Wroclove forever Liebe Leserinnen und Leser, Ich heiße Constantin, habe an der Universität Bielefeld Biologie studiert und im Rahmen meines Bachelorstudiums ein Auslandsjahr an der Uniwersytet Wrocławski in Wrocław, Polen verbracht. Mein Aufenthalt dort dauerte zwei Semester von Mitte September 2015 bis Ende Juni 2016 und fand über das Erasmus-Programm statt. Die biologische Fakultät der Universität Bielefeld unterhält seit 2015 eine Erasmus-Partnerschaft mit der biotechnologischen Fakultät der Uniwersytet Wrocławski, die es Bachelor- und Masterstudierenden ermöglicht ein oder zwei Semester an der polnischen Universität zu verbringen. Motivation Meine Motivation ins Ausland zu gehen war hauptsächlich, dass es mir schlichtweg zu langweilig in Bielefeld bzw. in Deutschland allgemein wurde. Zwar gefiel mir mein Bachelorstudium und ich habe mich an der Uni Bielefeld stets wohl gefühlt, jedoch war mein Alltag sehr eintönig, da ich jeden Tag die gleichen Orte sah und die gleichen Leute traf. Ich wollte mein Leben abwechslungsreicher, aufregender und spannender gestalten und mich von dem immer gleichen Trott befreien. In einem fremden Land, in einer fremden Sprache und mit vielen anderen Studenten aus der ganzen Welt zu studieren, erschien mir als ideale Gelegenheit meine Vorstellungen zu verwirklichen. Ich wollte so gerne weg aus Deutschland, dass ich mein Bachelorstudium um zwei Semester verlängert habe, um die Möglichkeit eines Erasmus-Aufenthaltes im Ausland wahrnehmen zu können. Ich habe es nicht bereut, ein Jahr länger als gewöhnlich studiert zu haben. Zielland Meinen Auslandsaufenthalt habe ich mit Hilfe des Erasmus-Koordinators der Fakultät für Biologie Professor Wolfram Beyschlag sowie Dr. Nils Hasenbein und den immer freundlichen und hilfsbereiten Mitarbeiterinnen des International Office organisiert. Allen erwähnten Personen möchte ich an dieser Stelle meinen herzlichsten Dank aussprechen, dass sie mir diese tolle Erfahrung ermöglicht haben. Die Fakultät für Biologie der Universität Bielefeld unterhält zahlreiche Erasmus- Partnerschaften mit Universitäten in ganz Europa. Da ich jedoch nur Englisch als einzige Fremdsprache spreche und die Veranstaltungen für Bachelorstudierende an südeuropäischen Universitäten meistens in der Landessprache abgehalten werden, kam für mich nur ein Land in Frage, in dem auch auf Englisch unterrichtet wird. Als Ziele blieben daher England,
Schweden und Polen übrig. Da in England die Lebenshaltungskosten sehr hoch sind und Schweden als das Zielland für einen Erasmus-Aufenthalt schlechthin gilt, was mir zu mainstream war, habe ich mich für Wrocław in Polen entschieden. Ich wusste zu dem Zeitpunkt nur wenig über dieses Land und mich reizte das Abenteuer. Kontaktaufnahme Leider musste ich feststellen, dass die Verbindung zur biologischen Fakultät in Polen etwas eingerostet und es mir unmöglich war einen ständigen Kontakt aufzubauen. In Bielefeld konnte sich auch niemand daran erinnern, dass einer der Biologie-Studenten jemals da gewesen wäre. Da ich mich in meinem Kopf aber schon für Wrocław entschieden hatte, habe ich kurzerhand beschlossen zu versuchen, eine neue Erasmus-Partnerschaft mit der dortigen biotechnologischen Fakultät entstehen zu lassen. Dies war dank der Kooperationsbereitschaft der Erasmus-Koordinatoren, Fakultäten und International Office in Bielefeld und Wrocław auch überhaupt kein Problem und das Vorhaben wurde von beiden Seiten begrüßt. Allerdings empfehle ich aufgrund dieser Tatsache vorrangig Biologie-Studierenden mit dem Profil Genetik, Zellbiologie, Physiologie nach Polen zu gehen, da an der Fakultät für Biotechnologie keine Veranstaltungen in Neurologie oder Ökologie angeboten werden. Zwar kann man grundsätzlich die Veranstaltungen aller Fakultäten der Uniwersytet Wrocławski besuchen, jedoch werden die Meisten in polnischer Sprache gehalten, es kann leicht zu Überschneidungen im Stundenplan kommen und man muss sich die Veranstaltungen daheim auch anrechnen lassen können. Darüber hinaus rate ich interessierten Studierenden unbedingt innerhalb der Regelstudienzeit über Erasmus ins Ausland zu gehen, da sonst kein Anspruch auf Auslands-BAföG besteht, wie es bei mir der Fall war. Glücklicherweise konnte ich mein Vorhaben durch das Erasmus- Stipendium der EU, das jedem zusteht aber nicht sehr hoch ausfällt, und ein Stipendium der Westfälisch-Lippischen Universitätsgesellschaft finanzieren, der ich ebenfalls sehr dankbar bin. Unterkunft Gewohnt habe ich in Wrocław in einem der universitätseigenen Studentenwohnheime. Die Unterkunft in einem solchen Wohnheime empfiehlt sich aber nur bedingt, da diese nicht nennenswert günstiger sind als ein Zimmer in einer privaten Wohngemeinschaft sind, für westeuropäische Verhältnisse veraltet sind sowie der Besuch von Gästen strengen Restriktionen unterliegt. Zudem ist es auch oft sehr laut und wenn man Pech hat, muss man sich mit einer anderen Person ein Zimmer teilen. Darüber hinaus sprechen die Mitarbeiter an
