Übereinkommen über die Rechte des Kindes

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Vereinte Nationen Ausschuss für die Rechte des Kindes Übereinkommen über die Rechte des Kindes Verteilung: Allgemein 4. Februar 2015 Übersetzt aus dem Englischen vom Bundesamt für Sozialversicherungen Schlussbemerkungen zum Bericht der Schweiz, vorgelegt nach Artikel 12 Absatz 1 des Fakultativprotokolls zum Übereinkommen über die Rechte des Kindes betreffend den Verkauf von Kindern, die Kinderprostitution und die Kinderpornografie * 1. Der Ausschuss befasste sich am 22. Januar 2015 an seiner 1963. Sitzung (siehe CRC/C/SR.1963) mit dem Initialbericht (CRC/C/CHE /1) und verabschiedete am 1983. Treffen vom 30. Januar 2015 die nachfolgenden Schlussbemerkungen. I. Einleitung 2. Der Ausschuss begrüsst die Unterbreitung des ersten Staatenberichtes des Vertragsstaates und die schriftlichen Antworten auf seine Themenliste (CRC/C/OPSC/CHE/Q/1/Add.1). Der Ausschuss schätzt den konstruktiven Dialog mit der fachübergreifenden Delegation des Vertragsstaates. 3. Der Ausschuss erinnert den Vertragsstaat daran, dass die vorliegenden Schlussbemerkungen in Verbindung mit den am 30. Januar 2015 verabschiedeten Schlussbemerkungen zum zweiten, dritten und vierten Staatenbericht des Vertragsstaates (CRC/C/CHE/CO/2-4) gemäss Kinderrechtskonvention zu lesen sind. II. Allgemeine Bemerkungen Positive Aspekte 4. Der Ausschuss begrüsst die Ratifizierung der folgenden Protokolle oder Übereinkommen, u. a.: (a) Übereinkommen des Europarates zum Schutz von Kindern vor sexueller Ausbeutung und sexuellem Missbrauch im März 2014 (b) Übereinkommen gegen die grenzüberschreitende organisierte Kriminalität im Oktober 2006 (c) Zusatzprotokoll zur Verhütung, Bekämpfung und Bestrafung des Menschenhandels, insbesondere des Frauen- und Kinderhandels zum Übereinkommen der * vom Ausschuss an seiner achtundsechzigsten Sitzung (12. 30. Januar 2015) verabschiedet

Vereinten Nationen gegen die grenzüberschreitende organisierte Kriminalität im Oktober 2006 (d) Zusatzprotokoll gegen die Schleusung von Migranten auf dem Land-, See- und Luftweg zum Übereinkommen der Vereinten Nationen gegen die grenzüberschreitende organisierte Kriminalität im Oktober 2006 5. Der Ausschuss begrüsst die zahlreichen Massnahmen des Vertragsstaates in Bereichen, die in Zusammenhang mit der Umsetzung des Fakultativprotokolls stehen, u. a.: (a) mehrere Revisionen des Strafgesetzbuches: Unter anderem wurde die Definition von Menschenhandel erweitert, die Altersgrenze für die freiwillige Prostitution von 16 auf 18 Jahre angehoben und der Konsum von Kinderpornografie unabhängig von deren Besitz unter Strafe gestellt. Ausserdem ist es Personen, die beispielsweise wegen Menschenhandels, wegen sexueller Handlungen mit Kindern oder wegen Zugriffs auf bestimmte Arten von Pornografie, die sexuelle Handlungen mit Kindern zeigt, verurteilt wurden, nun untersagt, Tätigkeiten mit regelmässigem Kontakt zu Kindern auszuüben, Kinder zu kontaktieren oder sich ihnen zu nähern. (b) Änderungen der Bundesverfassung und des Strafgesetzbuches: Insbesondere sind die Verfolgung sexueller Straftaten an Kindern vor der Pubertät und die Strafen für solche Taten unverjährbar. 