Antwort der Landesregierung auf eine Kleine Anfrage zur schriftlichen

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Transkript:

Landtag von Sachsen-Anhalt Drucksache 6/3399 05.09.2014 Antwort der Landesregierung auf eine Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung Abgeordneter Sebastian Striegel (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Staatliches Aussteigerprogramm für die rechte Szene EXTRA Kleine Anfrage - KA 6/8456 Vorbemerkung des Fragestellenden: Für Ausstiegswillige aus der rechten Szene gibt es nach Angaben der Landesregierung seit August 2014 ein vom Ministerium für Inneres und Sport des Landes Sachsen-Anhalt neu konzipiertes Beratungs- und Unterstützungsangebot. Das Programm EXTRA (Extremismus-Ausstieg) soll nach Angaben des Verfassungsschutzes Menschen ermutigen, sich von ihren rechtsextremistischen Ideologien und Lebenswelten zu lösen. Antwort der Landesregierung erstellt vom Ministerium für Inneres und Sport Namens der Landesregierung beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Vorbemerkung: Rechtsextremismus, Antisemitismus und Fremdenfeindlichkeit treffen den Kern des Zusammenlebens in der freiheitlichen Demokratie. Staat und Gesellschaft sind gefordert, mit Entschiedenheit, Engagement und unter Ausschöpfung aller dem Rechtsstaat zur Verfügung stehenden Mittel dieser gravierenden gesellschaftlichen Fehlentwicklung entgegen zu treten. In ihrem Beschluss zur 196. Sitzung vom 5. Dezember 2012 haben die Ständige Konferenz der Innenminister und -senatoren der Länder (IMK) sowie der Bundesminister des Innern darauf hingewiesen, dass die Arbeit im präventiven Bereich zu intensivieren ist. Gleichzeitig begrüßt die IMK in diesem Zusammenhang die bestehenden Aussteigerprogramme der Sicherheitsbehörden im rechtsextremistischen Bereich. (Ausgegeben am 08.09.2014)

2 Auf der Grundlage von Landtagsbeschlüssen zur Neuausrichtung von Aussteigerprogrammen (Drs.-Nr. 5/89/3050 B) und zum Landesprogramm für Demokratie, Vielfalt und Weltoffenheit in Sachsen-Anhalt (Drs.-Nr. 6/56 und Drs.-Nr. 6/57) sowie des Kapitels 6 des Landesprogramms hat das Ministerium für Inneres und Sport des Landes Sachsen-Anhalt (MI) eine Neukonzeption der Ausstiegshilfe aus dem Rechtsextremismus entwickelt, die dem Innenausschuss des Landtags von Sachsen-Anhalt am 5. März 2013 vorgestellt worden ist. Auf dieser Grundlage wurde mit Erlass des MI vom 23. Juli 2014 das kooperative Modellprojekt EXTRA (Extremismus-Ausstieg) für die Dauer von zunächst zwei Jahren eingerichtet. Im Rahmen des Modellprojekts verfügt EXTRA über eine Erstkontaktstelle im MI und ein Beratungs- und Informationsteam (EXTRA BIT), das aus ausgewählten Mitarbeitern der Jugendberatung bei der Polizei des Landes Sachsen-Anhalt (JUBP) gebildet wird. Im Sinne einer indizierten Prävention zielt die Arbeit von EXTRA darauf ab, Ausstiegswillige der rechten Szene bei der Abkehr von rechtsextremistischen Einstellungen und Handlungsmustern zu begleiten und zu unterstützen, Folgeprobleme zu lösen und negative Begleiterscheinungen zu vermindern. EXTRA BIT soll auf der Grundlage klientenzentrierter sozialpädagogischer Arbeit Klienten mit rechtsextremistischen Überzeugungen zur gedanklichen Auseinandersetzung mit ihren Überzeugungen und zur Distanzierung davon motivieren. Klienten sollen durch individuelle und persönliche Begleitung zur Abkehr von rechtsextremistischen Einstellungen und Handlungsmustern sowie zu einer Veränderung ihrer sozialen Beziehungen motiviert und dabei unterstützt werden. In Einzelfällen kann Beratungstätigkeit von EXTRA BIT auch für betroffene Dritte aus dem Umfeld durchgeführt werden. 1. Was soll das Aussteigerprogramm EXTRA leisten und an wen richtet es sich? Sind - wie in der Pressemitteilung dargestellt - ausschließlich Menschen des rechtsextremen Spektrums Zielgruppe des Programms oder sollen - wie im Namen des Programms angelegt - Ausstiege aus allen extremistischen Strömungen ermöglicht werden? Auf die Vorbemerkung der Landesregierung wird verwiesen. Das Beratungs- und Unterstützungsangebot von EXTRA steht Menschen offen, die in der rechtsextremistischen Szene bzw. in Gruppierungen aktiv sind oder damit sympathisieren, sich nun aber von rechtsextremistischen Überzeugungen und Szenebezügen lösen möchten. Die persönliche Begleitung und Betreuung dieser Menschen während eines Ausstiegs steht im Mittelpunkt der Arbeit von EXTRA. Das Beratungs- und Informationsteam der Ausstiegshilfe (EXTRA BIT) möchte Ausstiegswilligen Wege aufzeigen, wie es gelingen kann, sich vom Rechtsextremismus abzuwenden und von diesen Einstellungen und Handlungsmustern zu distanzieren sowie damit verbundene Probleme zu lösen. In Betracht kommen zum Beispiel die Beratung bei persönlichen Problemen, Hilfestellungen bei Behördenkontakten oder bei der Suche nach einem neuen Lebensumfeld und Unterstützung bei der persönlichen Entwicklung.

