FAQ Das Projekt ist ein Teil des Programms der Hessischen Landesregierung zur Verbesserung der frühen Bildung und zur Qualifizierung der Erzieher/-innen. Es ist selbstverständlich kompatibel mit den Zielen des Hessischen Bildungs- und Erziehungsplans für Kinder von 0 bis 10 Jahren (BEP). Der Hessische Bildungs- und Erziehungsplan hat zum Ziel, dass sich alle Bildungsorte und -institutionen altersübergreifend auf eine gemeinsame Bildungsphilosophie, Bildungsziele und die Organisation von Bildungsprozessen verständigen. Das Kind steht im Mittelpunkt. Die Sprachstandserfassung ist ein Baustein für den Aufbau einer ganzheitlichen frühen Förderung im Bereich Sprache und Literacy. Wegen der besonderen Bedeutung von Sprache für die Bildung soll zum gezielten Aufbau der individuellen Förderung des Kindes durch die Erzieher/-innen eine Sprachstandserfassung (KiSS) durchgeführt werden. Voraussetzung für den Einsatz des Verfahrens ist die Schulung der Erzieher/-innen. Die Erzieher/-innen müssen sich in der Entwicklung der kindlichen Sprache, im Zweitspracherwerb und in den möglichen Auffälligkeiten und Fördermöglichkeiten auskennen. Die Schulung der Erzieher/-innen erfolgt durch in der Region am Gesundheitsamt tätige Sprachexperten/-innen. Diese Sprachexperten/-innen (z.b. Sprachheillehrer/- innen und Logopäden/-innen) untersuchen Kinder mit bestimmten Auffälligkeiten im KiSS um insbesondere die Kinder zu finden, die eine zusätzliche medizinisch therapeutische Hilfe benötigen. Solchen Kindern bzw. deren Eltern wird die Vorstellung bei ihrem Kinderarzt empfohlen. Eine enge Zusammenarbeit zwischen Sprachexperten/-innen und Kinderärzten/-innen ist angestrebt. Ein weiterer Schwerpunkt des Projektes ist die Sensibilisierung der Erzieher/-innen, den individuellen Sprachförderbedarf eines Kindes zu erkennen, um diesen in der Einrichtung gezielt fördern zu können. Es gibt nach den im Hessischen Sozialministerium vorliegenden Untersuchungen
einen großen Anteil von Kindern im Alter von 4 bis 4,5 Jahren, die nicht altersangemessen Deutsch sprechen. Die Gründe dafür sind vielfältig (mangelnde Ansprache zu Hause, eingeengte Kommunikation, Migrationshintergrund). Diese Kinder sollen im Kindergarten so früh und so optimal wie möglich gefördert werden. KiSS kann dazu dienen, Kinder objektiver einzuschätzen und Anhaltspunkte für die individuell notwendige Förderung auch im pädagogischen Alltag zu gewinnen. Bei der Schuleingangsuntersuchung kann dann festgestellt werden, ob die sprachliche Entwicklung zur Einschulung ausreichend ist. Das Projekt, einschließlich der Schulung von Sprachexperten/-innen und Erzieher/-innen, wird durch ein multiprofessionelles Team an der Goethe-Universität Frankfurt wissenschaftlich begleitet.
