VG Lüneburg Urteil vom 21.09.2007. Die Kläger wenden sich gegen eine Ausreiseaufforderung mit Abschiebungsandrohung.



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Transkript:

Eine 16-jährige Ausländerin, die eine dreijährige Schulausbildung "als Fernstudium" in dem Land ihrer Staatsangehörigkeit durchlaufen will, verlässt Deutschland nur vorübergehend, wenn sie nur zu den Prüfungen ins Ausland fährt und dort beengt bei Verwandten wohnt, sonst aber bei ihren seit 35 Jahren in Deutschland wohenden Eltern in Deutschland lebt. Ihr Aufenthaltsrecht in Deutschland erlischt nicht. (Amtlicher Leitsatz) 3 A 288/05 VG Lüneburg Urteil vom 21.09.2007 Tatbestand Die Kläger wenden sich gegen eine Ausreiseaufforderung mit Abschiebungsandrohung. Die Klägerin wurde im... 1984 in Deutschland geboren. Sie hat die serbische Staatsangehörigkeit und seit Dezember 2000 eine unbefristete Aufenthaltsgenehmigung. Sie hat am... 2004 einen serbischen Staatsangehörigen geheiratet, der jetzt in Deutschland wohnt. Das gemeinsame Kind - der Kläger - wurde am... 2004 ebenfalls in Deutschland geboren. Die Klägerin besuchte die Hauptschule Stadtmitte in C. bis zum Sommer 2000. Danach hielt sie sich wiederholt in Serbien auf. Sie machte ab September 2001 eine Ausbildung an der Schule für Tourismus und Gastwirtschaft in... Die 1. Klasse musste sie nicht durchlaufen, weil ihr deutscher Schulabschluss angerechnet wurde. Die 2. Klasse wiederholte sie, nach der 3. Klasse schloss sie die 4. Klasse nicht ab. Sie beendete ihre Ausbildung in Serbien im Jahr 2004 ohne Abschluss, nachdem sie geheiratet hatte. Die Klägerin gab gegenüber der Beklagten an, sie habe sich immer nur zu den Prüfungen in Serbien aufgehalten und sei ansonsten in Deutschland gewesen. Sie sei jeweils nie länger als drei Monate in Serbien gewesen. Sie habe dort bei Verwandten gewohnt, die in der Nähe der Schule lebten. In der Schule habe sie nicht gewohnt. Nach vorheriger Anhörung erließ die Beklagte am 1. Juni 2005 den angefochtenen Bescheid. Damit forderte die Beklagte beide Kläger auf, Deutschland zu verlassen, die Beklagte drohte den Klägern die Abschiebung nach Serbien und Montenegro an, und sie forderte die Klägerin

2 auf, den serbischen Pass auszuhändigen. Die Beklagte führte zur Begründung aus, die Klägerin habe Deutschland nicht nur vorübergehend und kurzfristig verlassen, so dass ihr Aufenthaltsrecht erloschen sei. Die Ausreise zum Zwecke der mehrjährigen Ausbildung sei dauerhaft gewesen. Die Kläger haben am 4. Juli 2005 Klage erhoben und beantragen, den Bescheid der Beklagten vom 1. Juni 2005 aufzuheben. Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen. Die Klägerin wurde in der mündlichen Verhandlung vom 21. September 2007 zu ihrer Schulausbildung in Serbien befragt. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten, den der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten und das Terminsprotokoll vom 21. September 2007 verwiesen. Entscheidungsgründe Die Klage ist zulässig und begründet. Der Bescheid der Beklagten vom 1. Juni 2005 ist rechtswidrig und verletzt die Kläger in ihren Rechten. Der Bescheid ist daher nach 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO aufzuheben. Die Verlassensaufforderung der Beklagten, die Abschiebungsandrohung und die Aufforderung zur Passabgabe sind rechtswidrig. Denn das Aufenthaltsrecht der Klägerin ist nicht erloschen, so dass sich im Ergebnis alle Regelungen des Bescheides als fehlerhaft erweisen. 1. Auszugehen ist von folgenden Grundsätzen: Nach 51 Abs. 1 Nr. 6 und 7 des im Wesentlichen zum 1. Juli 2005 in Kraft getretenen Aufenthaltsgesetzes - AufenthG - erlischt der Aufenthaltstitel, wenn der Ausländer aus einem seiner Natur nach nicht vorübergehenden Gründe ausreist oder wenn der Ausländer ausgereist und nicht innerhalb von sechs Monaten (oder einer von der Ausländerbehörde bestimmten

