Bau der Cellulose- und Papierfabrik

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Transkript:

Redenfelden SPUREN... Bau der Cellulose- und Papierfabrik Fabrikbau auf der grünen Wiese, 1907 Gemeindearchiv Raubling Redenfelden, die erste Wahl Oktober 1905, die Miesbacher Papierfabrik am Baum, später Oberbayerische Zellstoff- und Papierfabriken AG München, legt beim Rosenheimer Bezirksamt einen Antrag auf Bau und Betrieb einer Zellstoff- und Papierfabrik in Redenfelden vor. Strategische Entscheidungskriterien sprechen für den neuen Standort Redenfelden. Die Nähe zu den holzreichen Gebieten Tirols und Oberbayerns. Die günstige Lage direkt an der Brennerbahnstrecke München Kufstein Verona, dem Tor zum Süden. Der damit schnelle und kostengünstige Transport zum aufnahmefähigen Markt Oberitaliens. Nicht zuletzt auch der Inn als Garant für ausreichendes und sauberes Produktionswasser und als Vorfluter für die Abwässer. - Ortsgruppe Raubling Industrie - Bau der Cellulose- und Papierfabrik 1

Überzeugungsarbeit Noch ist das Bauvorhaben nicht in trockenen Tüchern. Es gilt die bislang recht rudimentäre Ausführungsplanung zu verfeineren aber auch Schwierigkeiten vor Ort auszuräumen, Wogen zu glätten, Überzeugungsarbeit zu leisten. Gemeinden und Fischerei befürchten Schäden am Inn durch die geplante Abwassereinleitung. Nachbarn und Anlieger sorgen sich um ihre Gärten, Felder und Obstgärten. Sehen der Abwassereinleitung, der Rauch- und Gasentwicklung mit großer Sorge entgegen. Die beiden leitenden Herren vor Ort, Direktor Max Sanna, Mitgründer der Oberbayerische Zellstoff- und Papierfabriken AG München und der spätere kaufmännischer Leiter des Werkes Redenfelden Herr Pousar, meistern diese Hürden mit Bravur. Bereits 1907 sind die erforderlichen Grundstücke aufgekauft, die meisten Kritiker und Bedenkenträger besänftig oder abgefunden. Näheres zu den Grundstückskäufen im Kapitel vom Dorf zum Industriedorf. Nägel mit Köpfen Das Bezirksamt Rosenheim genehmigt den Bau- und Betrieb der Redenfeldener Zellstoff- und Papierfabrik mit Beschluß vom 31. Mai 1907....das gestellte Gesuch zu genehmigen, da im Hinblick auf die gemachten Auflagen von der geplanten Anlage erhebliche Gefahren, Nachteile oder Belästigung für das Publikum nicht zu befürchten sind... Die Umweltauflagen stellen sich aus der Zeit heraus gesehen, zumindest auf den ersten Blick, recht weitreichend dar. Die Bedenken der Betroffenen bestätigten sich jedoch leider mit der Zeit. - Ortsgruppe Raubling Industrie - Bau der Cellulose- und Papierfabrik 2

