Abwehr von Insolvenzanfechtungen

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Transkript:

Christian Fuhst Abwehr von Insolvenzanfechtungen Maßnahmen gegen Ansprüche von Insolvenzverwaltern September 2016

Übersicht Hintergrund: Insolvenzanfechtung Die Ansprüche des Insolvenzverwalters Die Grundbegriffe Verhaltensstrategie vor der Insolvenz Verhaltensstrategie nach Eintritt der Insolvenz Ausblick: der Gesetzgebungsprozess

Hintergrund: Insolvenzanfechtung Die Ansprüche des Insolvenzverwalters Die Grundbegriffe Verhaltensstrategie vor der Insolvenz Verhaltensstrategie nach Eintritt der Insolvenz Ausblick: der Gesetzgebungsprozess

Sinn und Zweck der Insolvenzanfechtung Ausdehnung des Grundsatzes der Gleichbehandlung der Gläubiger auf den vorinsolvenzlichen Zeitraum. Die Insolvenzanfechtung enthält i.d.r. keinen Unrechtsvorwurf sondern ist lediglich gesetzliche Folge der Eröffnung des Insolvenzverfahrens. Rückabwicklung von Vermögensverschiebungen des Schuldners Unmittelbar vor Verfahrenseröffnung: erhöhtes Risiko in der Krise des Unternehmens; Gläubiger mit Kenntnis von der wirtschaftlichen Schieflage eines Unternehmens unterliegen einem erhöhten Anfechtungsrisiko 4

Steigende Zahl von Insolvenzanfechtungen Änderung der gesetzlichen Regelung Mitte 2014 auch in Verbraucherinsolvenzverfahren wird ein Insolvenzverwalter mit Anfechtungsbefugnissen bestellt Kontrolldichte und Überwachung seitens der Gläubiger hat in den letzten Jahren erheblich zugenommen entsprechend höherer Bearbeitungsdruck für den Verwalter Anzahl der Insolvenzverfahren ist rückläufig dadurch höherer Kostendruck für die Verwalter, mit der Folge, dass auch kleineren Ansprüchen nachgegangen wird. 5

Hintergrund: Insolvenzanfechtung Die Ansprüche des Insolvenzverwalters Die Grundbegriffe Verhaltensstrategie vor der Insolvenz Verhaltensstrategie nach Eintritt der Insolvenz Ausblick: der Gesetzgebungsprozess

Die Ansprüche des Insolvenzverwalters Dem Insolvenzverwalter obliegt neben der Verwaltung und Verwertung des zur Insolvenzmasse gehörenden Vermögens insbesondere die Geltendmachung nachfolgender Ansprüche. Bei juristischen Personen und Personengesellschaften: Überprüfung und ggf. Einzug des Stamm- bzw. Grundkapitals Haftungsansprüche gegen Vorstand/Geschäftsführung, Aufsichtsrat und Gesellschafter wachsende Bedeutung in Rechtsprechung und Praxis In allen Insolvenzverfahren: Insolvenzanfechtung 7

Die Ansprüche des Insolvenzverwalters Die Insolvenzanfechtung ist im wesentlichen in folgende Tatbestände aufgegliedert: Deckungsanfechtung, 130, 131 InsO Anfechtung unmittelbar benachteiligender Rechtshandlungen, 132 InsO Vorsatzanfechtung, 133 InsO Anfechtung unentgeltlicher Rechtsgeschäfte, 134 InsO Anfechtung auf Gesellschafterebene, 135 InsO 8

Die Ansprüche des Insolvenzverwalters Anknüpfungspunkt: Stellung des Insolvenzantrags Der Zeitpunkt der Antragstellung kann vom Fremdantrag abgesehen nicht vom Gläubiger beeinflusst werden. Die Anfechtung betrifft ab dem Zeitpunkt der Antragstellung rückwirkend die folgenden Zeiträume: Deckungsanfechtung 3 Monate Anfechtung auf Gesellschafterebene 1 Jahr Anfechtung wg. Unentgeltlichkeit 4 Jahre Vorsatzanfechtung 10 Jahre 9

