Aktuelle Koordinations- und Kongruenzprobleme Ausgewählte Fragestellungen Inhaltsübersicht I. Neuerungen der IV- Revision 6a - IV-Regress nach Gesetzes- und Praxisänderungen II. Zusammentreffen der Risiken Tod und Invalidität - Unfallbedingte Invalidisierung einer Witwe III. Anrechnung der AHV-Hinterlassenenleistungen an den haftpflichtrechtlichen Versorgungsschaden 1
I. Neuerungen der IV-Revision 6a Voraussetzungen für Anrechnung/Regress von Sozialversicherungsleistungen (Art. 72 ff. ATSG) Haftpflichtrechtliche Ansprüche der vp Gesetzliche Leistungen Kongruenz: ereignisbezogen, sachlich, zeitlich und personell I. Neuerungen der IV-Revision 6a Einwände der Haftpflichtversicherer gegenüber Regressforderungen in PÄUSBONOG-Fällen Keine haftpflichtrechtlichen Ansprüche wegen Überwindbarkeit der Beschwerden IV erbringt in diesen Fällen unter geltendem Recht keine Rentenleistungen 2
I. Neuerungen der IV-Revision 6a Haftpflichtrechtliche Ansprüche Keine Anwendung der IV-rechtlichen Überwindbarkeitspraxis im Haftpflichtrecht Aufhebung der Rente nach SchlB bleibt ohne Einfluss auf haftpflichtrechtliche Ansprüche der vp I. Neuerungen der IV-Revision 6a Gesetzliche Leistungen Zum Zeitpunkt der Rentenverfügung rechtmässig zugesprochene Leistungen bleiben auch nach Gesetzes- oder Praxisänderungen gesetzliche Leistungen Vorbehalten bleibt Aufhebung oder Herabsetzung der Rente aufgrund eines Rückkommenstitels (Wiedererwägung; Revision; SchlB IV-Revision 6a) 3
I. Neuerungen der IV-Revision 6a Gesetzliche Leistungen (PÄUSBONOG) Massgebend für Regress/Anrechnung ist Sach- und Rechtslage zur Zeit der Rentenzusprache Altrechtliche Renten sind damit regressfähig, vorbehältlich eines Rückkommenstitels oder einer Aufhebung nach SchlB 6a Heutige Leistungsansprüche gegenüber IV nicht massgebend I. Neuerungen der IV-Revision 6a Gesetzliche Leistungen Urteil 4A_275/2013 vom 30.10.2013 Zulassung des Einwandes würde zu einer nicht gewollten Entlastung des Haftpflichtigen führen, die nicht gerechtfertigt ist, wenn keine Rückforderung durch IV von der vp erfolgen kann Allenfalls zu Unrecht erfolgte Leistungen rechtfertigen keine Entlastung des H3 4
II. Invalidisierung Witwe durch Unfall Koordination AHV/IV Art. 43 Abs. 1 IVG: ganze IV-Rente unabhängig vom IV-Grad, plus Verwitwetenzuschlag 20% (bis Maximalrente innerhalb der Skala) Vergleich zwischen ganzer IV-Rente mit Verwitwetenzuschlag und Witwenrente Nur die höhere Rente kommt zur Auszahlung II. Invalidisierung Witwe durch Unfall Koordination mit BVG-Rente Ereignisbezogene Kongruenz zu beachten Koordination der Hinterlassenenleistungen: die durch Invalidität der Witwe bedingte Erhöhung nicht anrechnen Koordination Invaliditätsleistungen: Rente der 1. Säule nur anrechenbar, soweit sie invaliditätsbedingt ist (Differenz Witwenrente koordinierte Rente 1. Säule) 5
II. Invalidisierung Witwe durch Unfall Koordination mit UVG-Rente Art. 32 Abs. 2 UVV: Ablösung einer AHV- Hinterlassenenrente durch IV-Rente: nur Differenz zwischen Rente vor dem Unfall und der neuen Leistung anrechenbar Anwendungsbereich nach BGer: bestehende AHV-Hinterlassenenrente wird durch nachträgliche Invalidität erhöht Voraussetzung: Unfall nach Tod II. Invalidisierung Witwe durch Unfall Koordination mit UVG-Rente Gemäss BGer keine analoge Anwendung auf die Situation Tod nach Unfall Massgebend ist Reihenfolge der Ereignisse, nicht der Rentenbeginn Auch dann keine analoge Anwendung, wenn der invalidisierende Unfall zeitlich ganz kurz vor dem Todesfall (welcher HL auslöst) liegt (somit volle Anrechnung) 6
