Vorsorgebrief 1/2011 aus der Rechtsanwaltskanzlei Dr. Buerstedde

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Transkript:

Vorsorgebrief 1/2011 aus der Rechtsanwaltskanzlei Dr. Buerstedde Themen im Überblick: 1. Unterstützung für pflegende Angehörige in NRW 2. Behindertentestament sittenwidrig? 3. Bedürftigentestament sittenwidrig? 4. Erbteilung nach unwirksamem Testament und Erbschaftssteuer 5. Absetzbarkeit von Beratungskosten bei der Erbschafts- und Schenkungssteuer 6. Sind krankheitsbedingte Heimkosten als außergewöhnliche Belastung abziehbar? Hinweis: www.vorsorgeordnung.de lebt von Ihren Anregungen. Zögern Sie daher nicht mit Anregungen oder Kritik! Für weitere Fragen oder Anregungen stehe ich Ihnen gerne zur Verfügung. Telefonische Beratung für 3 Euro pro Minute aus dem deutschen Festnetz unter: 0900 10 40 80 1 Dr. Wolfgang Buerstedde Fachanwalt für Erbrecht Brunnenallee 31a 53332 Bornheim Tel. 02222-931180 Fax. 02222-931182

1. Unterstützung für pflegende Angehörige in NRW Als Pflegebedürftiger oder dessen Angehöriger hat man viele Fragen zur häuslichen Pflege. Kostenlose Informationen gibt die Landesstelle Pflegende Angehörige unter der Telefonnummer 0800-220 44 00 montags bis freitags jeweils zwischen 10 und 12 Uhr. Informationsbroschüren und weitere Informationen erhält man unter http://www.lpfa-nrw.de. 2. Behindertentestament sittenwidrig? Behinderte Kinder verursachen häufig erhebliche Kosten, die vom Sozialhilfeträger übernommen werden. Erhalten diese Kinder durch eine Erbschaft eigenes Vermögen, ist dieses aufgrund der Subsidiarität der Sozialhilfe zunächst einzusetzen. Mit dem sog. Behindertentestament wollen die Eltern einen Zugriff der Sozialhilfeträger auf die Erbschaft verhindern und eine Versorgung der Kinder über dem Sozialhilfeniveau sicherstellen. Umstritten war bislang stets, ob diese komplexe Konstruktion des Behindertentestaments aufgrund der Benachteiligung des Sozialhilfeträgers sittenwidrig ist. Nun hat der Bundesgerichtshof einen Verstoß gegen die guten Sitten abgelehnt (Urteil vom 19.01.2011, IV ZR 7/10). Zum Sachverhalt (vereinfacht und verkürzt) : Testamentarisch setzten sich die Eltern gegenseitig im ersten Erbfall zu Alleinerben ein. Im Schlusserbfall wurde die behinderte Tochter zu 34/200 als Vorerbin eingesetzt. Nacherbe wurde eines ihrer Geschwister. Zugleich wurde Dauertestamentsvollstreckung angeordnet. Im Anschluss an die Testamentserrichtung verzichtete die behinderte Tochter zudem, ebenso wie ihre Geschwister, auf die Geltendmachung von Pflichtteilsansprüchen nach dem Erstversterbenden. Aus den Gründen (vereinfacht und verkürzt): Diese Gestaltung des Behindertentestaments sei grundsätzlich nicht sittenwidrig, sondern vielmehr Ausdruck der sittlich anzuerkennenden Sorge für das Wohl des Kindes über den Tod der Eltern hinaus. Zwar könnten zivilrechtliche Gestaltungen mit dem Nachranggrundsatz und dem Subsidiaritätsprinzip des Sozialrechts in Konflikt geraten, wenn sie darauf gerichtet seien, die Bedürftigkeit einer Person gezielt herbeizuführen. Allerdings ist der Nachranggrundsatz indessen schon im Sozialhilferecht selbst in erheblichem Maße durchbrochen.

