URHEBERRECHT UND MUSIKBIBLIOTHEKEN Jahrestagung 2016 ASCM

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Transkript:

URHEBERRECHT UND MUSIKBIBLIOTHEKEN Jahrestagung 2016 ASCM lic. iur. Danielle Kaufman 4. November 2016 danielle.kaufmann@unibas.ch 4.11.2016 1

MUSIK, MUSIKNOTEN & URHEBERRECHT Art. 2 URG 1 Werke sind, unabhängig von ihrem Wert oder Zweck, geistige Schöpfungen der Literatur und Kunst, die individuellen Charakter haben. 2 Dazu gehören insbesondere: a.... b. WERKE DER MUSIK und andere akustische Werke 4.11.2016 2

URHEBERRECHTLICHERWERKCHARAKTER VON MUSIK «Werke der Literatur und Kunst»: ohne spezielle Bedeutung «GEISTIGE SCHÖPFUNG»: Mensch willentlich etwas geschaffen hat, was es vorher noch nicht gab «INDIVIDUELLER CHARAKTER»: sich vom allgemein Üblichen und Alltäglichen abhebt «ZUM AUSDRUCK GEBRACHT»: für andere sichtbar, hörbar, fühlbar ist, d.h. sinnlich wahrnehmbar die Idee, MELODIE IM KOPF ist NICHT GESCHÜTZT 4.11.2016 3

WERKE DER MUSIK Art. 2 Abs. 2 lit. b URG Tonwerke, Melodien, andere akustische Werke Auch nur TEILE, AUSSCHNITTE (Sampling) Geistige Schöpfung Individueller Charakter Zum Ausdruck gebracht (gesungen, gepfiffen, aufgezeichnet, etc.) 4.11.2016 4

MUSIKNOTEN? in der Regel kein urheberrechtlicher Schutz der Musiknoten, sondern nur der darin verkörperten Musik KOPIEREN VON MUSIKNOTEN ist dennoch nur unter bestimmten Voraussetzungen erlaubt (Art. 19 Abs. 3 lit. c URG) 4.11.2016 5

KOPIEREN IM ALLGEMEINEN KOPIEREN (DIGITAL & ANALOG) von geschützten Werken OHNE EINWILLIGUNG erlaubt wenn: 1. VERÖFFENTLICHTE Werke 2. für EIGENGEBRAUCH («Schranke») a. PRIVATER EIGENGEBRAUCH (Art. 19 Abs. 1 lit. a URG) b. SCHULISCHER EIGENGEBRAUCH (Art. 19 Abs. 1 lit. b URG) c. BETRIEBLICHER EIGENGEBRAUCH (Art. 19 Abs. 1 lit. c URG) 4.11.2016 6

MUSIKNOTEN KOPIEREN FÜR PRIVATEN EIGENGEBRAUCH Privater Eigengebrauch = schützenswerte Privatsphäre der Person inkl. nahestehende Personen = FAMILIE, WOHNGEMEINSCHAFT, FREUNDE,... alle Mitglieder des Gesangsvereins, Chor, Orchester Kopieren VOLLSTÄNDIGER WERKE erlaubt (aber nur auf privaten Kopiergeräten!) JEGLICHE VERWENDUNG ERLAUBT (bearbeiten, onlinestellen für nahestehende Personen,...) 4.11.2016 7

MUSIKNOTEN KOPIEREN FÜR SCHULISCHEN EIGENGEBRAUCH Schulischer Eigengebrauch = schulischer Kontext (Art. 19 Abs. 1 lit. b URG, GT 7 Ziff. 8.2. (gültig ab 1.1.2017) = klassischer Unterricht, Fernunterricht, universitäre Seminar,... = alle Schulstufen, privat und öffentlich = Studierende, Dozierende, Mitarbeitende, Bibliotheken, etc. Jegliche Verwendung (kopieren, sannen, vortragen, Bearbeiten, auf internem Netzwerk zugänglich machen, etc. Nur UNVOLLSTÄNDIGE KOPIEN erlaubt (max. 75-90%) 4.11.2016 8