Hintergrund: Insolvenzanfechtung Die Ansprüche des Insolvenzverwalters Die Grundbegriffe Verhaltensstrategie vor der Insolvenz Verhaltensstrategie nach Eintritt der Insolvenz Ausblick: der Gesetzgebungsprozess

Die Grundbegriffe Strategiekrise Überschuldung Zahlungsunfähigkeit Strategiekrise bzw. Produkt- und Absatzkrise oder Erfolgskrise: Langfristig fehlende Erfolgsfaktoren (mangelnde Innovation, strategische Lücken und strukturelle Defizite) verschlechtern die wirtschaftliche Lage des Unternehmens, die oft nur wenigen gut informierten Beobachtern auffallen. Überschuldung: Nur bei juristischen Personen. Eine insolvenzrechtlich relevante Überschuldung liegt vor, wenn das Vermögen des Schuldners die bestehenden Verbindlich-keiten nicht mehr deckt, es sei denn, die Fortführung des Unternehmens ist nach den Umständen überwiegend wahrscheinlich, 19 Abs. 2 Satz 1 InsO Zahlungsunfähigkeit: Zahlungsunfähigkeit liegt vor, wenn der Schuldner nicht in der Lage ist, die fälligen Zahlungsverpflichtungen zu erfüllen. Nach der h.m. (insb. BGH, NJW 2005, 3062) fällt eine geringe Liquiditätslücke (maximal 10% der fälligen Verbindlichkeiten) nicht unter die Definition des 17 InsO. 11

Die Grundbegriffe Die Insolvenzanfechtung ist in den 129 147 InsO geregelt. Voraussetzung der meisten Insolvenzanfechtungen ist, dass durch Rechtshandlungen die Gläubiger des späteren Insolvenzschuldners benachteiligt werden. Rechtshandlung sind alle Handlungen, die rechtliche Wirkungen auslösen. Jedes rechtlich relevante Verhalten kann grundsätzlich anfechtbar sein. Eine Gläubigerbenachteiligung liegt vor, wenn die Befriedigung der Insolvenzgläubiger verkürzt, vereitelt, erschwert, gefährdet oder verzögert wird (BGH, NZI 2008, 167; BGH NZI 2012, 562).

Die Grundbegriffe Die Deckungsanfechtung ist insbesondere in der wirtschaftlichen Krise des Unternehmens, d.h. in den letzten drei Monaten vor dem Insolvenzantrag oder danach relevant. Bei der Deckungsanfechtung wegen kongruenter Deckung ( 130 InsO) kann der Insolvenzverwalter Rechtshandlungen anfechten, die aus Sicht der übrigen Gläubiger prinzipiell unverdächtig sind; lediglich im unmittelbaren Vorfeld der Insolvenz hat derjenige, der von der Unternehmenskrise Kenntnis hat, sich in die Gruppe der übrigen Gläubiger einzureihen. 3-Monats-Zeitraum Kenntnis von Zahlungsunfähigkeit oder Eröffnungsantrag oder Kenntnis von zwingenden Umständen für Zahlungsunfähigkeit 13

Die Grundbegriffe Bei der Anfechtung wegen inkongruenter Deckung ( 131 InsO) werden Rechtshandlungen angefochten, die einem Gläubiger einen Vorteil verschafft haben, den er nicht, nicht in der Art oder nicht zu der Zeit zu beanspruchen hatte. letzter Monat vor dem Antrag oder danach besonders kritisch im zweiten oder dritten Monat vor dem Antrag, wenn der Schuldner zur Zeit der Handlung zahlungsunfähig war im zweiten oder dritten Monat vor dem Antrag, wenn bekannt war, dass Gläubiger benachteiligt werden (Kenntnis von zwingenden Umständen stehen einer Kenntnis der Gläubigerbenachteiligung gleich) 14

Die Grundbegriffe Nach 133 Abs. 1 InsO unterliegen Rechtshandlungen, die der Schuldner in den letzten zehn Jahren vor dem Insolvenzantrag mit dem Vorsatz, seine Gläubiger zu benachteiligen, vorgenommen hat, der Anfechtung, wenn der andere Teil (i.d.r. der Empfänger der Leistung) den Vorsatz des Schuldners kannte. Diese Kenntnis wird vermutet, wenn der andere Teil wusste, dass die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners droht und die Handlung andere Gläubiger benachteiligt. Vorsatz des Schuldners erforderlich; bedingter Vorsatz genügt Kenntnis des anderen Teils von (drohender) Zahlungsunfähigkeit und Benachteiligungsvorsatz 15

