Energiewirtschaftsrecht, 2001, S. 141; Unberath/Fricke, aao, 3605; für eine regelmäßig gegebene Haftung nach 4 Abs. 3 Prod- HaftG Witzstrock, VersR 2002, 1457, 1460). 3. Die Revision beruft sich auch ohne Erfolg auf den Haftungsausschluss nach 1 Abs. 2 Nr. 2 ProdHaftG. Sie meint, das Berufungsgericht habe rechtsfehlerhaft nicht berücksichtigt, dass das Produkt Elektrizität zu dem Zeitpunkt, zu dem der Strom in das Niederspannungsnetz eingespeist worden sei, keine unzulässigen Spannungs- und Frequenzschwankungen aufgewiesen habe und damit nicht fehlerhaft gewesen sei. Damit setzt sie jedoch den Zeitpunkt des Inverkehrbringens zu früh an. Der Strom ist nicht mit der Einspeisung in das Niederspannungsnetz in den Verkehr gebracht worden, sondern erst mit der Belieferung des Klägers über den Netzanschluss. Zu diesem Zeitpunkt war das Produkt Elektrizität fehlerhaft. a) Nach 1 Abs. 2 Nr. 2 ProdHaftG ist die Ersatzpflicht des Herstellers ausgeschlossen, wenn nach den Umständen davon auszugehen ist, dass das Produkt den Fehler, der den Schaden verursacht hat, noch nicht hatte, als der Hersteller es in den Verkehr brachte. Der Begriff des Inverkehrbringens, den die Richtlinie nicht definiert, ist unter Berücksichtigung der Zielsetzung der Richtlinie und des mit ihr verfolgen Zwecks auszulegen. Die Fälle, in denen der Hersteller sich von seiner Haftung befreien kann (Art. 7 der Richtlinie), sind dabei im Interesse der durch ein fehlerhaftes Produkt Geschädigten eng auszulegen (vgl. EuGH, Urteile vom 10. Mai 2001 C-203/99, NJW 2001, 2781 Rn. 14 f. Veedfald; vom 9. Februar 2006 C-127/04, NJW 2006, 825 Rn. 23 ff. O'Byrne). Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs setzt ein Inverkehrbringen voraus, dass das Produkt den vom Hersteller eingerichteten Prozess der Herstellung verlassen hat und in einen Prozess der Vermarktung eingetreten ist, in dem es in ge- oder verbrauchsfertigem Zustand öffentlich angeboten wird (vgl. EuGH, Urteil vom 9. Februar 2006 C-127/04, aao O'Byrne, zu Art. 11 der Richtlinie; Katzenmeier in Dauner-Lieb/Langen, BGB, 2. Aufl., 1 ProdHaftG Rn. 17; MüKoBGB/Wagner, aao, 1 ProdHaftG Rn. 24 ff.; Staudinger/Oechsler, aao, 1 ProdHaftG Rn. 44 ff.). Die Kommission der Europäischen Gemeinschaften und die Begründungen zum Entwurf des Produkthaftungsgesetzes haben eine Erläuterung des Begriffs des Inverkehrbringens nicht als erforderlich angesehen, weil sich der Begriff "aus seinem natürlichen Wortsinn von selbst verstehe" (Bulletin der EG, Beilage 11/76, Erl. zu Art. 5 = BT-Drucks. 7/5812, S. 8 sowie BT-Drucks. 11/2447, S. 14). Die amtliche Begründung zu 1 ProdhaftG führt dazu aus, ein Produkt sei gewöhnlich in den Verkehr gebracht, wenn es in die Verteilungskette gegeben worden sei, also wenn der Hersteller es aufgrund seines Willensentschlusses einer anderen Person außerhalb seiner Herstellersphäre übergeben habe (BT-Drucks. 