ANP-Rollen erfordern Kernkompetenzen Inwieweit können Hochschulen die Entwicklung fördern?

Ähnliche Dokumente
Advanced Nursing Practice in der Schweiz

Berufsbildungspolitische Szenarien zwischen Aufstiegsfortbildung und Dualem Studium

Erfahrungen im Handlungsfeld Gerontopsychiatrie

Dualer Bachelor-Studiengang Gesundheits- und Krankenpflege

Verbesserung der Teilhabe pflegebedürftiger Menschen durch Pflege. Gudrun Gille Präsidentin a.d. Bundessverband DBfK

Deutscher Qualifikationsrahmen für lebenslanges Lernen (DQR)

2. Internationaler Kongress APN & ANP «Bleibt alles anders» Berlin, 27. und 28. September Prof. Hedi Hofmann Checchini

Advanced Nursing Practice in GB Qualifizierung und Aufgaben Jacqueline Filkins Berlin

Der Deutsche Qualifikationsrahmen für lebenslanges Lernen. Ulrich Schüller, BMBF

Medbo Bezirksklinikum Regensburg Institut für Bildung und Personalentwicklung (IBP) Pflegewissenschaft trifft Pflegepraxis

Akademische Entwicklungsmöglichkeiten für Pflegefachkräfte. Prof. Dr. Christine Güse Evangelische Hochschule Nürnberg

Wo geht s hier zu Hochschule?

Stufe 5 unklar (SHE) 4 Stufen darunter

Fachforum Duale Studiengänge an Hochschulen

Mitteilungsblatt. der Hochschule für Wirtschaft und Recht Berlin Nr. 29/2015 vom 3. Juli 2015

Die Beziehung zwischen ANP und Pflegewissenschaft Univ.-Prof. Mag. Dr. Hanna Mayer

Positionspapier. Die kopernikanische Wende

Impulse aus gesundheits- und bildungspolitischer Perspektive. Ist Deutschland bereit für ANP? Elke Irlinger-Wimmer, MHSc., RN 1

ANP und Praxisentwicklung in einem Rollenprofil

Kanzler Martin Kraft Telefon

Zur Struktur und Transparenz von Angeboten der Wissenschaftlichen Weiterbildung an Hochschulen in Baden-Württemberg

Können wir uns die Akademisierung der Pflege leisten?

Reflexionsmodul Interdisziplinarität IV

CAS, DAS, MAS und MSc: Voraussetzungen, Strukturen und Berufsaussichten

Netzwerkplenum Bremen 22. / 23. Oktober. Studium als wissenschaftliche Berufsausbildung

AMTLICHE MITTEILUNGEN. Datum: Nr.: 446

hochschule 21 richtungsweisend für Unternehmen.

«Advanced Nursing Practice» (ANP) im Kinderspital Zürich

Studiengänge "Advanced Nursing Practice" im deutschsprachigen Raum Vergleichende Curriculumsentwicklung

Szenario Gruppe III. Hypothesen zur Qualifizierung und Akademisierung der Pflege in der psychiatrischen Versorgung.

Entgeltgruppe 1. Entgeltgruppe 2. Entgeltgruppe 3

Akademisierung der Pflege auf die Qualität kommt es an

Bildung & Erziehung plus (B.A.) Praktisch akademisch. Beitrag zur DGWF Tagung am in Wien Dr. Julian Löhe & Dr.

MEDIZINISCHE INFORMATIK

Masterstudiengang mit Schwerpunkt ANP an der Fachhochschule Jena

Auswahl von Studienbewerber_innen Eine Herausforderung für Praxiseinrichtungen

LANDTAG MECKLENBURG-VORPOMMERN Drucksache 6/ Wahlperiode der Abgeordneten Silke Gajek, Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Was ist mein Diplom wert?

Advanced Nursing Practice in Deutschland - Erfolge und Herausforderungen

Vorschläge der Bundespsychotherapeutenkammer zur Anpassung der Zulassungsvoraussetzungen zur Psychotherapieausbildung im Zuge der Europäischen

Entwicklung der Hochschulbildung der Gesundheitsfachberufe Anmerkungen aus der Sicht der Pflegewissenschaft und der Pflege

Bachelor-Studiengang Erziehungswissenschaft. Wahlpflichtbereich Soziale Arbeit. Modul-Handbuch

02/14_SRH/HS_PB_S_KommuTeamtrainer_www.Buerob.de. Fotos: SRH. Dieser QR-Code verbindet Ihr Mobiltelefon direkt mit unserer Internetseite.