Hintergrund: Insolvenzanfechtung Die Ansprüche des Insolvenzverwalters Die Grundbegriffe Verhaltensstrategie vor der Insolvenz Verhaltensstrategie nach Eintritt der Insolvenz Ausblick: der Gesetzgebungsprozess

Verhaltensstrategie vor der Insolvenz Zur Erläuterung der Thematik und Klärung in welchen Fällen und bei welchen Sachverhalten zur Vorsicht zu raten ist, ist eine Orientierung an der gesetzlichen Systematik der Anfechtungstatbestände sinnvoll. Jede Anfechtungsnorm hat ihre eigenen Grundsätze und erfasst Sachverhalte, die möglicherweise unter anderen Umständen nicht anfechtbar wären. Für den allgemeinen Wirtschaftsverkehr ist immer der Zeitpunkt der Erkennbarkeit der Krise eines Vertragspartners relevant. 17

Verhaltensstrategie vor der Insolvenz Allgemeine Voraussetzungen Anknüpfungspunkt für die Frage der Anfechtbarkeit von Rechtshandlungen ist in den Fällen der 130 und 133 InsO, dass die Krise des Vertragspartners nach außen hervortritt, d.h. für den Geschäftsverkehr erkennbar war. Es ist nicht erforderlich, dass konkrete Kenntnis über die wirtschaftliche Lage des Unternehmens vorhanden ist, vielmehr kommt es auf das Vorliegen von Indizien an, die auf eine (drohende) Zahlungsunfähigkeit hindeuten. Die Rechtsprechung greift in diesen Fällen häufig auf eine Definition des BGH zurück: Für die Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit genüge es, wenn der Anfechtungsgegner aus den ihm bekannten Tatsachen und dem Verhalten des Schuldners bei natürlicher Betrachtungsweise den zutreffenden Schluss gezogen hat, dass der Schuldner 10% und mehr seiner fällig gestellten Verbindlichkeiten im Zeitraum von drei Wochen nicht wird tilgen können. 18

Verhaltensstrategie vor der Insolvenz Allgemeine Voraussetzungen Es genügt i.d.r. die Kenntnis von Umständen, die zwingend auf die Zahlungsunfähigkeit oder den Eröffnungsantrag schließen lassen. Es kommt mithin darauf an, ob sich ein redlich und vernünftig denkender Dritter angesichts der festgestellten Umstände nicht hätte der Einsicht verschließen können, dass der Schuldner tatsächlich zahlungsunfähig oder ein Eröffnungsantrag gestellt war. 19

Verhaltensstrategie vor der Insolvenz Allgemeine Voraussetzungen Krisenindizien: Aufkündigung von Geschäftsbeziehungen durch Großkunden; Häufiger Wechsel von Lieferanten; Zurückholung von unter Eigentumsvorbehalt gelieferter Waren; Nichtzahlung oder schleppende Zahlung von Mieten, Energie- und Rohstofflieferungen (sog. existentielle Gläubiger), Steuern und Sozialabgaben; Ausbleiben fälliger Teilzahlungen bei einer vom Schuldner selbst vorgeschlagenen Ratenzahlungsvereinbarung; Eine Ratenzahlung alleine nur dann, wenn sie nicht den geschäftlichen Gepflogenheiten entspricht (vgl. unten zur Vorsatzanfecht.); Häufung von Vollstreckungsbescheiden, Versäumnisurteilen oder Zwangsvollstreckungsmaßnahmen von Gläubigern; 20