11/2447, S. 14). Diese Ansicht wird jedenfalls hinsichtlich des Endherstellers geteilt, weil aus seiner Perspektive ein Inverkehrbringen nur die Abgabe an den Handel oder an den Endverbraucher sein könne (Schmidt-Salzer, aao, Art. 7 Rn. 15; vgl. auch 6 des österreichischen Produkthaftungsgesetzes, wonach ein Produkt in den Verkehr gebracht ist, sobald es der Unternehmer einem anderen in dessen Verfügungsmacht oder zu dessen Gebrauch übergeben hat). b) Bei der Übertragung dieser Grundsätze auf den Streitfall ist zu beachten, dass Art. 7 der Richtlinie 85/374/EWG im Unterschied zu deren Art. 11 eng auszulegen ist (vgl. EuGH, Urteil vom 9. Februar 2006 C-127/04, aao O'Byrne). Zudem sind die Besonderheiten des Produkts Elektrizität zu berücksichtigen. Im Hinblick darauf liegt ein Inverkehrbringen des Produkts Elektrizität erst mit der Lieferung des von dem Netzbetreiber übergabefähig transformierten Stroms über den Netzanschluss an den Anschlussnutzer vor (vgl. Katzenmeier in Dauner-Lieb/Langen, aao; Klein, BB 1991, 917, 923; ders., Die Haftung der Versorgungsunternehmen für Störungen in der Versorgungszufuhr, 1988, S. 245, 250 f.; Schweers, Vertragsbeziehungen und Haftung im novellierten Energiewirtschaftsrecht, 2001, S. 142). Denn aus der Niederspannungsanschlussverordnung ergibt sich, dass der Netzbetreiber gerade für die Stromqualität am Netzanschluss verantwortlich ist. Der Netzanschluss verbindet das Elektrizitätsversorgungsnetz der allgemeinen Versorgung mit der elektrischen Anlage des Anschlussnehmers. Er beginnt an der Abzweigstelle des Niederspannungsnetzes und endet grundsätzlich mit der Hausanschlusssicherung (vgl. 5 NAV). Netzanschlüsse werden durch den Netzbetreiber hergestellt ( 6 Abs. 1 Satz 1 NAV). Sie gehören noch zu den Betriebsanlagen des Netzbetreibers ( 8 Abs. 1 Satz 1 NAV). Die Nutzung durch den Letztverbraucher mit den üblichen Verbrauchsgeräten beginnt mithin beim Netzanschluss und setzt einen fehlerfreien Strom zum Zeitpunkt der Entnahme des Stroms aus dem Elektrizitätsversorgungsnetz der allgemeinen Versorgung voraus. Nur dies wird den Interessen der durch die Richtlinie 85/374/EWG geschützten geschädigten Anschlussnutzer gerecht, für die entscheidend ist, dass ihnen eine fehlerfreie Elektrizität über ihren Stromanschluss zur Verfügung gestellt wird. Das Argument der Revision, der Herstellungsprozess "Umwandlung von Strom aus Mittelspannung in Niederspan- 236 EWeRK 4/2014

BGH, Urteil vom 25.2.2014, Az. VI ZR 144/13 Modest Rechtsprechung nung" sei mit der fehlerfreien Umspannung und Einspeisung in das Niederspannungsnetz abgeschlossen, greift zu kurz. Zwar qualifiziert wie gezeigt jedenfalls die Umspannung die Beklagte als Herstellerin im Sinne des Produkthaftungsgesetzes. Daraus folgt aber nicht, dass das Produkt Elektrizität mit Abschluss des Umspannungsprozesses auch ihre Sphäre als Herstellerin verlassen hätte. Denn ihre Verantwortung für die Qualität des gelieferten Stroms (vgl. 16 Abs. 3 und 4, 7 NAV) wirkt bis zum Zeitpunkt der Übergabe an den Anschlussnutzer weiter. Die Beklagte, welche dafür nach 1 Abs. 4 ProdHaftG die Beweislast trägt, hat nichts dafür vorgetragen, dass zu dem nach den vorstehenden Ausführungen maßgeblichen Zeitpunkt ein fehlerfreies Produkt vorgelegen hat. 4. Das Berufungsgericht hat mit Recht und von der Revision unbeanstandet angenommen, dass die Vorschrift des 18 NAV der Haftung der Beklagten nicht entgegensteht. Es hat zutreffend auf die Begründung der Niederspannungsanschlussverordnung hingewiesen, nach der 18 NAV die Haftung der Netzbetreiber nach dem Produkthaftungsgesetz unberührt lässt (BR-Drucks. 