3 längeren Frist) wieder eingereist ist. Diese Vorschrift entspricht der Vorgängernorm des 44 Abs. 1 Nr. 2 und 3 AuslG. Ob die Voraussetzung des 51 Abs. 1 Nr. 6 AufenthG oder des 44 Abs. 1 Nr. 2 AuslG erfüllt ist - nicht nur vorübergehende Ausreise -, beurteilt sich nicht (allein) nach dem inneren Willen des Ausländers, sondern aufgrund einer Würdigung der gesamten Umstände des jeweiligen Einzelfalls (vgl. BVerwG, Beschl. v. 30. 12. 1988-1 B 135/88 -, Buchholz 402.24, 9 AuslG Nr. 4 = InfAuslR 1989, 114). Je länger die Abwesenheit vom Bundesgebiet dauert und je deutlicher sie über einen bloßen Besuchs- oder Erholungsaufenthalt im Ausland hinausgeht, desto mehr deutet darauf hin, dass die Abwesenheit nicht nur vorübergehender Natur ist. Die in Nr. 7 bzw. 3 der genannten Vorschriften festgelegte Höchstgrenze von sechs Monaten kann dabei durchaus ein Beurteilungskriterium bilden (vgl. Nds. OVG, Beschl. v. 15. 5. 2000-11 L 1278/00 -, m. w. N.). Der Ausländer kann das Erlöschen der Aufenthaltsgenehmigung bei einer nicht nur vorübergehenden Ausreise nicht dadurch vermeiden, dass er jeweils kurz vor Ablauf von sechs Monaten mehr oder weniger kurzfristig in das Bundesgebiet zurückkehrt (vgl. BVerwG, Beschl. v. 30. 12. 1988, a.a.o.). Auch hindern die Ausreise zu einem zeitlich völlig unbestimmten Zweck und die Absicht, irgendwann in das Bundesgebiet zurückzukehren, das Erlöschen der Aufenthaltserlaubnis nicht (BVerwG, Beschl. v. 4. 5. 1993-1 B 220.92 -). Anhaltspunkte für die Beurteilung des Ausreisegrundes als vorübergehend oder dauerhaft können neben Dauer und Zweck der Abwesenheit auch die Einstellung oder die Aufrechterhaltung von Beziehungen im Bundesgebiet sein. So sind Anzeichen für einen auf längere Zeit angelegten Auslandsaufenthalt etwa Aufgabe von Arbeitsplatz und Wohnung, Mitnahme von Hausrat, Abbruch von familiären Kontakten oder die einwohnerpolizeiliche Abmeldung (vgl. GK-AuslR, 44 AuslG Rdnr. 36; Hailbronner, AuslR, Kommentar Stand Mai 2007, 51 Rdnr. 17). Die Absicht des Ausländers, nicht nur vorübergehend im Ausland zu bleiben, muss somit in objektiv nachprüfbarer Weise zum Ausdruck kommen (Nds. OVG, Beschl. v. 15. 5. 2000 a.a.o.). Wenn ein Ausländer im Heimatstaat eine Schule besucht, hängt es ebenfalls von einer Gesamtwürdigung der Einzelfallumstände ab, ob eine nur vorübergehende Abwesenheit vom Bundesgebiet vorliegt oder aber eine längerfristige dauerhafte Abwesenheit. Grundsätzlich kann davon ausgegangen werden, dass Auslandsaufenthalte zu bloßen kurzfristigen - und nicht längerfristigen langjährigen - Schuloder Studienzwecken als vorübergehend angesehen werden müssen (Hailbronner a.a.o. Rdnr. 18). Von einer dauerhaften Abwesenheit wird auszugehen sein, wenn das Ende der Ausbildung nicht absehbar ist, und der Ausländer erklärtermaßen seine Rückkehr nach Deutschland