Verhaltensstrategie vor der Insolvenz Allgemeine Voraussetzungen Schleppende Zahlungsweise Regelmäßiger Zahlungsverzug Zahlungserinnerung und/oder Mahnungen erforderlich; Androhung der Einschaltung eines Rechtsanwalts oder gar der gerichtlichen Geltendmachung; BGH: regelmäßig verspätete Zahlungen In der Gesamtschau: Wenn sich aus den Umständen ergibt, dass es sich bei dem Schuldner um ein am Rande des finanzwirtschaftlichen Abgrunds operierenden Unternehmen handelt, dem es auf Dauer nicht gelingt, bestehende Liquiditätslücken zu schließen, sondern nur noch darum bemüht ist, trotz fehlender Mittel den Anschein eines funktionstüchtigen Geschäftsbetriebs aufrecht zu erhalten. Welche dieser, für das objektive Merkmal der Zahlungsunfähigkeit sprechenden, Indizien waren dem Anfechtungsgegner positiv bekannt? 21

Verhaltensstrategie vor der Insolvenz Allgemeine Voraussetzungen Ein Gläubiger kann sogar aufgrund von Presseberichten insbesondere über gesperrte Kreditlinien oder Schwierigkeiten bei der Abwicklung von Verträgen selbst wenn die Berichte keine amtliche Verlautbarung enthalten den Umständen nach gehalten sein, Erkundigungen oder andere Nachforschungen zur Zahlungs(un)fähigkeit des Schuldners anzustellen (Gottwald, InsR-Handbuch, 5. Auflage 2015, Rn. 30 a.e.). 22

Verhaltensstrategie vor der Insolvenz Allgemeine Voraussetzungen Süddeutsche Zeitung vom 12.09.2016: 23

Verhaltensstrategie vor der Insolvenz Allgemeine Voraussetzungen Süddeutsche Zeitung vom 14.09.2016: 24

Verhaltensstrategie vor der Insolvenz Deckungsanfechtung, 130 InsO Vermeidung einer Deckungsanfechtung nach 130 InsO, Anfechtung bei kongruenter Deckung: Bargeschäft, 142 InsO Vorauskasse (inkl. Bargeschäft) Vereinbarung über Kongruenz zwischen drei Personen 25

Verhaltensstrategie vor der Insolvenz Deckungsanfechtung, 130 InsO - Bargeschäft Ein sog. Bargeschäft nach 142 InsO liegt vor, wenn für die Leistung des Schuldners unmittelbar eine gleichwertige Gegenleistung in sein Vermögen gelangt ist. Ein Bargeschäft ist nur nach 133 Abs. 1 InsO (Vorsatzanfechtung) anfechtbar. Das Bargeschäft setzt seinen engen zeitlichen und sachlichen Zusammenhang zwischen den zwei ausgetauschten Leistungen voraus. Der maßgebliche Zeitraum lässt sich nicht allgemein festlegen, er hängt von der Art der Leistungen und den Gepflogenheiten des Geschäftsverkehrs ab: bei Kontogutschriften und Verfügungen: 2 Wochen bei Leistungen eines Rechtsanwalts, Steuerberaters, Unternehmensberaters nicht mehr als 30 Tage bei Dauerschuldverhältnissen (Miete, Strom, Leasingverträge) i.d.r. im allgemeinen Zahlungsturnus, üblicherweise monatlich 26

Verhaltensstrategie vor der Insolvenz Deckungsanfechtung, 130 InsO - Bargeschäft Für das Bargeschäft ist es unerheblich, in welcher Reihenfolge Leistung und Gegenleistung erfolgen. Bei Lastschriften liegt eine Bardeckung vor, wenn ein Verkäufer im unmittelbaren Anschluss an eine von ihm erbrachte Leistung den Kaufpreis aufgrund einer Einziehungsermächtigung von dem Konto des Schuldners einzieht und der Lastschrifteinzug nachfolgend genehmigt wird (BGH, NZI 2009, 378). Ein Bargeschäft liegt nur dann vor, wenn sich Leistung und Gegenleistung auch wirtschaftlich entsprechen, mithin gleichwertig sind. Bei wertvollerer Gegenleistung der späteren Insolvenzmasse kommt Anfechtung der Differenz wegen Schenkung ( 134 InsO) in Betrag. 27

Verhaltensstrategie vor der Insolvenz Deckungsanfechtung, 130 InsO - Vorauskasse Dem Bargeschäft nicht unähnlich ist eine Änderung des Zahlungsmodus auf Vorauskasse. Auch hierbei ist selbstverständlich der enge zeitliche und sachliche Zusammenhang zwischen Zahlung des späteren Insolvenzschuldners und Leistung an die Insolvenzmasse einzuhalten. 28