367/06, S. 60). Dementsprechend bezieht 18 Abs. 1 Satz 1 NAV sich schon dem Wortlaut nach nur auf die Haftung aus Vertrag, Anschlussnutzungsverhältnis oder unerlaubter Handlung. 5. Der erkennende Senat ist nicht gehalten, den Gerichtshof der Europäischen Union gemäß Art. 267 Abs. 1 bis 3 AEUV um eine Vorabentscheidung zu ersuchen. Die Vorlagepflicht letztinstanzlicher Gerichte der Mitgliedstaaten entfällt, wenn die betreffende gemeinschaftsrechtliche Bestimmung bereits Gegenstand einer Auslegung durch den Gerichtshof war oder wenn die richtige Anwendung des Gemeinschaftsrechts derart offenkundig ist, dass für einen vernünftigen Zweifel kein Raum mehr bleibt (vgl. EuGH, Urteile vom 6. Oktober 1982 C-283/81 CILFIT, Slg. 1982, 3415, 3429 f., Rn. 14 ff. und vom 15. September 2005 C-495/03 Intermodal Transports, Slg. 2005, I-8191, 8206 Rn. 33 und ständig; BGH, Beschluss vom 22. März 2010 NotZ 16/09, BGHZ 185, 30 Rn. 33). Angesichts der augenfälligen Herstellereigenschaft des den Strom transformierenden Netzbetreibers und der daraus folgenden Verantwortung für die Stromqualität bei der Übergabe an den Verbraucher ist letzteres der Fall. 1. Die Haftung des Netzbetreibers vor dem Urteil des BGH Die Haftung des Netzbetreibers aus dem Produkthaftungsgesetz ergänzt dessen Haftung um eine weitere mögliche Anspruchsgrundlage. Bereits vor dem Urteil des BGH war eine Verschuldenshaftung aus Vertrag und Gesetz und eine Gefährdungshaftung aus dem Haftpflichtgesetz anerkannt. Eine vertragliche Haftung des Netzbetreibers für Schäden von Energielieferanten und Energiekunden kann sich aus 280 Abs. 1 BGB i.v.m. allen netzbezogenen Verträgen (Lieferantenrahmen-, Netznutzungs-, Netzanschluss- und Anschlussnutzungsvertrag) ergeben. 1 Hierfür muss der Netzbetreiber eine Pflicht aus dem betreffenden Vertrag verletzt haben und dies zu verschulden haben. 2 Nur bei Vorsatz oder Fahrlässigkeit ( 276 BGB) des Netzbetreibers muss er seinem Vertragspartner den ihm entstandenen Schaden ersetzen. Das Verschulden wird jedoch gemäß 280 Abs. 1 S. 2 BGB vermutet, der Netzbetreiber muss sich also exkulpieren. Eine gesetzliche Haftung des Netzbetreibers kann sich aus 823 Abs. 1 BGB ergeben. 3 Deliktsrechtlich sind Verletzungen von Leben, Körper, Gesundheit, Freiheit, Eigentum und sonstigen Rechten schadensersatzpflichtig. Reine Vermögensschäden werden nicht ersetzt. Ebenso wie bei der Haftung nach 280 Abs. 1 BGB wird bei 823 Abs. 1 BGB ein Verschulden vorausgesetzt, anders als dort jedoch nicht vermutet. Vorsatz oder Fahrlässigkeit müssen dem Netzbetreiber also aktiv bewiesen werden. Die Haftung aus Vertrag und Gesetz wird durch 18 NAV/ NDAV modifiziert. 