Kapitel 1 Nationale und internationale Güterbeförderung

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Transkript:

Kapitel 1 Nationale und internationale Güterbeförderung A. Vertragsarten im Transportrecht 1. Speditionsvertrag 407 UGB Spediteur ist, wer es (gewerbsmäßig) übernimmt, Güterversendungen durch Frachtführer oder durch Verfrachter von Seeschiffen für Rechnung eines anderen (des Versenders) im eigenen Namen zu besorgen (= Organisation der Transportdurchführung, Besorgung der Güterversendung, 407 Abs 1 UGB). Der Spediteur besorgt die Güterversendung, indem er entsprechende Frachtverträge mit Dritten (Frachtführern) abschließt und die sonstigen Leistungen erbringt, die zur Durchführung der Güterversendung erforderlich sind. Der Spediteur ist nicht verpflichtet, den Transport selbst auszuführen. Seine Tätigkeit besteht in der Organisation der Güterversendung, nicht zwingend in der Durchführung des Transportes der Güter von A nach B. Speditionsvertrag Frachtvertrag Frachtvertrag Frachtvertrag Auftraggeber Spediteur Frachtführer 1 Frachtführer 2 Frachtführer 3 Der Speditionsvertrag ist ein zweiseitig verpflichtender Vertrag 1, der zwischen dem Auftraggeber eines Transportes und dem Spediteur oder zwischen zwei Spediteuren geschlossen wird. 1 Koziol/Welser, Grundriss II 12, S 3 1

Maria Zehetbauer Dass ein Spediteur im Sinne des 407 UGB die Organisation einer Güterversendung übernimmt, hat für sich allein noch nicht die Anwendung des Speditionsrechtes zur Folge. Dasselbe gilt für einen Unternehmer, der aus anderen Gründen (Verkehrsübung) die Bezeichnung Spediteur führt. Entscheidend ist, dass der zu beurteilende Vertrag die Tatbestandselemente eines Speditionsgeschäftes im Sinne des 407 Abs 1 UGB (= Besorgung der Güterversendung im Namen des Spediteurs auf Rechnung eines anderen) aufweist. Ein Speditionsvertrag liegt daher nicht vor bei selbstständigen Frachtverträgen ( 425 UGB), selbstständigen Lagerverträgen ( 416 bis 425 UGB), eigenständigen Tätigkeiten von Empfangs- oder Vollmachtsspediteuren, wenn sie keine Weiterversendungen vornehmen, anderen vertraglichen Mischformen, wie Lohnfuhr- oder Logistikverträgen. Auf den Speditionsvertrag kommen neben den Bestimmungen des UGB in Österreich (zwischen österreichischen Transportunternehmen bzw zwischen branchenkundigen Auftraggebern und österreichischen Transportunternehmern) kraft Handelsbrauch bzw aufgrund schlüssiger Vereinbarung die Allgemeinen Österreichischen Speditionsbedingungen (AÖSp) zur Anwendung. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass der Geltungsbereich der AÖSp erheblich weiter gefasst ist, als der Geltungsbereich des 407 UGB. Das bedeutet, dass die Bestimmungen der AÖSp auch dann zur Anwendung kommen können, wenn im Einzelfall kein Speditionsvertrag vorliegt. Dies ist insbesondere damit zu begründen, dass gem 2 die AÖSp für alle Verrichtungen des Spediteurs im Verkehr mit Kaufleuten und mit Unternehmen, gleichgültig ob es sich um Speditions-, Fracht-, Lager-, Kommissions- oder sonstige mit dem Speditionsgewerbe zusammenhängende Geschäfte handelt, anwendbar sind. Voraussetzung ist aber immer, dass die AÖSp die rechtlich als Allgemeine Geschäftsbedingungen zu bewerten sind in das Vertragsverhältnis einbezogen wurden oder kraft Handelsbrauch im Einzelfall gelten. 2. Frachtvertrag 425 UGB Frachtführer ist, wer es gewerbsmäßig übernimmt, die Beförderung von Gütern zu Lande oder auf Flüssen oder sonstigen Binnengewässern auszuführen ( 425 UGB). Auch wer die Beförderung von Gütern mit der Eisenbahn (im Anwendungsbereich der CIM) oder mit dem Flugzeug (im An- 2