Verhaltensstrategie vor der Insolvenz - Deckungsanfechtung, 130 InsO - Kongruenzvereinbarung Eine Möglichkeit, um späteren Anfechtungen des Insolvenzverwalters zumindest vorzubeugen, ist der Abschluss einer Kongruenzvereinbarung, d.h. eines Vertrages der aufgrund neuer Erkenntnis die Risiken einer Anfechtung umgeht bzw. die eigentlich geplante Vertragsabwicklung auf eine neue Basis stellt. Lieferant (Fenster) Bauunternehmer (drohend zahlungsunfähig) Bauherr 29

Verhaltensstrategie vor der Insolvenz Deckungsanfechtung, 130 InsO - Kongruenzvereinbarung Fall: Der Lieferant von Fenstern für eine neu zu errichtende Gewerbeimmobilie stellt fest, dass der mit der Errichtung beauftragte Bauunternehmer drohend zahlungsunfähig ist. Die für die Immobilie benötigten Fenster sind jedoch bereits produziert und stehen beim Lieferanten abholbereit zur Verfügung. Der Lieferant befürchtet nun, wenn er die Fenster liefert und der Bauherr vertragsgemäß an den Bauunternehmer zahlt, dass dieser die vereinnahmten Beträge nicht an ihn weiterleitet (bzw. nicht weiterleiten kann). Lösung: Die drei Vertragsparteien vereinbaren, dass der Lieferant die Fenster direkt an den Bauherrn liefert und dieser direkt an den Lieferanten bezahlt. Lt. Vertrag hat der Lieferant zwar keinen Anspruch auf direkte Bezahlung (diese wäre also inkongruent), durch die nachträgliche Vereinbarung wird die direkte Zahlung jedoch auf eine kongruente Basis gestellt. 30

Verhaltensstrategie vor der Insolvenz Deckungsanfechtung, 130 InsO - Kongruenzvereinbarung Wichtig: Die Leistung des Lieferanten darf noch nicht erbracht bzw. noch nicht angefangen sein (es darf noch nicht zu einem ersten Leistungserfolg gekommen sein): Werden im Rahmen eines Werkvertrages Baumaterialien von dem Auftragnehmer lediglich an die Baustelle gebracht, aber nicht eingebaut, fehlt es an einem ersten Leistungserfolg (BGH, Urt. V. 17.12.2015 IX ZR 287/14). Eine Anfechtung der nunmehr kongruenten Vereinbarung bleibt natürlich nach 130 InsO möglich, daher muss auch bei der Abwicklung des nachträglichen Vertrags (der Kongruenzvereinbarung) der Bargeschäftscharakter eingehalten werden. 31

Verhaltensstrategie vor der Insolvenz Vorsatzanfechtung, 133 InsO Allgemeines Nach 133 Abs. 1 InsO sind Rechtshandlungen anfechtbar, die der Schuldner in den letzten zehn Jahren mit dem Vorsatz vorgenommen hat, seine Gläubiger zu benachteiligen. Die Anfechtung zielte auch wegen des langen Anfechtungszeit-raums darauf, Vermögensverschiebungen zu verhindern bzw. rückabzuwickeln. Durch die Rechtsprechungspraxis hat sich eine enorme Ausweitung der Anfechtungsmöglichkeiten ergeben. Weshalb es vor der letzten Bundestagswahl zu einem Appell mehrerer Wirtschaftsverbände kam, dass die Regeln zur Insolvenzanfechtung erheblich entschärft werden müssen die anstehende gesetzliche Änderung wirkt bereits auf die aktuelle Rechtsprechung vor. 32