Bei Hilfebeziehern mit Behinderungen lässt sich keine hinreichend konsequente Durchführung des Nachrangs der öffentlichen Hilfe entnehmen, die bezogen auf die Errichtung des Behindertentestaments wie auch für den hier in Rede stehenden Pflichtteilsverzicht die Einschränkung der Privatautonomie über 138 Abs. 1 BGB rechtfertigen würde. Grundsätzlich sei jeder frei in seiner Entscheidung, ob er Erbe eines anderen werden oder auf andere Art etwas aus dessen Nachlass bekommen will. Vor diesem Hintergrund sei der Erbrechtsgarantie im Art. 14 Abs. 1 GG auch ein Gegenstück im Sinne einer negativen Erbfreiheit zu entnehmen. Wenn einerseits Erblasser frei darin seien, andere zu ihren Erben einzusetzen, sei dies andererseits nur insofern zu billigen, als die Betroffenen damit einverstanden sind. Es gebe keine Pflicht zu erben oder sonst etwas aus dem Nachlass anzunehmen. Insoweit könne für einen erbrechtlichen Erwerb von Vermächtnis- oder Pflichtteilsansprüchen im Grundsatz nichts Anderes gelten als für die Erbenstellung selbst. In diesem Sinn stünden Pflichtteilsberechtigten für einen Verzicht nicht nur die durch Art. 2 Abs. 1 gewährleistete Privatautonomie, sondern auch der Grundgedanke der Erbfreiheit zur Seite. Dies gelte unabhängig davon, dass Gläubiger von einem erbrechtlichen Erwerb des Betroffenen profitieren würden. Diese Entscheidung ist sehr erfreulich und schafft in großem Umfang Rechtsklarheit. Damit ist für das normale Behindertentestament die Gefahr der Unwirksamkeit gebannt. Hinweis: Diese Entscheidung ist sehr erfreulich und schafft in großem Umfang Rechtsklarheit. Damit ist für das normale Behindertestament die Gefahr der Unwirksamkeit gebannt. Eltern behinderter Kinder sollten daher nicht zögern und das etwas komplexere Behindertentestament von einem Fachanwalt entwerfen lassen. Tipp: Eltern behinderter Kinder sollten prüfen, ob ein Pflichtteilsverzichtsvertrag infrage kommt. Der Abschluss eines solchen Vertrages wird erheblich,e schwieriger, falls das Kind unter amtlicher Betreuung steht.

3. Bedürftigentestament Sittenwidrig? Während das Behindertentestament also grundsätzlich nicht gegen die guten Sitten verstößt, soll das sog. Bedürftigentestament sittenwidrig sein. Mit dem Bedürftigentestament wird versucht, dem Bedürftigen (Arbeitslosengeld II Empfänger) ein Teil des Nachlasses zukommen zu lassen, ohne dass der Leistungsträger hierauf Zugriff nehmen kann und seine Leistungen weiter gewährt. Das SG Dortmund hat mit dem noch nicht rechtskräftigen Beschluss vom 25.09.2009, Az.: S 29 AS 309/09 ER über die Sittenwidrigkeit einer Vorerbschaft zugunsten eines Bedürftigen ALG 2 (Hartz IV-Beziehers) entschieden: Verfügt ein Erblasser zu Gunsten eines Alg II- Leistungsbeziehers, dass die Erbschaft nur insoweit ausgezahlt werden solle, als bedürftigkeitsabhängige Sozialleistungen weiterhin bezogen werden können, dürfe die Grundsicherungsbehörde ihre Leistungen einstellen. Zum Fall (stark vereinfacht) Die Mutter setzte ihren 52-Jährigen arbeitslosen Sohn zum Vorerben ihres Vermögens von ca. 240.000 Euro ein. Der Bruder habe als Testamentsvollstrecker und Nacherbe dafür Sorge zu tragen, dass der Nachlass möglichst erhalten bleibe und ihr Sohn als Vorerbe in den Genuss der Früchte des Nachlasses komme, ohne dass ihm (z.b. öffentlich rechtliche) Zuwendungen verloren gingen. Geldbeträge u.a. für Geschenke zu Feiertagen, Urlaube, Kleidung, die Befriedigung geistiger und künstlerischer Bedürfnisse, Hobbys, Mitgliedschaften in Vereinen und für gesundheitliche Belange könnten ausgezahlt werden, soweit dies nicht zur Anrechnung auf Zuwendungsansprüche nach dem Sozialgesetzbuch führe. Das JobCenter/Arbeitsgemeinschaft stellte daraufhin die Zahlung von Arbeitslosengeld ein. Der dagegen gerichtete Eilantrag des Sohnes wurde abgelehnt. Das Sozialgericht Dortmund entschied: Darüber hinaus ist der Antragsteller gehalten, alle Möglichkeiten zur Beendigung oder Verringerung seiner Hilfebedürftigkeit auszuschöpfen. Hierzu gehört auch die Anfechtung des Testaments, weil Einiges dafür spricht, dass dieses sittenwidrig ist. Jedenfalls kann die Rechtsprechung des BGH [Bundesgerichtshof] zu den so genannten Behindertentestamenten nicht ohne Weiteres auf den Antragsteller übertragen werden, denn dieser ist nicht behindert und bedurfte und bedarf nicht der besonderen Fürsorge der Mutter. Er ist vielmehr in der Lage, für sich selbst zu sorgen und sofern er einen Arbeitsplatz findet seinen Lebensunterhalt durch eigene,n Erwerbstätigkeit zu fristen. Zwar misst der BGH der 4