Nationale und internationale Güterbeförderung wendungsbereich des MÜ) übernimmt, wird als Frachtführer bezeichnet. Gegenstand des Frachtvertrages ist die Ausführung der Beförderung. Der Frachtführer schuldet die Beförderung der Transportgüter von einem Ort an einen anderen. Er verpflichtet sich zur Erbringung eines bestimmten Erfolges: der Frachtvertrag ist daher als Sonderform des Werkvertrages zu qualifizieren. Die 1151, 1165 ff ABGB sind daher subsidiär auf den Frachtvertrag anzuwenden. Der Frachtführer ist zwar zur Beförderung der Güter und damit zur Erbringung eines bestimmten Erfolges verpflichtet, nicht aber dazu, den Transport zwingend selbst auszuführen. Er kann den Transportauftrag auch an Subfrachtführer weitergeben, haftet allerdings für deren Handlungen und Unterlassungen wie für eigenes Verschulden (siehe Art 3 CMR, Art 40 CIM, Art 19 MÜ etc). Speditionsvertrag Frachtvertrag Frachtvertrag Frachtvertrag Auftraggeber Spediteur Frachtführer 1 Frachtführer 2 Frachtführer 3 Soll es dem Frachtführer untersagt sein, den Transportauftrag an andere Frachtführer weiterzugeben, muss im Frachtvertrag ein Weitergabeverbot vereinbart werden. Dies empfiehlt sich bei besonders wertvollen oder heiklen Transportgütern, die mehrfachen Umschlag nicht schadensfrei überstehen würden. Der Frachtvertrag ist ein zweiseitig verpflichtender Vertrag, der zwischen Auftraggeber und Transportunternehmen, zwischen Spediteur und Transportunternehmen oder zwischen zwei Transportunternehmen geschlossen wird. In vielen Fällen übernimmt der Spediteur bei Straßentransporten selbst die Funktion des Frachtführers (Selbsteintritt nach 412 UGB), was zur Folge hat, dass der Spediteur nach Frachtrecht haftet. Auch ein Fixkostenspediteur und Sammelladungsspediteur haftet nach Frachtrecht ( 413 Abs 1 und Abs 2 UGB). In der Praxis kommt der Fixkostenspedition immer mehr Bedeutung zu. Aus Gründen der vereinfachten Abrechnung und Einsparung an Verwaltungskosten wird von den Speditionen ein bestimmter Betrag pro Kilogramm pro Transport, Gerät (Kiste) und Fahrt vereinbart. Der Spediteur haftet auch bei der Fixkostenspedition nach Frachtrecht. 3

Maria Zehetbauer Neben den Bestimmungen des UGB kommen auf den Frachtvertrag je nach dem ob es sich um Straßenfracht, Luftfracht oder Seefracht handelt die Sonderbestimmungen der einzelnen Sonderfrachtrechte zur Anwendung. So kommen auf den nationalen und internationalen Straßenfrachtvertrag die Bestimmungen des Übereinkommens über den Beförderungsvertrag im internationalen Straßengüterverkehr (CMR), BGBl Nr 138/1961 idf des Protokolls zum Übereinkommen über den Beförderungsvertrag im internationalen Straßengüterverkehr (CMR), BGBl 1981/192 zur Anwendung. Auf den internationalen Eisenbahnfrachtvertrag kommen die einheitlichen Rechtsvorschriften für den Vertrag über die internationale Eisenbahnbeförderung von Gütern (CIM Anhang B zum COTIF-Übereinkommen), BGBl III Nr 122/2006 zur Anwendung. Auf den internationalen Luftfrachtvertrag kommen die Bestimmungen des Übereinkommens zur Vereinheitlichung bestimmter Vorschriften über die Beförderung im internationalen Luftverkehr samt Erklärung, BGBl III Nr 131/2004 (Montrealer Übereinkommen MÜ) zur Anwendung. Subsidiär kommen auf den Frachtvertrag die Bestimmungen des Werkvertrags zur Anwendung ( 1165 ff ABGB). 3. Lohnfuhrvertrag Der Lohnfuhrvertrag 2 ist eine gesetzlich nicht eigens geregelte Sonderform. Der Lohnfuhrwerker schuldet nicht den Transport der Güter von einem an einen anderen Ort, sondern stellt ein Fahrzeug mit Fahrer zu beliebiger Beladung und Fahrt nach Weisung des Auftraggebers zur Verfügung. Der Lohnfuhrvertrag ist im österreichischen Recht gesetzlich nicht geregelt, dieser wurde vielmehr der deutschen Lehre und Rechtsprechung folgend von der Judikatur entwickelt. Nach ständiger Rechtsprechung des OGH liegt kein Frachtvertrag vor, wenn der Unternehmer nicht den Erfolg seiner Tätigkeit, also die Verbringung der Sache an einen anderen Ort, schuldet, sondern beispielsweise ein bemanntes Fahrzeug zu beliebiger Beladung und Fahrt nach Weisung des Auftraggebers zur Verfügung zu stellen hat. Es liegt vielmehr ein so genannter Lohnfuhrvertrag vor, sodass weder die 2 OGH 2 Ob 514/80 vom 16.9.1989; OGH 5 Ob 679/81 vom 12.1.1982; OGH 7 Ob 643/83 vom 8.9.1983; OGH 7 Ob 29/84 vom 30.5.1985; OGH 4 Ob 592/87 vom 17.11.1987; OGH 8 Ob 1532/89 vom 7.9.1989; OGH 6 Ob 1678/95 vom 9.11.1995 RIS-Justiz RS 002175 4