MUSIKNOTEN KOPIEREN FÜR BETRIEBSINTERNEN EIGENGEBRAUCH Betrieblicher Eigengebrauch = jegliche Art von Betrieben (privat, öffentlich, etc.) mit internem Bereich ORCHESTER, CHOR, GESANGSVEREIN, ETC. nur Kopieren, Sannen, Verteilen der Kopien zur internen Information & Dokumentation nur UNVOLLSTÄNDIGE KOPIEN erlaubt (max. 75-90%) 4.11.2016 9

KOPIEREN DURCH BIBLIOTHEK FÜR BIBLIOTHEKSNUTZER Bibliotheken dürfen für ihre Nutzer digitale & analoge Kopien herstellen nur im Auftrag Nur UNVOLLSTÄNDIGE Kopien (ausser einzelne Artikel aus Zeitschriften oder einzelne Musikstücke aus Sammelband: vollständige Kopien erlaubt) Versenden per Post & digital erlaubt, aber NUR IN CH 4.11.2016 10

KOPIEN VON MUSIKNOTEN VON KOMPONISTEN, DIE MEHR ALS 70 JAHRE TOT SIND? kein urheberrechtlicher Schutz mehr der Musik = GEMEINFREIE WERKE = jegliche Nutzung erlaubt nach SUISA aber Schutz der Noten durch Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb OFFENE FRAGE! Warum Musiknoten anders zu beurteilen sind als Bücher, Fotografien, Bilder,...? 4.11.2016 11

KOPIEREN VONSTIMMENMATERIAL FÜR KAMMERMUSIK, ORCHESTER, CHOR, ETC. FÜR AUFFÜHRUNGEN? ausserhalb des Eigengebrauchs: KEINE KOPIEN FÜR GANZES ORCHESTER, auch nicht auszugsweise bei Leihmaterial nach Suisa: Kopieren von Stimmenmaterial erlaubt, sofern GLEICHE ANZAHL ORCHESTERSTIMMEN ausgeliehen werden WIE MUSIKER 4.11.2016 12

PRIVATE ÖFFENTLICHEMUSIKAUFFÜHRUNGEN, ABSPIELEN VON TONAUFNAHMEN «Private Aufführung» = INNERHALB EIGENGEBRAUCH, privater Eigengebrauch: Innerhalb der Privatsphäre z.b. Hauskonzert für Freunde schulischer Eigengebrauch: innerhalb Schulkontext, für Angehörige der Schule EINWILLIGUNGSFREI «Öffentliche Aufführung» = ausserhalb Eigengebrauch Hauskonzert für jedermann, Strassenmusik Schulübergreifende Aufführung, für Personen ausserhalb des Schulkontextes (z.b. Eltern) EINWILLIGUNG ERFORDERLICH! BETRIEBLICHE AUFFÜHRUNG BRAUCHT IMMER ERLAUBNIS 4.11.2016 13

STAND DER URG-REVISION I 1200 Stellungnahmen zur Vernehmlassung eingegangen Zahlreiche aus Bibliothekskreisen! Vehemente Ablehnung der Bibliothekstantieme Forderungen nach besserer Berücksichtigung der Interessen von kulturellen Gedächtnisinstitutionen, Forschung, Wissenschaft und Bildung ENTWURF NICHT MEHRHEITSFÄHIG BR Sommaruga hat IGE beauftragt mit interessierten Kreisen (AGUR12) Kompromiss auszuarbeiten 4.11.2016 14

STAND DER URG-REVISION II Bis Ende 2016 2. Entwurf Schwergewicht auf Bekämpfung der INTERNETPIRATERIE 2 Unterarbeitsgruppen gebildet: ZWEITVERÖFFENTLICHUNGSRECHT, WISSENSCHAFTSSCHRANKE, VERWAISTE WERKE, ERWEITERTE KOLLEKTIVLIZENZ Folgerecht, Lichtbildschutz, VERLEIHRECHT, Schutzfrist Leistungsschutzrecht 2. Vernehmlassung 4.11.2016 15

HERZLICHEN DANK Für weitere Informationen: danielle.kaufmann@unibas.ch 4.11.2016 16