Konsumentenschutz-Bilanz: Kein Problem zu gering, kein Gegner zu mächtig

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Ihre Gesprächspartner/-innen: Dr. Johann Kalliauer Mag. a Ulrike Weiß, MBA Präsident der Arbeiterkammer Oberösterreich Leiterin des AK-Konsumentenschutzes Konsumentenschutz-Bilanz: Kein Problem zu gering, kein Gegner zu mächtig Pressekonferenz am Mittwoch, 11. Jänner, um 10 Uhr Arbeiterkammer Linz

AK-Konsumentenschutz zieht Bilanz 2016 Insgesamt 80.497 Konsumentinnen und Konsumenten haben sich 2016 an die Arbeiterkammer Oberösterreich gewandt. 12.087Anfragen haben die Konsumentenschützer/-innen per E-Mail bekommen und beantwortet Tendenz steigend. Spitzenreiter bleibt das Telefon, das beim Konsumentenschutz nicht weniger als 62.288 Mal geklingelt hat. 5.609 Konsumenten/-innen wurden persönlich beraten. Ganz old school haben die Expertinnen und Experten zusätzlich 432 briefliche Anfragen beantwortet, doch es werden zunehmend auch neue Kommunikationswege genutzt. So sind 81 Fragen über facebook beantwortet worden. Durch Beratung, Vertretung und Information bekamen bzw. ersparten sich die Konsumenten/-innen über neun Millionen Euro. Im Durchschnitt brachte eine erfolgreiche Unterstützung durch die AK 1.200 Euro für die Betroffenen, der Mittelwert liegt bei 250 Euro. Dass den Konsumentenschützern/-innen kein Problem zu gering und kein Gegner zu mächtig ist, zeigen die folgenden zwei Fälle aus der Praxis: Erfolgreich um fünf Euro gekämpft Eine Linzer Pensionistin hat bei einem defekten Fotoautomaten fünf Euro eingeworfen, aber keine Fotos erhalten. Die Reklamation sollte mittels Kontaktformular abgewickelt werden. Da sich das Formular nicht online ausfüllen ließ und die Zusendung per E-Mail mit Anhang nicht funktionierte, wandte sich die Frau an den AK- Konsumentenschutz. Auch die AK bekam das erste E-Mail an die Firma retour, blieb aber hartnäckig. Auf ein E-Mail an eine andere Adresse reagierte die Firma schließlich, und die Konsumentin erhielt ihre fünf Euro retour überwiesen. Manchmal geht s aber auch um sechsstellige Beträge Ein Konsument aus dem Traunviertel zog sich bei einem Unfall schwerste Verletzungen zu. Entsprechend einem vorliegenden Gutachten ging die private Unfallversicherung bei der Versicherungsleistung von einer dauernden Invalidität von 45 Prozent aus. Der Konsument wandte sich an die AK, die die Versicherung darauf hinwies, dass aufgrund des Gutachtens doch zumindest von einer dauernden Invalidität von 50 Prozent auszugehen wäre. Die Versicherung schloss sich nach erneuter Prüfung dieser Rechtsansicht an, wodurch sich die Kapitalleistung verdreifachte und der Konsument weitere 147.000 Euro ausbezahlt bekam. Außerdem wurde die lebens- 2