Redenfelden im Baufieber Bereits im Juni 1907 laufen die Vor- und Erdarbeiten im großen Still an. An die 25.000 cbm Kies sollen verbaut worden sein. Hunderte Hilfs- und Fachkräfte aus Nah und Fern werden angeworben. Davon allein 250 italienische Gastarbeiter. Zudem sind eine Vielzahl von Fachfirmen mit ihrer Stammbelegschaft vor Ort. Die Löhne bewegen sind ziemlich breit gefächert. Der einfache (Hilfs) Arbeiter Bauarbeiten, 1908 Gemeindearchiv Raubling verdiente zwischen 15 und 25 Pfennige die Stunde. Der Stundenlohn der Kaminbauer bewegte sich dagegen um 1.- Mark. Zum Vergleich; 1911 kostet für einen Fabrikarbeiter ein schönes Zimmer im Ort 15.- Mark Monatmiete. Arbeiterquartiere werden nicht errichtet. So sorgen die Einkünfte aus der Vermietung und Untervermietung an die sogenannten Schlafgeher für eine äusserst positive Grundstimmung bei der Bevölkerung. Im Frühjahr 1908 beginnen die Rohbauarbeiten und bereits im Mitte 1909 sind die grundlegenden Arbeiten an den Gebäuden und Anlagen abgeschlossen. Zuckerbrot Synergieeffekt, Publik Relation, wechselseitige Abhängigkeiten schaffen... alles keine Erfindung der heutigen Zeit. Anfangs schimpften die Bauern gegen den Fabrikbau. Als sie aber merkten, daß sie ihre Erzeugnisse gut losbrachten, hatten sie nichts mehr gegen die Fabrik... Die beiden leitenden Herren, Direktor Sanna und Pousar waren bei - Ortsgruppe Raubling Industrie - Bau der Cellulose- und Papierfabrik 3

der Bevölkerung sehr beliebt... Die Firma hielt wiederholt Jugendfestspiele ab, an der die gesamte Schuljugend teilnahm... Herr Direktor Sanna ist auch Stifter des großen Kripperls in Kirchdorf und eines besonders wertvollen Meßkleides... Soweit Heimatkundler Blümel über diese bewegten Jahre. Werk Redenfelden, Bild aus den Anfangsjahren Gemeindearchiv Raubling Neben den eigentlichen Fabrikbauten und -anlage wie: Heizkraftwerk, Kocherei, Schwefelkiesrösterei, Laugenturm, Abwasserbecken, Abwasserleitung zum Inn, Holzplatz, Holzputz, Hackerei, Holländer, Papiersaal, Papiermaschine, Lagerschuppen und -flächen, Gleisanlagen (Normal- und Schmalspur), Direktionsgebäude... Entstehen auf dem Fabrikgelände auch verschiedene Werkstätten: Gießerei (Bleiguß und -lötterei...), Dreherei (Abdrehen der Walzlager...), Schlosserei ( Maschinenwartung und -reparaturen...), Schreinerei... - Ortsgruppe Raubling Industrie - Bau der Cellulose- und Papierfabrik 4

Dreherei, Bild aus den Anfangsjahren Gemeindearchiv Raubling Werk Redenfelden mit Ortsansicht Redenfelden und Ober-Redenfelden, Ansichtskarte gelaufen 1911 Gemeindearchiv Raubling - Ortsgruppe Raubling Industrie - Bau der Cellulose- und Papierfabrik 5

Im Herbst 2009 startet die Produktion von Zellstoff und Feinpapieren. Fachkräfte wurden im Vorfeld zum größten Teil in Österreich angeworben. Aber bereits 1911 kommt das finanzielle Aus für die Oberbayerischen Zellstoffund Papierfabriken AG München. Die Aschaffenburger Zellstoffwerke, damals einer der größten deutschen Konzerne der Zellstoff- und Papierindustrie, übernehmen alle Werke des unliebsamen Konkurrenten. Arbeiterinnen und Arbeiter der Zellstoff - und Papierfabrik Redenfelden, 1914 Gemeindearchiv Raubling - Ortsgruppe Raubling Industrie - Bau der Cellulose- und Papierfabrik 6

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Beschluß aus dem Jahr 1907 Quelle Privat Repro Bund Naturschutz Raubling - Ortsgruppe Raubling Industrie - Bau der Cellulose- und Papierfabrik 13

Literatur: Siegfried Blümel, Heimatgeschichtliche Beiträge, Gemeindearchiv Raubling, Raubling 1954 1963 Dr. Franz Ludwig, Die Industrie des Inn- und Mangfalltals, Das Bayerland, München 1925 Aus dem Werden eines Unternehmens, 75 Jahre Aschaffenburger Zellstoffwerke, Redenfelden 1949 - Ortsgruppe Raubling Industrie - Bau der Cellulose- und Papierfabrik 14