Häufig gestellte Fragen und Antworten sind: 1. Es scheint nicht deutlich zu sein, welcher personelle Aufwand tatsächlich mit einer nachhaltigen Sprachstandserfassung in den Einrichtungen verbunden ist. Hier bedarf es einer präzisen Darlegung. Bislang wurde lediglich ein kurzzeitiger Fortbildungsbedarf und die Testzeit eingeplant dies wird nicht genügen. Selbst dann, wenn nur die Testzeit veranschlagt wird, würde bereits dies einen erheblichen Arbeitsaufwand bedeuten ohne die im Gefolge erforderlichen Gespräche mit den Erziehungsberechtigten und der Fachleute untereinander sowie ohne jegliche Zeitkontingente für pädagogisch verantwortete Maßnahmen, die aus den Ergebnissen abzuleiten wären, bereits einzurechnen. Auch kommt die zeitliche Belastung durch die Umsetzung des Bildungs- und Erziehungsplanes hinzu. Wie werden die Rahmenbedingungen angepasst, um die Sprachstandserfassung in den Kindertageseinrichtungen durchzuführen? Der zeitliche Aufwand für die Durchführung des Sprachscreenings einschl. Dokumentation beträgt für den/die Erzieher/-in ca. 20 Minuten (je nach Übungsgrad und Kind). Die Fortbildung der Erzieher/-innen setzt sich zusammen aus insgesamt 6 Stunden Theorie und 2 Stunden Praxis. Des Weiteren wird ein zeitlicher Aufwand entstehen, um mit dem/der Sprachexperten/-in des Gesundheitsamtes die erforderlichen Absprachen zu treffen und die Eltern von der Durchführung des KiSS und den Ergebnissen zu informieren. Der Gesamtaufwand pro Kind wird im Schnitt mit weniger als 1 Stunde veranschlagt. Für allgemeine Hinweise zur sprachlichen Förderung von Kindern in den Kindertagesstätten verweisen wir auf die Broschüre Sprachentwicklung und Sprachförderung bei Kindern. ( Autor: Winfried Dux) 2. Derzeit ist nicht geklärt, in welcher Höhe die finanzielle Unterstützung der Einrichtungen ausfallen wird. Dass dies bei den derzeitigen Mindeststandards notwendig ist, ergibt sich selbst bei der Veranschlagung des seitens des Ministeriums vorgesehenen Zeitaufwandes. Die flächendeckende Sprachstandserfassung erfordert eine personelle Ressource, die mit den derzeitigen finanziellen Mitteln nicht abzudecken sein wird. In welcher Höhe sind Gelder für die Einrichtungen vorgesehen? Wenn in einem durchschnittlichen Kindergarten ca. 20 bis 25 Kinder zwischen 4 und 4,5 Jahren vorhanden sind und pro Kind ein Zeitaufwand einer Erzieherin von 20 Min. (bzw. mit Elterngespräch einer Stunde) kalkuliert wird, fallen hochgerechnet pro
Jahr 9 Arbeitsstunden in einer Einrichtung für die Durchführung des Sprachscreenings an. Der Hessische Bildungs- und Erziehungsplan sieht die Dokumentation und Beobachtung von Bildungs- und Lernprozessen vor, die auch sichtbar machen, welche weiteren pädagogischen Impulse zur optimalen Förderung der Kinder notwendig und sinnvoll erscheinen. Sprachentwicklung und -förderung sind ein Prozess. Die Sprachstands-erfassung dient als Ausgangspunkt für weitere pädagogische Maßnahmen. Die Erkenntnisse aus KiSS sollen eine gezielte und damit auch zeitlich optimierte Förderung ermöglichen. Die Ausbildung und die Supervision der Erzieher/-innen wird vom Land Hessen finanziert. 