lange monatliche Rente von 175 auf 350 Euro oder im Falle einer einmaligen Auszahlung von 33.000 auf 66.000 Euro verdoppelt. Die Top-Angebote auf der AK-Homepage Auf der Website der AK Oberöserreich finden Konsumenten/-innen rund um die Uhr Informationen zu allen relevanten Themen. Unsere Online-Angebote wurden über 1,2 Millionen Mal aufgerufen und 382.000-mal heruntergeladen. Spitzenreiter war mit 75.000 Downloads der Heizöl-Preisvergleich, gefolgt von Pellets-Preisen mit 46.000 und dem Preisvergleich für Fotobücher mit 19.000 Downloads. Der Schultaschentest und der Führerschein-Preisvergleich wurde je 10.000-mal heruntergeladen. Insgesamt haben die Konsumentenschützer/-innen 37 Preisvergleiche und 13 Produkttests durchgeführt. Von den Musterbriefen wurde jener zur Vertragskündigung 2.678mal, jener zur Kündigung eines Mietvertrages 2.093mal und jener zum Rücktritt von einer Finanzsanierung 1.966 mal downgeloaded. Die Musterbriefe Rücktritt Internetfalle und Fluggastrechte nutzten 1.372 bzw. 1.009 Betroffene. Die wichtigsten Themen 2016 Die Beratungsschwerpunkte spiegeln sich in den von der AK geführten Gerichtsverfahren. Viele Anfragen gingen zu Parship und anderen Singlebörsen ein. Aber auch Mahn- und Inkassokosten waren ein wichtiges Thema in der Beratung. Der Großteil der Anfragen betraf das allgemeine Konsumentenrecht etwa mangelhafte Ware und die damit verbundenen Gewährleistungs- und Garantieansprüche oder übereilte Vertragsabschlüsse und etwaige Möglichkeiten zum Rücktritt. Die Probleme mit Online-Angeboten nehmen jährlich zu. Reisen: Der Großteil der Beschwerden betraf Probleme mit ausgefallenen oder verspäteten Flügen. Hier konnte der Konsumentenschutz durch die Kooperation mit FairPlane, einem auf die Durchsetzung von Fluggastrechten spezialisierten Unternehmen, bislang über 80 Betroffenen zu ihrem Recht verhelfen. Nach Terroranschlägen erkundigten sich viele Konsumenten/-innen wegen Stornierungsmöglichkeiten, Rücktritt von bzw. Umbuchung der Reise. Die Probleme mit online gebuchten 3

Reisen nehmen weiter zu meist ging es um mangelnde Erreichbarkeit des Anbieters, fehlende Preistransparenz oder die Nichtauszahlung von Gutscheinen. Telekommunkation: Hier konnten Verbesserungen für die Konsumenten/-innen bei Anbieterwechsel und Vertragskündigung erreicht werden. Für Juni 2017 ist das Aus für die Roaming-Gebühren geplant. Banken: Kreditnehmer/-innen erkundigten sich häufig zum Thema Negativzinsen, wozu eine höchstgerichtliche Entscheidung allerdings noch aussteht. Viele Kontoinhaber/-innen waren mit wesentlichen Gebührenerhöhungen konfrontiert. Durch das Inkrafttreten des neuen Verbraucherzahlungskontogesetzes (VZKG) im Herbst wurde der Wechsel eines Girokontos erleichtert. Auch wurde die langjährige Forderung nach einem Basiskonto für alle umgesetzt. Versicherungen: Schwerpunkt im Versicherungsbereich waren die Themen Leistungsablehnung und Vertragsauflösung. Vor allem bei Rechtsschutzversicherungen, aber auch in der Unfallversicherung, gab es viele Kündigungen durch die Versicherung nach einem Schadensfall. Das ist für die Versicherten deshalb problematisch, weil es für sie schwer ist, eine neue Versicherung mit vergleichbarer Prämie zu finden. Hier hat der AK-Konsumentenschutz für die entsprechenden Klauseln in der Rechtsschutzversicherung bereits vor einigen Jahren eine richtungsweisende Entscheidung des Obersten Gerichtshofs (OGH) erwirkt ein unbeschränktes Kündigungsrecht im Schadensfall ist unzulässig. Darauf aufbauend wurde jetzt die Abmahnung einer branchenüblichen Klausel zur Schadensfallkündigung in der privaten Unfallversicherung vorbereitet. Mietrecht: Hier betrafen viele Anfragen die Beendigung des Mietverhältnisses (Kündigungsfristen) und das Ausmalen (wie ist der Mietgegenstand zurückzugeben). Durch die 2016 in Kraft getretene Novelle zum Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz ergab sich ein weiterer Beratungsschwerpunkt: Die gemeinnützigen Bauvereinigungen sind seit 1.1.2016 verpflichtet, auch Erhaltungsarbeiten an mitvermieteten Einrichtungsgegenständen zu übernehmen. Es wird im Detail noch zu klären sein, was im Einzelnen davon umfasst ist. Lebensmittel: Der Fokus lag auf Qualität und Produktsicherheit. Tests wurden durchgeführt zur Mineralölbelastung von Schoko-Nikoläusen, zu Faschingskrapfen, 4