Verhaltensstrategie vor der Insolvenz Vorsatzanfechtung, 133 InsO - Allgemeines Der Schuldner muss bei der sog. Vorsatzanfechtung mit dem Vorsatz handeln, seine Gläubiger zu benachteiligen. Der Anfechtungsgegner muss Kenntnis von diesem Vorsatz haben, muss aber nicht selbst mit diesem Vorsatz handeln. Praxistypische Beispiele: Mitwirkung bei Vermögensverschleuderung/-verschiebung/- verschleierung Mitwirkung bei Verschleppung der Verfahrenseröffnung Kauf/Verkauf weiter unter Wert bzw. zu stark erhöhtem Preis Drohung mit bzw. Stellung eines Insolvenzantrags zum Zwecke der Durchsetzung von Einzelinteressen Mittelbare Zuwendungen (z.b. Zahlung über Konto von Dritten) Ratenzahlungsvereinbarung mit dem Gerichtsvollzieher 33

Verhaltensstrategie vor der Insolvenz Vorsatzanfechtung, 133 InsO Allgemeines Einzelfälle und Hinweise: Neue Rechtsprechung: aus dem isolierten Beweisanzeichen der Bitte um Ratenzahlung lässt sich nicht notwendigerweise die Schlussfolgerung auf eine bereits eingetretene Insolvenzreife herleiten, allenfalls auf einen Liquiditätsengpass zudem habe es sich nicht um betriebsnotwendige laufende Lieferungen gehandelt, sondern substituierbare Baustoffe (BGH, Urt. v. 14.07.2016 IX ZR 188/15) Zahlungen aufgrund von Vollstreckungsmaßnahmen: i.d.r. nach Ablauf des Zeitraums des 131 InsO nicht mehr anfechtbar, sofern keine Rechtshandlung des Schuldners vorliegt. Monatelanges Schweigen auf Mahnungen und Zahlungserinnerungen kann als Indiz für (drohende) Zahlungsunfähigkeit ausreichen (BGH, Urt. V. 25.02.2016 IX ZR 109/15) 34

Verhaltensstrategie vor der Insolvenz Vorsatzanfechtung, 133 InsO - Beweislast Beweislast: Der Insolvenzverwalter hat den objektiven und subjektiven Tatbestand des 133 Abs. 1 InsO zu beweisen. Hatte der Schuldner bei Eingehung einer Verbindlichkeit mit Benachteiligungsvorsatz gehandelt, so stellt dies regelmäßig ein wesentliches Beweisanzeichen dafür dar, dass der Vorsatz auch im Zeitpunkt der Erfüllung noch bestand. Der Vermutungstatbestand des 133 Abs. 1 Satz 2 InsO bewirkt eine Umkehr der Beweislast; der Insolvenzverwalter hat nur noch zu beweisen, dass die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners drohte und die Handlung die Gläubiger mittelbar benachteiligte und dass der Anfechtungsgegner beide Umstände positiv kannte. Die Vermutung kann nicht durch den Nachweis der Zahlungsunwilligkeit widerlegt werden, erforderlich ist der Nachweis der Zahlungsfähigkeit. 35

Verhaltensstrategie vor der Insolvenz Vorsatzanfechtung, 133 InsO - Beweislast Wegfall der Kenntnis: Ab wann kann von einer Überwindung der Krise des Vertragspartners ausgegangen werden? An einer einmal erlangten Kenntnis von der Zahlungsunfähigkeit ändert auch die Stundung des (einen) Gläubigers nichts, solange nicht die Zahlungen im Allgemeinen wieder aufgenommen wurden. Eine vor der angefochtenen Rechtshandlung vorhandene Kenntnis entfällt, wenn der Anfechtungsgegner aufgrund neuer, objektiv geeigneter Tatsachen zu der Ansicht gelangte, nun sei der Schuldner wieder zahlungsfähig (BGH Urt. v. 27.03.2008 - IX ZR 98/07). 36

Verhaltensstrategie vor der Insolvenz Sanierungskonzept Zahlungen auf Grundlage eines Sanierungskonzepts: Sowohl die Zahlungsunfähigkeit als auch die Inkongruenz können in ihrer Bedeutung als Beweisanzeichen für den Benachteiligungsvor- satz des Schuldners zurücktreten, wenn die fragliche/angefochtene Rechtshandlung Bestandteil eines ernsthaften, letztlich aber fehlgeschlagenen Sanierungsversuchs ist. Voraussetzung ist, dass zu der Zeit der angefochtenen Handlung ein schlüssiges, von den tatsächlichen Gegebenheiten ausgehendes Sanierungskonzept vorliegt, das mindestens in den Anfängen schon in die Tat umgesetzt worden ist und beim Schuldner die ernsthafte und begründete Aussicht auf Erfolg rechtfertigt. Die Beweislast für die Zahlung auf Basis eines solchen Konzepts trifft jedoch den Anfechtungsgegner. 37