4 Für die Haftung wegen Unterbrechungen oder Unregelmäßigkeiten bei der Anschlussnutzung ist in 18 Abs. 1 NAV/NDAV eine widerlegbare Verschuldensvermutung geregelt. Gemäß 18 Abs. 1 Nr. 1 NAV/NDAV wird bei Vermögensschäden Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit vermutet, gemäß Nr. 2 bei Sachschäden Vorsatz oder Fahrlässigkeit. In den folgenden Absätzen sieht 18 NAV/NDAV Haftungshöchstbeträge vor, für Vermögensschäden ist die Haftung bei einfacher Fahrlässigkeit ganz ausgeschlossen ( 18 Abs. 1 S. 2 NAV/NDAV). Diese Modifikationen gelten nur im Niederspannungs- bzw. Niederdruckbereich. Für höhere Spannungsbzw. Druckstufen können sie jedoch vertraglich vereinbart werden. 5 IV. Anmerkung Neben der verschuldensabhängigen Haftung kann sich eine Haftung aus dem Haftpflichtgesetz ergeben. 2 Abs. 1 HPflG sieht eine Haftung für Anlagenbetreiber vor, wenn durch die Durch seine Entscheidung weitet der BGH die Haftung des Netzbetreibers auf eine verschuldensunabhängige Gefährdungshaftung nach dem Produkthaftungsgesetz aus. Die Anwendbarkeit des ProdHaftG auf Strom ergibt sich bereits aus 2 ProdHaftG. Streitentscheidend war die Frage, ob der Netzbetreiber als Hersteller i.s.d. 4 Abs. 1 ProdHaftG zu qualifizieren ist und zu welchem Zeitpunkt der Netzbetreiber den Strom i.s.d. 1 Abs. 2 Nr. 2 ProdHaftG in den Verkehr gebracht hat. 1 Bartsch/Wege, Die Haftung des Netzbetreibers, EnWZ 2014, 152. 2 Zur vertraglichen Haftung des Netzbetreibers bei Störungen der Anschlussnutzung: Tamke, Die Haftungspriviligierung für Netzbetreiber bei Störungen der Anschlussnutzung, 2014, S. 78 ff. 3 Zur deliktischen Haftung des Netzbetreibers bei Störungen der Anschlussnutzung: Tamke, Die Haftungspriviligierung für Netzbetreiber bei Störungen der Anschlussnutzung, 2014, S. 94 ff. 4 Dazu im Detail Tamke, Die Haftungspriviligierung für Netzbetreiber bei Störungen der Anschlussnutzung, 2014, S. 154 ff., 164 ff., zur Rechtmäßigkeit von 18 N(D)AV S. 253 ff. 5 Bartsch/Wege, Die Haftung des Netzbetreibers, EnWZ 2014, 152, 154. EWeRK 4/2014 237

Rechtsprechung Modest BGH, Urteil vom 25.2.2014, Az. VI ZR 144/13 Wirkung von u.a. Elektrizität oder Gas ein Mensch getötet, sein Körper oder seine Gesundheit verletzt wird oder eine Sache beschädigt wird. Laut S. 2. Gilt dasselbe, wenn sich der Schaden nicht auf der Wirkung von Elektrizität oder Gas beruht, aber auf das Vorhandensein der Anlage zurückzuführen ist, es sei denn, dass sich diese zur Zeit der Schadensverursachung in ordnungsgemäßem Zustand befand. Ordnungsgemäß ist eine Anlage, wenn sie den anerkannten Regeln der Technik entspricht und unversehrt ist (S. 3). In 2 Abs. 2 und 3 HPflG sind Ausnahmen hierzu geregelt, 9 HPflG sieht Haftungsobergrenzen vor. Die Modifizierungen aus 18 NAV/NDAV sind hier nicht anwendbar, da dieser nur für Anspruchsgrundlagen, die ein Verschulden voraussetzen, konzipiert ist. 2. Die Haftung des Netzbetreibers nach dem Produkthaftungsgesetz Neben diese Haftungstatbestände tritt nun erstmals die Haftung nach dem ProdHaftG. Nach 1 Abs. 1 ProdHaftG ist der Hersteller eines Produktes verpflichtet dem Geschädigten den Schaden zu ersetzen, wenn durch den Fehler eines Produktes jemand getötet, sein Körper oder seine Gesundheit verletzt wird oder