Obst und Gemüse in den Regalen, Obssalaten und offenem Faschierten. Ein weiterer Schwerpunkt lag auf der Aussagekraft von Gütezeichen und der Produktkennzeichnung allgemein. Fair konsumieren: Dem zunehmenden Interesse am Thema nachhaltiger Konsum wurde unter anderem Rechnung getragen mit dem Fair Jeans Guide und der Untersuchung von Schuhen in Hinblick auf Arbeitsbedingungen und Chrom VI Belastung. Verbandsverfahren und Musterprozesse Erfolg bei SIM Pauschale: Eine aliquote Rückerstattung der jährlich im Voraus zu bezahlenden SIM-Pauschale bei Vertragsbeendigung war bei A1 laut einer Vertragsklausel nicht möglich. Dagegen zog die AK vor Gericht. Die entsprechende Klausel in den Entgeltbestimmungen von A1 wurde vom Handelsgericht Wien als gröblich benachteiligend und damit unzulässig erkannt. Das Urteil ist rechtskräftig. Konsumenten/-innen können nun die SIM-Pauschale bei beendeten Verträgen für das letzte Vertragsjahr anteilig zurückfordern. Westbahn-Kilometerbank: Beim Kilometerbank-Ticket der Westbahn (1.000 Tarifkilometer um 79,90 Euro, Gültigkeit zwei Jahre) wurden einem Konsumenten aus Attnang-Puchheim bei seinen Fahrten nach Linz anstatt der ursprünglichen 56 Kilometer nach zwei Monaten plötzlich 60 Kilometer abgebucht. Um Konsumenten/-innen vor solchen Leistungsänderungen zu schützen, hat die AK wegen Verstoßes gegen das Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb (UWG) geklagt und vor dem Obersten Gerichtshof (OGH) Recht bekommen. Betroffene Konsumenten/-innen, denen in der Vergangenheit zu Unrecht zu viele Kilometer abgebucht worden sind, können eine Rückbuchung von Westbahn verlangen. Mahn- und Inkassokosten: Viele Beschwerden gibt es über ungerechtfertigte oder überhöhte Mahn- und Inkassokosten. Oft setzen sich Konsumenten/innen dagegen aber nicht zur Wehr, weil sie noch höhere Kosten befürchten. Die AK führt daher laufend Musterprozesse bzw. Abmahnverfahren, damit unberechtigte Betreibungskosten künftig durch die Rechtsprechung der Gerichte eingegrenzt werden können. So wurde gegen zwei Vertragsklauseln und eine Bestimmung im Preisblatt der BAWAG P.S.K. eine Verbandsklage veranlasst. Das Handelsgericht Wien gab der AK 5

in erster Instanz in allen Punkten Recht. Es erkannte unter anderem die Höhe der pauschalen Mahnkosten (je nach Mahnstufe ansteigend von 22 Euro bis 55 Euro) für unzulässig - weil pauschale Beträge in Rechnung gestellt werden, ohne dass auf ein angemessenes Verhältnis zur Grundforderung Bedacht genommen wird. Auch ist kein Grund ersichtlich, warum mehrfache Mahnungen zu immer höheren Kosten führen. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Parship: 2016 gingen viele Beschwerden über die Online-Partneragentur Parship ein. Die Anfragen betrafen häufig automatische Vertragsverlängerungen bei befristeten Verträgen. Nach dem Konsumentenschutzgesetz reicht es nicht alleine aus, dass eine automatische Vertragsverlängerung bei Vertragsabschluss vereinbart wird. Zusätzlich müssen Konsumenten/-innen rechtzeitig vor der Verlängerung eines Vertrages einen gesonderten Hinweis erhalten, der ihnen die Situation kostenpflichtige Vertragsverlängerung bei Nichtkündigung klar macht. Parship übermittelte den Konsumenten/-innen aber lediglich ein E-Mail, das mit Nachricht zu Ihrem Profil bezeichnet war. Erst durch Klicken auf einen Link und Einloggen in den Member-Bereich wurde ersichtlich, dass eine automatische Vertragsverlängerung erfolgen wird. Beschwerden gab es auch von Konsumenten/-innen, die fristgerecht innerhalb von 14 Tagen vom Onlinevertrag zurückgetreten waren. Parship hat ihnen einen aus Sicht der AK überhöhten Wertersatz für die Nutzung bis zum Rücktritt verrechnet. So wurden einer jungen Oberösterreicherin 75 Prozent der Kosten für die Jahresmitgliedschaft verrechnet. Die AK wird die Konsumentin unterstützen, wenn die Forderung eingeklagt wird. Bereits erfolgreich abgeschlossene bzw. noch laufende Verfahren gibt es darüber hinaus noch zu den Themenbereichen Rücktritt von Lebensversicherungen, Prospektpflicht bei qualifizierten Nachrangdarlehen, Gültgkeitsdauer von Gutscheinen, prämienbegünstigte Zukunftsvorsorge für Minderjährige und Vertragsbedingungen von Fitnessstudios. 6