6. Ausserdem begrüsst der Ausschuss die Fortschritte bei der Schaffung von Einrichtungen und der Verabschiedung nationaler Aktionspläne und Programme, welche die Umsetzung des Fakultativprotokolls erleichtern, u. a.: (a) die Verabschiedung des Nationalen Aktionsplans gegen Menschenhandel (2012 2014) (b) die Einrichtung der Koordinationsstelle zur Bekämpfung der Internetkriminalität, der Koordinationsstelle gegen Menschenhandel und Menschenschmuggel sowie des Kommissariats Pädokriminalität und Pornografie des Bundesamtes für Polizei in den Jahren 2003 und 2007. III. Daten Datenerhebung 7. Der Ausschuss ist besorgt darüber, dass es im Vertragsstaat kein umfassendes Datenerhebungssystem und keine aufgeschlüsselten Daten für alle gemäss Fakultativprotokoll untersagten Straftaten gibt. Dies schränkt die Möglichkeiten des Vertragsstaates, Verstösse gegen das Fakultativprotokoll zu überwachen und zu evaluieren, ein. 8. Der Ausschuss empfiehlt dem Vertragsstaat mit Bezugnahme auf die Absätze 16 und 17 der Schlussbemerkungen zur Konvention, einen umfassenden Mechanismus zur systematischen Datenerhebung, -analyse und -überwachung sowie eine Wirkungsanalyse für alle vom Fakultativprotokoll abgedeckten Bereiche zu entwickeln und umzusetzen. Die Daten sollten unter anderem nach Geschlecht, Alter, nationaler und ethnischer Herkunft, geografischer Lage und sozioökonomischem Hintergrund aufgeschlüsselt sein und der Fokus vor allem auf den besonders schutzbedürftigen Gruppen von Kindern liegen. Ausserdem sollten nach Art der Straftat aufgeschlüsselte Daten zur Anzahl Strafverfolgungen und Verurteilungen erfasst werden. 2

IV. Allgemeine Umsetzungsmassnahmen Nationaler Aktionsplan 9. Der Ausschuss begrüsst die Verabschiedung des Nationalen Aktionsplans gegen Menschenhandel (2012 2014), der 23 Massnahmen in den Bereichen Prävention, Sensibilisierung, Strafverfolgung, Opferschutz und -hilfe sowie Zusammenarbeit enthält. Der Ausschuss bedauert jedoch, dass es keine umfassende Kinderrechtspolitik und -strategie gibt, die sämtliche Themen des Fakultativprotokolls umfasst. 10. Unter Bezugnahme auf die Absätze 10 und 11 der Schlussbemerkungen des Übereinkommens empfiehlt der Ausschuss dem Vertragsstaat, eine umfassende Kinderrechtspolitik und -strategie mit detaillierten Massnahmen in allen Bereichen des Fakultativprotokolls zu entwickeln und angemessene personelle, technische und finanzielle Ressourcen für die Umsetzung bereitzustellen. Ein besonderer Fokus sollte auf der Prävention, dem Schutz, der körperlichen und psychischen Genesung und der gesellschaftlichen Wiedereingliederung von minderjährigen Opfern liegen. Ausserdem ermutigt der Ausschuss den Vertragsstaat sicherzustellen, dass diese Politik und Strategie regelmässig evaluiert werden. Koordination und Evaluation 11. Der Ausschuss stellt fest, dass der Vertragsstaat eine Arbeitsgruppe bestehend aus Vertreterinnen und Vertretern verschiedener Bundesämter und der Konferenz der kantonalen Sozialdirektorinnen und Sozialdirektoren einsetzen will, die für die Nachverfolgung der Empfehlungen des Ausschusses zuständig sein wird. Der Ausschuss ist jedoch besorgt darüber, dass es für die Umsetzung des Fakultativprotokolls auf Bundes- und Kantonsebene keine übergeordnete Koordinationsstelle gibt. 12. Der Ausschuss empfiehlt dem Vertragsstaat unter Bezugnahme auf die Absätze 12 