4 von der Art und dem Zeitpunkt des Erfolges seiner Ausbildung abhängig macht (OVG Münster, Beschl. v. 26.08.1988-18 B 1063/88 -, NVWZ RR 1989 Seite 104). Der Ausländer kann deshalb sein einmal in Deutschland erworbenes Aufenthaltsrecht nicht in Reserve halten für den Fall, dass seine im Heimatland erfolgten Pläne scheitern (GK-AuslR, a.a.o. Rdnr. 34). 2. Daraus folgt für den vorliegenden Fall: Die Klägerin hat Deutschland aus nur vorübergehenden Gründen verlassen. Obwohl die Klägerin in Serbien eine Schulausbildung durchlaufen hat, ergibt die Gesamtwürdigung der Einzelfallumstände, dass sie das Bundesgebiet nur vorübergehend verlassen hat, da mit Schulausbildung nur eine vorübergehende Abwesenheit vom Bundesgebiet verbunden gewesen ist und nicht eine längerfristige dauerhafte Abwesenheit von Deutschland. Auch wenn die Schulausbildung auf insgesamt drei Jahre angelegt gewesen ist, ist die geplante dreijährige Ausbildung nicht mit einer gleichlangen Abwesenheit aus Deutschland verbunden gewesen. Die Klägerin hat schon gegenüber der Beklagten vorgetragen, sie habe sich immer nur zu den Schulprüfungen in Serbien aufgehalten und sei ansonsten in Deutschland gewesen. Dies hat sie in der mündlichen Verhandlung nachvollziehbar und glaubhaft bestätigt. Die Klägerin ist vom Einzelrichter eingehend zu den Gründen und zum Inhalt ihrer Schulausbildung in Serbien befragt worden. Sie hat dargelegt, dass es an der Schule zwei Möglichkeiten der Ausbildung gegeben hat: Den regulären Schulbesuch mit Anwesenheitspflicht an jedem Schultage auf der einen Seite und ein Fernstudium auf der anderen Seite. Beim Fernstudium etwa hätten auch Senioren mitgemacht. Für die externen Fernstudenten hätte es keine Anwesenheitspflicht gegeben. Sie selber - die Klägerin - habe die Ausbildung nicht als reguläre Schülerin, sondern als Fernstudentin durchlaufen. Sie habe sich den Unterrichtsstoff zuhause in Deutschland selbst erarbeiten müssen und sei dann nur zu den Prüfungen nach Serbien gereist. Ziel der Schulausbildung in Serbien sei es gewesen, einen Abschluss als Hotelfachfrau und Reisekauffrau zu erlangen. Die Richtigkeit der Angaben der Klägerin zu den Umständen eines Fernstudiums wird gestützt durch die Bescheinigung der Schule vom 21. März 2005, wonach die Klägerin als außerordentliche Schülerin die Schule besucht habe (Blatt 73 f VV). Die Schulausbildung der Klägerin ist damit nicht mit einer längerfristigen Abwesenheit aus Deutschland einhergegangen. Die Klägerin hat ihre Abwesenheit aus Deutschland auch nicht vom Erfolg oder Misserfolg ihrer Ausbildung in