Blitzlicht. Handlungsrahmen deutscher Hochschulpolitik - Stand und Umsetzung des Deutschen Qualifikationsrahmens

Vertikale Durchlässigkeit in der Ausbildung von Erzieherinnen und Erziehern in Niedersachsen

Hochschule für Gesundheit Bochum - Akademisierung der Gesundheitsfachberufe durch primärqualifizierende Studiengänge. Prof. Dr. PH Ursula Walkenhorst

Masterstudium Psychologie

Verwaltungsinformatik. Studiengang ab Wintersemester 2017 an der Hochschule Hannover

Wettlauf um die besten Köpfe:

2 Zulassungsvoraussetzungen für Studienbewerberinnen und Studienbewerber. 3 Bewerbung um Teilnahme am Zulassungsverfahren (Zulassungsantrag)

EUPEHS-Hochschule für Gesundheit und Beruf Hochschule für Angewandte Wissenschaften 2. Studiengänge

Schwesternschaft München

Leitfaden zur Äquivalenzprüfung Modulverantwortliche TH Wildau

Neue Wege in der Ausbildung? GeneralistischePflegeausbildung was bedeutet das für unsere Region?

MASTER OF SCIENCE IN WIRTSCHAFTS- PÄDAGOGIK WIRTSCHAFTSWISSENSCHAFTEN

Ordnungen der Cusanus Hochschule 5. Zulassungsordnung der Cusanus Hochschule. Datum: 2. Juni 2015

Personal in der Pflege Mangel verwalten oder Ressourcen nutzen? Zukunft der Pflege Vom Einzelkämpfer zum Teamarbeiter

Soziale Arbeit im Gesundheitswesen

Studiengang Informatik (Master)

Ausgangslage. Alles ANP oder was? Franz Wagner MSc Bundesgeschäftsführer DBfK

Zukunft der hausärztlichen Versorgung, wo stehen wir? Fachtagung, Stuttgart,

UNSER LEITBILD. Spitex Regio Liestal. Schützenstrasse Liestal. Telefon: Telefax:

Metropolregion Rhein-Neckar GmbH und Duale Hochschule Baden-Württemberg Mannheim

Positionspapier Deutschland

Prof. Dr. Iris Beck, Prof. Dr. Anke Grotlüschen, Prof. Dr. Benedikt Sturzenhecker

Hilfe meine Mitarbeiter studieren Was tun mit den Absolventen?

Prof. Dr. Michael Kerres

Heilpädagogik: Entwicklung, Forschung, Leitung

Die Arbeit in Mutter-Kind-Einrichtungen: Eine fachliche und persönliche Herausforderung

Ein Blick ins Nachbarland ANP in der Schweiz

Studentische Vielfalt nutzen. Eine Herausforderung für die Hochschulen

Wohin geht die Pflege?

Erfassung von Lebensqualität bei Demenz Die Perspektive des MDK

Hand in Hand für Spitzenleistungen

Kompetenzverlagerungen im Umfeld der Pflegeprofession. Tobias Immenroth M.A., Dipl.-Kfm. (FH), Krankenpfleger

Ordnung über das Verfahren zur Anrechnung von außerhalb des Hochschulwesens erworbenen Kenntnissen und Fähigkeiten

Hochschule Neubrandenburg - University of Applied Sciences

STUDIENPLAN AN DER WIRTSCHAFTSUNIVERSITÄT WIEN

Zukunft gestalten! Leitbild für die RHEIN-ERFT AKADEMIE

Deutscher. und seine Konsequenzen für die Erziehungswissenschaft EWFT-Plenarversammlung Prof. Dr. Karin Böllert

SERVICE-INGENIEURWESEN als Studienangebot an der Dualen Hochschule Baden-Württemberg Mannheim

Studienordnung für den Master-Studiengang Innenarchitektur der Hochschule Wismar University of Technology, Business and Design. vom

Akademische Logopädie

Neues Berufspflegegesetz - Mögliche Konsequenzen für die Hochschulen!?

S t u d i e n o r d n u n g

HERZLICH WILLKOMMEN zur Fachtagung

Pflegewissenschaft an Medizinischen Fakultäten - eine Notwendigkeit

Case Management Aufgaben, Rollen, Qualifikationen

Von wegen pflegen kann jeder/e 100 Jahre Berufliche Bildung

Demografischer Wandel und die Herausforderungen an die Berufsausbildung: Innovationen in einem vereinten europäischen Bildungsraum

Case Management in der Langzeitpflege

Alle reden über die Zukunft von Pflege -

Intensivpädagogik (M.A.)