und 13 der Schlussbemerkungen des Übereinkommens, eine Koordinationsstelle zu bezeichnen, welche in der Lage ist, bereichsübergreifend auf Bundes-, Kantons- und Gemeindeebene die Leitung und allgemeine Aufsicht über das Monitoring und die Evaluation der Aktivitäten gemäss dem Fakultativprotokoll zu übernehmen. Der Vertragsstaat sollte sicherstellen, dass die Koordinationsstelle über die personellen, technischen und finanziellen Ressourcen verfügt, welche für einen effizienten Betrieb notwendig sind. Bekanntmachung, Sensibilisierung und Schulung 13. Der Ausschuss stellt fest, dass derzeit eine nationale Kampagne zur Sensibilisierung für Menschenhandel für die Jahre 2017 2018 erarbeitet wird. Ausserdem nimmt der Ausschuss die Bestrebungen des Vertragsstaates zur Kenntnis, Informationen zu verbreiten und Schulungsangebote bereitzustellen, unter anderem mit dem Nationalen Programm Jugend und Medien, das auf die Risiken der neuen Medien aufmerksam machen soll. Dennoch ist der Ausschuss besorgt darüber, dass es sich nicht um systematische Massnahmen handelt und dass sie nicht alle Bereiche des Fakultativprotokolls abdecken. 14. Der Ausschuss empfiehlt dem Vertragsstaat: (a) seine Bemühungen zu intensivieren, um die Bestimmungen des Fakultativprotokolls in der breiten Öffentlichkeit sowie bei Kindern (auf kindergerechte Art und Weise), deren Familien und deren Umfeld systematisch bekannt zu machen. (b) in enger Zusammenarbeit mit den zuständigen Behörden, mit zivilgesellschaftlichen Organisationen, Medien, der Privatwirtschaft sowie Kindern 3

und deren Umfeld Sensibilisierungsprogramme zu allen im Fakultativprotokoll enthaltenen Bereichen zu entwickeln und im nationalen Recht Mechanismen zum Schutz vor Zuwiderhandlungen gegen die im Protokoll bezeichneten Straftaten zu verankern. (c) Schulungsangebote zu fördern und auszubauen und sicherzustellen, dass es sich um systematische, fachübergreifende Schulungen handelt, die alle Bereiche des Fakultativprotokolls abdecken und die allen Fachpersonen, die mit oder für Kinder arbeiten, zugänglich sind; insbesondere für Richterinnen und Richter, Staatsanwältinnen und Staatsanwälte, Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeiter, Justizvollzugsbeamtinnen und Justizvollzugsbeamte sowie Mitarbeitende der Migrationsbehörden aller staatlichen Ebenen. Ressourcenverteilung 15. Der Ausschuss ist besorgt darüber, dass der Vertragsstaat über keine angemessenen Informationen zu den aufgewendeten Mitteln für die Umsetzung des Fakultativprotokolls verfügt. Ohne diese Informationen gestaltet sich die Umsetzung des Fakultativprotokolls schwierig. 16. Der Ausschuss empfiehlt dem Vertragsstaat, ausreichend und gezielt Ressourcen für die wirksame Umsetzung des Fakultativprotokolls auf Bundes- und Kantonsebene zur Verfügung zu stellen. V. Prävention des Verkaufs von Kindern, von Kinderprostitution und Kinderpornografie (Art. 9 Abs. 1 und 2) Massnahmen zur Verhütung von im Fakultativprotokoll bezeichneten Straftaten 17. Der Ausschuss nimmt die Bestrebungen des Vertragsstaates zur Verhütung der im Fakultativprotokoll bezeichneten Straftaten zur Kenntnis. Er ist jedoch besorgt, dass es sich um Einzelmassnahmen handelt, die nicht alle Bereiche des Fakultativprotokolls abdecken. Besonders besorgt ist der Ausschuss