eine Sache beschädigt wird. Im Falle von Sachbeschädigungen gilt dies laut S. 2 nur, wenn eine andere Sache als das fehlerhafte Produkt beschädigt wird und diese Sache ihrer Art nach gewöhnlich für den privaten Ge- oder Verbrauch bestimmt und hierzu von dem Geschädigten hauptsächlich verwendet worden ist. Produkt im Sinne des Gesetzes ist laut 2 ProdHaftG jede bewegliche Sache sowie Elektrizität. Gemäß 3 Abs. 1 Prod- HaftG hat ein Produkt einen Fehler, wenn es nicht die Sicherheit bietet, die unter Berücksichtigung aller Umstände berechtigterweise erwartet werden kann. Die Sicherheitsanforderungen an das Produkt Elektrizität werden für die Niederspannung in 16 Abs. 3 NAV konkretisiert. Dort heißt es: Der Netzbetreiber hat Spannung und Frequenz möglichst gleichbleibend zu halten. Allgemein übliche Verbrauchsgeräte und Stromerzeugungsanlagen müssen einwandfrei betrieben werden können. Zu Recht nimmt der BGH daher einen Fehler des Produkts Elektrizität an, wenn durch eine Überspannung des Hausnetzes Sachen im Eigentum des Stromkunden beschädigt werden. Hersteller ist gemäß 4 Abs. 1 ProdHaftG, wer das Endprodukt, einen Grundstoff oder ein Teilprodukt hergestellt hat. Die Begriffe Hersteller und herstellen definiert das Gesetz nicht. Auf die Frage, ob der Verteilnetzbetreiber Hersteller im Sinne dieser Norm ist, kam es für den vorliegenden Fall entscheidend an. Der BGH bejaht dies mit der Begründung, dass der Netzbetreiber eine Transformation des Stroms auf eine andere Spannungsebene vorgenommen hatte. Hierin liege ein Eingriff in eine wesentliche Produkteigenschaft, was den Hersteller vom Lieferanten, der nur nach 4 Abs. 2 ProdHaftG haftet, unterscheide. Da es für Verteilnetzbetreiber üblich ist, dass Sie einen Großteil des Stroms, der durch ihr Netz geleitet wird, zunächst von einer höheren Spannungsebene transfor- mieren, wird man nach dem Urteil des BGH davon ausgehen müssen, dass Verteilnetzbetreiber in aller Regel Hersteller im Sinne des Produkthaftungsgesetzes sind. Für den Fall, dass ein Netzbetreiber jedoch keine Umspannung vornimmt, wäre die Herstellereigenschaft jedoch konsequenterweise zu verneinen, da er dann nicht am Herstellungsvorgang beteiligt wäre. Dies hat zur Konsequenz, dass grundsätzlich jeder (auch unverschuldete) Defekt am Netz zu einer Haftung des Netzbetreibers führen kann. Um dieser Gefahr zu entgehen, berief sich der Netzbetreiber im vorliegenden Fall auf den Haftungsausschluss in 1 Abs. 2 Nr. 2 ProdHaftG. Hiernach ist die Haftung ausgeschlossen, wenn nach den Umständen davon auszugehen ist, dass das Produkt den Fehler, der den Schaden verursacht hat, noch nicht hatte, als der Hersteller es in den Verkehr brachte. Der Fehler des Produkts die Überspannung entstand nämlich nicht durch den Akt des Transformierens, der den Netzbetreiber erst zum Hersteller qualifiziert. Im vorliegenden Fall war für die Überspannung die Unterbrechung zweier PEN-Leiter in der Nähe des Hauses des Anspruchstellers verantwortlich. Bei Einspeisung des Stroms in das Niederspannungsnetz kam es dagegen nicht zu unzulässigen Spannungsschwankungen. Entscheidend