3. Die Sprachstandserfassung allein bedeutet noch keine Verbesserung der Sprachleistung von Kindern. Maßgeblich ist die Förderung nach entsprechender Diagnose. Die hierzu vorgesehenen Instrumente reichen nicht aus. Entscheidend sind Maßnahmen, die entdeckte Defizite beheben und zu einer Verbesserung der Sprachfähigkeit führen können. Die uns mitgeteilten Fördermöglichkeiten gewährleisten unserer Einschätzung nach keine adäquate Förderung zur Behebung von Defiziten. Sieht das Land hier weitere Maßnahmen vor? Liegen Konzepte vor, wie bspw. Erforderliche Therapien zur Behandlung sichergestellt werden? Es ist Ihnen zuzustimmen: Entscheidend ist die Frage, wie die pädagogische Fachkraft mit den Ergebnissen des Sprachscreenings umgeht und welches Sprachförderkonzept dann im pädagogischen Alltag in der Folge Anwendung findet. Es gibt derzeit eine Vielzahl in der Praxis angewandter Sprachförderkonzepte. Es ist aus meiner Sicht erforderlich, diese Förderkonzepte gerade vor den besonderen Anforderungen des BEP zu bewerten und zu vergleichen. Die zuständige Fachabteilung plant hierzu eine Fachtagung. Es ist jedoch darüber hinaus auch festzustellen, dass alleine die Durchführung des Sprachscreenings bereits eine positive Wirkung zeigt, da bei den Erziehern/-innen durch die Fortbildung und den Einsatz des KiSS die Aufmerksamkeit für Sprache sowohl bei den Kindern als auch in der Eigenwahrnehmung erhöht wird. Durch die Einbeziehung der Eltern wiederum ergibt sich eine hervorragende Gelegenheit, diese in eine allgemeine sprachliche Förderung des Kindes mit ein zu beziehen. Die in den Jahren 2003 und 2005 durchgeführten Studien des Hessischen Sozialministeriums zeigen bereits einen positiven Effekt beim Einsatz von MSS (ähnliches Verfahren wie KiSS), und zwar ohne dass spezifische Fördermaßnahmen
eingesetzt worden sind. Inzwischen werden in der Schulung und in den Unterlagen zu KiSS sehr konkrete Hinweise zur Sprachförderung je nach den Ergebnissen im KiSS vermittelt. Im KiSS ist vorgesehen, dass bei bestimmten Auffälligkeiten des Kindes der/die Sprachexperte/Sprachexpertin des Gesundheitsamtes kontaktiert wird. Dieser/diese schaut sich bestimmte Kinder an und spricht möglicherweise eine Empfehlung zur Vorstellung beim Kinderarzt aus. Dem Kinderarzt werden die Ergebnisse aus KiSS und der Nachuntersuchung über die Eltern des Kindes zur Verfügung gestellt. Dadurch ist eine deutliche Verbesserung in der Zusammenarbeit der verschiedenen Professionen zum Nutzen des Kindes zu erwarten. 4. Erzieher/-innen sind pädagogische Fachkräfte. Sie sind weder für den Bereich der Sprachdiagnose noch der Sprachtherapie qualifiziert. Unbeschadet der Sensibilität, die Erzieher/-innen diesbezüglich bei Ausübung ihrer Tätigkeit besitzen, ist die Diagnostik ein Fachgebiet, das außerhalb des Bereichs von Pädagogen liegt. Die vorgesehene Sprachstandserfassung bedeutet jedoch eine Vermischung dieser beiden Bereiche. Die vorgesehenen Schulungen bewirken keine Spezialisierung. Wie wird gewährleistet, dass Tests nur von Experten auf dem Gebiet der Diagnostik durchgeführt werden? Von den pädagogischen Fachkräften wird weder eine Diagnose noch eine Sprachtherapie verlangt. Sie sollen lediglich ein Sprachscreening standardisiert durchführen, das Hinweise auf bestimmte Sprachauffälligkeiten gibt, wie mangelnden Wortschatz, grammatikalische Schwächen oder auch Sprech- und Stimmstörungen. Bei bestimmten beschriebenen Auffälligkeiten, die auf eine Störung der Sprachentwicklung hindeuten können, soll der/die Sprachexperte/Sprachexpertin des Gesundheitsamtes eingeschaltet werden, die/der die Kinder nachuntersucht und gegebenenfalls die Vorstellung beim Kinderarzt/bei der Kinderärztin empfiehlt (s.o.). Rückfragen des/der Kinderarztes/Kinderärztin werden von dem/der Sprachexperten/Sprachexpertin des Gesundheitsamtes beantwortet. 5. Die vorgesehenen Tests bedeuten nur eine sehr kurzfristige Bestandsaufnahme. Wie wird gewährleistet, dass es langfristig zu einer soliden Beobachtung des einzelnen Kindes kommen kann? Die Durchführung des KiSS setzt eine Schulung der Erzieher/-innen über die Sprachentwicklung von Kindern, den Aufbau des KiSS und die Bewertung voraus. Die Erzieher/-innen werden damit in die Lage versetzt, Kinder gezielt beobachten zu