Nationale und internationale Güterbeförderung Bestimmungen der CMR noch die Vorschriften des UGB über den Frachtvertrag anzuwenden sind. So wird von den Gerichten darauf abgestellt, ob zwischen den Vertragsparteien ein Frachtvertrag geschlossen wurde, bei dem der Unternehmer (Frachtführer) dem Auftraggeber (Absender) den Erfolg der übernommenen Tätigkeit, also die Verbringung der Sache an einen anderen Ort, schuldet, oder ob ein Lohnfuhrvertrag geschlossen wurde, welcher dadurch gekennzeichnet ist, dass der Unternehmer dem Auftraggeber einen bemannten Lkw-Zug zu beliebiger Ladung und Fahrt nach Weisung des Auftraggebers zur Verfügung zu stellen hat. Beim Lohnfuhrvertrag handelt es sich um einen gemischten Vertrag, zusammengesetzt aus Fahrzeugmiete und Arbeitnehmerüberlassung. 3 Der Lohnfuhrwerker haftet dem Auftraggeber nicht nach den Regeln des Frachtvertrages, sondern nur nach den Grundsätzen des Miet- und Überlassungs- (Dienstverschaffungs-)Vertrages. Als Arbeitskräfteüberlasser hat der Unternehmer nur für die durchschnittliche berufliche oder fachliche Qualifikation und die Arbeitsbereitschaft des von ihm zur Verfügung gestellten Lkw- Fahrers einzustehen, er haftet nicht für die von ihm erbrachte Arbeitsleistung. 4 Wenngleich der Lohnfuhrvertrag gesetzlich nicht eigens geregelt ist, kommt ihm dennoch in der Praxis erhebliche Bedeutung zu. Dies insofern, als zahlreiche meist größere Transportunternehmen mit den von ihnen ständig eingesetzten Subunternehmen ausschließlich in der Form von Lohnfuhrverträgen kontrahieren. Von der Judikatur wurden in diesem Zusammenhang mehrere Abgrenzungskriterien entwickelt, die auf das Vorliegen eines Lohnfuhrvertrages im Gegensatz zum Frachtvertrag hindeuten. So deutet beispielsweise die Verpflichtung des Auftragnehmers, in regelmäßig wiederkehrenden Abständen (beispielsweise mehrmals wöchentlich oder auch täglich) zu bestimmten, im Vorhinein definierten Zeitpunkten (zb jeweils um 7:00 Uhr morgens) mit einem oder mehreren bemannten Fahrzeugen zu beliebiger Fahrt und Beladung an einem bestimmten Ort zu erscheinen, 3 OGH 6 Ob 1678/95 vom 9.11.1995; Schütz in Straube, HGB 2 Rz 20 zu 425 mwh auf die deutsche Lehre; HS 11.204/29= ZfRV 1981, 44; HS 12.273/13; SZ 56/129 = EvBl 1984/13; ZVR 1986/7 = VersR 1986/7 = VersR 1987, 112; OGH 4 Ob 592/87 vom 17.11.1987; OGH 8 Ob 1532/89 vom 7.9.1989 ua 4 Krejci in Rummel, ABGB 2 Rz 131 zu 1151; SZ 56/129 mwn 5

