Handball-Spiele auf engstem Raum Handball ist ein schnelles und dynamisches Sportspiel, das hohe konditionelle und koordinative Anforderungen an die Spielerinnen und Spieler stellt. Zudem ist das Spiel 6:6 hochkomplex und verlangt daher auch enorme Fähigkeiten im gruppen- und mannschaftstaktischen Verhalten, was häufig erst in einer langjährigen Spielausbildung ausreichend erworben werden kann. Durch die großen Erfolge der Nationalmannschaft, insbesondere durch die gewonnene Weltmeisterschaft im eigenen Land, aber auch durch die Dominanz deutscher Vereine auf internationalem Parkett, ist der Handball in den letzten Jahren medial deutlich präsenter geworden und damit auch verstärkt ins Bewusstsein von Schülerinnen und Schülern gerückt, die nun immer öfter auch im Sportunterricht Handball zum Thema machen wollen. Diesem Wunsch nachzukommen ist unter den alltäglichen Bedingungen im Sportunterricht mit 25 Schülerinnen und Schülern in einem Hallendrittel nur mit großen Schwierigkeiten möglich. Wenn dann auch noch Handbälle nicht in ausreichender Anzahl vorhanden und bestenfalls ein Tor im äußeren Drittel zur Verfügung steht, ist man geneigt ganz von der Sache Abstand zu nehmen. Dass vieles aber auch unter diesen Bedingungen möglich ist, soll im Folgenden gezeigt werden. Zunächst muss allerdings gesagt werden, dass dort, wo nicht mehr Raum zur Verfügung steht auch kein weiterer geschaffen werden kann. Es muss also gelten den vorhandenen Raum effektiver zu nutzen. Dies kann nur gelingen, wenn der Raum für Aktionen enger gestaltet wird. Die entscheidenden Momente im Verlauf eines Handballspiels finden meistens auch auf engem und engstem Raum in der Nahwurfzone zwischen Kreis und 9-Meter statt, sodass die effektivere Ausnutzung des zur Verfügung stehenden Raumes Bedingungen schafft, die für den Handball durchaus konstitutiv sind. Wie oben bereits angedeutet ist das Spiel 6:6 hochkomplex und von Spielanfängern - und als solche werden hier Schülerinnen und Schüler gesehen - nicht zu bewältigen, was eine Reduktion der Spielerzahl im Sportunterricht als sinnvoll nahe legt. Dies deckt sich auch mit dem Rahmenkonzept des DHB zur Ausbildung im Handball, in dem unter anderem das Mini-Spiel 4 + 1 zur Reduktion der Spielkomplexität entwickelt wurde. Diese Reduktion der Spielerzahl kann auch als eine Anpassung an das Spielgeschehen im Handball angesehen werden, denn meistens sind an der Lösung von Spielsituationen ohnehin nicht mehr als zwei oder drei Spielerinnen oder Spieler gleichzeitig beteiligt. Dies gilt nicht nur für Mini-Spiele, sondern durchaus auch für den Hochleistungsbereich. Die Bedingungen im Sportunterricht einerseits und die Reduktion der Spielkomplexität durch Reduktion der Spielerzahl andererseits eröffnet nun Möglichkeiten Handball-Spiele auch in der Schule zum Thema zu machen. Im Folgenden sollen konkrete Möglichkeiten dafür aufgezeigt werden. Die Möglichkeiten gehen ausschließlich von einem Hallendrittel aus.
Pylonentorball Es spielen auf zwei Feldern jeweils zwei Mannschaften (5:5, 6:6 oder 7:7) gegeneinander. Die Felder sollten so gesetzt werden, dass bis zum Vorhang bzw. den Hallenwänden noch 2m Platz ist. Ein Tor wird erzielt, wenn der Ball per Bodenpass durch ein Pylontor gespielt und von einem Mitspieler auf der anderen Seite gefangen wird. Das Pylonentor sollte ca. 4m groß sein, sollte aber dem Spielniveau und der Anzahl der Schülerinnen und Schüler angepasst werden. Nach Torerfolg geht das Spiel ohne Unterbrechung weiter, allerdings muss die erfolgreiche Mannschaft zunächst einen Mitspieler anspielen, der den Ball irgendwo außerhalb des Spielfeldes annimmt und von da wieder ins Spiel gibt. Wenn der Ball von der gegnerischen Mannschaft abgefangen wird, so muss diese ebenfalls bevor ein Tor erzielt werden kann ein Mitspieler der eigenen Mannschaft außerhalb des Spielfeldes anspielen. Dieses Spiel erfordert gutes Passspiel, viel Übersicht und schnelle Reaktion. Erfolgreich ist hier die Mannschaft, in der klug miteinander gespielt wird. Lange Dribblings von Einzelnen machen hier kaum Sinn. Als Variation können die beiden Felder auch zu einem großen Feld mit vier Pylonentore zusammengefasst werden, wobei die Pylonentore besser an den Stirnseiten als an den Ecken im Feld aufgebaut werden sollten.