können. KiSS kann nach einem halben Jahr wiederholt eingesetzt werden. Es ist zudem problemlos möglich, in der Dokumentation auch andere Beobachtungsbögen (z.b. sismik) einzusetzen. 6. Eine in der Praxis wirksame Zusammenführung der Sprachstandserfassung und des BEP ist derzeit noch nicht ersichtlich. Welche Möglichkeiten sind vorgesehen, um den BEP so anzupassen, dass die Sprachstandserfassung umgesetzt werden kann? Die Sprachstandserfassung mittels KiSS ist kompatibel mit der Philosophie des BEP. Auf die bereits vorangegangenen Ausführungen wird verwiesen. Eine Anpassung des BEP ist vor dem Hintergrund der geplanten Sprachstandserfassung nicht erforderlich. KiSS ist ein Instrument zur standardisierten und wissenschaftlich geprüften (validierten) Standortbestimmung, des einzelnen Kindes. Darauf aufbauend müssen qualifizierte Förderkonzepte greifen. In jedem Fall sollte jede Einrichtung ein Förderkonzept haben. Die Erfassung des Sprachstands mit KiSS ermöglicht eine Einschätzung des Kindes zu einem bestimmten Zeitpunkt, eine weitere Einschätzung erfolgt bei der Schuleingangsuntersuchung. Damit ist auch eine Qualitätskontrolle der Förderkonzepte möglich. 7. Nach neueren Untersuchungen sind Sprachfördermaßnahmen im Elementarbereich nur nachhaltig, wenn sie das häusliche Umfeld mit einbeziehen, das hier in besonderer Weise prägend ist. Wie wird die erforderliche Vernetzung der Fördermaßnahmen mit den Erziehungsberechtigten konkret gestaltet? Das Ergebnis von KiSS wird den Eltern mitgeteilt. Ihnen wird mitgeteilt, in welchen sprachlichen Bereichen die Stärken der Kinder liegen und auch in welchen Bereichen die Kinder besondere Unterstützung brauchen und wie die Einrichtung damit umgeht bzw. was die Eltern auch selber tun können (z. B. Broschüren zur Förderung des Kindes). Darüber hinaus gibt es sehr gute Förderkonzepte, die eine systematische Einbeziehung der Eltern vorsehen. 8. Welche Vorteile bringt KiSS den Kindertageseinrichtungen und den Erzieher/- innen. Durch entsprechend geschulte Sprachexperten/-innen der Gesundheitsämter erfolgt eine kostenlose Fortbildung und die Supervision der pädagogischen Fachkräfte.
KiSS ermöglicht darüber hinaus die Ausrichtung des Förderangebotes auf förderbedürftige Kinder. Alle teilnehmenden Kindertageseinrichtungen werden gleichermaßen auf diesem Wege unterstützt. Die Sprachexperten/-innen an den Gesundheitsämtern unterstützen die Erzieher/- innen in ihrer täglichen Arbeit unmittelbar durch: - Schulung der Erzieher/-innen auf der Basis standardisierter Schulungsinhalte(Qualitätssicherung): Grundlagen des Spracherwerbs, Erfassung von sprachlicher Kompetenz und Besonderheiten, Durchführung von KiSS und Grundlagen der Sprachförderung im Alltag der Kindertagesstätte. Es erfolgt eine Zertifizierung durch die Schulungsbeauftragte des Landes. - Supervision der Erzieher/-innen vor Ort in den Kindertageseinrichtungen bei der Durchführung von KiSS und der Erfassung des individuellen Förderbedarfs der Kinder. - Nachtestung von Kindern mit möglichem weiterem medizinischen Abklärungsbedarf (ca. 10 % der Kinder) zur Überprüfung der Einschätzung der Erzieher/-innen sowie ggf. Teilnahme an Elterngesprächen. - Koordination, Planung und Durchführung von Informationsveranstaltungen im Landkreis u.a. für die Erzieherinnen der Kindertageseinrichtungen. - ihre eigene Fortbildung und Schulung auf der Basis standardisierter Schulungsinhalte (Qualitätssicherung).