darüber: (a) dass es im Vertragsstaat keine Programme gibt, die spezifisch auf Kinder in Situationen, die sich gefährdend und ausgrenzend auf sie auswirken, ausgerichtet sind. (b) dass die bestehenden Mechanismen zur Identifizierung und Überwachung von Kindern, bei denen die Gefahr besteht, dass sie Opfer von im Fakultativprotokoll bezeichneten Straftaten werden könnten, unzureichend sind. (c) dass die Präventionsarbeit häufig von Nichtregierungsorganisationen, die nur begrenzt finanzielle Unterstützung durch den Mitgliedstaat erhalten, ausgeführt wird. 18. Der Ausschuss empfiehlt dem Vertragsstaat, seine Präventionsmassnahmen auszubauen und zu intensivieren, sodass sie alle Bereiche des Fakultativprotokolls abdecken. Insbesondere soll der Vertragsstaat: (a) Präventionsprogramme aufbauen, welche speziell auf Kinder ausgerichtet sind, die sich in Situationen befinden, die sich gefährdend und ausgrenzend auf sie auswirken. Dies betrifft unter anderem Roma-Kinder oder Kinder anderer ethnischer Minderheiten, in Institutionen platzierte Kinder, Strassenkinder, von Migration betroffene Kinder, asylsuchende und Flüchtlingskinder sowie Mädchen, die Opfer von häuslicher Gewalt sind. (b) Mechanismen und Verfahren zur Identifizierung von Kindern einrichten, die Opfer von im Fakultativprotokoll bezeichneten Straftaten werden, insbesondere 4

von Kindern in Situationen, die sich gefährdend auf sie auswirken. Ausserdem soll der Vertragsstaat ihnen psychosoziale Unterstützung zukommen lassen und Sensibilisierungsprogramme schaffen. (c) die in diesem Bereich tätigen Nichtregierungsorganisationen unterstützen. (d) Studien zur Ermittlung des Ausmasses der sexuellen Ausbeutung von Kindern und des Kinderhandels, insbesondere von Kinderprostitution und Kinderpornografie (besonders im Internet) durchführen. Kindersextourismus 19. Der Ausschuss begrüsst die Massnahmen des Vertragsstaates zur Verhinderung von Kindersextourismus, beispielsweise durch die gemeinsame Kampagne des Vertragsstaates mit Österreich und Deutschland zum Schutz von Kindern und Jugendlichen vor sexueller Ausbeutung im Tourismus sowie durch die Einführung des «Kinderschutzkodexes», einem Verhaltenskodex zum Schutz von Kindern vor kommerzieller sexueller Ausbeutung im Tourismus und bei Reisetätigkeiten. Der Ausschuss ist jedoch besorgt darüber, dass es keinen wirksamen rechtlichen Rahmen gibt und die Massnahmen des Vertragsstaates für die effiziente Prävention und Bekämpfung von Kindersextourismus im Ausland unzureichend sind. 20. Der Ausschuss empfiehlt dem Vertragsstaat eindringlich: (a) einen wirksamen rechtlichen Rahmen zu schaffen und umzusetzen und alle notwendigen gesetzgeberischen, administrativen, sozialen und weiteren Massnahmen zur Verhütung und Beseitigung von Kindersextourismus zu ergreifen. (b) die internationale Zusammenarbeit durch multilaterale, regionale und bilaterale Abkommen zur Verhinderung und Beseitigung von Kindersextourismus zu intensivieren. (c) sich verstärkt für das Bewusstsein der Tourismusbranche um die negativen Auswirkungen von Kindersextourismus einzusetzen und den Globalen Ethikkodex für den Tourismus der Welttourismusorganisation unter Reiseleitenden und Tourismusagenturen zu verbreiten. (d) diese Agenturen zu ermutigen, den Verhaltenskodex zum