Rosshäusern Beim Bau wurde von Vollausbruch auf Kalottenvortrieb umgestellt. Mit Erfolg. 18 Bözberg Doppelspur als grösstes Teilprojekt für den 4-m-Korridor auf der Gotthard-Achse 22 Rekordseilbahn zum Stoos Der Bau ist eine echte Herausforderung. Hier entsteht die steilste Seilbahn der Welt 24
Projekte und Herausforderungen Bestandsaufnahme: Der Gotthard- und der Ceneri- Basistunnel gelten als Jahrhundertbauwerke. Daneben sind im ganzen Land noch eine Vielzahl weiterer Strassen- und Bahntunnel bereits im Bau oder in der Planung. Glückliche Mineure: Durchschlag im Rosshäuserntunnel Anfang Juni. FOTO: BLS
Rosshäusern mit Kieswerk Zu den aktuellen Projekten in der Schweizzählt der Tunnel Rosshäusern. Er wird im Rahmen des Doppelspur-Projekts auf der BLS-Strecke Bern - Neuenburg zurzeit ausgebaut. Nach mannigfachen Schwierigkeiten und Verzögerungen beim Vortrieb konnte nun Anfang Juni ein wichtiges Zwischenziel erreicht werden: Mit der letzten Sprengung in der Kalotte der 1 910 m langen bergmännischen Röhre konnte der Durchschlag gefeiert werden. In den anschliessenden drei Monaten ist der Ausbruch der unteren Tunnelhälfte abgewickelt worden. Mitte 2018 werden nach Mitteilung der BLS die ersten Züge die neue Doppelspurstrecke befahren können. Wir freuen uns, dass sich die angepasste Bauweise im Tunnel bewährt hat und wir den Durchschlag feiern können, sagt Rudolf Stämpfli, Verwaltungsratspräsident der BLS. Angepasster Vortrieb von beiden Portalseiten her Der Rosshäuserntunnel ist das Kernstück des Doppelspurausbaus der BLS zwischen Rosshäusern und Mauss und macht rund die Hälfte der Neubaustrecke aus. Er wird den 110-jährigen, 1,1 km langen und sanierungsbedürftigen Einspurtunnel ersetzen. Mit den Ausbrucharbeiten im Tunnel wurde im Frühling 2013 begonnen. Wegen schwieriger geologischer Verhältnisse musste die Vortriebsmethode im Januar 2014 umgestellt werden. Gemäss BLS kam statt des bis anhin angewandten Vollausbruchs von Osten her der Kalottenvortieb von beiden Portalseiten aus zum Zug. Die Umstellung der Vortriebsart im brüchigen Fels hat sich bewährt, die Bauarbeiten kamen schneller voran als zuerst angenommen. Trotzdem verzögerte sich das Bauprojekt schliesslich um 18 Monate und verteuerte sich um 65 Mio. auf insgesamt 265 Mio. CHF, teilt BLS mit. Seit dem Durchschlag ist die obere Tunnelhälfte ausgebessert worden, und im Herbst begann der Abbau der Strosse und der Einzigartig ist das eigene Kieswerk auf der Baustelle Rosshäusern. Während bei grossen Tunnelbaustellen ein Betonwerk oft dazugehört, ist es unüblich, auch gleich den eigenen Kies zu gewinnen. Sohle. Dafür müssen nur noch gelegentliche Lockerungssprengungen vorgenommen werden. Rohbau voraussichtlich Mitte 2017 abgeschlossen Die BLS geht davon aus, dass der Rohbau des Tunnels in knapp zwei Jahren abgeschlossen sein wird. Anschliessend bauen die Bahntechniker die Fahrbahn, die Fahrleitungen sowie sämtliche Kontrollund Sicherheitssysteme im Tunnel ein. Den alten Rosshäuserntunnel will die BLS minimal instand stellen und als historisches Bauwerk erhalten. Der Tunnel dient weiterhin der Entwässerung des Gebietes. Das alte Bahntrassee wird rückgebaut und der derzeit kanalisierte Flüelebach renaturiert. Umstellung auf Kalottenvortrieb hat sich bewährt Bei dem bis zum Durchschlag angewandten Kalottenvortrieb ist nur die obere Tunnelhälfte ausgebrochen worden. Dabei wurden zuerst 15 m lange Rohre ins Felsprofil gebohrt. Diese bilden den sogenannten 18 DSB 06/2015