Ausgangslage und Problemstellung Sachliche Kongruenz der AHV- Hinterlassenenrenten? Praxis beim Invaliditätsschaden (Urteil 4A_116/2008 vom 13.06.2008) Kein neueres Bundesgerichtsurteil zur Fragestellung Frage in der Literatur umstritten Gesetzliche Bestimmungen Art. 45 Abs. 3 OR: einheitlicher Versorgungsschaden? Vergleich mit Art. 46 Abs. 1 OR Art. 74 Abs. 2 lit. f ATSG: unausgeschiedene Anrechnung der AHV- Hinterlassenenrenten? Vergleich mit Art. 74 Abs. 2 lit. c ATSG 7
Sozialversicherungsrechtliche Anrechnung Unterschiede zur Koordination mit IV- Renten Volle Anrechnung an UVG- Komplementärrenten (Art. 43 Abs. 1 UVV) Volle Anrechnung auch bei Koordination mit BVG-Hinterlassenenrenten? Rechtsprechung des Bundesgerichts Urteil 5C.7/2001 vom 20.07.2001: Teilzeiterwerbstätige 40j. Ehefrau und Mutter Gesamtberechnung für Versorgung aus Erwerb und Haushalt mit einheitlichen Versorgungsquoten Anrechnung der AHV- und UV- Hinterlassenenrenten an Gesamtschaden 8
Rechtsprechung des Bundesgerichts Urteil vom 23.02.1994: 45j. Ehefrau und Mutter, zu 50% erwerbstätig: Anrechnung der UV- Hinterlassenenrenten an Gesamtschaden Urteil 4C.495/1997 vom 09.09.1998: Anrechnung der UV-Waisenrenten an den aus beiden Versorgungsbereichen addierten Schaden der Kinder Rechtsprechung des Bundesgerichts (Fazit) Gesamtschadenberechnungen in einigen Fällen mit Anrechnung von AHV- und UV- Hinterlassenenrenten ohne Differenzierung nach Erwerb und Haushalt Aber: keine Ausführungen zur sachlichen Kongruenz Ausschliessliche Anrechnung an Erwerb in anderen Fällen 9
Literatur Vorgehen analog Invaliditätsschaden; Splitting bei Teilzeiterwerbstätigkeit Globale Anrechnung an (aus Versorgungsausfall in Erwerb und Haushalt zusammengesetzten) Gesamtschaden Literatur: Beitragsargument Kongruenz; Ausfall der Mittel, auf denen die für die Versicherungsleistung massgebenden Beiträge erhoben werden Beitragspflicht für NE ist nicht von Haushalttätigkeit abhängig Erziehungs- und Betreuungsgutschriften Unentlöhnte Haushalttätigkeit ist in keinem Fall AHV-Bemessungsgrundlage 10
Literatur: Fehlende Aufteilung durch AHV Keine Statusfestlegung für Ausrichtung von AHV-Hinterlassenenrenten Autonome Statusfeststellung im Haftpflichtrecht erforderlich analog Invaliditätsschaden Keine Gewichtung erforderlich; direkte Aufteilung nach prozentualem Verhältnis der Tätigkeitsanteile Literatur: Überentschädigungsargument Häufige Überentschädigung im Erwerb ist «systemimmanent» und im Sozialversicherungsrecht begründet Kürzung HQ: Ausdehnung des Quotenvorrechts auf nicht kongruente Positionen Saldoverrechnung: ungerechtfertigter Vorteil zugunsten H3 11
Fazit Vorgehen analog Invaliditätsschaden, insbes. Splitting bei Teilzeiterwerbstätigen Abweichung von Koordination im UVG ist in Kauf zu nehmen Im Sozialversicherungsrecht begründete Überentschädigung (Koordinationsgrenze) wäre durch sozialversicherungsrechtliche Koordination zu korrigieren 12