Schutz von Kindern vor kommerzieller sexueller Ausbeutung im Tourismus und bei Reisetätigkeiten zu unterzeichnen. VI. Verbot für den Verkauf von Kindern, Kinderpornografie, Kinderprostitution und verwandte Bereiche (Art. 3, 4 Abs. 2 und 3, 5, 6 und 7) Geltendes Strafrecht und Regulierungen 21. Der Ausschuss begrüsst die Änderungen der Bundesverfassung und des Strafgesetzbuches, um den Bestimmungen des Fakultativprotokolls besser Rechnung zu tragen, ist jedoch besorgt darüber, dass das Strafgesetzbuch nicht alle im Fakultativprotokoll bezeichneten Straftaten ausreichend spezifiziert. Besonders besorgt ist der Ausschuss darüber: (a) dass nicht alle Formen des Verkaufs von Kindern gemäss Artikel 2 (a) und Artikel 3 Absatz 1 (a) (i) des Fakultativprotokolls als Menschenhandelsdelikt gelten. 5

(b) dass der Vertragsstaat keine spezifische Gesetzgebung für die Kontaktaufnahme mit Kindern mit dem Ziel, sexuelle Handlungen vorzunehmen (Grooming), und das Versenden von erotischen oder pornografischen Mitteilungen via Informations- und Kommunikationstechnologien (Sexting) hat. (c) dass die Definition von Kinderpornografie nicht die Produktion, den Verkauf und den Vertrieb von Bildern und Videos, welche nackte Kinder in einem nicht pornografischen Kontext zeigen, beinhaltet. (d) dass einige Bestimmungen des Strafgesetzbuches zu den im Fakultativprotokoll bezeichneten Straftaten, insbesondere die Straftat, Kinder pornografischen Dokumenten auszusetzen, nach wie vor nur Kinder bis 16 Jahre schützen. 22. Der Ausschuss empfiehlt dem Vertragsstaat, das Strafgesetzbuch und andere relevante Gesetzgebungen weiter zu revidieren und vollständig an die Artikel 2 und 3 des Fakultativprotokolls anzupassen. Der Vertragsstaat sollte insbesondere: (a) den Verkauf von Kindern gemäss Artikel 3 des Fakultativprotokolls definieren, regulieren und unter Strafe stellen, wobei dem Verkauf von Kindern ein ähnliches, aber nicht identisches Konzept zugrunde liegt wie dem Menschenhandel. (b) sicherstellen, dass alle im Fakultativprotokoll bezeichneten Straftaten, auch die Kontaktaufnahme mit Kindern mit dem Ziel, sexuelle Handlungen vorzunehmen (Grooming), und das Versenden von erotischen oder pornografischen Mitteilungen via Informations- und Kommunikationstechnologien (Sexting) sowie die Produktion, der Verkauf und der Vertrieb von Bildern und Videos, die nackte Kinder in spezifischen Kontexten zeigen, explizit strafbar sind. (c) sicherstellen, dass alle Kinder unter 18 Jahren vollständig unter dem Schutz des Strafgesetzbuches stehen. Extraterritoriale Gerichtsbarkeit 23. Der Ausschuss begrüsst, dass die Anwendung der extraterritorialen Gerichtsbarkeit bei der strafrechtlichen Verfolgung von Straftaten gegen Kinder gemäss Artikel 5 des Strafgesetzbuches nicht die doppelte Strafbarkeit erfordert. Er ist jedoch besorgt, weil auf das Erfordernis der doppelten Strafbarkeit nicht bei allen Opfern unter 18 Jahren und allen gemäss Fakultativprotokoll untersagten Vergehen verzichtet wird. 24. Der Ausschuss empfiehlt dem Vertragsstaat sicherzustellen, dass die nationale Gesetzgebung ihn befähigt, bei allen im Fakultativprotokoll bezeichneten Straftaten sowie bei allen Opfern unter 18 Jahren seine extraterritoriale Gerichtsbarkeit ohne das Erfordernis der doppelte Strafbarkeit