AK-Forderungen: Die Erfolge des AK-Konsumentenschutzes zeigen deutlich, wie wichtig schlagkräftige Instrumente sind, um für ein faires Kräfteverhältnis zwischen Unternehmen und Konsumenten/-innen zu sorgen. Doch es gibt noch Verbesserungsbedarf: Viel zu oft lohnt es sich für große Unternehmen, langatmige Gerichtsverfahren zu führen. Selbst im Erfolgsfall erfahren viele Betroffene nicht davon oder haben keine für die Durchsetzung relevanten Unterlagen mehr. Bei kleinen Beträgen kostet die Rückforderung mittels eingeschriebenem Brief oft mehr, als sie bringt. Für die Konsumentenschutzeinrichtungen birgt die Durchsetzung der Verbraucherrechte ein hohes finanzielles Risiko. Großen Unternehmen dagegen schadet oft auch ein verlorener Prozess nicht wirklich, da die unberechtigt erhaltenen Beträge nur zu einem geringen Teil zurückgefordert werden. Abschöpfung von widerrechtlich lukrierten Gewinnen Die AK fordert daher die Schaffung einer generellen rechtlichen Grundlage für die Abschöpfung von Gewinnen, die Unternehmen durch rechtswidrige Handlungen von Konsumenten/-innen erhalten haben. Diese Gewinne könnten für Konsumentenschutzzwecke gewidmet werden. Rückzahlungsansprüche der Konsumenten/-innen müssten selbstverständlich aufrecht bleiben und wären bei der Abschöpfung anzurechnen. Nur so würde verhindert, dass sich rechtswidriges Verhalten für Unternehmen lohnt. Kollektive Rechtsdurchsetzung durch Gruppenklage Die 2016 geführten Prozesse zeigen auch, dass es unzureichende Möglichkeiten gibt, um viele Betroffene mit dem selben Problem effizient vertreten zu können. Nicht selten muss ein Betroffener nach dem anderen einzeln bei Gericht unterstützt werden, muss die selbe Rechtsfrage immer wieder vorgebracht werden. Die derzeit praktizierte Sammelklage nach österreichischer Prägung ist unzureichend, da die Zulässigkeit der Bündelung von gleichartigen Ansprüchen jedesmal durch die Instanzen durchgefochten werden muss. Mit einer Gruppenklage könnten gemeinsame Fragen mehrerer Betroffener (z.b. bei Anlegerprozessen) geklärt werden, und ein wesentlicher Vorteil dieser kollektiven Durchsetzung wäre die Deckelung von Rechtsanwalts- und Gerichtskosten. Die Gruppenklage sollte auch bei einer niedrigen Anzahl von Ansprüchen möglich sein, keinen oder nur einen geringen Mindeststreitwert 7

enthalten und eine gesetzliche Klagsbefugnis für berechtigte Klagsverbände wie AK und VKI vorsehen. Exemplarische Rechtsfragen duch Musterklagen klären Um das Instrumentarium für eine effektive kollektive Rechtsdurchsetzung zu vervollständigen, fordert die AK Oberösterreich die Form der Musterklage. Damit sollte es möglich sein, exemplarische Rechtsfragen durch einen berechtigten Klagsverband rasch zum OGH zu bringen und höchstgerichtlich klären zu lassen. Für anhängige Verfahren sollten die Regelungen eine Verjährungshemmung vorsehen, damit niemand seine Ansprüche verliert, während eine Rechtsfrage in Klärung ist. Auch dadurch ließen sich Rechtsanwalts- und Gerichtskosten sparen und die Kapazitäten der österreichischen Gerichte effizient nutzen. 8