der Rezeption und im Büro kein Englisch, nur Polnisch, was einen vor eine große Herausforderung stellt, wenn man mal ein Problem hat. Das große Plus dieser Wohnheime ist allerdings, dass man dort leicht mit einheimischen und internationalen Studenten in Kontakt kommt und schnell Anschluss und Freunde findet. Außerdem steht jedem internationalen Studenten mit Sicherheit ein Platz im Wohnheim zur Verfügung, wenn man sich früh genug darum bewirbt. In einem dieser Wohnheime zu wohnen hat also Vor- und Nachteile und man sollte gut abwägen, ob man in diesen wohnen möchte. Es ist nicht für jeden etwas. Mein WG-Zimmer in Bielefeld habe ich währenddessen an einen Erasmus-Studenten aus Italien, der an der Uni Bielefeld seinen Erasmusaufenthalt verbrachte, untervermietet. Studium Das Studium an der Uniwersytet Wrocławski ist hervorragend organisiert. Alle zu Beginn aufkommenden Fragen und Schwierigkeiten werden innerhalb der Einführungsveranstaltungen geklärt und die netten Mitarbeiterinnen des International Office beantworten jegliche Fragen per Email und helfen bei der Lösung von Problemen. Meine Kurse an der biotechnologischen Fakultät waren allesamt in Englisch. Allerdings besuchen nur Studierende aus dem Ausland diese Kurse, was ich sehr schade fand, da ich so über meinen Universitätsalltag kaum mit polnischen Studierenden in Kontakt gekommen bin. Besonders empfehlen kann ich die praktischen Kurse im Labor, die alle sehr interessant und abwechslungsreich waren. Die Vorlesungen waren dagegen eher etwas langweilig und eintönig, was aber an der Uni Bielefeld genauso ist. Ein Unterschied ist hingegen, dass ich an der Uniwersytet Wrocławski viele, kleinere Kurse wählen musste, um die geforderten 30 ETCS pro Semester zu erreichen. Das bedeutet, dass man am Ende des Semesters auch dementsprechend viel Material zu lernen und viele Klausuren zu bewältigen hat. Außerdem gibt es zwischen dem Winter- und Sommersemester keine Semesterferien. Beide Semester trennt nur eine Woche, die als Zeitraum für die Zweitklausuren genutzt wird. Neben den fachbezogenen Kursen würde ich außerdem empfehlen, den polnischen Semester- Sprachkurs oder zumindest den Vorbereitungs-Sprachkurs, der zwei Wochen vor Beginn jedes Semesters startet, zu besuchen. Letzterer ist sehr lustig, macht Spaß und bietet die optimale Gelegenheit zu Beginn des Semesters andere Erasmus-Studierende kennen zu lernen. Die polnische Sprache ist für uns Deutsche sehr schwer, besonders die Aussprache und Grammatik, dennoch würde ich allen, die hier studieren wollen, empfehlen sich zumindest grundlegende Polnisch-Kenntnisse anzueignen. Es ist höflich den Einheimischen gegenüber und nur wenige Polen, auch junge Polen, sprechen Englisch bzw. trauen sich es zu sprechen.
Es hilft sehr bei der Kommunikation im Alltag, zum Beispiel im Restaurant oder im Supermarkt, wenn man sich mit ein paar Wörtern Polnisch verständigen kann. Ob man die Sprache weitergehend lernen möchte, sei jedem selber überlassen. Die Stadt Mindestens ein Auslandssemester an der Uniwersytet Wrocławski würde ich allein schon wegen der Stadt Wrocław an sich empfehlen, die meiner Meinung und der Meinung vieler Anderer nach die schönste Stadt Polens ist. Mehr möchte ich an dieser Stelle auch gar nicht verraten. Wroclaw muss man selber erleben und mit eigenen Augen sehen, aber ich kenne keinen Einzigen, der sich dort nicht wohl gefühlt hätte. Wroclaw liegt im Südosten Polens, was Reisen zu den anderen großen Städten des Landes etwas länger werden lässt, dafür sind Deutschland, falls man mal Heimweh hat, und Tschechien nah dran. Aber auch die anderen Länder Osteuropas stehen einem dank der sehr günstigen Fernbusse und der polnischen Staatsbahn offen. Ohnehin ist in Polen fast alles sehr günstig, vor allem wenn man Euro hat. Mit Lebenshaltungskosten von ca. 500 Euro pro Monat ist man recht gut dabei und es wird einem an nichts mangeln. Fazit Auch wenn die meisten Polen Ausländern gegenüber nicht sehr freundlich gegenüber stehen, was dem leider wachsenden Rechtspopulismus in Europa geschuldet ist, würde ich Erasmus jederzeit wieder machen. Jedoch vielleicht nicht unbedingt in Polen. Trotzdem hatte ich die beste Zeit meines Lebens in Wroclaw und meine Erasmus-Erfahrung lässt sich weder auf vier Seiten noch mit Worten an sich beschreiben. Erasmus muss man einfach erleben und ich kann jedem nur empfehlen, selber ins Ausland zu gehen. Ich persönlich werde alles daran setzen im Master wieder über Erasmus in Ausland zu gehen. Ich bin sehr traurig, dass mein Auslandsaufenthalt nun zu Ende ist, aber mir bleiben viele gute Freunde in ganz Europa und wunderschöne Erinnerungen, die mir keiner nehmen kann. In diesem Sinne: Wroclove forever! Constantin Email-Adresse: constantin.kiel@teleos-web.de constantin.kiel@uni-bielefeld.de