Vorschlag für die Bewertung von See- und Teichschlamm als organische Bodenhilfsstoffe bzw. Dünger nach Düngemittelverordnung und für die Abgrenzung zum Baggergut nach Bundes-Bodenschutz- und Altlastenverordnung Ein Beitrag von Dr. Jürgen Reinhold zum 4. Rostocker Baggergutseminar - Kompetenztreffpunkt Baggergut am 26. und 27. September 2006 in der Universität Rostock
Herkunftsmöglichkeiten von Baggergut aus subhydrischen Sedimentationen Typische Herkünfte subhydrischer Sedimente natürliche bis naturnahe Sedimente anthropogen überprägte Sedimente Sedimentation gewässerexterner Substrate vorwiegend organische Substrate vorwiegend mineralische Substrate Sedimentation gewässerinterne Bildungen (bio)-chemische Ausfällungen organische Bildungen abgestorbene organische Substanzen (Moorschlamm) mineralische Gerüstsubstanzen z.b. Kieselgur kommunaler Ursprung gewerblicher Ursprung industrielle Einleitungen verkehrstechnische Einträge
Neu seit April 2004: VDLUFA-Standpunkt Humusbilanzierung Grundlage für die Bewertung und die Bedarfsermittlung bei der Humusversorgung landwirtschaftlich genutzter Böden Bedarfsermittlung nach Bedarfsdeckung - In der Fruchtfolge angebaute Kulturen (Humuszehrer : Humusmehrer) - Unabhängig vom standortspezifischen Humusgehalt der Böden - Gehalt organischer Substanz - Abbaustabilität im Boden
Vergleich der Humusreproduktionsleistung und der Stickstoffwirksamkeit von Rottemist und Seeschlamm aus dem Großen Müllroser See (abgeleitet aus mittleren Messwerten entsprechend VDLUFA-Standpunkt Humusbilanzierung ) Parameter Maßeinheit Rottemist Seeschlamm Müllroser See Angaben zu organischem Kohlenstoff Organische Substanz TS-% 79,8 30,9 Humus-C TS-% 16,0 12,4 C org -% 34,5 69,0 Im 1. Jahr freisetzbarer C org TS-% 30,3 5,6 C org -% 65,5 31,0 Angaben zu Stickstoff Gesamtstickstoff TS-% 3,46 1,91 Löslicher Stickstoff TS-% 1,04 0,01 Sofort verfügbarer N N ges -% 30,2 0,6 Im 1. Jahr freisetzbar N org N ges -% 23,7 34,7 Schwer freisetzbarer N org (Humus-N) N ges -% 46,1 64,7 N-Mineraldüngeräquivalenz TS-% 1,45 0,34 N ges -% 42,0 17,9
Vergleichende Bewertung von See- und Teichschlamm im Vergleich zu Rottemist: - Ähnliche Humusreproduktionsleistung - Deutlich geringere Stickstoffwirkung Besonders geeignet - zum Einsatz auf humusverarmten Standorten bzw. - zur Oberbodenherstellung aus Bodenaushub Aus Sicht der Humuswirtschaft besteht Interesse an der Nutzbarmachung dieses nachwachsenden Rohstoffs Bei der Direktverwertung sind abfallwirtschaftliche Vorgaben zu berücksichtigen
Definition: Baggergut (nach BB RL EvB) Baggergut kann bestehen aus: Bisheriger Stand - ausschließliche Einordnung in das Abfallrecht: Material, das im Rahmen von Unterhaltungs-, Neu- und Ausbaumaßnahmen aus Gewässern entnommen wird - Sedimenten - subhydrischen Böden der Gewässersohle - Böden und deren Ausgangssubstrate im unmittelbaren Umfeld des Gewässerbettes - Oberböden im Ufer- bzw. Überschwemmungsbereich des Gewässers - weil Entledigungswille vorhanden (ist schon bei Änderung der Zweckbestimmung anzunehmen) - weil bewegliche Sache - weil in Anhang I KrW-/AbfG aufgeführt
Abfallverzeichnis- Verordnung (AVV) LAGA M 20: Anforderungen an die stoffliche Verwertung von mineralischen Abfällen Technische Regeln 17 05 05* - Baggergut, das gefährliche Stoffe enthält trifft im Regelfall bei Herkünften aus Hafenbereichen und der Nähe von Werften zu 17 05 06 - Baggergut mit Ausnahme desjenigen, das unter 17 05 05 fällt Hinweis: Die Vorschriften der Bundes- Bodenschutz- und Altlastenverordnung (BBodSchV) gelten auch für abfallwirtschaftliche Bewertungen Allgemeiner Teil (Stand 6.11.2003) BBodSchV (Bundes- Bodenschutz- und Altlastenverordnung): - Baggergut ist beim Auf- und Einbringen auf und in Böden wie Bodenmaterial zu bewerten - Bei land- und forstwirtschaftlicher Verwertung gelten 70 % der Vorsorgewerte des zu behandelnden Bodens Viele naturnahe See- und Teichschlämme werden wegen Überschreitung von Boden-Vorsorgewerten von einer Direktverwertung ausgeschlossen, insbesondere auf den anwendungsgünstigen Sandböden
Problemdarstellung Lösungsansatz: - Werden See- und Teichschlämme als organische Dünger eingesetzt, so erfolgt das nicht im Sinne der DIN 19731 - Praxisübliche Aufwandmengen Organische Düngung: 20 bis 200 t FM/ha Material zur Bodenbildung: 1000 bis 30000 t FM/ha - das Düngemittelrecht ist als Produktrecht neben dem Abfallrecht und dem Bodenschutzrecht zusätzlich zu berücksichtigen - dafür ist der Übergang vom Abfall zum Produkt zu definieren
Vorschlag für eine schrittweise Problemlösung für die Nutzbarmachung von See- und Teichschlämmem für die Humusversorgung von Böden 1. Schritt: Baggergut muss nach Spiegeleinträgen (AVV) auf gefahrenrelevante Eigenschaften geprüft werden als Voraussetzung für jegliche Verwertbarkeit 2. Schritt: Baggergut muss in einer dafür zugelassenen Abfallbehandlungsanlage (z.b. Klassierpolder) so behandelt werden, dass nach Düngemittelverordnung zulässige Ausgangsstoffe zur Herstellung organischer Düngemittel bzw. von Bodenhilfsstoffen separiert und als Produkt angeboten werden (Torf, Moorschlamm, Tonminerale, Sand etc.) 3. Schritt: Herstellung und Inverkehrbringung organischer Düngemittel bzw. von Bodenhilfsstoffen nach Düngemittelverordnung
Vergleich der bei landwirtschaftlicher Anwendung einzuhaltenden Schadstoffwerte nach Bodenschutzrecht und nach Düngemittelrecht Schadstoff BBodSchV (Lehm) DüMV DüMV Vorsorgewert Deklarationswert Grenzwert Maßeinheit mg/ kg TS mg/ kg TS mg/ kg TS Arsen 20 40 Blei 49 125 150 Cadmium 0,7 1,0 50 mg/kg P 2 O 5 * Chrom 42 300 Kupfer 28 70 Nickel 35 40 80 Quecksilber 0,35 0,5 1,0 Zink 105 1000 Thallium 0,5 PCB 6 0,035 PAK 12 2,1 1,0 BaP 0,21 * - gilt erst ab 5 TS-% P 2 O 5
Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit und viele Erfolge zum Nutzen der Humuswirtschaft