Akademisierung Gesundhetisfachberufe

Wege in die Promotion Rahmenbedingungen und Qualitätssicherung

Wenn die Pflegefachperson zur Hebamme wird neuer Beruf oder erweiterte Kompetenzen?

Personalentwicklung. für kleinere mittelständische. Die Qualifikation Ihrer Mitarbeiter ist der Schlüssel zum Erfolg.

Braucht es eine Fachsozialarbeit?

Rahmenvereinbarung. zur Kooperation. zwischen. der Justus-Liebig-Universität Gießen, der Philipps-Universität Marburg. und

Transkript:

Prof. Dr. Ruth Schwerdt ANP-Rollen erfordern Kernkompetenzen Inwieweit können Hochschulen die Entwicklung fördern? Tagung der Kaiserswerther Diakonie: ANP konkret: Kontext, Kompetenzen, Strategien Kaiserswerth, 16. Mai 2014 Seite 1

Definition Advanced Practice Nurse A Nurse Practitioner/Advanced Practice Nurse is a registered nurse who has acquired the expert knowledge base, complex decision-making skills and clinical competencies for expanded practice, the characteristics of which are shaped by the context and/or country in which s/he is credentialed to practice. A master's degree is recommended for entry level.

Kennzeichen der Praxis (ICN 2002) - Fähigkeit, Forschung, Bildung und klinisches Management zu integrieren - Hohes Ausmaß professioneller Autonomie und unabhängiger Berufspraxis - Case Management - Fortgeschrittene Fähigkeiten im Assessment, in Beurteilung und Entscheidungen - Fortgeschrittene klinische Kompetenzen - Fähigkeit, Beratungsleistungen Angehörigen anderer Gesundheitsprofessionen anzubieten - Erster Anlaufpunkt für Dienstleistungen im Gesundheitsversorgungssystem Seite 3

Rollen in Tätigkeitsfeldern für ANP (Kartenabfrage im Studiengang Pflege APN (M.Sc. Mit Studierenden und KrankenhausfunktionärInnen)

Kompetenzen von ANP und zentrale Bedingungen der Entfaltung (Hamric 2014, 80)

APN/ANP im Deutschen Qualifikationsrahmen für lebenslanges Lernen (AK DQR 2011) Niveau 5: der selbständigen Planung und Bearbeitung umfassender fachlicher Aufgabenstellungen in einem komplexen, spezialisierten, sich verändernden [ ] beruflichen Tätigkeitsfeld BERUF Niveau 6: der Planung, Bearbeitung und Auswertung von umfassenden fachlichen Aufgabenund Problemstellungen sowie zur eigenverantwortlichen Steuerung von Prozessen in Teilbereichen eines wissenschaftlichen Fachs oder in einem beruflichen Tätigkeitsfeld [ ]. Die Anforderungsstruktur ist durch Komplexität und häufige Veränderungen gekennzeichnet. PROFESSION BACHELOR Niveau 7: der Bearbeitung von neuen komplexen Aufgaben- und Problemstellungen sowie [ ] eigenverantwortlichen Steuerung von Prozessen in einem wissenschaftlichen Fach oder in einem strategieorientierten beruflichen Tätigkeitsfeld [ ]. Die Anforderungen sind durch häufige und unvorhersehbare Veränderungen gekennzeichnet. PROFESSION MASTER Niveau 8: der Gewinnung von Forschungserkenntnissen in einem wissenschaftlichen Fach oder [ ] Entwicklung innovativer Lösungen und Verfahren in einem beruflichen Tätigkeitsfeld [ ]. Die Anforderungsstruktur ist durch neuartige und unklare Problemlagen gekennzeichnet. PROFESSION PROMOTION Seite 6

Deutscher Qualifikationsrahmen für lebenslanges Lernen (AK DQR 2011): Bachelor

Deutscher Qualifikationsrahmen für lebenslanges Lernen (AK DQR 2011): Master

Empfehlungen zu hochschulischen Qualifikationen für das Gesundheitswesen des Wissenschaftsrats 2012 Mittelfristig sollten zusätzlich zu den grundständigen Studienangeboten auch Master-Studiengänge für entsprechend qualifizierte Bewerberinnen und Bewerber eingerichtet werden. [ ] Im Bereich der Pflegewissenschaft sieht der Wissenschaftsrat hinreichendes akademisches Potential für die Einrichtung von Master-Studiengängen insbesondere mit Blick auf die Ausbildung von klinischen Pflegeexperten (Clinical Nurse Specialists) sowie die Qualifizierung von Pflegeexperten für die Primärversorgung und die gemeindenahe bzw. häusliche Versorgung (etwa in Programmen für Nurse Practitioners oder Gemeindeschwestern (Community Care Nurses). (2012, 86)