Maria Zehetbauer der Ausschluss der Möglichkeit, andere Transportaufträge zu übernehmen, der Ausschluss der Möglichkeit von Zuladungen oder Einflussnahmen auf die Strecke, die Vorgabe der Streckenführung und somit der Ausschluss der eigenverantwortlichen Durchführung des Transportes, die direkte Disposition (in Form von direkter Beauftragung oder Weisungserteilung) des Lkw-Lenkers des Auftragnehmers durch den Auftraggeber die Unkenntnis des Auftragnehmers, womit sein Lkw-Zug beladen wird auf das Vorliegen eines Lohnfuhrvertrages im Sinne der Judikatur hin. Vielfach liegt zwischen Auftraggeber und Lohnfuhrwerker ein wirtschaftliches Abhängigkeitsverhältnis vor, welches dazu führt, dass der Lohnfuhrwerker diese Art der Vertragsgestaltung akzeptiert, weil ihm diese eine entsprechende Auslastung seiner Fahrzeuge garantiert. Problematisch wird es oft im Schadensfall. Dies vor allem dann, wenn der geschädigte Warenabsender oder Empfänger seine Ansprüche aus dem Frachtvertrag gegen den Frachtführer geltend macht und dieser gegen den von ihm beauftragten Lohnfuhrwerker entsprechend Regress führen möchte. Ein derartiger Regress ist im Hinblick darauf, dass kein Frachtvertrag gemäß 425 UGB oder CMR vorliegt, gegen den Lohnfuhrwerker nicht möglich. Der Lohnfuhrwerker haftet lediglich dafür, einen durchschnittlich ausgebildeten Lkw-Lenker sowie einen einwandfreien Lkw zur Verfügung gestellt zu haben. Eine Haftung für allfällige Transportschäden für Verlust oder Beschädigung der Transportgüter bzw für allfällige Verspätungsschäden kommt für den Lohnfuhrwerker nicht in Betracht. Somit ist es für Unternehmen, die ausschließlich im Lohnfuhrwerk tätig sind, auch nicht sinnvoll, eine CMR-Versicherung abzuschließen, weil auch der CMR-Versicherer im Schadensfall die Versicherungsdeckung ablehnen wird. Bei der Beauftragung von Transportunternehmern ist daher aus Sicht des Auftraggebers stets darauf zu achten, dass der Abschluss eines Lohnfuhrvertrags vermieden wird, da bei Vorliegen eines Lohnfuhrvertrags der Frachtführer nicht zur Haftung herangezogen werden kann. 6

Nationale und internationale Güterbeförderung Abgrenzung Frachtvertrag Lohnfuhrvertrag Frachtvertrag Charakteristikum: Verbringung von Gütern von A nach B Haftung des Vertragspartners: Haftung für Transportschäden, Warenverluste und Verspätungsschäden nach den zwingenden Bestimmungen der CMR ( 17 ff CMR) Für Schäden, die ein Unterfrachtführer bzw ein Mitarbeiter verursacht hat, haftet der Frachtführer nach Art 3 CMR, subsidiär nach 1313a ABGB Lohnfuhrvertrag Charakteristikum: Zurverfügungstellung eines Lkw samt durchschnittlich beruflich und fachlich qualifiziertem Lenker Haftung des Vertragspartners: keine Haftung nach Art 3 CMR keine Haftung nach 1313a ABGB Haftung nur für die berufliche und fachliche Qualifikation und die Arbeitsbereitschaft des zur Verfügung gestellten Lkw-Lenkers und für allfällige Fahrzeugmängel Fallbeispiel Der Beklagte, der Transportunternehmer T, war im Rahmen der mit dem Speditionsunternehmen S geschlossenen Vereinbarung verpflichtet, Lkws samt Fahrer zur Verfügung zu stellen. Er konnte einzelne Frachtaufträge des Speditionsunternehmens ablehnen und hatte die Möglichkeit, die Geschäftsvereinbarung unter Einhaltung einer 30-tägigen Kündigungsfrist zum Monatsletzten aufzukündigen. Am 5.8.2014 vereinbarte T mit S mündlich, dass drei seiner Tankwagenzüge samt Fahrer dem Speditionsunternehmen zur Durchführung von Transporten zur Verfügung gestellt werden. S verpflichtete sich, die Fahrzeuge in beiden Fahrtrichtungen einzusetzen. Mit Schreiben vom 6.8.2014 wurden die mündlichen Vereinbarungen festgehalten. Als Entgelt für die Leistung des beklagten Transportunternehmers wurde ein Kilometergeld von EUR 4,00 pro gefahrenem Kilometer und ein Standgeld von EUR 250,00 pro Tag vereinbart, ebenso, dass der Spediteur die Kosten für die Verzollung, die Warentransportversicherung, die Nebenspesen in der Türkei, die Reinigungskosten ua trägt. Beim ersten Einsatz eines Lkws des Beklagten teilte noch der Beklagte seinem Fahrer die Route mit; die weiteren Touren wurden dem Fahrer vom Spediteur telefonisch oder per WhatsApp direkt bekannt gegeben. Nach Abschluss einer Route berechnete der Beklagte anhand der Frachtpapiere die gefahrenen Kilometer und rechnete den vereinbarten Frachtpreis mit seinem Auftraggeber ab. Der Beklagte hatte die Kosten für den Lkw-Fahrer, für Treibstoff und für die Fahrzeugerhaltung zu tragen. 7