5 Serbien abhängig machen wollen. Sie wollte ihr in Deutschland erworbenes Aufenthaltsrecht auch nicht in Reserve halten für den Fall, dass ihre Schulausbildung in Serbien scheitert. Auch die Würdigung der übrigen Umstände des Einzelfalles belegen deutlich, dass die Abwesenheit der Klägerin aus Deutschland immer nur vorübergehender Natur gewesen ist. Die Absicht der Klägerin, nur vorübergehend im Ausland zu bleiben, ist in objektiv nachprüfbarer Weise in vielen anderen Punkten zum Ausdruck gekommen: Die Klägerin hat sich in C. polizeilich niemals abgemeldet. Sie hat auch keinen Hausrat nach Serbien mitgenommen und hat dort auch keinen neuen Hausstand gegründet. Die Klägerin ist nach ihren nachvollziehbaren Angaben immer nur mit einem kleinen Koffer nach Serbien gereist. Sie hat bei ihrer Tante gewohnt. Dort war sie die siebte Person in einer 2 ½ - Zimmer- Wohnung. Dieser Aufenthalt in beengten Verhältnissen ist von vornherein weder von der Klägerin noch von der Tante als eine Dauerlösung angesehen worden oder als eine Lösung bis zu einem Zeitpunkt, zu dem die Klägerin in Serbien eine andere Wohnmöglichkeit findet. Die Klägerin wollte in Serbien von Anfang an nicht dauerhaft wohnen, vielmehr hat sie ihr Zimmer bei ihren Eltern in Deutschland stets beibehalten. Die Eltern leben seit 35 Jahren in Deutschland, und die Klägerin hat in Deutschland ihre Verwurzelung. Sie ist immer wieder nach Durchführung ihrer Prüfungen aus Serbien zurückgekehrt und hat weiter bei ihren Eltern gewohnt. Bei ihren Eltern ist sie erst im Jahr 2004 ausgezogen, als sie das Kind bekam. Damit hat die Klägerin auch ihre persönlichen Beziehungen zum Elternhaus niemals abbrechen oder für längere Zeit unterbrechen müssen, sie hat den engen familiären Kontakt vielmehr aufrechterhalten können. Auch der Umstand, dass die Klägerin im Jahr 2004 einen serbischen Staatsangehörigen geheiratet und mit ihm ein Kind bekommen hat, spricht nicht dafür, dass sie Deutschland längerfristig verlassen hat oder verlassen wollte. Als die Klägerin ihren Mann in Serbien kennengelernt hat, war das alles eine ziemlich schnelle und spontane Sache, weil sie ihren nachvollziehbaren Angaben zufolge immer nur kurz dort gewesen ist. Sie ist ziemlich schnell schwanger geworden. Ihren Mann hat sie immer nur kurz gesehen, wenn sie zu den Prüfungen in Serbien gewesen ist. Sie hat auch niemals ernsthaft in Erwägung gezogen mit ihrem Mann in Serbien zu bleiben und dort zu leben. Das ist für die Klägerin von vorn herein nicht infrage gekommen: Die Leute dort seien anders, das sei sie nicht gewohnt. Sie - die Klägerin - habe niemals aus Deutschland raus gewollt.

6 Letztlich sprechen auch das Alter der Klägerin und der Umstand, dass ihre Eltern seit 35 Jahren in Lüneburg leben, dafür, dass sie Deutschland nur vorübergehend und nicht dauerhaft hat verlassen wollen. Die Klägerin ist im November 1984 geboren worden. Sie ist, als sie ihre Schulausbildung in Serbien im Jahr 2001 aufgenommen hat, noch 16 Jahre alt gewesen. Ihre Minderjährigkeit und ihr junges Alter sprechen dagegen, dass sie durch den Schulbesuch in Serbien eine dauerhafte Entscheidung für ihr Leben treffen und Deutschland und die in Lüneburg seit 35 Jahren lebenden Eltern längerfristig oder für immer hat verlassen wollen. Im Ergebnis kann ein längerfristiges und nicht nur vorübergehendes Verlassen von Deutschland im vorliegenden Fall der Klägerin nicht festgestellt werden. Angesichts der Gesamtumstände sind die Lebensplanungen der Klägerin niemals dahin gegangen, Deutschland längerfristig und nicht nur vorübergehend zu verlassen. Ihre Ausbildung in Serbien hat die Klägerin nicht angefangen, um sich dort einen neue Existenz aufzubauen, sondern um einen Beruf zu erlernen, den sie in Deutschland wegen des fehlenden Realschulabschlusses nicht hätte erlernen können. Die Berufsausbildung sollte ihrer Existenzsicherung in Deutschland dienen, nicht der Vorbereitung eines Lebens in Serbien. Die Kostenentscheidung beruht auf 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus 167 VwGO i.v.m. 708 Nr. 11 ZPO.