anzuwenden. VII. Schutz der Rechte von minderjährigen Opfern (Art. 8 und 9 Abs. 3 und 4) Massnahmen zum Schutz der Rechte und Interessen minderjähriger Opfer von im Fakultativprotokoll bezeichneten Straftaten 25. Der Ausschuss nimmt zur Kenntnis, dass im Bundesgesetz über die Hilfe an Opfer von Straftaten ein Mindeststandard für die Opferhilfe festgelegt ist. Er ist jedoch besorgt darüber, dass: (a) die Kantone diese Standards unterschiedlich umsetzen. (b) die Identifizierung der Opfer in Zusammenhang mit Kinderpornografie unzureichend ist, minderjährige Opfer von Menschenhandel von den 6

Strafverfolgungsbehörden oft nicht als Opfer anerkannt, und Kinder, die ausgebeutet oder zum Betteln oder Stehlen gezwungen werden, oft nicht als Opfer angesehen werden. 26. Der Ausschuss empfiehlt dem Vertragsstaat, verstärkt Massnahmen zum Schutz der Rechte und Interessen minderjähriger Opfer von Straftaten gemäss Fakultativprotokoll zu ergreifen und insbesondere: (a) sicherzustellen, dass die Standards des Opferhilfegesetzes in allen Kantonen einheitlich umgesetzt werden. (b) sicherzustellen, dass minderjährige Opfer von im Fakultativprotokoll bezeichneten Straftaten als Opfer und nicht als Täter angesehen werden und dass die für die Identifizierung minderjähriger Opfer zuständigen Personen wie Richterinnen und Richter, Staatsanwältinnen und Staatsanwälte, Justizvollzugsbeamtinnen und Justizvollzugsbeamte, Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeiter, medizinisches Personal, Mitarbeitende der Migrationsbehörden und andere Personen, die mit minderjährigen Opfern arbeiten, in den Bereichen Kinderrechte, Kinderschutz und Befragungstechniken geschult sind. Schutzmassnahmen im Strafrechtssystem 27. Der Ausschuss begrüsst es, dass die Strafprozessordnung spezielle Bestimmungen für minderjährige Opfer und Zeugen enthält, ist jedoch besorgt darüber, dass sehr kleine Kinder nicht ausreichend geschützt sind und dass das Personal, das mit minderjährigen Opfern arbeitet, nicht angemessen geschult ist. Ausserdem ist der Ausschuss besorgt darüber, dass es keine Informationen zu Programmen für Täterinnen und Täter von im Fakultativprotokoll bezeichneten Straftaten gibt. 28. Der Ausschuss empfiehlt dem Vertragsstaat: (a) sicherzustellen, dass alle minderjährigen Opfer oder Zeugen von Straftaten den im Fakultativprotokoll vorgesehenen Schutz erhalten. (b) Richterinnen und Richter, Staatsanwältinnen und Staatsanwälte, Polizistinnen und Polizisten, Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeiter, medizinisches Personal und andere Fachpersonen, die mit minderjährigen Opfern und Zeugen arbeiten, für einen kindergerechten Umgang während des gesamten Straf- und Gerichtsverfahrens auszubilden. Hierzu sollte der Vertragsstaat die «Leitlinien für den Schutz kindlicher Opfer und Zeugen von Straftaten in Justizverfahren» des Wirtschafts- und Sozialrats (Resolution 2005/20) beachten. (c) Programme für die Täterinnen und Täter von im Fakultativprotokoll bezeichneten Straftaten einzuführen. Rehabilitation und Wiedereingliederung von Opfern 29. Der Ausschuss ist besorgt über die begrenzten Massnahmen zur Gewährleistung der Rehabilitation und Wiedereingliederung minderjähriger Opfer aller gemäss Fakultativprotokoll untersagten Vergehen. Besonders besorgt ist