Der knapp 2 km lange Rosshäuserntunnel ist das Kernstück des Doppelspurausbaus bei Mauss an der BLS-Linie Bern - Neuenburg und macht rund die Hälfte der Neubaustrecke aus. FOTO: CM Rohrschirm, in dessen Schutz der Fels etappenweise gesprengt und mit Stahlbogen gesichert worden ist. Das Gewölbe ist anschliessend mit Spritzbeton gefestigt und die durch die Rohrschirmbohrungen entstandenen, treppenartigen Absätze sind aufgefüllt worden. Denn der Innenausbau des Tunnels und die Verkleidung mit einer wasserdichten Folie erfordern eine möglichst ebene Oberfläche. Das Auffüllen dieser Spickel dauerte drei bis vier Monate. Anstieg der Ausbruch-, Kies- und Betonkubaturen Die geänderte Vortriebsart mit Rohrschirm verlängert und verteuert nicht nur die Bauzeit, sondern stellt auch die Materialbewirtschaftung vor grosse Herausforderungen. Gemäss Angaben von BLS fallen dadurch rund 180 000 m³ Ausbruchmaterial mehr an als ursprünglich vorgesehen. Gleichzeitig werden für den Tunnelbau rund 100 000 m³ mehr Kies und Schüttmaterial benötigt als anfänglich berechnet. Die Bauherrschaft hält weiterhin am Prinzip der kurzen Transportwege fest und will das Material möglichst vor Ort ablagern bzw. abbauen. BLS hat dazu die Bewilligung für eine südliche Erweiterung des Kiesabbaus im Mädersforst erhalten. Mehr Material wegen Zackenprofil Das zusätzliche Ausbruchvolumen entsteht nach Angaben der Tunnelbauer, weil der Bohrwagen die Rohrschirmrohre systembedingt schräg nach oben in den Fels bohren muss. Dadurch ist am Ende der Rohrschirmetappe genügend Freiraum vorhanden, um die Bohrvorrichtung für die nächste Rohrschirm etappe ansetzen zu können. Es entsteht so ein Zackenprofil, bei dem mehr Material abgebaut wird als für den Tunnelquerschnitt nötig wäre. Weil die treppenartigen Absätze am Ende mit Spritzbeton wieder aufgefüllt werden müssen, braucht es mehr Kies für die Betonproduktion. Der zusätzlich abgebaute Wandkies aus der Erweiterung Mädersforst Süd muss ebenfalls zwischengelagert werden. Dadurch wachsen die Zwischenlager vorerst weiter an, bis im Verlaufe des Jahres 2016 die materialintensiven Verkleidungsarbeiten beginnen.. Es fallen rund 180 000 m³ Ausbruchmaterial mehr an als ursprünglich vorgesehen. Der Grund dafür: die geänderte Vortriebsart mit Rohrschirm DSB 06/2015 19
Am Rosshäuserntunnel Beteiligte PLANUNG und Bauleitung: Ingenieurgemeinschaft Ross Hü. BAUARBEITEN: Arge Tunnel Rosshäusern (ATR). Frutiger AG (Federführung), Rothpletz Lienhard + Cie AG, Greuter AG, HM Kies + Beton AG sowie JMS Risi AG. Anfang Juni ist der Durchschlag in der Kalotte erfolgt, nachdem infolge schwieriger geologischer Verhältnisse die Vortriebsmethode im Januar 2014 umgestellt werden musste. FOTO: BLS Statt dem zu Beginn angewandten Vollausbruch von Osten her kam der Kalottenvortrieb von beiden Portalseiten aus zum Zug, der sich im brüchigen Fels bewährt hat. FOTOS: CM Die Baustelle versorgt sich selbt mit Kies und Beton. Dazu wurden unmittelbar angrenzend die Produktionsanlagen für die benötigten 100 000 m³ Beton errichtet. Vor dem Portalbereich Ost sind umfangreiche Bohrpfahlwände und Stützmauern zu erstellen. Diese werden grosse Mengen an Beton benötigen, der vor Ort aus dem Kies produziert wird. Eine Baustelle mit eigenem Kies- und Betonwerk Weitherum einzigartig ist das eigene Kieswerk auf der Baustelle Rosshäusern. Während bei grossen Tunnelbaustellen ein Betonwerk oft dazugehört, ist es unüblich, auch gleich den eigenen Kies zu gewinnen. Glückliche Umstände machen dies in Rosshäusern möglich: Das Kiesvorkommen im nahe gelegenen Mäderforst ist von guter Qualität, und die Grube kann mit dem Ausbruchmaterial aufgefüllt werden. Schliesslich wird die Fläche wieder aufgeforstet. Das Kiesaufbereitungs- und Betonwerk im Jenkenacker deckt so gut wie den ganzen Kies- und Betonbedarf der Baustelle. Der Kies wird einerseits direkt als Baustoff verwendet, z.b. für die Kofferung der Baupisten oder für die Schüttung von Dämmen, andererseits auch für die Betonherstellung. Vorgängig muss er aufbereitet werden, d.h. er wird in fünf Grössen sortiert und gewaschen. Das Betonwerk mit vier Zementsilos kann verschiedene Betonqualitäten produzieren und die Baustelle laufend nach Bedarf beliefern. Insgesamt 100 000 m³ Beton sind für dieses Bauwerk erforderlich. Dass sich die Baustelle mit Kies und Beton weitgehend selbst versorgen kann, hat aus Sicht des Bauherrn BLS rundum Vorteile. Es zahlt sich nicht nur kostenmässig aus, sondern ist auch für die Umwelt und die Nachbarschaft wesentlich schonender. CM W 20 DSB 06/2015