Verhaltensstrategie vor der Insolvenz Deckungsanfechtung, 131 InsO Anfechtbar sind Rechtshandlungen (gleichgültig ob vom Schuldner oder Gläubiger), die einem Insolvenzgläubiger eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht haben, die er nicht oder nicht in der Art oder nicht zu der Zeit zu beanspruchen hatte (die mithin inkongruent war). Nicht zu beanspruchen: es bestand kein Anspruch auf Leistung; auch nicht durchsetzbare Leistungen wegen Leistungsver-weigerungsrecht. Nicht in der Art zu beanspruchen: z.b. Übergabe von Kundenscheck oder Abtretung Drittforderung erfüllungshalber; die Nachbesicherung einer Forderung; generell sind Abweichungen von der Verkehrsüblichkeit gemeint. 38

Verhaltensstrategie vor der Insolvenz Deckungsanfechtung, 131 InsO Nicht zu der Zeit: Leistung vor Fälligkeit (z.b. mehr als fünf Bankgeschäftstage vor Fälligkeit) Kongruenzvereinbarung: wie vorstehend dargestellt kann eine inkongruente Direktleistung (Lieferung von Fenstern an Bauherrn und Bezahlung vom Bauherrn an den Lieferanten) durch eine nachträgliche dreiseitige Vereinbarung kongruent werden, sodass die darauf beruhenden Rechtshandlungen lediglich unter den schwereren Voraussetzungen des 130 InsO anfechtbar wären. 39

Hintergrund: Insolvenzanfechtung Die Ansprüche des Insolvenzverwalters Die Grundbegriffe Verhaltensstrategie vor der Insolvenz Verhaltensstrategie nach Eintritt der Insolvenz Ausblick: der Gesetzgebungsprozess

Verhaltensstrategie nach Eintritt der Insolvenz Allgemeines Eine Fortsetzung der Geschäftsbeziehung nach Einleitung des vorläufigen Insolvenzverfahrens und auch nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens ist in Abstimmung mit dem (vorläufigen) Insolvenzverwalter nur mit geringen wirtschaftlichen Risiken verbunden. Es kann sich jedoch anbieten, für künftige Leistungen auf Vorkasse umzustellen. Rechtshandlungen des (vorläufigen) Insolvenzverwalters unterliegen i.d.r. nicht der Anfechtung. Ausnahme bei Erpressung durch den Gläubiger Lieferung von Neuware nur bei Bezahlung der Altware. Die vom Schuldner gewährten Sicherheiten (Bürgschaften/Miet-kaution etc.) können nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens in Anspruch genommen werden, sofern die Voraussetzungen hierfür gegeben sind. 41

Verhaltensstrategie nach Eintritt der Insolvenz Forderungsanmeldung Mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens werden die Gläubiger zur Anmeldung ihrer Forderungen beim Insolvenzverwalter aufgefordert. Hier besteht das große Risiko, dass erst durch die mit der Anmeldung beigefügten Unterlagen der Anfechtungsanspruch gerichtsfest gemacht wird: Bei der Anmeldung nur auf die für die Anmeldung nötigen Angaben beschränken keine Ausführungen zum Verhalten des Schuldners vor der Insolvenz. Forderungskonten, d.h. den Zahlungsverlauf der vergangenen Monate/Jahre möglichst kumuliert einreichen ohne konkreten Ausweis einzelner Zahlungszeitpunkte. Es kann u.u. sinnvoller sein, auf die Anmeldung der Forderung zu verzichten, als sich dem Risiko einer Anfechtung auszusetzen. 42