Thesen zur Fragestellung: ANP-Rollen erfordern Kernkompetenzen Inwieweit können Hochschulen die Entwicklung fördern? Kompetenzen der Praxis sind orientiert und ausgerichtet auf Praxisfelder. Insofern Praxis in Hochschulstudien und in Kooperationen Hochschule- Praxiseinrichtungen impliziert ist, fördern Hochschulen sie unmittelbar! Aber: Kompetenzen entwickeln sich, ihre Entfaltung braucht Zeit, Rahmenbedingungen, persönliche Disposition und Auseinandersetzungsprozesse! Zweiwegiger Theorie-Praxis-Transfer, Reflexion und Diskurs!

Je stärker Praxis und Theorie verzahnt sind schon im Studium, umso mehr Einfluss hat die Hochschule! Sie bietet exemplarische Problemlagen und lösungen, deren Transfer geübt werden kann. Aber: Der Grad der Verzahnung, die Tiefe und Breite der Reflexion steht und fällt mit der Gruppe, die reflektiert und diskutiert! Er steht und fällt mit dem Individuum der (angehenden) APN, die den Theorie-Praxis-Transfer leistet und ihre Kompetenzen entfalten will!

Der Auftrag der Hochschulen ist Lehre und Forschung einschließlich Praxisentwicklung. Akademische Bildung zielt auf Wissen und Können und soziale Kompetenzen in gesellschaftlicher Verantwortung. Hier liegt der größte Benefit der Pflege von den Hochschulen! Sie sammeln Wissen einschließlich Methodenkenntnissen, erfassen den State of the Art, fördern Reflexions- und Kritikfähigkeit in Hinblick darauf, dass der aktuelle Stand in Hinblick auf konkrete Fragestellungen genutzt werden kann, um Konzepte zu entwickeln, aufzugeben, abzuwandeln, zu übertragen. Aber: Das Studium zur APN muss nicht in Deutschland absolviert werden. Zur Zeit haben aufgrund des geringen Studienangebots zahlreiche PflegeexpertInnen auf ANP-Niveau in Deutschland noch Studienabschlüsse im Ausland oder in einem anderen Fach als in der Pflege erworben.

Allerdings: Die Adjustierung an das jeweilige Land ist wichtig! Netzwerkbildung und Peer Group Unterstützung ist im fachlich nahen und erreichbaren Umfeld essentiell! Es gibt keine Fortbildungsmöglichkeiten mehr auf auf dem ANP-Niveau! APN s sind angewiesen auf Vernetzung, Projekte und Austausch auf Fachtagungen!

Die Hochschulen sind angewiesen auf Praxiseinrichtungen, die den Boden bereiten für ANP durch eine fördernde Unternehmensund Wertekultur, ein innovatives Geschäftsmodell. Die (angehenden) APN s sind angewiesen darauf, dass das Pflegemanagement Rahmenbedingungen und Voraussetzungen schafft, welches die Evaluation der Versorgungsleistungen in Kollaboration mit der fachlichen Leitung entwickelt und die Versorgung fortlaufend verbessert. Sie sind angewiesen auf eine gesellschaftliche Meinungsbildung und eine Gesundheitspolitik, die die Versorgung von pflegebedürftigen Mitgliedern stärker fördert als bisher, die Lizensierung, Akkreditierung und Finanzierung anpasst. Die Implementierung und Profilbildung von ANP gelingt nur in orchestrierter Anstrengung von Gesellschaft, Trägern und Einrichtungen, Management und Praxis!

Fazit Die Kernkompetenzen von ANP können z.t. an Hochschulen (mit)entwickelt und unterstützt werden. Mittel- und langfristig werden qualifikatorische Lösungen erforderlich, die den wachsenden Pflegebedarf bei schrumpfenden personellen Ressourcen bewältigen kann. Quantitative Lösungen (Aufstockung des Personals) sind nicht mehr zu erwarten! Hochschulen können als Facilitator fungieren: für die Erfassung des State of the Art, Für Reflexion, Kritik, Entwicklung von Problemlösungen und Evaluation durch Reflective Practitioners in Teams, Organisationen und Einrichtungen.