Maria Zehetbauer 8 Der Kläger vertritt eine türkische Fruchtsaftfabrik in Europa und beauftragte den Spediteur mit der Besorgung des verfahrensgegenständlichen Transportes von Wodka aus der Türkei nach Deutschland. Aufgrund der Vereinbarung zwischen S und dem Beklagten wurde vor dem verfahrensgegenständlichen Transport ein Transport von gehärtetem Sojaöl von Deutschland nach Österreich durchgeführt. Der Lkw wurde anschließend über Veranlassung des Fahrers von einer Reinigungsfirma gereinigt, doch blieben Reste des Öls an den Entlüftungsund Druckventilen zurück, was für den Fahrer nicht erkennbar war. Anschließend erhielt der Fahrer von S die Anweisung, den verfahrensgegenständlichen Transport von 27.000 Liter Wodka von der Türkei nach Deutschland durchzuführen. Der Fahrer erhielt im Laufe seiner Anreise in die Türkei alle weiteren Anweisungen unmittelbar von S. Im Frachtbrief war der Beklagte als Frächter angeführt. Aufgrund der Verwendung des verschmutzten Tankfahrzeuges verdarb der Wodka und musste vernichtet werden. Mit der am 18.9.2015 eingelangten Klage begehrt der Kläger vom Beklagten den Zuspruch von EUR 36.000,00 und bringt vor, der beklagte Transportunternehmer habe für den Vortransport ein ungeeignetes, durch Rückstände von gehärtetem Sojaöl aus einem Vortransport verschmutztes Tankfahrzeug benutzt. Der Wodka sei hierdurch verdorben und habe vernichtet werden müssen. Ursache und Verschulden am daraus entstandenen Schaden treffe den Beklagten. Es liege grobe Fahrlässigkeit vor. Der Schaden des Klägers betrage EUR 23.000,00 an Warenwert und EUR 13.000,00 an Gewinnentgang, weil dem Kläger ein bereits abgeschlossenes Geschäft durch die vom Beklagten verschuldete Lieferunfähigkeit entgangen sei. Der Beklagte beantragt Klagsabweisung und wendet ein, der Beklagte habe lediglich die den Transport durchführende Zugmaschine samt Sattelauflieger der T-Speditionsgesellschaft zur Verfügung gestellt. Sämtliche Dispositionen seien von der Speditionsgesellschaft vorgenommen worden, sodass diese Frachtführerin gewesen sei. Der Beklagte sei lediglich als Lohnfuhrunternehmer tätig und hafte daher nicht für den eingetretenen Schaden. Haftet der Beklagte nach den Bestimmungen des Frachtrechts? Ist es für die Beurteilung des Sachverhaltes von Bedeutung, dass der Beklagte im Frachtbrief als Frächter bezeichnet wurde? Es handelt sich bei diesem auszugsweise wiedergegebenen Fall um eine der Leitentscheidungen des OGH zum Lohnfuhrvertrag. 5 In dieser Entscheidung hat der OGH ausgesprochen, dass wer bloß ein Fahrzeug samt Fahrer nach Weisung des Frachtführers gegen ein Kilometer- und Stand- 5 OGH 7 Ob 643/83 vom 9.8.1983, RIS-Justiz RS 0021785