Verhaltensstrategie nach Eintritt der Insolvenz Nach erfolgter Anfechtung Wenn das Anfechtungsschreiben eingeht: Zunächst keine detaillierte Einlassung auf die Ausführungen des Insolvenzverwalters; also z.b. keine Bestätigung nach dem Motto: aus dem Schreiben des Schuldners konnten wir keine Krisenanzeichen herauslesen wir haben ja wöchentlich mit dem Schuldner telefoniert und uns über dessen wirtschaftliche Lage informiert. Bei kleineren Anfechtungsbeträgen: ggf. reicht es aus, die Angelegenheit auszusitzen ; möglicherweise hat der Verwalter bloß ins Blaue hinein angefochten, ohne den Anspruch gerichtsfest untermauern zu können; Bei größeren Anfechtungsbeträgen: ggf. rechtlichen Rat eines spezialisierten Anwalts einholen. 43

Verhaltensstrategie nach Eintritt der Insolvenz Nach erfolgter Anfechtung Problemfall: der unredliche Verwalter Fall: Der Verwalter macht einen rechtlich fragwürdigen, jedoch sehr hohen Anfechtungsanspruch (T 250) geltend und weist darauf hin, dass er bei ausbleibender Zahlung mit Prozesskostenhilfe klagen würde (und signalisiert deutlichen Anspruchsnachlass wenn Prozess vermieden wird). Problem: Selbst bei Obsiegen des Anfechtungsgegners bekommt dieser seine Anwalts- und Gerichtskosten nicht aus der Insolvenzmasse zurück, da diese nicht leistungsfähig ist. Der Verwalter spekuliert darauf, dass der Anfechtungsgegner einen jahrelangen Rechtsstreit vermeiden möchte und deswegen bereit ist, sich zu dem Preis der Anspruchsverfolgung (T 20) zu vergleichen. 44

Verhaltensstrategie nach Eintritt der Insolvenz Nach erfolgter Anfechtung (mögliche) Lösung: Verhinderung der Anfechtung über die Gläubigerversammlung; die Gläubigergemeinschaft kann dem Verwalter Vorgaben hinsichtlich einzelner rechtlicher Sachverhalte machen, d.h. auch Anfechtungen ermöglichen oder untersagen. Sofern sich nicht genügend andere Gläubiger finden, um den Anfechtungsanspruch zu unterbinden, besteht ggf. die Möglichkeit, die Ansprüche anderer Gläubiger aufzukaufen und auf diesem Wege eine Mehrheit in der Gläubigerversammlung zu erreichen. 45

Hintergrund: Insolvenzanfechtung Die Ansprüche des Insolvenzverwalters Die Grundbegriffe Verhaltensstrategie vor der Insolvenz Verhaltensstrategie nach Eintritt der Insolvenz Ausblick: der Gesetzgebungsprozess

Ausblick Anstehende gesetzliche Änderungen Zwangsvollstreckungsmaßnahmen sollen nicht generell als inkongruent gelten negativ: Fiskus und Krankenkassen werden faktisch begünstigt. Reduzierung des Anfechtungszeitraum des 133 InsO auf vier Jahre bei kongruenten Rechtshandlungen (Sicherung oder Befriedigung). Bei Anfechtung kongruenter Rechtshandlungen muss Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit nachgewiesen sein, drohende Zahlungsunfähigkeit reicht nicht aus. Bei Vereinbarung einer Ratenzahlung oder Zahlungserleichterung wird gesetzlich vermutet, dass der Gläubiger die Zahlungsunfähigkeit nicht kannte. 47

Ausblick Anstehende gesetzliche Änderungen Bargeschäft wird erweitert, Anfechtung nur gegeben, wenn unlauteres Handeln des Schuldners erkannt wurde. Bei Arbeitnehmern gelten drei Monate noch als unmittelbarer Leistungsaustausch. Verzinsung der Ansprüche aus Insolvenzanfechtung wird geändert: nur Schuldnerverzug oder Eintritt der Rechtshängigkeit; bislang: Zinszahlungspflicht ab Eröffnung des Verfahrens 48

Ansprechpartner Christian Fuhst Rechtsanwalt, Insolvenzverwalter ehrenamtl. Richter am bay. AGH Graf von Westphalen Insolvenzverwaltung und Sanierung Lina-Ammon-Straße 17 90471 Nürnberg T +49 911 801969-34 F +49 911 801969-35 Sophienstraße 26 80333 München T +89 1259513-0 F +89 1259513-29 christian.fuhst@gvw-is.com