Testierfreiheit einen hohen Wert zu, dies kann jedoch nicht so weit gehen, dass dem Erben sämtliche Annehmlichkeiten (Hobby, Reisen usw.) aus dem Nachlass finanziert werden, während für den Lebensunterhalt der Steuerzahler aufkommen muss. Die Entscheidung des Sozialgerichts ist noch nicht rechtskräftig. Das Hauptsacheverfahren muss abgewartet werden. Meines Erachtens dürfte dieses Testament nicht als sittenwidrig qualifiziert werden. Das Sozialgericht verkennt die Reichweite der Testierfreiheit, die dem Erblasser ermöglicht, frei über seinen Nachlass zu bestimmen. Allerdings wäre es durchaus gerechtfertigt, dass der Sohn seinen Pflichtteil in Anrechnung bringen muss. Hinweis: Alle Erblasser, die ein Bedürftigentestament errichtet haben, sollten hier die weitere Entwicklung der Rechtsprechung im Auge behalten, und dann ggf. das Testament anpassen. 4. Erbteilung nach unwirksamem Testament und Erbschaftssteuer Ist ein Testament unwirksam, gilt die gesetzliche Erbfolge. Entsprechend der Erbquote hat der Erbe dann ggf. Erbschaftssteuer zu entrichten. Anders verhält sich die Besteuerung, wenn die Erben sich auf die Ausführung des unwirksamen Testaments einigen und dementsprechend unterschiedlich an der Erbschaft partizipieren. Dann richtet sich die Erbschaftssteuer nach der tatsächlich erfolgten Erbteilung. Dies hat der Bundesfinanzhof in seinem Urteil vom 22. September 2010 (II R 46/09) bestätigt. Der Sachverhalt (vereinfacht und verkürzt): Die Klägerin wurde aufgrund gesetzlicher Erbfolge Miterbin zu ¼ nach der verstorbenen Erblasserin. Sie und ein weiterer Miterbe trafen mit der Stieftochter der Erblasserin eine Vereinbarung, in der die Klägerin und die Miterbin den Verzicht auf die gesetzliche Regelung mit der Begründung erklärten, die Erblasserin habe allein die Stieftochter als Erbin bedacht wissen wollen. Sie sei jedoch nicht mehr zur Ausführung eines rechtsgültigen Testaments in Folge des Todeseintritts gekommen. Die Erblasserin habe aber bei einer Geburtstagsfeier erklärt, die Stieftochter würde später einmal ohnehin Alles bekommen, und gemeint, die Stieftochter sei ihre gesetzliche Erbin. 5

Das Finanzamt ignorierte die Vereinbarung zwischen der Klägerin und dem weiteren Miterben und setzte Erbschaftsteuer gegen die Klägerin fest. Der Bundesfinanzhof entschied: Wird eine Verfügung von Todes wegen ausgeführt, obwohl sie unwirksam ist und beruht die Ausführung der Verfügung auf den Willen,s des Erblassers, den Begünstigter und Belasteter anerkennen, ist das wirtschaftliche Ergebnis dieses Vollzugs erbschaftssteuerlich zu beachten. Dabei komme es nicht darauf an, ob das Testament in vollem Umfang befolgt wird. Überträgt hingegen ein Miterbe seinen Anteil am Nachlass auf einen Dritten, ohne dass dies auf einer wenn auch unwirksamen Willensäußerung des Erblassers beruht, wirkt sich dies auf die festzusetzende Erbschaftsteuer nicht aus. In der Äußerung der Erblasserin anlässlich der Geburtstagsfeier kann eine mündliche Verfügung der Erblasserin von Todes wegen liegen, die erbschaftsteuerrechtlich beachtlich ist, soweit sie von Klägerin und Miterben aufgrund der mit der Stieftochter getroffenen Vereinbarung tatsächlich vollzogen wurde. Wenn die Erblasserin irrtümlich davon ausgegangen sein sollte, die Stieftochter sei ihre gesetzliche Alleinerbin, schließt dies nicht aus, dass die Erblasserin diese ihr nahestehende Person auch kraft eigenen letzten Willens mündlich zur Alleinerbin eingesetzt hat. Tipp: Müssten die gesetzlichen Erben hohe Erbschaftssteuer zahlen, gibt es nur wenige Möglichkeiten, die Erbschaftssteuer (nachträglich) zu reduzieren. Dazu gehört die Erbausschlagung, die Geltendmachung von Pflichtteilsansprüchen und die Möglichkeit, die Regelung des unwirksamen Testaments zu befolgen. Da die Erbschaftssteuer nach der gesetzlichen Erbfolge erheblich sein kann, lohnt sich die Investition, sich bei einem Fachanwalt für Erbrecht nach Steuersparmöglichkeiten zu erkundigen. 6