3 Sofern sich Ausstiegswillige aus anderen Extremismus-Phänomenbereichen an EXTRA wenden, wird auf Wunsch des Ausstiegswilligen eine Vermittlung an bereits existierende Programme des Bundesamtes für Verfassungsschutz (Heraus aus Terrorismus und islamistischem Fanatismus - HATIF bzw. Aussteigerprogramm Linksextremismus) erfolgen. 2. Falls Ausstiege aus unterschiedlichen extremistischen Strömungen ermöglicht werden sollen, wie wird dies konzeptionell untersetzt? Auf die Antwort der Landesregierung zu Frage 1 wird verwiesen. 3. Welche strukturelle Untersetzung hat das Aussteigerprogramm EXTRA erfahren? Wie viele Mitarbeiter/innen besetzen mit je wie vielen Arbeitsstunden die Erstkontaktstelle? Wie viele Betreuungsteams sind eingerichtet worden? Wie viele Mitarbeiter/innen mit je wie vielen Arbeitsstunden arbeiten in den Betreuungsteams? Wie viele Mitarbeiter/innen mit je wie vielen Arbeitsstunden besetzen die Geschäftsstelle des Aussteigerprogramms? Im Rahmen des Modellprojekts verfügt EXTRA über eine Erstkontaktstelle im MI und ein Beratungs- und Informationsteam (EXTRA BIT). Allgemeine Verwaltungsaufgaben im Rahmen von EXTRA werden ebenfalls im MI wahrgenommen. Die Aufgaben von EXTRA im Bereich des MI sind organisatorisch in das Referat 44 - Parteiverbote, Extremismusprävention, Wirtschaftsschutz - eingegliedert. Die Erstkontaktstelle ist mit zwei Mitarbeitern (Vollzeit = zwei VBE) besetzt. Die anteilige Wahrnehmung sonstiger konzeptioneller, verwaltungsinterner und öffentlichkeitswirksamer Aufgaben von EXTRA im Referat 44 auf Sachbearbeiter-, Referenten- und Leitungsebene entspricht insgesamt einer weiteren VBE. Im Rahmen des Modellprojekts erfolgt eine Kooperation mit der JUBP. Angesichts des Modellcharakters des Projekts und noch ungewisser Bedarfsentwicklung wurde zunächst ein Beratungsteam gebildet, für das zwei Personen vorgesehen sind. Derzeit ist eine Person für EXTRA BIT tätig. Im Rahmen des Modellprojekts ist vorgesehen, dass Beratungs-, Informationsoder Unterstützungsleistungen im Rahmen von EXTRA BIT bedarfsabhängig erfolgen; anderenfalls erledigen die Berater von EXTRA BIT die ihnen obliegenden Aufgaben der JUBP. Feste Zeitanteile für EXTRA BIT sind daher nicht vorgesehen. 4. Welches sind die jeweiligen Herkunftsdienststellen, von denen die Mitarbeiter/innen abgeordnet wurden? Die derzeit im Rahmen des Modellprojekts tätigen Mitarbeiter waren zuvor im Geschäftsbereich des MI beschäftigt.

