Stephansdom. Unser DIE DOMBAUMEISTER VON ST. STEPHAN ZU WIEN. Kirchenmeister und Dombaumeister: Gleich

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Transkript:

Unser Stephansdom Nr. 92 / JUNI 2011 VEREIN ZUR ERHALTUNG DES STEPHANSDOMS, 1010 WIEN DIE DOMBAUMEISTER VON ST. STEPHAN ZU WIEN Dr. Annemarie Fenzl Leiterin des Diözesanarchivs KATHOLISCH UND SCHWINDELFREI Kirchenmeister und Dombaumeister: Gleich beim Eintreten in den Dom durch das Riesentor kann man sie sehen wenn man es weiß. Sie befinden sich auf gleicher Höhe mit den Aposteln und sind nach dem Hausherrn die beiden wichtigsten Männer für den Dom. Auf die Frage, was denn die wichtigsten Voraussetzungen für das Amt eines Dombaumeisters bzw. einer Dombaumeisterin seien, antwortete die derzeitige Dombaumeisterin von Köln Prof. Dr. Barbara Schock-Werner in einem Interview mit dem WDR schlagfertig und punktgenau: Katholisch und schwindelfrei und sehr viel Liebe zum Dom!. Dombaumeister, Dombaumeisterin das ist kein Beruf, sondern vielmehr eine Berufung. Trägt man doch gewissermaßen die letzte irdische Verantwortung für Gottes Wohnung auf Erden. Glaubt man der Sage, die ja auch viel an alter Volksweisheit transportiert, dann wurde das in Wien von Anfang an so gesehen. Denn am Beginn des Baues von St. Stephan steht der legendäre Baumeister Octavian Falkner, dem ein unbekannter junger Baugeselle aus Regensburg half, das große Werk zu vollenden. Kurz vor der Vollendung verschwand er einfach und kam erst in der Todesstunde des Meisters wieder, um sich gleichsam als Christus, der Hausherr, zu erkennen zu geben. Diese Deutung kam den Menschen des 12. Jahrhunderts sehr entgegen. Alles, was man als besonders wundersam empfand und wofür man keine Erklärung hatte, wurde eben Gott oder aber auch dem Teufel zugeschrieben. Der Dombaumeister im Riesentor

Unser Stephansdom Das hat sich allmählich geändert. Nach und nach tauchen aus dem Dunkel der Geschichte Namen von Bauherren auf Landesherren, Grundherren oder den Bürgern selbst. Den Anstoß zum Ausbau des romanischen Westwerkes des 13. Jahrhunderts gab wohl der Stauferkaiser Friedrich II. Vielleicht angeregt durch König Albrecht I. beschlossen die Bürger von Wien zu Beginn des 14. Jahrhunderts, ihre Hauptkirche nach Osten hin zu vergrößern. Bauleitung und Bauführung waren damals allerdings eine Angelegenheit des Rates der Stadt Wien, wie Dombaumeister Holey 1952 anlässlich der Eröffnung des wiederhergestellten Domes festhielt. Das Kirchenmeisteramt, das die Baugeschäfte verantwortete, war im Mittelalter ein städtisches Amt. Die mit der Grundsteinlegung des Jahres 1359 begonnene rudolfinische Erweiterung St. Stephans durch Rudolf den Stifter, wurde mit dem Ziel, seine künftige Grabkirche zur Kathedrale zu erheben, durchgeführt. Darüber berichtet der berühmte Universitätsprofessor Thomas Ebendorfer in seiner Chronik und erwähnt einen Meister über alle. Man vermutet, in ihm Magister Chunradus murator (der Maurer) zu erkennen, der, um 1393 verstorben, in einer urkundlichen Erwähnung als ad Sanctum Stephanum bezeichnet wird. Der hohe Südturm entstand in dramatischem Ringen, bedingt auch durch einen raschen Wechsel der Baumeister 1399 wurde Ulrich Helbling als Baumeister genannt, um 1400 wurde Meister Wenczla Parler berufen. Nach dessen Tod im Jahr 1404 folgte Peter von Prachatitz, welcher den Turmbau 25 Jahre lang leitete, bis dann schließlich wie uns ein Anonymus berichtet unter Meister Hans von Prachatitz am 10. Oktober 1433 der chnopff auf die Spitze des Turmes gesetzt wurde. Fast ein Jahrhundert lang war der Stephansturm nun der höchste gotische Turm Europas. In den Jahren 1426 bis 1430 zeugen die Kirchenmeisteramts-Rechnungen vom Abbruch des spätromanischen Langhauses. Ab 1440 wurde, noch vor der Einwölbung des neuen Langhauses, der mächtige Dachstuhl aus Lärchenholz errichtet. 1722 berichtet Friedrich Tilmez in seinen Auserlesenen Denkwürdigkeiten von der Bestellung Meister Hans Puchsbaums im Jahr 1446 durch den Rat der Stadt Wien und den Kirchenmeister. Ihm wurde die Planung des Nord- Turmbau von Babel aus einer mittelalterlichen Chronik 1340/50 Copyright: Zentralbibliothek Zürich Und in der Tat ist es so, dass uns aus dem Mittelalter, der hohen Zeit des Dombaues im Allgemeinen, nur wenige Namen gesichert überliefert sind. Es war noch nicht die Zeit der genauen Dokumentation, vor allem aber war es nicht wichtig, Namen zu wissen und zu überliefern. Man baute allein zur Ehre Gottes und nicht zur Ehre eines noch so begabten Menschen. Meister Hans Puchsbaum und der Teufel auf dem Nordturm eine Illustration zur Wiener Sage