für den Ausnahmetatbestand ist somit die Frage, zu welchem Zeitpunkt der Netzbetreiber den Strom in den Verkehr gebracht hat. Nach Ansicht des beklagten Netzbetreibers geschieht dies bereits mit der Einspeisung in das Niederspannungsnetz. Der BGH hat dem widersprochen und den Zeitpunkt auf die Belieferung des Kunden über den Netzanschluss gesetzt. Dieser Wertung ist zuzustimmen. Sinn und Zweck des Produkthaftungsgesetzes ist ein Schutz der durch fehlerhafte Produkte Geschädigten. Es ist im Interesse dieser Geschädigten Ausnahmen von diesem Schutzzweck eng auszulegen. Der Ausnahmetatbestand des 1 Abs. 2 Nr. 2 Prod- HaftG hat seine Berechtigung da, wo der Fehler des Produkts auf dem Weg zwischen der Sphäre des Herstellers und dem Geschädigten entsteht. Mehr als das Produkt fehlerfrei aus seinem Organisationsbereich zu geben, kann vom Hersteller nicht verlangt werden, ihm in diesem Fall trotzdem eine Haftung aufzuerlegen, wäre unbillig. So liegt der Fall hier jedoch nicht: Der Fehler des Produkts Elektrizität entsteht im Netz des Verteilnetzbetreibers, bevor er das Produkt aus seinem Organisationsbereich entlässt. Darauf, dass der Fehler nicht durch die Handlung entsteht, die den Netzbetreiber erst zum Hersteller des Produkts macht, nämlich die Umspannung, kommt es dogmatisch nach dem ProdHaftG nicht an. Verlangt wird lediglich ein fehlerhaftes Produkt, dass vom Hersteller so in den Verkehr gebracht wird. Die Haftungsmodifizierungen aus 18 NAV sind bei diesem Anspruch ebenso wenig anwendbar wie beim Haftpflichtgesetz, da wiederum verschuldensunabhängig gehaftet wird. 11 ProdHaftG legt jedoch eine Selbstbeteiligung des Geschädigten bei Sachschäden von 500 Euro fest. 238 EWeRK 4/2014

OLG Düsseldorf, Urteil vom 26.3.2014, Az. VI-U (Kart) 43/13 Schwintowski Rechtsprechung 3. Fazit sacht werden, ist der Anspruch nicht anwendbar. 6 In diesen Fällen ist der Schaden nicht durch das Produkt Elektrizität verursacht, ein fehlerhaftes Produkt ist dann gerade nicht in den Verkehr gebracht. Das Urteil ist für die Verteilnetzbetreiber von hoher Bedeutung. Für sie bedeutet es, dass ihre Haftung für Spannungsschäden erheblich erweitert wird. Auf die Art des Netzdefekts kommt es nach dem Urteil des BGH nicht an, der Netzbetreiber haftet soweit er den Strom transformiert hat für jeden Fehler, der in seinem Netz entsteht und zu einem Schaden beim Anschlussnutzer führt auch dann, wenn die vorgenommene Umspannung fehlerfrei erfolgt. Unklar ist, ob der Anspruch aus dem Produkthaftungsgesetz auch bei einem Netzbetreiber zu bejahen wäre, der keine Transformation vornimmt, wenn in dessen Netz ein Fehler zu Überspannungsschäden eines Anschlussnutzers führen würde. Die Haftung aus dem ProdHaftG greift jedoch nur in gewissen Fällen. 