der Ausschuss darüber, dass es nicht in allen Kantonen finanzierte, auf minderjährige Opfer spezialisierte Dienste und Zentren gibt und dass keine sichere Unterbringung möglich ist. 30. Der Ausschuss empfiehlt dem Vertragsstaat, alle notwendigen Massnahmen zu ergreifen, um sicherzustellen, dass minderjährige Opfer von im Fakultativprotokoll bezeichneten Straftaten angemessen unterstützt werden, auch bei ihrer körperlichen und psychischen Rehabilitation und der vollständigen sozialen Wiedereingliederung, indem u. a.: 7

(a) Programme zur kurz-, mittel- oder langfristigen Unterstützung aller minderjährigen Opfer von im Fakultativprotokoll bezeichneten Straftaten entwickelt werden. (b) im gesamten Vertragsstaat direkt oder durch Leistungserbringer jene Sonderbetreuung und angemessene Unterstützung angeboten wird, die für Kinder erforderlich ist, die Opfer von Menschenhandel wurden, die für sexuelle oder wirtschaftliche Ausbeutung verkauft wurden oder die in anderer Form Opfer einer im Fakultativprotokoll bezeichneten Straftat wurden. Zudem soll sichergestellt werden, dass die dafür notwendigen personellen, technischen und finanziellen Ressourcen zur Verfügung stehen. (c) die nötigen Massnahmen für einen erleichterten und erweiterten Zugang zu einer angemessenen Unterkunft für minderjährige Opfer von Straftaten, vor allem Kinder in Situationen, die sich besonders gefährdend auf sie auswirken, zu treffen. Überdies soll sichergestellt werden, dass solche Infrastrukturen ausreichend vorhanden und angemessen ausgestattet sind. VIII. Internationale Unterstützung und Zusammenarbeit (Art. 10) Multilaterale, bilaterale und regionale Abkommen 31. Der Ausschuss ermutigt den Vertragsstaat, seine internationale Zusammenarbeit insbesondere mit den Nachbarländern durch multilaterale, regionale und bilaterale Abkommen weiter zu intensivieren und Koordinationsabläufe und -mechanismen zur Umsetzung solcher Abkommen zu stärken. Dies mit dem Ziel, die Wirksamkeit von Präventionsmassnahmen, das Ermitteln, Verfolgen und Bestrafen jener zu verbessern, die im Fakultativprotokoll bezeichnete Straftaten begehen. IX. Folgearbeiten und Bekanntmachung Folgearbeiten 32. Der Ausschuss empfiehlt dem Vertragsstaat, alle notwendigen Massnahmen für die Gewährleistung der vollumfänglichen Umsetzung der vorliegenden Empfehlungen zu ergreifen, namentlich indem sie an die betreffenden Regierungsstellen, das Parlament sowie an die nationalen und lokalen Behörden zur Prüfung und zur Ergreifung der erforderlichen Massnahmen übermittelt werden. Bekanntmachung der Schlussbemerkungen 33. Der Ausschuss empfiehlt dem Vertragsstaat, seinen Initialbericht sowie seine schriftlichen Antworten und die dazugehörigen Empfehlungen (Schlussbemerkungen) der breiten Öffentlichkeit, zivilgesellschaftlichen Organisationen, Jugendverbänden, Berufsverbänden und Kindern zugänglich zu machen, auch (aber nicht nur) im Internet, um die Bekanntheit des Fakultativprotokolls, seine Umsetzung und Überwachung zu fördern und eine Debatte auszulösen. X. Nächster Bericht 34. Nach Artikel 12 Absatz 2 fordert der Ausschuss den Vertragsstaat auf, in seinem nächsten Staatenbericht gemäss Artikel 44 der Kinderrechtskonvention weitere Informationen zur Umsetzung des Fakultativprotokolls zur Verfügung zu stellen. 8