Nr. 92 / JUNI 2011 turmes zugeschrieben, dessen Grundsteinlegung 1450 unter großer Anteilnahme von Kaiser Friedrich III. erfolgte. Mit dem Bau tatsächlich begonnen wurde allerdings erst 1467, nach dem Tod Puchsbaums. Den Bau führte in der Folge Meister Laurenz Speyning durch, ebenso wie die Vollendung der Gewölbe des Langhauses. Unter ihm wurde die Wiener Bauhütte auf dem Regensburger Hüttentag 1459 neben Köln und Straßburg zu einer der drei Haupthütten erhoben. Am Beginn des 16. Jahrhunderts neigte sich die große Zeit des mittelalterlichen Bauens ihrem Ende zu. 1511 wurde auf dem Nordturm die letzte Steinschar aufgelegt dann kam der Bau zum Stillstand. Damit kam auch die große Zeit der Wiener Bauhütte zu einem vorläufigen Ende, die im 14. und 15. Jahrhundert von großer Bedeutung für die Baukunst im Lande gewesen war. Die Bauhütten entwickelten sich aus der klösterlichen Tradition. Sie waren wie Bruderschaften organisiert, feierten gemeinsam ihre privaten und sozialen Feste und übten klösterliche Bräuche aus. Im Lauf der Zeit entwickelten sie ihre eigenen (geheimnisvollen) Regeln und Rituale, wie z.b. zur Aufnahme in die Hütte sowie ein besonderes Gefühl der Zusammengehörigkeit. Daher rührt wohl auch die immer wieder auftauchende Verbindung zu den Freimaurern. Die Angehörigen der Bauhütte waren immer gemeinsam der großen Idee ihres Baues verpflichtet. Der Ort der Wiener Steinhütte war ursprünglich das heutige Curhaus. Eine wichtige Quelle für die Arbeit der Dombauhütte waren die Kirchenmeisteramts-Rechnungen. Eines der wunderbarsten Bauhüttengeheimnisse von St. Stephan ist wohl die letztlich von Prof. Castle um die Mitte des 20. Jahrhunderts entschlüsselte heilige Zahl 37, die Schlüsselzahl für den Bau von St. Stephan. Diverse Steinmetz-Zeichen Domkanzel Meister Anton Pilgram