2:2 + 4 Diese Spielform ist sehr laufintensiv für die 2:2-Spielenden in den vier Feldern. Dies gilt insbesondere dann, wenn eine konsequente Manndeckung gespielt wird, die in diesem Spiel sehr gut geübt werden kann. Bei dieser Spielform hat das ballbesitzende Zweierteam die Aufgabe einen Pass (ggf. auch mehrere) untereinander zuspielen. Wenn das erreicht wird, muss einer der vier außerhalb stehenden Anspieler angespielt werden, die den Ball wieder zurück spielen müssen. Vor dem Spiel zurück kann auch unter den vier Anspielern außerhalb gepasst werden, bis sich eine günstige Möglichkeit für ein Anspiel bietet. Doppelpässe sollten verboten werden. Die vier Anspieler auf den Stirnseiten, die zwei Felder begrenzen, müssen den Spielverlauf in zwei Feldern im Blick behalten, was die Anforderungen für diese deutlich erhöht. Wird der Ball von der abwehrenden Mannschaft abgefangen, so werden die Rollen getauscht. Es ist auch möglich, dass die Rollen beibehalten werden, bis der Ball dreimal abgefangen wird. Je nach Spielintensität sollten nach zwei bis drei Minuten die Gruppen getauscht werden. Diese Spielform ist nicht nur konditionell sehr anspruchsvoll, sondern erfordert auch die Pass- und Laufwege des bzw. der Partners zu antizipieren und sich aufeinander einzustellen. Gleichzeitig werden Übungsmöglichkeiten Pass- und Lauffinten angeboten. Als Variante kann in den Feldern auch 3.3 gespielt werden. Außerdem können auch hier Spielfelder zusammengefasst sowie Anzahl und Art der Pässe dem Spielniveau angepasst werden.
Spielsituationen auf drei Feldern Das Hallendrittel wird hier in drei gleich große Felder eingeteilt. Die Weichbodenmatten (WBM) dienen als Tore, die mit ihren Maßen 2 x 3 Meter exakt der Größe von Handballtoren entsprechen. Auf den entstandenen drei Spielfeldern können dann unterschiedliche Spielsituationen gespielt und Lösungsmöglichkeiten gesucht werden. Die Variante 4:4 ist nur noch in etwas größeren Hallendritteln zu empfehlen. In kleineren Hallendritteln ist dies mit Älteren kaum noch möglich. Um möglichst viele Schülerinnen und Schüler gleichzeitig zu beschäftigen sollten die Torwartpositionen jeweils zweifach besetzt werden. So wie viele Trainer bis in die Bundesliga hinein den Torwarten zugestehen ihre Ein- und Auswechselungen zu großen Teilen selbst vorzunehmen, so sollte man es auch hier den Schülerinnen und Schülern selbst überlassen, wer anfängt und wann gewechselt wird. 4 + 1 als Beachhandball Die bisher beschriebenen Spielformen und Spielsituationen bieten viele handballtypische Spielsituationen, die viel Spaß machen können. Allerdings sind sie noch kein richtiges Handballspiel. Bei einem richtigen Handballspiel versuchen eben zwei Mannschaften mit simultanen und korrespondierenden Abwehr- und Angriffshandlungen Tore zu erzielen, und am Schluss gibt es ein klares Ergebnis. Dies in einem Hallendrittel herzustellen ist tatsächlich nicht leicht, aber auch möglich. Dazu wird die oben bereits angeführte Spielkonzeption 4 + 1 aufgegriffen und mit Ideen des Beachhandballs kombiniert. Das Spielfeld variiert hier im Vergleich zum normalen Handballspielfeld dadurch, dass der Kreis zwar ebenfalls sechs Meter (nicht zwingend in der Grundschule) ausmacht, dieser aber gerade verläuft wie beim Beachhandball. Als Tore dienen wiederum die WBM. Als Begrenzungen zur Seite bieten sich die Grundlinien des Badmintonspielfeldes an, wobei man sich diese durchgezogen denken muss. Bei dieser Spielvariante wird es nicht anders möglich sein, als dass zwei Mannschaften
spielen und zwei aussetzen. Dafür lässt sich aber ein attraktives Turnier mit den Schülerinnen und Schüler organisieren. Thematische Zugänge Um Handball zu einem Thema für den Schulsport zu machen, muss danach gefragt werden welche legitimen Ziele damit verfolgt werden können. Bei einer mehrperspektivischen Auslegung wird man gemäß den Richtlinien und Lehrplänen in NRW schnell mit der Pädagogischen Perspektive E Kooperieren, wettkämpfen und sich verständigen fündig, die mit den folgenden thematischen Zugängen akzentuiert werden können: a) In Gruppenarbeit bekommen die Schülerinnen und Schüler die Aufgabe Lösungsmöglichkeiten für das Spiel 2:2, 3:3 oder 4:4 zu entwickeln. Die Aufgabenstellung könnte lauten: Entwickelt Lauf- und Passwege im Angriff, um gegen die Abwehr eine gute Tormöglichkeit herauszuspielen!. Je nach Entwicklungsstand kann das Spiel über die Anzahl der Spielerinnen und Spieler angepasst werden. Zur Vertiefung kann auch das Sperren oder andere handballspezifische Fertigkeiten eingeführt werden, um weitere taktische Handlungsmöglichkeiten aufzuzeigen und zur Verfügung zu stellen. Als weiteren Schritt kann dann auch über Auslösehandlungen gesprochen werden, die gegenüber festgelegten Spielzügen offener und flexibler sind. Wenn die materielle Ausstattung in der Halle gut ist, können Abschnitte auch gefilmt und anschließend analysiert werden. b) Handball ist eine Sportart, bei der man durch Kraft und Körpergröße einige Vorteile hat. Dies macht den Handball zu einem Inhalt, der geeignet erscheint Fragen aufzuwerfen, wie Jungen und Mädchen gemeinsam zu einem befriedigenden Spiel finden können. Welche regeln müssen geändert werden, damit diese im Regelfall bei den Jungen liegenden Vorteile nicht mehr so stark zum Tragen kommen, sonder stattdessen das entscheidend ist, was im Unterricht an Technik und Taktik behandelt worden ist. Christian Stallmann