4 5. Über welche beruflichen/wissenschaftlichen Qualifikationen verfügen die beim Aussteigerprogramm EXTRA eingesetzten Mitarbeiter/innen? Welche Fortbildungen haben die betreffenden Mitarbeiter/innen bislang besucht? Die Ausstiegshilfe soll zum Ausstieg aus dem Rechtsextremismus bereite Menschen so unterstützen und stärken, dass sie in die Lage versetzt werden, ihr Tun und Denken verantwortlich zu reflektieren, Änderungsbedarf zu erkennen, sich zu ändern und zu entwickeln. Die Motivierung zur gedanklichen Auseinandersetzung und Distanzierung ist wesentlich für eine wirksame Ausstiegshilfe. Sie soll Ausstiegswillige in die Lage versetzen, selbstbestimmt zu handeln und ihre Probleme zu lösen. EXTRA bietet eine Begleitung bei der Erreichung der Ziele und die Unterstützung bei der Lösung von Problemlagen. Neben sozialpädagogischen Kompetenzen spielen weitere fachspezifische Fragestellungen eine wesentliche Rolle in der Ausstiegsbetreuung. Dies betrifft beispielsweise Aspekte wie Geschichte, Erscheinungsformen und Argumentationsmuster des Rechtsextremismus und die argumentative Auseinandersetzung damit, um bei Aussteigern eine Abkehr von dieser Ideologie zu erreichen. Ebenso von Relevanz sind kommunikative und kriminologische Fertigkeiten, zum Beispiel die Bewertung delinquenten Verhaltens, die Beurteilung von Aussagen, Gesprächsführungstaktiken oder auch die Bewertung rechtlicher (insbesondere strafprozessualer) Konsequenzen von Aussageverhalten. Daher verfügen die Mitarbeiter von EXTRA über verschiedene Qualifikationen. Neben Mitarbeitern der allgemeinen Verwaltung werden Polizeibedienstete sowie Mitarbeiter mit sozialpädagogischer Ausbildung für EXTRA tätig, die über langjährige Erfahrungen in ihren Fachgebieten (insbesondere Rechtsextremismus bzw. Sozialarbeit und Beratung) verfügen. Besuchte Fortbildungen hatten die Gesprächsführung mit Ausstiegswilligen, den Umgang mit schwierigen Klienten sowie Entwicklung und Ideologien der rechten Szene zum Inhalt. 6. Welche finanziellen Mittel sind zur Durchführung des Aussteigerprogramms EXTRA vorgesehen? Handelt es sich um Mittel, die zusätzlich zum EP 03 Titel 532 01 (1 500 Euro für Öffentlichkeitsarbeit) und zum EP 03 TG. 64 Titel 547 64 (8 500 Euro u. a. für Fortbildungen, Ausrichtung und Betrieb Hotline, Unterstützungsmittel) eingeplant wurden? Falls ja, aus welchen Haushaltstiteln werden entsprechende Ausgaben finanziert? Es werden die vom Fragesteller genannten Haushaltsmittel für das Haushaltsjahr 2014 in Anspruch genommen. Zusätzliche Mittel sind für 2014 bislang nicht geplant.

5 7. Wie wurde das fachlich und haushalterisch für Beratungs- und Qualifizierungsangebote in der Arbeit gegen Rechtsextremismus zuständige Ministerium für Arbeit und Soziales in die Konzeptionierung von EXTRA eingebunden? Wie wird die Verzahnung mit Angeboten, die im Zuständigkeitsbereich des Ministeriums für Arbeit und Soziales liegen, dauerhaft sichergestellt? Das MI hat das Ministerium für Arbeit und Soziales des Landes Sachsen-Anhalt (MS) im Dezember 2013 bei der Konzeption von EXTRA beteiligt. Das MS hat zugestimmt, dass im Rahmen des Modellprojekts ausgewählte sozialpädagogisch geschulte Mitarbeiter der JUBP als Beratungs- und Informationsteam der Ausstiegshilfe für Rechtsextremisten (EXTRA BIT) eingesetzt werden dürfen. Auf eine weitere Beteiligung hat das MS mit Blick auf die für die Ausstiegshilfe fachliche Zuständigkeit des MI verzichtet. Die Beratung, Betreuung und Information Ausstiegswilliger berühren vielfältige Themen- und Aufgabenbereiche. Daher ist ein Zusammenwirken mit anderen Behörden, Einrichtungen, Experten vorgesehen, das auch eine Verzahnung mit bestehenden bzw. geplanten Angeboten im Zuständigkeitsbereich des MS umfasst. Soweit sinnvoll bzw. erforderlich soll daher im Bedarfsfall die Einbeziehung externer Fachexpertise erfolgen. Perspektivisch soll so ein Netzwerk behördlicher und zivilgesellschaftlicher Akteure als Partner entstehen. 8. Welche Fachträger aus der Zivilgesellschaft sind in die Konzeption des Aussteigerprogramms eingebunden worden? Nach Kenntnis der Landesregierung existieren in Sachsen-Anhalt bislang keine zivilgesellschaftlichen Angebote, die sich wie das Modellprojekt EXTRA explizit direkt an Menschen richten, die in der rechtsextremistischen Szene bzw. in Gruppierungen aktiv sind oder damit sympathisieren, sich nun aber von rechtsextremistischen Überzeugungen und Szenebezügen lösen möchten. Zivilgesellschaftliche Träger von Beratungsangeboten mit Bezug zum Rechtsextremismus sind vorrangig in den Bereichen der Opferberatung und der Prävention gegen Rechtsextremismus tätig. Im Rahmen der Umsetzung des Landesprogramms für Demokratie, Vielfalt und Weltoffenheit in Sachsen-Anhalt sind entsprechende Träger über das Vorhaben des MI informiert worden - zumbeispiel erfolgte eine Vorstellung der Feinkonzeption im Beratungsnetzwerk gegen Rechtsextremismus am 5. April 2013. 9. Wie und in welcher Form soll im Rahmen des Aussteigerprogramms EXTRA eine Zusammenarbeit mit zivilgesellschaftlichen Trägern innerhalb und außerhalb von Sachsen-Anhalt stattfinden? Auf die Antwort der Landesregierung zu Frage 11 wird verwiesen. Eine Zusammenarbeit mit zivilgesellschaftlichen Trägern außerhalb von Sachsen-Anhalt erfolgt bedarfs- bzw. einzelfallorientiert bei länderübergreifenden Bezügen.