Unser Stephansdom Wien-Ansicht: Der Südturm des Stephansdomes ohne Spitze im Jahr 1861 VOM BAU ZUR ERHALTUNG Die 1860 1664 unter Dombaumeister (abgekürzt DBM) Friedrich von Schmidt restaurierte Südturmspitze Die Arbeit am Dom aber ging auch nach dem Ende des Außenbaues in gewandelter Form weiter. Im Innenraum entstehen in schwieriger Zeit (Türkenbelagerung und Reformation) verschiedene bereits von humanistischem Geist geprägte Kleinarchitekturen besonders nennenswert sind Kanzel und Orgelfuß. Jahrhundertelang Meister Anton Pilgram zugeschrieben, wird dessen Autorenschaft der Kanzel seit einigen Jahren angezweifelt und diese ein Vierteljahrhundert zurückdatiert. Eine Ansicht, die inzwischen bereits auch wieder ihre Gegner gefunden hat. Ohne sich in die durchaus legitime Auseinandersetzung der Fachleute einmischen zu wollen, sei hier nur festgehalten: Wie auch immer der unter der Kanzel aus einem Fenster sich gleichsam als Meister Präsentierende heißen mag, es ist der Mensch am Beginn der neuen Zeit, da der Meister stolz hinter seinem Werk hervortritt. Das ist wohl die entscheidende Aussage des Fensterguckers. Anton Pilgram hatte es aber generell nicht leicht. Die Steinmetzbruderschaft verübelte ihm, dass sein Orgelfußentwurf jenem des von ihm verdrängten Dombaumeisters Jörg Öchsel vorgezogen wurde und versagte ihm die Aufnahme in ihre Reihen. Das 17. und 18. Jahrhundert brachte nach beendetem Kampf um den rechten Glauben und dem Sieg der katholischen als der einzig wahren Konfession in den habsburgischen Ländern, in Verbindung mit der Epoche des Barock, eine neue Freude am Glauben. Diese entfaltete sich in der reichen Ausschmückung des Kirchenraumes mit Altären, Grabmälern, Statuen und Bildern. Übersehen wurde dabei, dass das Gebäude, das zwei Türkenbelagerungen 1529 und 1683 überstanden hatte und am Beginn des 19. Jahrhunderts im Zuge der Franzosenkriege arg in Mitleidenschaft gezogen wurde, inzwischen sehr renovierungsbedürftig geworden war. So gebührte das große Verdienst den Dombaumeistern des 19. Jahrhunderts, dem nun bereits in seiner Bausubstanz sehr schadhaft gewordenen Dom eine sorgsame, nach streng wissenschaftlichen Kriterien ausgerichtete Winkel und Zirkel ein Freimaurerzeichen am Grabstein von DBM Ernst Die Handhaltung von DBM Schmidt ähnelt der von Meister Pilgram Detail des Grabsteins von DBM Leopold Ernst Detail des Grabsteins von DBM Friedrich von Schmidt

brachte es der größte Dombaumeister des 19. Jahrhunderts, Friedrich von Schmidt, auf den Punkt, als er in einem Vortrag einmal sinngemäß ausführte: Man müsse den Dom behandeln wie ein uraltes Buch, in dem man nur blättern, keine Seite herausreißen, nichts hineinschreiben, kein Eselsohr machen dürfe, um ihn der Nachwelt unversehrt übergeben zu können. DIE LIEBE DER ÖSTERREICHER Nr. 92 / JUNI 2011 Und so ging der Dom, im Inneren wunderbar ausgestattet mit Bildern, Statuen und Altären, in seiner Gebäudesubstanz bestens konserviert und restauriert, in den letzten Tagen des Zweiten Weltkrieges von 11. bis 13. April 1945 direkt in die Katastrophe: Funkenflug setzte das Dach in Brand, als Folge stürzten das südliche Chorgewölbe und ein Teil des Mittelchorgewölbes ein. Herabstürzende brennende Balken des gotischen Dachbodens zerstörten Chorgestühl, Triumphbogenkreuz, Chororgel und Kaiseroratorium, Pummerin und die berühmte Riesenorgel auf der Westempore. Der brennende Dom 1945 Restaurierung auf verschiedensten Ebenen angedeihen zu lassen. Eine Hauptsorge war der hohe Turm, der während der Franzosenkriege sehr gelitten hatte. 1839 wurde er durch Arch. Prof. Carl Rösner im obersten Drittel des Turmhelmes abgetragen und nach Plänen von Arch. Paul Sprenger 1842 wieder aufgebaut. Doch 18 Jahre später war eine neuerliche Abtragung der gesamten Helmpyramide erforderlich. Dombaumeister Leopold Ernst begann mit einem zweiten Versuch. Aber die lange Zeit ohne ihren Steffl beunruhigte die Wiener. Wien schien ohne St. Stephansturm nicht Wien zu sein, sagte der damalige Wiener Erzbischof Kardinal Rauscher. Eine erfolgreiche Lösung des Problems gelang erst Dombaumeister Friedrich von Schmidt, der sein großes handwerkliches und technisches Können am Kölner Dom erlernt hatte. Am 15. August 1864 konnte dann in Gegenwart von Kaiser Franz Joseph die Weihe der neuen Turmbekrönung durch Kardinal Rauscher feierlich vorgenommen werden. Gedenktafel für DBM Kurt Stögerer in der Dom-Südturmhalle Der Wiederaufbau des Domes war und ist ein ganz großes Zeichen der Liebe der Menschen dieser Stadt und des ganzen Landes zu ihrer Hauptkirche. Untrennbar damit verbunden ist Dombaumeister Karl Holey. Er konnte 1948 nach dem Ende der ersten Bauetappe und der teilweisen Wiedereröffnung des Domes sagen: Die Liebe des Wieners zu seinem Dom, die in so vielen Liedern zum Ausdruck kommt, ist also keine platonische, sondern sie hat sich in der Tat bewährt! DBM Karl Holey Im Übrigen gab es in dieser Zeit auch immer wieder Überlegungen zu einer stilgemäßen Wiederherstellung und einer stilreinen Präsentation des gesamten Raumes. Angedacht wurden eine komplett neugotische Einrichtung wie auch eine Re-Romanisierung des Riesentores, sogar der Fertigbau des Nordturmes wurde angedacht. Zum Glück fehlte einerseits das notwendige Geld, andererseits Ihm folgte 1955 der Wiener Architekt Kurt Stögerer, der bereits 1947 als Werkstudent am Wiederaufbau des Domes beteiligt gewesen war. Seit 1993 steht nun Arch. DI Wolfgang Zehetner als Dombaumeister zu St. Stephan in dieser altehrwürdigen Tradition. Es gibt wohl kaum eine schönere Aufgabe! Dombaumeister Arch. DI Wolfgang Zehetner