5. Absetzbarkeit von Beratungskosten bei der Erbschafts- und Schenkungssteuer Eine anwaltliche Beratung ist nicht umsonst. Umso besser, wenn man die Anwalts- bzw. Steuerberatergebühren bei der Erbschafts- und Schenkungssteuer absetzen kann. Kosten, die dem Erwerber im Zusammenhang mit der Abwicklung, Regelung oder Verteilung des Erwerbs oder mit der Erlangung des Erwerbs entstehen, können als Nachlassverbindlichkeit abgezogen werden. Für diese Kosten einschließlich der Kosten der Bestattung des Erblassers, der Kosten für ein angemessenes Grabdenkmal sowie der Kosten für die übliche Grabpflege kann insgesamt ein Betrag von 10.300 Euro ohne Nachweis abgezogen werden. Auch weitere Positionen, insbesondere Beratungskosten, können geltend gemacht werden: Aufwendungen für einen Rechtsstreit über das Erbrecht, Aufwendungen für eine Testamentsanfechtung, außergerichtliche Kosten einer Auseinandersetzungsklage oder Kosten eines Rechtsstreits zwischen den Miterben über die Erbquoten und die Nachlassteilung. Darüber hinaus müssten die Kosten für Sachverständigengutachten über den Wert des Nachlasses oder einzelner Nachlassgegenstände absetzbar sein. Auch Steuerberatungskosten für die Erstellung einer Erbschaftsteuererklärung sind abzugsfähig Auch Kosten, die einem Erwerber im Zusammenhang mit der Bedarfsbewertung in Form von Gutachterkosten entstehen, können abgezogen werden (Urteil des BFH v. 09.12.2009, II R 37/08). Nicht abgezogen werden können jedoch die Kosten für die Verwaltung des Nachlasses. 6. Sind krankheitsbedingte Heimkosten als außergewöhnliche Belastung abziehbar? Außergewöhnliche Aufwendungen können die Einkommensteuer reduzieren gem. 33 Abs. 1 Einkommenssteuergesetz. Aufwendungen sind außergewöhnlich, wenn sie nicht nur ihrer Höhe, sondern auch ihrer Art und dem Grunde nach außerhalb des Üblichen liegen. Zu den üblichen Aufwendungen der Lebensführung gehören typischerweise die Kosten für die altersbedingte Unterbringung in einem Altersheim und sind daher nicht absetzbar. Liegt dagegen ein durch Krankheit veranlasster Aufenthalt in einem Alters- oder Pflegeheim vor, stellen sich die Aufwendungen für die Heimunterbringung als Krankheitskosten dar, wie der Bundesfinanzhof mit Urteil vom 13.10.2010, VI R 38/09 bestätigte. 7

Der Sachverhalt (vereinfacht und verkürzt): Die 80-jährige Klägerin ist seit 1999 in psychiatrischer Behandlung. Im Anschluss an eine stationäre Behandlung in einer psychiatrischen Klinik von April bis Juli 2004 zog sie auf ärztliche Empfehlung in ein Appartement in einem Seniorenheim. Zur Begründung führten die Ärzte aus, die Klägerin sei krankheitsbedingt nicht mehr in der Lage, ihr Leben in ihrem bisherigen häuslichen Milieu selbständig zu führen. Ihre bis dahin genutzte Wohnung im eigenen Zweifamilienhaus behielt die Klägerin bei. In ihren Einkommensteuererklärungen für die Streitjahre (2005 und 2006) machte die Klägerin die Mietaufwendungen von 15.462 als außergewöhnliche Belastung geltend. Dies lehnte das Finanzamt ab, weil es an einer Einstufung der Klägerin in eine der Pflegestufen oder einem Eintrag des Merkzeichens "H" im Behindertenausweis fehle. Der Bundesfinanzhof erkannte dennoch eine außergewöhnliche Belastung: Der Klägerin mussten keine Pflegekosten in Rechnung gestellt worden sein. Zwar ist der Abzug von Unterbringungskosten als außergewöhnliche Belastung vornehmlich bei krankheitsbedingter Pflegebedürftigkeit von Bedeutung. Das bedeutet jedoch nicht, wie das Finanzamt offensichtlich meint, dass die Pflegebedürftigkeit notwendige Voraussetzung für den Abzug ist. Vielmehr kann, wie der Streitfall zeigt, der Aufenthalt in einem Altersheim auch dann krankheitsbedingt sein, wenn eine ständige Pflegebedürftigkeit (noch) nicht gegeben ist. 8