Was ist Politische Partizipation? Eine Terminologische Grenzziehung 19. Oktober 2007 Dozent: Mag. Florian Walter Referentinnen: Magdalena Tanzler, Matrikelnummer 0107028 Simone Holstein, Matrikelnummer 0549608
Definitionen politischer Partizipation... those activities by private citizens that are more or less directly aimed at influencing the selection of governmental personnel and/or the actions they take (Verba and Nie, 1972) alle Tätigkeiten ( ) die Bürger freiwillig mit dem Ziel unternehmen, Entscheidungen auf den verschiedenen Ebenen des politischen Systems zu beeinflussen (Kaase, 1995)... any dimensions of activity that are either designed directly to influence government agencies and the policy process, or indirectly to impact civil society, or which attempt to alter systematic patterns of social behavior (Norris, 2001)
Vier gemeinsame Schnittpunkte 1. Der / die BürgerIn > Der Mensch in seiner Rolle als Bürger 2. Aktivität > Politische Partizipation als aktive Tätigkeit 3. Freiwilligkeit > Kein Zwang, kein Gesetz, keine Bezahlung 4. Regierung & Politik > Das Politische System im weitesten Sinne
Partizipationsforschung 1940er 1950er: Stimmabgabe & Teilnahme an Wahlkampagnen Frühe 1960er: Konventionelle Formen der Partizipation späte 1960er frühe 1970er: Erweiterung der konventionellen Formen sowie Auftreten von unkonventionellen Partizipationsformen ( Neue Soziale Bewegungen ) 1990er: Die Grenze zwischen politischen und nicht-politischen Bereichen schwindet. Neue Partizipationsformen.
Partizipationsforschung Der Bereich politischer Partizipation wurde so vom not so simple act of voting (Dalton und Watenberg, 1993) der 40er Jahre bis zum Ende des 20. Jahrhunderts um nahezu alle erdenklichen Formen nicht-privater Aktivität erweitert. (Van Deth, 2006, 172)
Der handlungstheoretische Partizipationsbegriff (nach Martin Schaurhofer) Ausgangspunkt: Partizipation als wichtiges Charakteristikum von Demokratie Partizipation braucht Demokratie, und Demokratie braucht Partizipation Problem: Definitionen beschränken sich entweder auf Wahlverhalten oder auf zivilgesellschaftliche Tätigkeiten Neue Definition von Partizipation erforderlich
1. Normativ: Partizipation und Wählen: Aspekte und Funktionen Wahlen als Umsetzung der Idee von Volkssouveränität dienen zur formalen Legitimation 2. Institutionell: Wahlen als akzeptierte Einrichtung Schutz gegen übermäßig repressiven Staat Schutz gegen übermäßig expressive BürgerInnen 3. Prozedural: Wahlen als Modell für den Transport von Themen
Partizipation und civil society weiter gefasste Definitionen von Partizipation kann unterschiedlichste Formen annehmen Nentwich: Handlungen und Einstellungen, die Öffentlichkeit suchen und/oder in einen politischen Implementationsprozess eingreifen, sind partizipativ Kritik: Weite des Ansatzes Ungenauigkeit
Der handlungstheretische Partizipationsbegriff Partizipation durch Teilhabe und Mitbestimmung Teilhabe = Gestaltung eines spezifischen Bereichs z.b. politisch öffentliches Leben, beruflicher Alltag Mitbestimmung = Audrucksform des Teilhabens Handlungsebene wird miteinbezogen, d.h. alle Phasen einer Handlung (Motivation, Ziel, Erfahrungen, Konsequenzen etc.) VORTEILE: Möglichkeit der flexiblen Definition Vergleichbarkeit Möglichkeiten zur Analyse
Das Repertoire Politischer Partizipation Wählen (lokal, national, föderal, EU) Mitarbeit in einer Politischen Partei Wahlwerbung Über Politik diskutieren Kontaktieren von Politikern, Beamten, Rathäusern, Medien, Juristen etc. Verkehrsblockaden Boykott bestimmter Produkte Tierschutz-, Umweltschutz-, Friedensorganisationen Gewerkschaften, Berufs- und Verbraucherverbände Religiöse oder kirchliche Organisationen Nichtwählen als Ausdruck des Protestes etc.
Hauptformen der Partizipation Wählen Parteikampagnen Kontakte Kollektive Beteiligung Direkte Beteiligung Politische Gewalt Wählen Kampagnen Kontakte Gemeinschaft (nach Parry et al., 1992) (nach Verba et al., 1995)
Warum vergrößert sich das Repertoire an politischen Beteiligungsmöglichkeiten? Wagners Gesetz > Regierungsaktivitäten nehmen zu Zahl der Organisierte Interessen steigt an Prozess der Politisierung There is no escape from politics (Kuttner, 1997) Wie lassen sich politische Aktivitäten dann von anderen bürgerlichen Aktivitäten unterscheiden?
Einbindung von politischen Aktivitäten Überschneidung von politischen und nichtpolitischen Aktivitäten Aufgabenteilung: sharing of functions Direkte und indirekte Förderung von Organisationen und Projekten Der Wille zur politischen Aktivität
Forschungsbefunde Politische Beteiligung ist nicht weit verbreitet > Trotz ausgedehntem Partizipationsrepertoire kam es zu keiner gesteigerten politischen Aktivität Die Politische Partizipation ist stabil > Trotz Abnahme des Vertrauens in Politik & Parteien sowie Zunahme der Politikverdrossenheit Die Relevanz der individuellen Ressourcen > Trotz Steigerung des allgemeinen Wohlstandes, der Anhebung des Bildungsniveaus und der Ausbreitung der Massenmedien
Die Relevanz der individuellen Ressourcen NEGATIVE FOLGEN?... für alle Formen politischer Beteiligung erfolgt eine selektive Rekrutierung der ressourcenstarken Teile der Bevölkerung. (Van Deth, 2006, 185) Ist die Demokratie dadurch in Gefahr? Ist dies noch mit dem Grundsatz der politischen Gleichheit vereinbar?
Literatur Schaurhofer, M. (1998), "Partizipation - mehr als der Gang zur Wahlurne?!" Wien. SWS-Rundschau Vol. 38 No. 2, S- 177-189. Teorell, J., M. Torcal und J. R. Montero (2007), "Political participation: mapping the terrain", in J. W. Van Deth, J. R. Montero und A. Westholm (Hg.), Citizenship and Involvement in European Democracies, Routledge, London/New York, S. 334-357. Van Deth, J.W. (2006), "Vergleichende politische Partizipationsforschung", in D. Berg-Schlosser und F. Müller-Rommel (Hg.), Vergleichende Politikwissenschaft. Ein einführendes Studienhandbuch, Verlag für Sozialwissenschaften, Opladen, S.167-187. Verba, S., K. L. Schlozman und H. E. Brady (1995), Voice and Equality: Civic Voluntarism in American Politics, Harvard University Press, Cambridge. Chapter 2.
Vielen Dank für Eure Aufmerksamkeit!