6 10. Welche Maßnahmen der Qualitätssicherung sind im Rahmen des Aussteigerprogramms EXTRA durch die Landesregierung vorgesehen? Im Rahmen der jährlich stattfindenden Arbeitstagungen der behördlichen Aussteigerprogramme des Bundes und der Länder werden aktueller Stand, mögliche Entwicklungsperspektiven und methodische Schwerpunkte der jeweiligen Aussteigerprogramme einschließlich ihrer fachlichen Bewertung vorgestellt und länderübergreifend diskutiert. Die Tagungen dienen als verwaltungsinterne Evaluation der Überprüfung und Weiterentwicklung der Ausstiegshilfen. Ergänzend ist beabsichtigt, nach einer Anlauf- und Etablierungsphase, in der ausreichende und valide Erfahrungen in der Fallbearbeitung gesammelt worden sind, eine landesinterne Evaluierung in Kooperation mit einer wissenschaftlichen Einrichtung vorzunehmen, um auch durch eine externe Begutachtung Arbeitsweise und Wirkung der Ausstiegshilfe zu überprüfen. 11. Wie werden die Aktivitäten des Aussteigerprogramms mit Angeboten der Beratung von Eltern und Angehörigen von Neonazis verkoppelt? Sind entsprechende Angebote in Sachsen-Anhalt derzeit vorhanden? Plant die Landesregierung die Schaffung entsprechender Angebote? Derzeit existiert im Land Sachsen-Anhalt kein spezielles Angebot zur Beratung von Eltern und Angehörigen von Neonazis. Im Rahmen des Bundesprogramms Toleranz fördern - Kompetenz stärken werden im Jahr 2014 Projekte gefördert, die Distanzierungsprozesse vom Rechtsextremismus unterstützen. Es ist beabsichtigt, im zweiten Halbjahr 2014 die im Land Sachsen-Anhalt bestehenden Beratungsangebote der Sozialpädagogischen Familienhilfe, der Eltern-, Familien-, Lebens- und Eheberatungsstellen sowie der Jugendhilfe modellhaft zu qualifizieren, damit rechtsextrem gefährdete bzw. orientierte Jugendliche sowie deren Angehörige adäquat beraten werden können. Das Vorhaben setzt damit auf eine Qualifizierung der vorhandenen Beratungsstrukturen mit dem Ziel der Unterstützung von Distanzierungsprozessen vom Rechtsextremismus sowie der Radikalisierungsprävention. Aufgrund der Unterschiedlichkeit der Arbeitsansätze erfolgt keine direkte Verkopplung zwischen EXTRA und dem oben angesprochenen Vorhaben. In der Praxis ist jedoch u. a. durch die Übernahme von Beratungsfällen eine Zusammenarbeit zu erwarten. 12. Nach Angaben des Verfassungsschutzes wurde EXTRA als zweijähriges Modellprojekt angelegt und soll wissenschaftlich evaluiert werden. Welche wissenschaftliche Institution soll die Evaluation durchführen? Welche finanziellen Mittel sind für die Durchführung einer Evaluation vorgesehen? Wann sollen entsprechende Ergebnisse vorliegen? Die wissenschaftliche Evaluation wird unter Berücksichtigung der haushaltsund vergaberechtlichen Vorgaben vor Ablauf des Modellprojekts ausgeschrieben und durchgeführt werden. Eine Vorfestlegung auf eine bestimmte Institution kann daher nicht erfolgen. Entsprechende Haushaltsmittel in Höhe von

7 10.000 sind für das Haushaltsjahr 2016 im Titel 533 01 - Dienstleistungen Außenstehender - angemeldet. Die Ergebnisse sollen möglichst zum Ende des Modellprojekts vorliegen.