1 Abs. 1 S. 2 ProdHaftG setzt für Ansprüche wegen Sachbeschädigung voraus, dass die beschädigte Sache ihrer Art nach gewöhnlich für den privaten Ge-/Verbrauch bestimmt ist und hierzu von dem Geschädigten hauptsächlich verwendet worden ist. Für Gewerbekunden wird diese Voraussetzung in aller Regel zu verneinen sein. Reine Vermögensschäden sind von 1 ProdHaftG ebenfalls nicht geschützt. Auf Schäden, die durch Stromausfälle verur- Auch für die Betreiber von Gasnetzen ist das Urteil zu beachten, da Gas als bewegliche Sache ebenfalls vom Produkthaftungsgesetz erfasst ist. Es wird im Einzelfall zu entscheiden sein, ob ein Gasnetzbetreiber als Hersteller ein fehlerhaftes Produkt in den Verkehr bringt. 7 Die Netzbetreiber müssen sich auf das erhöhte Haftungsrisiko einstellen. Denkbar sind Versicherungen, deren erhöhte Kosten sie wiederum versuchen könnten bei der Netzentgeltermittlung in Ansatz zu bringen, was wiederum im Ergebnis die Kosten der Anschlussnutzer erhöhen würde. 8 Ewerk-Service: Das Urteil kann beim EWeRK angefordert werden. 6 So auch Blumenthal-Barby/Eisenschmidt, IR 2014, 109, 110. 7 So auch Blumenthal-Barby/Eisenschmidt, IR 2014, 109, 110; Bartsch/ Wege, Die Haftung des Netzbetreibers, EnWZ 2014, 152, 155. 8 Zabel, BB 2014, 1300. OLG Düsseldorf, Urteil vom 26.3.2014, Az. VI-U (Kart) 43/ 13: Entschädigung für rechtswidrige Eingriffe der Kartellbehörden Prof. Dr. Hans-Peter Schwintowski* I. Leitsatz (des Verfassers) Das Bundeskartellamt kann grundsätzlich wegen rechtswidriger Untersagung eines Zusammenschlusses auf Zahlung einer Entschädigung wegen eines enteignungsgleichen Eingriffs (Art. 14 GG) in Anspruch genommen werden. II. Wesentlicher Sachverhalt (1) Die Klägerin ist eine dänische, börsennotierte Aktiengesellschaft und Obergesellschaft einer in zwei Geschäftsbereichen tätigen Unternehmensgruppe. Im Jahr 2006 entschied der Vorstand der Klägerin, den Geschäftsbereich "GN ReSound", der die Herstellung und den weltweiten Vertrieb von Hörgeräten und audiologischen Diagnosegeräten betreibt, zu veräußern. Die Klägerin führte ein Bieterverfahren durch, in dem sich die Phonak Holding AG (nachfolgend: Phonak) als Kaufinteressentin durchsetzte. (2) Ende 2006 meldete Phonak das Zusammenschlussvorhaben beim Bundeskartellamt an. Mit Beschluss vom 11. April 2007 untersagte das Bundeskartellamt den Zusammen- schluss, weil hierdurch die Entstehung einer marktbeherrschenden Stellung der Hörgerätehersteller Siemens, Phonak und Oticon zu erwarten sei ( 36 Abs. 1, 19 Abs. 2 Satz 2 GWB 2005). Die von den Zusammenschlussbeteiligten angebotenen Nebenbestimmungen wies das Bundeskartellamt als unzureichend zurück. Gegen diesen Beschluss legten die Zusammenschlussbeteiligten Beschwerde ein, gaben das zur Überprüfung stehende Vorhaben aber schon kurz danach im August 2007 auf und stellten ihren Beschwerdeantrag auf ein Fortsetzungsfeststellungsbegehren um. Mit Beschluss vom 26. November 2008 wies das Oberlandesgericht Düsseldorf die Fortsetzungsfeststellungsbeschwerde zurück, weil die Verstärkung eines schon vor dem Zusammenschluss bestehenden Oligopols zwischen Siemens, Phonak und Oticon auf dem nationalen Markt für den Absatz von Hörgeräten an Hörgeräteakustiker zu erwarten gewesen sei. Die Oligopolvermutung des 19 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 GWB 2005 sei nicht widerlegt. Zudem habe das Bundeskartellamt die angebotenen * Geschäftsführender Direktor des EWeRK. EWeRK 4/2014 239