Nr. 92 / JUNI 2011 NEUE STEPHANSDOM- EINE CO-PRODUKTION VON ORF WIEN UND DEM VEREIN UNSER STEPHANSDOM ENTFÜHRUNG in den unbekannten STEPHANSDOM Man sieht nur, was man weiß Diese außergewöhnliche DVD (Dauer 76 Min.) samt 40-seitiger Broschüre mit historischen Erläuterungen ist gegen eine Spende von 17,90 Euro zuzüglich Versandkosten zu erwerben. Die Historikerin und Leiterin des Wiener Diözesanarchivs, Dr. Annemarie Fenzl, führt Sie durch den Stephansdom und bringt Ihnen seine verborgene Botschaft näher. DVD-Kapitel 1. Eine Kirche wird geboren Ein vielversprechender Anfang 2. Einmal rund um den Dom St. Stephan von allen Seiten 3. Über die Schwelle Eintauchen ins Mysterium 4. Die alte Herrscher-Empore Ein Ort der Macht 5. Die Heiligen Fürsprecher bei Gott 6. Orte der Andacht Stille spüren 7. Was am Ende bleibt Die Botschaft der Hoffnung - BESTELLUNGEN: VEREIN UNSER STEPHANSDOM 01 / 513 76 48, WWW.STEPHANSDOM.AT ORF-SHOP SHOP IM STEPHANSDOM Impressum Medieninhaber und Herausgeber: Unser Stephansdom Verein zur Erhaltung des Stephansdoms 1010 Wien, Stephansplatz 3, Tel. 01/513 76 48, Fax 01/51 552 3746 www.stephansdom.at, office@stephansdom.at Grundlegende Richtung des Mediums: Rettung des Stephansdoms: Mittel aufzubringen, die der baulichen Erhaltung der Metropolitankirche St. Stephan in Wien dienen. Verantwortlich: Doris Feldbacher, Generalsekretärin Redaktion: Peter Rabl Beitrag: Dr. Annemarie Fenzl Fotos: Verein Unser Stephansdom, Mag. Roman Szczepaniak, Wiener Diözesanarchiv, Domarchiv St. Stephan Grafik: Mag. Roman Szczepaniak Druck: Druckerei Seitz GmbH Auflage: 40.000 Erscheinungsweise: viermal jährlich ZVR 548965601 Spendenkonto: PSK 90.000.900 Fremdbeiträge müssen nicht der Meinung des Vereines entsprechen. Gedruckt auf chlorfrei gebleichtem Papier. IBAN: AT126000000090000900 / BIC: OPSKATWW